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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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AldiOn Offline




Beiträge: 983

11.04.2014 11:23
#351 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Putin erklärt europäischen Staatschefs Situation mit Gastransit - Nachrichten - Politik - Stimme Russlands

Zitat


"Nach einer Beratung, die der Präsident am Vortag mit der Regierungsführung abgehalten hat, schickte Putin den Führern der europäischen Staaten, die Gas aus Russland beziehen, einen Brief", teilte eine informierte Quelle mit.

"Der Brief enthält eine detaillierte Beschreibung der kritischen Situation, die sich vor dem Hintergrund der wachsenden Schulden der Ukraine für das gelieferte Gas herauskristallisiert, und der möglichen Folgen für den Gastransit nach Europa", heißt es in der Mitteilung.



Wie deutlich muß man in solchen Fällen eigentlich werden damit eine Erpressung auch als Erpressung angesehen wird?

__________________________________________
Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren

Martin Offline



Beiträge: 4.129

11.04.2014 11:52
#352 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #351

Wie deutlich muß man in solchen Fällen eigentlich werden damit eine Erpressung auch als Erpressung angesehen wird?


Lieber AldiOn,

wenn Länder vom Swift-Verfahren abgehängt werden, Konten eingefroren werden, Länder vom Warenverkehr abgeschnitten werden, u.a., um ihre Politik zu beeinflussen, wie nennt man das?

Ich dachte, wir sind hier alle Erwachsene, die das Spiel mit Macht einigermaßen verstehen. Außerdem wollen die Russen wohl Schulden eintreiben. Mit dem Gerichtsvollzieher klappt das wahrscheinlich nicht.

Gruß, Martin

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

11.04.2014 12:00
#353 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #351
Putin erklärt europäischen Staatschefs Situation mit Gastransit - Nachrichten - Politik - Stimme Russlands

Zitat


"Nach einer Beratung, die der Präsident am Vortag mit der Regierungsführung abgehalten hat, schickte Putin den Führern der europäischen Staaten, die Gas aus Russland beziehen, einen Brief", teilte eine informierte Quelle mit.

"Der Brief enthält eine detaillierte Beschreibung der kritischen Situation, die sich vor dem Hintergrund der wachsenden Schulden der Ukraine für das gelieferte Gas herauskristallisiert, und der möglichen Folgen für den Gastransit nach Europa", heißt es in der Mitteilung.


Wie deutlich muß man in solchen Fällen eigentlich werden damit eine Erpressung auch als Erpressung angesehen wird?


"Erpressung" ... sicher ... ganz so einfach ist die Sache aber wohl nicht.
In Sachen Gaslieferung hat sich Rußland in der Vergangenheit als sehr zuverlässiger Vertragspartner der europäischen Länder erwiesen, die Ukraine dagegen als etwas unzuverlässiger; sie hat schon mal Gas, das sie nach Westen durchleiten sollte, stattdessen für sich abgezweigt, und hat auch jetzt eine offene Rechnung bei Rußland.
Gewisse Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Durchleitung in der näheren Zukunft sind daher nicht unberechtigt (auch wenn Putin sie natürlich aus politischen Gründen besonders betont). Was man aus Kiew dazu hören kann -

Zitat
Europe can relax until September,” Alexander Paraschiy, an analyst at Concorde Capital in Kiev, said by phone. “If Poland and Hungary begin gas deliveries to Ukraine soon, like last year, Ukraine can survive without Russian gas, and transit to Europe won’t suffer.”


- ist auch bedenklich konditional: wenn Polen und Ungarn bald Gas in die Ukraine liefern, dann kann die Ukraine ohne russisches Gas überleben und es wird keine Abstriche bei der Durchleitung nach Europa geben.
Das klingt so, als behielte sich die Ukraine durchaus vor, ggf. bei Bedarf wieder für Europa bestimmtes Gas selbst zu verbrauchen.

Was die Erhöhung des Gaspreises für die Ukraine anbelangt, so ist doch eine gewisse Logik dahinter, nicht nur unter dem Aspekt "Sanktionen". Die Ukraine hatte einen Rabattpreis, u.a. unter dem Aspekt eines "besonderen Verhältnisses" zwischen Rußland und der Ukraine, das beispielsweise die militärischen und wirtschaftlichen Interessen Rußlands in der Ukraine beinhaltete.
Wenn nun seitens der Ukraine das besondere Verhältnis aufgekündigt oder verleugnet wird, dann entfällt auch der Grund für einen Rabatt. Der Preis muß neu ausgehandelt werden. Einen Wucherpreis zu fordern ist dann zwar nicht nett, es entspricht aber marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Die Ukraine muß ja nicht russisches Gas kaufen, wenn sie nicht will.

Die Hauptsaison für Gas beginnt ohnehin erst ab September; da ist noch alles offen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

11.04.2014 13:13
#354 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #353
In Sachen Gaslieferung hat sich Rußland in der Vergangenheit als sehr zuverlässiger Vertragspartner der europäischen Länder erwiesen, die Ukraine dagegen als etwas unzuverlässiger; sie hat schon mal Gas, das sie nach Westen durchleiten sollte, stattdessen für sich abgezweigt, und hat auch jetzt eine offene Rechnung bei Rußland.

Was genaugenommen nicht das Verhältnis zwischen Ukraine und den Westen betrifft. Wenn ein Logistiker ein Paket abzweigt, dann ist das erst mal ein Problem des Verkäufers. Und die Zuverlässigkeit russischen Gases muss man nicht mehr wirklich diskutieren, wenn der Brief so verschickt worden ist. Entscheidend ist doch, dass der Verkäufer das Gas nicht zur Verfügung stellen kann.

Zitat
Das klingt so, als behielte sich die Ukraine durchaus vor, ggf. bei Bedarf wieder für Europa bestimmtes Gas selbst zu verbrauchen.


