Zitat von Fluminist im Beitrag #99 Ich gebe Ihnen und Krischan recht, nur deutlich erkennbare Stärke gibt eine Verhandlungsposition mit Fußhalt. Aber eine Verhandlungsposition ist andererseits nur dann von Nutzen, wenn man überhaupt verhandelt, wenn beide Seiten bereit sind zu verhandeln. Verhandlungen fanden aber im Kalten Krieg in der Regel nicht statt (es gab natürlich rühmliche Ausnahmen, die den Kalten Krieg im kalten Zustand beließen und letztlich zu seinem Ende beitrugen), sondern da ging jede Seite von ihrer gefestigten Meinung über die andere aus, dahin wollen wir doch auch nicht zurück, oder?
Lieber Fluminist, natürlich wurde im kalten Krieg verhandelt, und sehr oft wurde sogar eine Einigung erzielt. Was allerdings passierte, war das permanente Austesten des jeweils anderen und seiner Bereitschaft, Verhandlungspositionen zu räumen oder zu festigen, siehe Stellvertreterkriege, SALT-Abkommen etc. Nicht-Verhandeln heisst ja klassischerweise die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, vulgo Krieg. Krieg heisst ja nichts anderes als "Du hast es, ich will es, ich nehme es mir". Die Frage ist: Ist mit einer Regierung, die agiert wie die Putin'sche, eine sinnvolle, nachhaltige Einigung möglich? Genau dies bezweifle ich. Und in genau dieser Situation macht Verhandeln keinen Sinn. Viel mehr, und da muss ich Erling Plaethe recht geben, versteht dann ein Putin nur eine Politik der Stärke. Nur: Diese muss man wollen und durchsetzen können. Letzteres kann die NATO, am politischen Willen gebricht es.
Und nocheinmal zum Thema "Vergleiche mit Hitler": Niemand setzt Putin mit einem Hitler gleich - allerdings lassen sich ihre Handlungen vergleichen. Übrigens handelt China auch schon recht lange nach diesem ältesten aller politischen Handbücher. Und sobald der "Gegner" Schwäche zeigt, wird dies ausgenutzt. Das ist natürlich, normal, das ist der Lauf der Welt. Ich wünschte mir nur, dass die Politik hierzulande das begreifen würde.
Zitat von KrischanDie Frage ist: Ist mit einer Regierung, die agiert wie die Putin'sche, eine sinnvolle, nachhaltige Einigung möglich?
Ja, lieber Krischan, das ist die Frage. Das "nachhaltig" können wir sogar erst einmal ausklammern. Aber man muß es eben versuchen. Statt wie die beleidigten Leberwürste ihre G8-Vorbereitungen abzublasen, sollten die Großen sich also mit Putin zusammensetzen und seinen Bluff, wenn es denn ein solcher ist, auffliegen lassen. Seine Begründung für sein Engagement in der Ukraine ist ja, daß dort eine z.T. bürgerkriegsartige Situation besteht, die die derzeitige ukrainische Regierung aus verschiedenen Gründen nicht in den Griff bekommt, und da ist, soweit sich das von außen feststellen läßt, viel dran. Das bewährte Vorgehen in diesem Fall wäre es doch, eine internationale Schutztruppe (meinetwegen UNO-Blauhelme) im Land zu stationieren, um die Lage zu stabilisieren, bis man sich auf eine Verfassung geeinigt und wieder regelgerechte demokratische Wahlen durchgeführt hat. Wenn Putin wirklich nur der Schutz der russischstämmigen und -sprachigen Bevölkerung der Ukraine am Herzen liegt, wie er sagt, dann kann er dagegen wohl nichts einwenden.
Aber wenn gegenseitige Ressentiments auf allen Seiten eine solche naheliegende Verhandlung nicht zulassen, weil man sich gegenseitig nicht vertraut, Putin seine eigenen Mannen losschickt und gleichzeitig die EU begierig Verträge mit der fragwürdig legitimierten ukrainischen Regierung abschließt, dann läuft alles auf eine dumme Konfrontation hinaus.