Aber natürlich wird es das. Genauso wie Russland sein Gas auch erst einmal selbst verbrauchen wird, wenn es friert. Es ist absurd etwas anderes zu erwarten.

Zitat
Die Ukraine hatte einen Rabattpreis, u.a. unter dem Aspekt eines "besonderen Verhältnisses" zwischen Rußland und der Ukraine, das beispielsweise die militärischen und wirtschaftlichen Interessen Rußlands in der Ukraine beinhaltete.


Nennen wir das Kind doch beim Namen: Das besondere Verhältnis heisst oder hiess Janukowitsch. Der Preis war daran gebunden, dass die Ukraine von einem Putin-freundlichen Regime geführt wurde. Und das hat schon ein besonderes Geschmäckle: Das wäre so, als würde Deutschland einen anderen Gaspreis von Gasprom (immerhin ein angeblich privater Anbieter) bekommen, je nachdem ob morgen die CDU oder die SPD regierte. Die Deutschen würden sich eine solche Einmischung in ihre (!) Verhältnisse doch sehr deutlich verbitten. Man sollte auch durchaus erwähnen das solche Art von Handel schon immer ein Merkmal von kommunistischen, respektive totalitären Machtblöcken gewesen ist.

Zitat
Wenn nun seitens der Ukraine das besondere Verhältnis aufgekündigt oder verleugnet wird, dann entfällt auch der Grund für einen Rabatt. Der Preis muß neu ausgehandelt werden. Einen Wucherpreis zu fordern ist dann zwar nicht nett, es entspricht aber marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Die Ukraine muß ja nicht russisches Gas kaufen, wenn sie nicht will.


So ist es. Und das gilt auch für die restlich Welt, die sich, in Abwesenheit von Gas-Gerd, wohl mal sehr deutlich überlegen wird, ob sie sich wirklich abhängig machen will von einem Anbieter, der hemmungslos ein im Extremfall sehr knappus Gut für seine Aussenpolitik zu verwenden beabsichtigt. Der Grund warum beispielsweise Deutschland so stark auf russisches Gas gesetzt hat, lag ja in der Behauptung von Gas-Gerd, dass es so zuverlässig sei. Fällt das weg ist das Produkt plötzlich deutlich teurer, weil risikobehaftet. Oder anders gesagt: Die Ankündigung von Putin hat gerade den Wert von russischem Gas deutlich beschädigt. Es ist jetzt weniger wert als anderes Gas, denn das ist eben auch Marktwirtschaft.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

11.04.2014 14:01
#355 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #354
Wenn ein Logistiker ein Paket abzweigt, dann ist das erst mal ein Problem des Verkäufers. Und die Zuverlässigkeit russischen Gases muss man nicht mehr wirklich diskutieren, wenn der Brief so verschickt worden ist. Entscheidend ist doch, dass der Verkäufer das Gas nicht zur Verfügung stellen kann.

Das stimmt. Wenn ein Versandhändler feststellt, daß das von ihm beauftragte Logistikunternehmen vor dem Konkurs steht und entsprechende Warnungen an seine Kunden ausgibt, dann geht das zunächst einmal auf seine eigene Kappe; er muß sich zügig nach einer Alternative umsehen.
Andererseits, wenn nun die russische Gasleitung in die Ukraine abgeklemmt wird und die russischen Lieferungen nach Europa nur noch durch die Nord Stream Pipeline gehen, dann gibt es (abgesehen von Kapazitätsschwierigkeiten) gewiß wieder einen Aufschrei, wie sehr Rußland die Ukraine mißhandelt, und den Ruf nach weiter verschärften Sanktionen.
Zitat von Llarian im Beitrag #354
Aber natürlich wird es das. Genauso wie Russland sein Gas auch erst einmal selbst verbrauchen wird, wenn es friert. Es ist absurd etwas anderes zu erwarten.

Da besteht dann aber auch der Unterschied zwischen dem Verkäufer, dem es selbstverständlich freisteht, nicht zu verkaufen, was er selbst braucht, und dem Transporteur, der sich nicht einfach bei dem Gut, das er transportiert, bedienen darf, nur weil er es braucht.
Zitat von Llarian im Beitrag #354
Nennen wir das Kind doch beim Namen: Das besondere Verhältnis heisst oder hiess Janukowitsch. Der Preis war daran gebunden, dass die Ukraine von einem Putin-freundlichen Regime geführt wurde. Und das hat schon ein besonderes Geschmäckle: Das wäre so, als würde Deutschland einen anderen Gaspreis von Gasprom (immerhin ein angeblich privater Anbieter) bekommen, je nachdem ob morgen die CDU oder die SPD regierte. Die Deutschen würden sich eine solche Einmischung in ihre (!) Verhältnisse doch sehr deutlich verbitten. Man sollte auch durchaus erwähnen das solche Art von Handel schon immer ein Merkmal von kommunistischen, respektive totalitären Machtblöcken gewesen ist.

Das ist vollkommen richtig, das sind so mafia-artige Geschäftsmethoden und nicht nur eine Spezialität der Rußlandfreunde, sondern allgemeines Prinzip der Oligarchenwirtschaft.
Aber sind Vergünstigungen mit Hintergedanken nicht allgemein üblich, auch zwischen freien, demokratischen Staaten? Von der jeweiligen Regierungspartei soll es natürlich nicht abhängen, das wäre ein bißchen zu offensichtlich, aber die Vorgänge in Kiew waren ja doch etwas dramatischer als ein bloßer demokratischer Regierungswechsel. Andersherum gesehen, ob in Deutschland die CDU oder die SPD regiert oder beide, spielt im großen betrachtet keine wesentliche Rolle und ändert nichts an der groben außenpolitischen Orientierung des Landes; an den internationalen "Freundschaften" ändert sich da nichts so schnell. Bei der Ukraine geht es aber potentiell um eine 180°-Wendung von einem "besonderen Verhältnis" mit Rußland hin zu einem extrem unterkühlten, und hin zu einer Beziehung zu EU und NATO, in der auch wirtschaftliche und geopolitsche Interessen miteinander verrührt sind.
Zitat von Llarian im Beitrag #354
Der Grund warum beispielsweise Deutschland so stark auf russisches Gas gesetzt hat, lag ja in der Behauptung von Gas-Gerd, dass es so zuverlässig sei. Fällt das weg ist das Produkt plötzlich deutlich teurer, weil risikobehaftet. Oder anders gesagt: Die Ankündigung von Putin hat gerade den Wert von russischem Gas deutlich beschädigt. Es ist jetzt weniger wert als anderes Gas, denn das ist eben auch Marktwirtschaft.

Stimmt. Die starke Ausrichtung der deutschen Energiewirtschaft auf russisches Gas habe ich immer für einen Fehler gehalten, und die Befürchtung war berechtigt, denn das latente Erpressungspotential kann jeden Moment akut werden.
Die Lösung kann nur Diversifizierung sein. Leider verpulvert Deutschland seinen wirtschaftlichen Handlungsspielraum gerade in dem absurden Energiewendeprojekt, das eben keine brauchbare Alternative zu den Gasimporten liefert.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

11.04.2014 14:18
#356 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #353

In Sachen Gaslieferung hat sich Rußland in der Vergangenheit als sehr zuverlässiger Vertragspartner der europäischen Länder erwiesen, die Ukraine dagegen als etwas unzuverlässiger; sie hat schon mal Gas, das sie nach Westen durchleiten sollte, stattdessen für sich abgezweigt, und hat auch jetzt eine offene Rechnung bei Rußland.


Ich würde da erst mal die Kirche im Dorf lassen. In Bezug auf Deutschland gibt es inzwischen eine Pipeline durch die Ostsee, die ja deshalb gebaut worden ist, um die Versorgung Deutschlands von politischen Querelen der Staaten, durch die das Gas ansonsten strömte, unabhängig zu machen. Ich vermute mal, dass die Ostseeverbindung für den Sommerbedarf allemal reicht.

Anders sieht es mit den Staaten aus, deren Pipelines durch die Ukraine laufen. Wenn die Ukraine ihre Schulden nicht bezahlt, ihr Gas aus diesen Pipelines aber weiterhin abzweigt, dann gibt es irgendwann den Punkt, dass Russland abschalten dürfte, um Druck zu machen. Dabei geht es noch nicht mal um höhere Preise, anscheinend sind ja bereits Schulden in Milliardenhöhe zu reduzierten preisen aufgelaufen. Es müsste in der aktuellen Situation eben darauf hinauslaufen, dass - von wo auch immer - Geld fließt. Offensichtlich stehen ja alle Schlange, angefangen beim IWF. Das eigentliche Problem dürfte aber sein, dass sich der Westen die Schlagzeile ersparen möchte, dass die ersten Milliarden gleich zu Gazprom weitergeflossen sind. Man kann ja mal spekulieren und sich ein paar von deren Aktien zulegen .

Gruß, Martin

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

11.04.2014 14:53
#357 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #350

Es ist allzu trügerisch zwischen Menschen und politischem System zu unterscheiden (ganz ähnlich wie man gerne zwischen Unternehmer und Kapital unterscheidet, oder zwischen Gläubigem und Religion), denn so ein politisches System hat die Eigenschaft wenig bis keine Emotion hervorzurufen und man kann ihm auch kein Unrecht tun, es ist halt nur ein System (eben analog dazu das Kapital, dass sich praktischerweise auch nicht wehrt). Man kann beliebig drauf rumprügeln und es tut keinem weh. Sieht man dagegen den Menschen dahinter, dann wird es schwieriger, denn diesem kann man sehr wohl Unrecht tun. Natürlich ist die Unterscheidung sehr hilfreich, denn plötzlich tun wir uns alle nix mehr und können gemeinsam "chillen".


werter Llarian,

ich kann nicht nachvollziehen, was Sie mit Ihrer Argumentation ausdrücken wollen. Meine Trennung in System, Meme und Menschen ist recht einsichtig, wie ich finde. Das System ist alles das, was kodifiziert ist: Verfassung, Staats- und Zivilrecht, Grundsatzurteile, Verordnungen und so weiter. Die Meme ist das, was in einem Volk als "Gut und Richtig" betrachtet wird. Also Themen, bei denen ich im Durchschnitt von den Mitbürgern Zustimmung oder Ablehnung erwarten kann unabhängig davon, was im Gesetz steht. Und die Menschen schließlich sind die Individuen.

Es ist ebenso offensichtlich, dass es Wechselbeziehungen gibt. Menschen können Entscheidungen treffen und Einstellungen haben, die abweichend von der Meme oder den Gesetzen sind. Wenn die Anzahl der Menschen zunimmt, die eine solche Entscheidung treffen, dann kann aus individuellen Entscheidungen ein Aspekt der Meme werden. Und wenn sich die Meme eines Volkes ändert, dann wird sich in vielen Fällen auch das System ändern. In der Zeit zwischen 68 und heute haben wir erlebt, wie sich zuerst in Deutschland die Meme änderte (vor allem in Bezug auf Öko, Energie, Marktwirtschaft und Verteilung) und dadurch im Lauf der Jahrzehnte auch das System geändert wurde.
Selbst in einem Land mit einem totalitärem System und einer fanatischen, abergläubischen, intoleranten Bevölkerung wird die Chance bestehen, EINZELNE Menschen zu finden, die ich mögen würde. In so weit ist die Unterscheidung zwischen System, Meme und Individuen die einzig richtige, wie ich finde. Und wenn ich sage, dass ich das politische System in Saudi-Arabien menschenfeindlich, mittelalterlich und abstoßend finde und die in der Bevölkerung weit verbreitete Haltung von Intolerenz, Frauenfeindlichkeit, Aberglauben und Gewalt gegen Kinder und Familienanghörige bei mir einen Brechreiz erzeugt, dann ist das eine völlig sachliche, diskussionsfähige Aussage.