Zitat von Fluminist im Beitrag #102Seine Begründung für sein Engagement in der Ukraine ist ja, daß dort eine z.T. bürgerkriegsartige Situation besteht, die die derzeitige ukrainische Regierung aus verschiedenen Gründen nicht in den Griff bekommt, und da ist, soweit sich das von außen feststellen läßt, viel dran. Das bewährte Vorgehen in diesem Fall wäre es doch, eine internationale Schutztruppe (meinetwegen UNO-Blauhelme) im Land zu stationieren, um die Lage zu stabilisieren, bis man sich auf eine Verfassung geeinigt und wieder regelgerechte demokratische Wahlen durchgeführt hat.
Bürgerkriegsartig ist lediglich, daß sich Zonen etabliert haben, wo die (Zentral-)Regierung ihre verfassungsrechtlichen Befugnisse nicht ausüben kann. Das hat man in sehr vielen Ländern. Ein richtiger Bürgerkrieg wäre, wenn diese Zonen gewaltsam in ihrer Ausdehnung verändert werden sollen. Erst dann kommen die richtigen Flüchtlingsströme. Vorher findet keine Intervention der UN oder anderer statt.
Zitat von Fluminist im Beitrag #102Aber wenn gegenseitige Ressentiments auf allen Seiten eine solche naheliegende Verhandlung nicht zulassen, weil man sich gegenseitig nicht vertraut, Putin seine eigenen Mannen losschickt und gleichzeitig die EU begierig Verträge mit der fragwürdig legitimierten ukrainischen Regierung abschließt, dann läuft alles auf eine dumme Konfrontation hinaus.
Putin vertraut dem Westen ja viel weniger, aber trotzdem schließt er Verträge ab. Das ist vielleicht eine Besonderheit, bei der man von Putin lernen kann. Er weiß die Dynamik, die sich gegen die Verträge und gegen seinen Willen entwickelt, auszunutzen, weil er nie ganz ohne Reaktionsmöglichkeiten dasteht. Das ist ein bißchen wie im Judo. Mit Judo kann man sich nur verteidigen, wenn der Angreifer sich zum Angriff nähert; eine Art des Überlistens. Dabei schätzt Putin den Gegner richtig ein. Auf Drohungen läßt er sich einfach ein, wenn das Wahrmachen der Drohung auch für den Gegner unangenehm ist. Dann wird die Drohung nämlich doch nicht wahrgemacht. So hat sich Putin auch in Syrien durchgesetzt. Was List anbelangt, ist der Westen Putin weit hinterher. Das einzige was der Westen kann, ist verdeckte Finanzierung von Aufständischen und Oppositionellen, die er dann nicht kontrollieren kann.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #1Ich war fast fertig mit meinem Artikel, da kam die Meldung des Telegraph, Rasmussen hat gesagt: "Europe's peace is at risk". Ja. Sehe ich ganz genau so.
Zu dieser Diskussion im Allgemeinen möchte ich anmerken, dass mir viele Positionen doch reichlich übertrieben scheinen (teilweise gar paranoid, wenn hier bereits von einem drohenden 3. Weltkrieg geschrieben wird).
Zettel wäre sicherlich sachlicher geblieben und hätte Stratfor.com oder ähnliche Quellen bemüht.
Bettina Röhl's Einschätzung, dass man die Kirche im Dorfe lassen sollte, finde ich jedenfalls deutlich überzeugender.
Zitat von Fluminist im Beitrag #102Ja, lieber Krischan, das ist die Frage. Das "nachhaltig" können wir sogar erst einmal ausklammern. Aber man muß es eben versuchen. Statt wie die beleidigten Leberwürste ihre G8-Vorbereitungen abzublasen, sollten die Großen sich also mit Putin zusammensetzen und seinen Bluff, wenn es denn ein solcher ist, auffliegen lassen.
Und dann?
Zitat von Fluminist im Beitrag #102 Aber wenn gegenseitige Ressentiments auf allen Seiten eine solche naheliegende Verhandlung nicht zulassen, weil man sich gegenseitig nicht vertraut, Putin seine eigenen Mannen losschickt und gleichzeitig die EU begierig Verträge mit der fragwürdig legitimierten ukrainischen Regierung abschließt, dann läuft alles auf eine dumme Konfrontation hinaus.