Erst wenn ich sage, ALLE ARABER SIND xxx (übles Schimpfwort einsetzen), dann habe ich die Grenze zum Rassismus überschritten, weil ich individuelle Abweichungen nicht mehr wahrnehme oder zulasse - sondern bereits die formale Zugehörigkeit der Menschen zu einem System oder Kulturkreis für das Urteil genügt. Aber ich werde mir ganz bestimmt nicht das Recht absprechen lassen, sowohl ein System als auch einen Kulturkreis in Bausch und Bogen abzulehnen. UND GENAU DAS wird zur Zeit in der gutmenschlich durchtränkten deutschen Diskussion versucht. Es wird den Menschen das Recht abgesprochen, ein System oder einen Kulturkreis abzulehnen. Da wird dann bereits die Ablehung des Islam, Hinduismus, oder eines afrikanischen Lebensstils oder eben eines russischen Lebensstils oder what ever zum Rassimus oder wahlweise Faschismus erklärt...

Die Probleme bei der Definition in System, Meme und Menschen ist praktischer Natur. Ein System kann aus Subsystemen bestehen - so zum Beispiel in den USA, wo sich das System je nach Bundesstaat stark unterscheidet. Frankreich dagegen hat nur ein System. Und noch schwieriger wird es, wenn eine Nation ihren Selbsterhaltungstrieb verloren hat und zerfällt, so dass unabhängige Meme existieren, die gleichzeitig um die Vorherrschaft konkurrieren. So zur Zeit in Deutschland, aber auch zum Beispiel in einigen Staaten auf dem afrikanischen Kontinent, wo man von einer einheitlichen Bevölkerung, einer Nation nicht mehr sprechen kann.

Die völlig irrsinnige Idee der deutschen Linken ist jetzt, man könne das System abschaffen, gleichzeitig möglichst viele Meme auf engsten Raum zusammenpressen und in Summe würde das dann zu maximaler Entfaltungsmöglichkeit für die Individuen führen. Diese Idee ist so offensichtlich undurchführbar, dass mir nur ganz viele abwertende Adjektive einfallen, um das zu beschreiben...

Noch genauer kann ich meine Sichtweise bezüglich der Dreifaltigkeit menschlichen Lebens nicht beschreiben. Wenn es jetzt noch nicht klar geworden ist, dann kann ich es nicht ändern.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

11.04.2014 15:49
#358 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #355
Andererseits, wenn nun die russische Gasleitung in die Ukraine abgeklemmt wird und die russischen Lieferungen nach Europa nur noch durch die Nord Stream Pipeline gehen, dann gibt es (abgesehen von Kapazitätsschwierigkeiten) gewiß wieder einen Aufschrei, wie sehr Rußland die Ukraine mißhandelt, und den Ruf nach weiter verschärften Sanktionen.

Ich wüsste nicht, dass Sanktionen in diesem Zusammenhang je gefordert worden wären (Gegenbeweis können Sie gerne antreten). Davon ab glaube ich nicht, dass das wirklich so praktikabel ist. Man ändert eben nicht ganze Lieferketten in fünf Minuten, genausowenig wie Deutschland von heute auf morgen einen neuen Versorger findet. Russland ist auf die Ukraine durchaus derzeit angewiesen, sonst bekommt es sein Gas nicht verkauft. Genauso übrigens wie auch die Krim auf ukrainischen Strom angewiesen sein dürfte.

Zitat
Da besteht dann aber auch der Unterschied zwischen dem Verkäufer, dem es selbstverständlich freisteht, nicht zu verkaufen, was er selbst braucht, und dem Transporteur, der sich nicht einfach bei dem Gut, das er transportiert, bedienen darf, nur weil er es braucht.


In der Sache ja, aber nicht in der Konsequenz. Das Fressen kommt vor der Moral, das gilt auch in der Ukraine. Die Unterscheidung ist auch nur vordergründig tragend, denn auch wenn es feste Verträge für das Gas gibt und Deutschland es bereits bezahlt hätte (es also formal längst dem Käufer gehören würde), würde es trotzdem vom Anbieter verbraucht, wenn dieser friert.

Zitat
Aber sind Vergünstigungen mit Hintergedanken nicht allgemein üblich, auch zwischen freien, demokratischen Staaten?


Da müssten Sie schon Beispiele bringen, worüber wir überhaupt reden.

Zitat
Bei der Ukraine geht es aber potentiell um eine 180°-Wendung von einem "besonderen Verhältnis" mit Rußland hin zu einem extrem unterkühlten, und hin zu einer Beziehung zu EU und NATO, in der auch wirtschaftliche und geopolitsche Interessen miteinander verrührt sind.


Die einzige Wendung war die Entmachtung von Janukowitsch, ansonsten ist ja noch gar nichts passiert. Wenn das bereits Maßnahmen auslöst (einen Einmarsch gar), dann reden wir nicht über Beziehungen und Verträge sondern klare Einmischung in die Innenpolitik eines anderen Landes. Klar, hätte sich Putin hinstellen können und sagen: Wenn ihr keinen Freihandel mit uns macht, dann bekommt ihr auch kein billiges Gas. Hat er aber gar nicht, soweit kam es ja nie. Nichtmal die Assoziierung mit der EU ist ratifiziert. Da ist gar nichts passiert ausser der Entmachtung eines Mannes, der mehr und mehr den Eindruck einer Marionette macht. Und da hört die Zulässigkeit, so man eine definiert, irgendwann auf.

Zitat
Die Lösung kann nur Diversifizierung sein. Leider verpulvert Deutschland seinen wirtschaftlichen Handlungsspielraum gerade in dem absurden Energiewendeprojekt, das eben keine brauchbare Alternative zu den Gasimporten liefert.


Es besteht die Chance das man darüber vielleicht irgendwann aufwacht. Ich weiss, ist unwahrscheinlich, aber man wird ja noch hoffen dürfen.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

11.04.2014 16:21
#359 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #352
Zitat von AldiOn im Beitrag #351

Wie deutlich muß man in solchen Fällen eigentlich werden damit eine Erpressung auch als Erpressung angesehen wird?


Lieber AldiOn,

wenn Länder vom Swift-Verfahren abgehängt werden, Konten eingefroren werden, Länder vom Warenverkehr abgeschnitten werden, u.a., um ihre Politik zu beeinflussen, wie nennt man das?
Embargo

Zitat von Martin im Beitrag #352
Ich dachte, wir sind hier alle Erwachsene
Wir hier in diesem Forum schon aber da draußen in der realen Welt können schon mal Zweifel aufkommen.

Zitat von Martin im Beitrag #352
die das Spiel mit Macht einigermaßen verstehen. Außerdem wollen die Russen wohl Schulden eintreiben. Mit dem Gerichtsvollzieher klappt das wahrscheinlich nicht.
Ja, und deshalb schreibt er dann Erpresserbriefe an alle möglichen Leute.

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AldiOn Offline




Beiträge: 983

11.04.2014 16:29
#360 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #355
Leider verpulvert Deutschland seinen wirtschaftlichen Handlungsspielraum gerade in dem absurden Energiewendeprojekt, das eben keine brauchbare Alternative zu den Gasimporten liefert.

In der Zeitung lese ich allerdings überwiegend Artikel und Kommentare, die aus dieser Sache den Schluß ziehen, daß man die Energiewende unbedingt und um jeden Preis beschleunigen muß, um diese Abhängigkeit vom (russischen) Gas zu beenden.
Das ist natürlich ein ganz anderes Thema aber es soll Ihnen nur als Hinweis dienen, daß aus ddieser denkbaren Knappheit auch ganz andere Schlüsse gezogen werden können und werden.

War da nicht so eine Pipeline in der Planung bei der Gas aus dem Iran durch die Türkei zu uns fließen sollte? Die auch durch Georgien geht?

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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

11.04.2014 16:47
#361 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #360
Zitat von Fluminist im Beitrag #355
Leider verpulvert Deutschland seinen wirtschaftlichen Handlungsspielraum gerade in dem absurden Energiewendeprojekt, das eben keine brauchbare Alternative zu den Gasimporten liefert.

In der Zeitung lese ich allerdings überwiegend Artikel und Kommentare, die aus dieser Sache den Schluß ziehen, daß man die Energiewende unbedingt und um jeden Preis beschleunigen muß, um diese Abhängigkeit vom (russischen) Gas zu beenden.
Das ist natürlich ein ganz anderes Thema aber es soll Ihnen nur als Hinweis dienen, daß aus ddieser denkbaren Knappheit auch ganz andere Schlüsse gezogen werden können und werden.

War da nicht so eine Pipeline in der Planung bei der Gas aus dem Iran durch die Türkei zu uns fließen sollte? Die auch durch Georgien geht?

Lieber AldiOn, diese anderen Schlüsse sind mir schon bekannt, ich halte sie aber für Fehlschlüsse. Da Speichertechnik im erforderlichen Umfang in den Sternen steht und daher der ganze Ausgleich der Wind- und Sonnenvariabilität im wesentlichen auf Gaskraftwerken beruht, führt die Energiewende in ihrer derzeitigen Form zu verstärkter Abhängigkeit von Gasimporten. Die Träume von Autarkie mit Windrädern, Sonnenkollektoren und Faulgasreaktoren sind reine Phantasie.

Ich erinnere mich auch, daß Rußland einmal ein Projekt einer Südpipeline hatte, die die Ukraine südlich durchs Schwarze Meer umgehen sollte, aber das ist meines Wissens über die Grobplanung nicht hinausgekommen.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

11.04.2014 17:12
#362 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #358
Ich wüsste nicht, dass Sanktionen in diesem Zusammenhang je gefordert worden wären (Gegenbeweis können Sie gerne antreten).

Nein, da habe ich spekulativ extrapoliert. Ich glaube irgendwo gelesen zu haben, daß die US-Vermutung, die Unruhen in der Ostukraine seien ganz die Verantwortung Rußlands, mit der Drohung einer Verschärfung der Sanktionen verbunden wurde, finde das aber leider nicht mehr. Jedenfalls wird das Streichen des Gasrabatts auch als rein politisches Druckmittel interpretiert:

Zitat
The US state department later said it condemned "Russia's efforts to use energy as a tool of coercion against Ukraine".


- und der Schritt von einer Schuldzuweisung zu einer Sanktion ist vielleicht nicht sehr groß.
Das ist aber nur eine Vermutung meinerseits.

Zitat von Llarian im Beitrag #358
Russland ist auf die Ukraine durchaus derzeit angewiesen, sonst bekommt es sein Gas nicht verkauft. Genauso übrigens wie auch die Krim auf ukrainischen Strom angewiesen sein dürfte.

Ganz genau. Ein Geschäft auf dem freien Markt kommt zustande, wenn beide Seiten sich eine Erfüllung ihrer Bedürfnisse erwarten können. Deshalb ist es sehr unwahrscheinlich, daß Putin seine Gaslieferungen nach Westen einfach einstellen würde, solange er noch keine festen Abnehmer (und die nötige Infrastruktur) im Osten hat. Aber da man hier nicht schnell auf Alternativen ausweichen kann, könnte er sich so einen kleinen Warnstreik, der dem Westen mal zeigt wo der Hammer hängt, wahrscheinlich leisten.