Ganz ehrlich: Was kann DER Westen denn schon großartig tun als das, was er selbst bei sich als Sanktion sehen würde? Also Gesprächsrunden absagen, "ätsch, mit dem rede ich nicht"? Ob Putin nun bei G8 dabei ist oder nicht - die Rolle Russlands wird er in der Welt auch so vertreten, er braucht das Forum nicht. Bei Obama et al. wäre ich mir da nicht so sicher.
Nochmal die Frage: Was passiert, wenn Verhandlungen scheitern oder nicht das gewünschte Ziel erreichen? Was dann? Das ist der berühmte Plan B, den sollte man immer haben, egal ob man mit einem Lidl-Einkäufer oder Herrn Putin verhandelt. Die eigenen Ziele kennen. Was sind denn die Ziele des Westens in Bezug auf Ukraine? Wollen wir, dass sich Russland NICHT einmischt? Ziemlich schwach. Oder wollen wir ein demokratisches, gestärktes Land Ukraine? Dann müssen wir den Preis dafür bezahlen - z.B. NATO, EU, Wirtschaftshilfe etc.
Und,lieber Fluminist, ganz ehrlich: Eine Regierung, die einen RaketenABWEHRSchirm als aggressive Maßnahme versteht, wird wohl kaum Soldaten, auch Blauhelme, einer fremden Macht in ihrem vermeintlichen Einflussbereich dulden. Vielleicht die Schweizergarde, da wäre allen Interessen Genüge getan
Zitat von Frankenstein im Beitrag #104Zettel wäre sicherlich sachlicher geblieben und hätte Stratfor.com oder ähnliche Quellen bemüht.
Bettina Röhl's Einschätzung, dass man die Kirche im Dorfe lassen sollte, finde ich jedenfalls deutlich überzeugender.
Dem schließe ich mich an. Vielleicht wäre es sogar eine Option gewesen, die Aktionen Rußlands auf der Krim gar nicht zu kritisieren, sondern zu loben und in den Kontext einer allgemein nötigen Konsolidierung der Staatsstrukturen in der Ukraine zu stellen, indem man sagt, daß mit dem Sturz des gewählten (!) Präsidenten Janukowitsch keine im ganzen Land legitimierte Regierung und Staatsgewalt mehr besteht, die für die sichere Durchführung der künftigen Neuwahlen wichtig ist. Damit hätte man an den eigenen Idealen von Demokratie, Selbstbestimmung und Kooperation angesetzt, das russische Engagement rhetorisch zu begrenzen, aber Putin könnte sich daheim aber trotzdem bedeutender Politiker profilieren. Wenn Putin sich immer nur dadurch profilieren kann, daß er seine Konfrontationsbereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit gegen den Westen demonstriert, muß westliche Diplomatie scheitern.
Zitat von Krischan im Beitrag #105Vielleicht die Schweizergarde, da wäre allen Interessen Genüge getan
Dem steht aber die ukrainische Historie entgegen und das nicht immer entspannte Verhältnis zu Polen. Wenn es dort etwas gibt, das noch verhaßter ist als der Zar in Moskau, dann ist es die katholische Kirche.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #104Zettel wäre sicherlich sachlicher geblieben und hätte Stratfor.com oder ähnliche Quellen bemüht.
Bettina Röhl's Einschätzung, dass man die Kirche im Dorfe lassen sollte, finde ich jedenfalls deutlich überzeugender.
Dem schließe ich mich an. Vielleicht wäre es sogar eine Option gewesen, die Aktionen Rußlands auf der Krim gar nicht zu kritisieren, sondern zu loben und in den Kontext einer allgemein nötigen Konsolidierung der Staatsstrukturen in der Ukraine zu stellen, indem man sagt, daß mit dem Sturz des gewählten (!) Präsidenten Janukowitsch keine im ganzen Land legitimierte Regierung und Staatsgewalt mehr besteht, die für die sichere Durchführung der künftigen Neuwahlen wichtig ist. Damit hätte man an den eigenen Idealen von Demokratie, Selbstbestimmung und Kooperation angesetzt, das russische Engagement rhetorisch zu begrenzen, aber Putin könnte sich daheim aber trotzdem bedeutender Politiker profilieren. Wenn Putin sich immer nur dadurch profilieren kann, daß er seine Konfrontationsbereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit gegen den Westen demonstriert, muß westliche Diplomatie scheitern.
Dem stimme ich zu. Vielen Dank an Frankenstein für den Hinweis auf Bettina Röhls Artikel, die natürlich viel besser und klarer zum Ausdruck bringen konnte, was ich mit meinem Gestammel gemeint hatte.
Zitat von Fluminist im Beitrag #94Die Schotten ein Volk mit klaren Grenzen??
Aber ja doch. Bis auf ein Detail ist die schottische Grenze seit Jahrhunderten völlig unverändert geblieben. Ähnlich stabil ist wahrscheinlich nur Island - dort sorgt die Natur dafür.
Zitat Wer sich aber vorstellt, daß nördlich dieser Grenze nur echte Schotten mit Kilt und knorrigem Akzent wohnen ...
Schottland ist intern gemischt, Kilt tragen eigentlich nur die gälischen Highlander. Aber die Menschen in den Lowlands und den Borders (die immer englisch gesprochen haben) haben sich immer als Schotten gefühlt, da gibt es keine Identitätsprobleme.
Zitat Sollte wieder eine Staatengrenze quer durch Großbritannien verlaufen, dann wird sie viele Familien durchschneiden und dem Selbstverständnis vieler Einwohner widersprechen.
Richtig. Ich bin auch völlig unsicher, wie die Mehrheitsverhältnisse pro oder contra Unabhängigkeit sind. Abgesehen davon würde ich für solche Abstimmungen ein deutlich höheres Quorum als 50% plus eine Stimme fordern. Aber die gegenseitigen Verflechtungen ändern nichts daran, daß Schottland ein sehr gut definiertes Staatsgebiet hat. Während ich bei ziemlich allen anderen potentiellen Unabhängigkeitskandidaten in Europa da große Probleme sehe.
Zitat von Krischan im Beitrag #105Und,lieber Fluminist, ganz ehrlich: Eine Regierung, die einen RaketenABWEHRSchirm als aggressive Maßnahme versteht, wird wohl kaum Soldaten, auch Blauhelme, einer fremden Macht in ihrem vermeintlichen Einflussbereich dulden. Vielleicht die Schweizergarde, da wäre allen Interessen Genüge getan
Auf die Schweizergarde können wir uns einigen, der gemeinsame Haß gegen die Papisten könnte zu einer Annäherung der Russen und Ukrainer führen.
--- Aber selbstverständlich ist ein RaketenABWEHRSchirm eine aggressive Maßnahme! Wenn nämlich der, der hinter dem Schirm sitzt, selbst Raketen besitzt, kündigt er damit den Dr.-Seltsam-Vertrag der "Mutual Assured Destruction" auf und bedroht somit den anderen fundamental.
Zitat von Fluminist im Beitrag #100Da noch diesen Monat ein Referendum über den Status der Krim stattfinden soll, werden wir (...) den Mehrheitswillen bald erfahren.
Dieses "Referendum" ist völlig wertlos.
Zitat Ich bilde mir allerdings schon ein, ein schwaches Echo aus der Zukunft zu hören, dieses Referendum sei unter Druck durchgeführt, verfälscht und kein echtes Abbild des Volkswillens.
Exakt so.
Ein Referendum ist völlig sinnlos in einer völlig chaotischen Situation, mit einer durchweg einseitigen Propaganda und mit russischen Truppen an jeder Ecke.
Ein Referendum kann sinnvoll sein nach einer längeren Abkühlungszeit OHNE auswärtigen Druck und nach einer ruhigen Diskussion der Vor- und Nachteile der diversen Varianten.
Zitat von Fluminist im Beitrag #111Aber selbstverständlich ist ein RaketenABWEHRSchirm eine aggressive Maßnahme! Wenn nämlich der, der hinter dem Schirm sitzt, selbst Raketen besitzt, kündigt er damit den Dr.-Seltsam-Vertrag der "Mutual Assured Destruction" auf und bedroht somit den anderen fundamental.