So sieht übrigens auch eine Kremlpostille die Ausfälle in der Stromversorgung der Krim kurz nach der Sezession. Die Abhängigkeit der Krim von ukrainischer Elektrizität ist real, läßt sich aber natürlich mittelfristig beheben.
Zitat von Llarian im Beitrag #358

Zitat
Aber sind Vergünstigungen mit Hintergedanken nicht allgemein üblich, auch zwischen freien, demokratischen Staaten?

Da müssten Sie schon Beispiele bringen, worüber wir überhaupt reden.


Im Hinterkopf hatte ich dabei so etwas wie das EU-Vertragspaket mit der Schweiz, bei der auch ein bloßes Abstimmungsergebnis (bevor es überhaupt zu geänderter Gesetzgebung oder konkreten Verhaltensänderungen geführt hätte) zum Anlaß genommen wurde, das ganze Paket in Frage zu stellen; also waren gewissermaßen die Vorteile des Pakets für die Schweiz an ein bestimmtes Abstimmungsverhalten geknüpft. Aber das wurde selbstverständlich in sehr sorgfältige und diplomatische Sprache verpackt, so daß es an mutwillige Interpretation grenzt, darin eine Drohung oder Erpressung zu finden.
Aber ich kenne mich da nicht gut genug aus, die Frage war eine echte Frage an die Staatskundler hier, keine rhetorische.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

11.04.2014 18:15
#363 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #359
Embargo


...ist das Mittel, das Ziel aber ist Erpressung

Zitat
Ja, und deshalb schreibt er dann Erpresserbriefe an alle möglichen Leute.



Bisher habe ich die Briefe nicht gelesen, sondern nur Berichte darüber.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

11.04.2014 19:18
#364 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #363
Zitat von AldiOn im Beitrag #359
Embargo


...ist das Mittel, das Ziel aber ist Erpressung

Die Chefin des russischen Föderationsrates, Valentina Matwijenko, sagt das. Dem schließe ich mich nicht an. Nach dieser Logik würde der Handel nicht mehr auf freiwilliger Basis geführt.

Es ist einfach dreist wenn Russland von Erpressung spricht und gleichzeitig auf der Krim erhebliche materielle Güter, die sich im Besitz des ukrainischen Staates befinden, raubt - abgesehen von der Annexion.
Ein Handelspartner der sich derartig verhält, sollte mit Konsequenzen rechnen.

Die Sanktionen sind nicht rechtswidrig und es ist keine Bereicherung zu Lasten Russlands zu erkennen. Ganz im Gegenteil haben die Sanktionen Verluste für beide Seiten zur Folge - durch entgangene Geschäfte.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

12.04.2014 13:16
#365 RE: Putins Russland ist auch eine Bedrohung für Europa Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #364
Zitat von Martin im Beitrag #363
Zitat von AldiOn im Beitrag #359
Embargo


...ist das Mittel, das Ziel aber ist Erpressung

Die Chefin des russischen Föderationsrates, Valentina Matwijenko, sagt das. Dem schließe ich mich nicht an. Nach dieser Logik würde der Handel nicht mehr auf freiwilliger Basis geführt.

Es ist einfach dreist wenn Russland von Erpressung spricht und gleichzeitig auf der Krim erhebliche materielle Güter, die sich im Besitz des ukrainischen Staates befinden, raubt - abgesehen von der Annexion.
Ein Handelspartner der sich derartig verhält, sollte mit Konsequenzen rechnen.

Die Sanktionen sind nicht rechtswidrig und es ist keine Bereicherung zu Lasten Russlands zu erkennen. Ganz im Gegenteil haben die Sanktionen Verluste für beide Seiten zur Folge - durch entgangene Geschäfte.

Stimmt, Erpressung im technischen Sinne ist es nicht, wenn die Bereicherungsabsicht fehlt. Nötigung kommt der Sache näher, trifft es aber auch nicht so ganz und ist ein Feld, bei dem die Grenzen der Legitimität schwammig werden. Begriffe aus dem individuellen Strafrecht sind ohnehin nur mit Vorsicht auf internationale Beziehungen anzuwenden.
Aber statt im juristischen kann man "Erpressung" auch im umgangssprachlichen Sinne verstehen, als das Streben ein Verhalten beim anderen zu erzwingen, das dessen Absichten und Interessen zuwiderläuft, indem man ihm eine Alternative aufzwingt, die diesen Absichten und Interessen vermeintlich noch abträglicher ist und mit dem gewünschten Verhalten nicht ursächlich verbunden ist. ("Wenn du deinen Spinat nicht brav aufißt, dann gehen wir morgen nicht wie versprochen in den Tierpark.")

In diesem allgemeineren Sinne sind Sanktionen, die über einen Boykott (d.h. den Verzicht auf freiwillige Handlungen, die für den anderen vorteilhaft wären) oder die zwingend logischen Folgen des unerwünschten Verhaltens hinausgehen, "Erpressung".

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

13.04.2014 16:57
#366 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat
Kiew will „den Feind nicht mehr aufrüsten“ und stellt die Rüstungsexporte nach Russland ein. Moskau ist jedoch darauf angewiesen. Es geht um Interkontinentalraketen, Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...t-12893029.html


Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

13.04.2014 17:38
#367 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #366

Zitat
Kiew will „den Feind nicht mehr aufrüsten“ und stellt die Rüstungsexporte nach Russland ein. Moskau ist jedoch darauf angewiesen. Es geht um Interkontinentalraketen, Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...t-12893029.html


Danke für den Hinweis auf einen weiteren Aspekt des "besonderen Verhältnisses" zwischen Rußland und Ukraine:

Zitat von FAZ
„Nicht nur ist die ukrainische Verteidigungsindustrie von Russland abhängig, sondern die russische Verteidigungsindustrie ist in hohem Maße von der ukrainischen abhängig.“ Das war nicht übertrieben, für Moskau steht tatsächlich eine Menge auf dem Spiel.


Aber der folgende Satz ist ein wenig seltsam: (im Falle einer hypothetischen Annexion der Ostukraine würden die)

Zitat von FAZ
eroberten Gebiete ... Russland ein- oder angegliedert; die Grenze zu Europa verschöbe sich weiter nach Westen.


Die geographische Grenze Europas ist in Rußland (genauer gesagt zwischen Rußland und Sibirien); die politische, etwa der EU, ist derzeit die Westgrenze von Weißrußland und der Ukraine. Im hypothetischen Fall einer Aufteilung der Ukraine würde sich daran nichts ändern, allenfalls verschöbe sich die EU-Außengrenze im Falle eines Beitritts der Westukraine nach Osten.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

14.04.2014 00:07
#368 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #367
Danke für den Hinweis auf einen weiteren Aspekt des "besonderen Verhältnisses" zwischen Rußland und Ukraine:

Zitat von FAZ
„Nicht nur ist die ukrainische Verteidigungsindustrie von Russland abhängig, sondern die russische Verteidigungsindustrie ist in hohem Maße von der ukrainischen abhängig.“ Das war nicht übertrieben, für Moskau steht tatsächlich eine Menge auf dem Spiel.


Ein entscheidender Satz ist aber folgender:

Zitat von FAZ
Sollte der Kreml eine Intervention in der Ukraine ernsthaft erwägen, wäre der Zugriff auf den Rüstungs- und Weltraumsektor ein wichtiges Argument dafür.


Man braucht nur zu warten, bis Putin die Unruhen in der Ostukraine zum Vorwand für eine humanitäre Intervention benutzt. Obama und Merkel haben ja schon versprochen, daß sie nichts dagegen unternehmen würden, indem sie sagten, es werde keinen Krieg geben.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

14.04.2014 06:44
#369 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #368

Man braucht nur zu warten, bis Putin die Unruhen in der Ostukraine zum Vorwand für eine humanitäre Intervention benutzt. Obama und Merkel haben ja schon versprochen, daß sie nichts dagegen unternehmen würden, indem sie sagten, es werde keinen Krieg geben.

Lassen Sie uns mal kurz spekulieren, lieben Emulgator. Nehmen wir mal an, dieses Konzept der humanitären Intervention hätte es nie gegeben. Würde Putins Russland dann anders handeln?
Und findet etwas statt oder wird voraussichtlich etwas, was den Begriff humanitäre Katastrophe rechtfertigt, stattfinden?
Dass Putin massive Desinformation und Propaganda betreibt ist aus meiner Sicht recht klar. Die Frage, welche sich mir stellt, lautet deshalb:
Was stellt man ihr entgegen?

Viele Grüße, Erling Plaethe

adder Offline




Beiträge: 1.073

14.04.2014 06:53
#370 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #366

Zitat
Kiew will „den Feind nicht mehr aufrüsten“ und stellt die Rüstungsexporte nach Russland ein. Moskau ist jedoch darauf angewiesen. Es geht um Interkontinentalraketen, Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...t-12893029.html



Man kann die Regierung in Kiew verstehen. Ebenso ist das Begehren Russlands, seinen Waffennachschub zu sichern, nachvollziehbar. [auch wenn ich letzteres nicht akzeptabel finde]

Nun ist diese Situation das Erbe des Sovietreiches und seiner Planwirtschaft, die eben solche industriellen Großprojekte schön planmäßig verteilte.
Was ich nicht begreife: warum hat Russland nicht schon lange seine enormen Einnahmen aus dem Rohstoffexport dazu verwendet, Anteile an den alten Zulieferern zu erwerben oder besser noch neue Industrien hochzuziehen, die im Land den Nachschub sichern können?

War man sich des Einflusses auf Weißrussland und Ukraine so sicher?

Paul Offline




Beiträge: 1.285

14.04.2014 07:24
#371 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #369
Was stellt man ihr entgegen?


Lieber Erling Plaethe,
das ist die entscheidende Frage!

Meine Oma pflegte zu sagen:
"Für die Beantwortung dieser Frage zahlt die Deutsche Reichsbank."

Im Ernst, ich denke, dass diese Frage, wenn man eine militärische Antwort ausschließt, nicht beantwortet werden kann.
Putin bekommt alles, was er haben möchte: Die ganze Ukraine. Die Ostukraine schon bald. Den Rest etwas später.
Es lohnt sich nicht deshalb einen 3. Weltkrieg anzufangen. Das wäre die Folge des militärischen Einsatzes.

Weiter bin ich der Meinung, dass bei aller Ähnlichkeit mit Hitler's Handlungsweise, Putin, nachdem er die Westukraine auch noch bekommen hat, keinen Krieg anfangen wird. Das unterscheidet ihn von Hitler.

LG, Paul

___________________________
In dubio, pro reo.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

14.04.2014 11:43
#372 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von adder im Beitrag #370
Zitat von xanopos im Beitrag #366

Zitat
Kiew will „den Feind nicht mehr aufrüsten“ und stellt die Rüstungsexporte nach Russland ein. Moskau ist jedoch darauf angewiesen. Es geht um Interkontinentalraketen, Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...t-12893029.html


Man kann die Regierung in Kiew verstehen. Ebenso ist das Begehren Russlands, seinen Waffennachschub zu sichern, nachvollziehbar. [auch wenn ich letzteres nicht akzeptabel finde]

Russland hat 25 Jahre Zeit gehabt dafür eine Lösung zu finden. Für die Rückführung der ukrainischen Nuklearwaffen hat man eine friedliche gefunden.

Zitat
Was ich nicht begreife: warum hat Russland nicht schon lange seine enormen Einnahmen aus dem Rohstoffexport dazu verwendet, Anteile an den alten Zulieferern zu erwerben oder besser noch neue Industrien hochzuziehen, die im Land den Nachschub sichern können?

Wodka und technische Knowhow vertragen sich nicht gut...


Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.04.2014 15:59
#373 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #371
Putin bekommt alles, was er haben möchte: Die ganze Ukraine. Die Ostukraine schon bald. Den Rest etwas später.
Es lohnt sich nicht deshalb einen 3. Weltkrieg anzufangen. Das wäre die Folge des militärischen Einsatzes.

Weiter bin ich der Meinung, dass bei aller Ähnlichkeit mit Hitler's Handlungsweise, Putin, nachdem er die Westukraine auch noch bekommen hat, keinen Krieg anfangen wird.

Hitler hätte auch keinen Krieg angefangen, wenn man ihm nach und nach alle Wünsche ohne Widerspruch erfüllt hätte.
Und natürlich muß auch Putin keinen anfangen, wenn man ihm seine Eroberungen einfach gestattet.

Klar ist auf jeden Fall, daß er auch nach der Westukraine nicht aufhören würde. Wieso sollte er auch, wenn er mit seinen Annektionen bis dahin so erfolgreich war?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.04.2014 16:39
#374 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #373
Klar ist auf jeden Fall, daß er auch nach der Westukraine nicht aufhören würde. Wieso sollte er auch, wenn er mit seinen Annektionen bis dahin so erfolgreich war?
Putin ist keine Annektionsmaschine. Was will er mit der Westukraine? Es ist doch viel besser, diesen kaum allein überlebensfähigen Rumpfstaat der EU als dauernde Last aufzudrücken. Und ohne die Tatsache, dass die Ukraine alles in allem eher willkürlich und durch Entscheidungen von außen zu dem Staat wurde, der sie heute ist, gäbe es auch nicht so gute Ausgangsbedingungen, um die Zwietracht zu sähen, die auch ein Putin offensichtlich für erforderlich hält, um den Anschein einer Volksbewegung zu erwecken.

Putin geht es jetzt vor allem darum, den Westen vorzuführen. Der hat durch sein naives bis dämliches Handeln aber auch geradezu darum gebettelt. Wenn es zu einer einseitigen Annektion der Ostukraine käme (wovon ich nicht ausgehe), wäre der Westen dann aber gezwungen, drastischere Maßnahmen zu ergreifen, und die würden dann richtig weh tun. So dumm ist Putin nicht. Der strebt jetzt eine gemeinsame "Lösung" an, die ihm hinreichenden Einfluss sichern wird.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.04.2014 17:27
#375 RE: Militärintervention, egal wohin Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #374
Putin ist keine Annektionsmaschine.

Abwarten. Er will auf jeden Fall die alte SU wiederhaben - wenn das mit Annektionen machbar ist, wird er das tun.

Zitat
Was will er mit der Westukraine?


Was will er mit Transnistrien?
Ein unwichtiges winziges Gebiet, eigenständig kaum überlebensfähig, kann nur mit erheblichem russischen Aufwand seine Pseudo-Selbständigkeit erhalten.
Auch ohne jeden strategischen Wert.
Aber Putin hält daran fest, weil es Teil seiner SU-Träume ist.

Zitat
Es ist doch viel besser, diesen kaum allein überlebensfähigen Rumpfstaat der EU als dauernde Last aufzudrücken.


Diesem "Rumpfstaat" (wie immer der genau aussehen würde) würde zwar die Schwerindustrie des Ostens fehlen. Hätte dafür aber "westliche" Traditionen und Einstellungen, die m. E. deutlich bessere Entwicklungschancen böten. Aber gut, das würde Putin nicht kapieren.

Zitat
Und ohne die Tatsache, dass die Ukraine alles in allem eher willkürlich und durch Entscheidungen von außen zu dem Staat wurde, der sie heute ist ...


So willkürlich ist die Ukraine nicht entstanden (auch hier muß man aufpassen, daß man nicht der russischen Propaganda aufsitzt).
Grundsätzlich ist die "nationale Substanz" nicht wesentlich anders oder schlechter als die der anderen neuen Staaten, die nach dem ersten Weltkrieg entstanden.

http://www.faz.net/aktuell/politik/die-g...#pageIndex_2Die

Zitat
Putin geht es jetzt vor allem darum, den Westen vorzuführen.


Sicher ist ihm das ein sehr willkommener Nebeneffekt.
Aber in erster Linie geht es ihm m. E. schon um die Stärkung der eigenen Macht. Oder was er halt für eine Stärkung Rußlands hält.

Zitat
Der hat durch sein naives bis dämliches Handeln aber auch geradezu darum gebettelt.


Leider wahr.

Zitat
Wenn es zu einer einseitigen Annektion der Ostukraine käme (wovon ich nicht ausgehe)


Warum nicht?
Wozu sonst wird da gerade Unruhe geschürt?

Es ist m. E. noch völlig offen, ob Putin annektiert oder nicht. Kommt letztlich darauf an, wie er seine Chancen und Risiken bewertet. Auf jeden Fall sorgt er dafür, daß ihm diese Option voll erhalten bleibt.

Zitat
wäre der Westen dann aber gezwungen, drastischere Maßnahmen zu ergreifen


NOCH drastischere? Und wer soll den Westen dazu zwingen?
Auch hier halte ich die weitere Entwicklung (nach einer potentiellen Annektion) für völlig offen. Die westlichen "Spitzenpolitiker" sind völlig ratlos und führungslos. Die veröffentlichte Meinung wird sehr erfolgreich von der russischen Propaganda beeinflußt.
Da können ganz kleine Ursachen sowohl in Richtung Eskalation wie in Richtung Appeasement führen.

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