Die gegenseitige Vernichtung funktioniert auch dann noch, wenn man die Raketenabwehr übersättigt. Rußland kann das leichter als Iran oder Nordkorea. Wenn Putin sich trotzdem bedroht fühlt, heißt das, daß die russischen Nuklearwaffen eine katastrophal niedrige Einsatzbereitschaft haben.
Ich kann in diesem aufgeblähten, wabernden Ich-will-auch-mal-was-dazu-sagen-Artikel keine Argumente finden. In so weit auch keine überzeugenden.
"Hinzu kommt, mindestens genauso den klaren Blick von West nach Ost trübend, dass sich im Westen in Konsequenz des geistig-gesellschaftlichen Sieges der Westlinken in den meisten Ländern schizophrenerweise im untersten Unterbewusstsein eine Art Philo-Stalinismus in den gedanklichen Nischen etabliert hat, der sich widersinnigerweise aktuell in einer ganz merkwürdigen Verböserung Putins als dem neuen, noch schlimmeren Stalin entlädt. "
Offensichtlich berauscht sich Frau Röhl an ihrer gefühlten intellektuellen Überlegenheit - wenn man allerdings obigen Satz rückwärts durch den Phrasengenerator presst, dann bleibt am Ende nur heisse Luft übrig. Und wenn man Frau Röhls kaum erträgliches Geschreibe mal entschlüsseln kann, dann ist es das übliche "Der Westen ist schuld":
"Mit seiner verfehlten Politik hat der Westen und auch Deutschland die wirtschaftlich in Korruption und Ineffizienz versinkende Ukraine in die Lage gebracht, entweder in Europa oder in Russland oder sowohl als auch um Hilfe und Unterstützung zu betteln. Somit hat Europa selber dazu beigetragen, dass ein jetzt virulent werdender Antagonismus, auch innerhalb der ukrainischen Gesellschaft, zwischen den Russland-bezogenen Menschen in der Ukraine und jenen, die nach Westen schauen, hoch gepeitscht wurde. "
Was wäre wohl nach Frau Röhls Ansicht, die richtige "deutsche Politik" gewesen, die ihrer Meinung nach ein ganzes Land in den Abgrund gerissen hat? Obwohl: vielleicht will ich es doch nicht so genau wissen; das schadet wieder meinem Blutdruck. Ich versuche mal, Frau Röhl zusammenzufassen:
1. Putin ist eigentlich in ganz lieber; wir sind die bösen, weil wir ihn mobben 2. Die Ukraine sollte zerteilt werden; Russland nimmt sich das eine Teil und den Rest kann ja Europa haben - oder wer auch immer den Rest halt haben will 3. Der Westen sollte endlich lernen das Maul zu halten; so friedliche Leute wie Putin mögen es gar nicht, wenn sie kritisiert werden, da können die ganz schön unfriedlich werden 4. Der Westen ist schuld. Immer.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #104Bettina Röhl's Einschätzung[/url], dass man die Kirche im Dorfe lassen sollte, finde ich jedenfalls deutlich überzeugender.
Na ja, das ist schon ein recht merkwürdiger Artikel. Röhl versucht den Eindruck zu erwecken, eine Invasion von 16 000 Soldaten in ein Nachbarland wäre nur ein harmloser kleiner Betriebsausflug ohne besondere Störwirkung. Und ihr etwas einseitiger Exkurs in die angeblich so harmonische Vergangenheit zwischen Ukrainern, Russen und Weißrussen übersieht völlig die zentrale Bedeutung von sicheren Grenzen für die Friedensordnung ein einem Europa, in dem klare nationale Grenzen nur in Ausnahmen existieren. Und wenn sie dann noch ausgerechnet Steinmeier gleich nach seinem größten Fehlschlag als leuchtendes Beispiel der Diplomatenkunst vorführt - überzeugt mich alles nicht.
Zitat von R.A. im Beitrag #110Aber die gegenseitigen Verflechtungen ändern nichts daran, daß Schottland ein sehr gut definiertes Staatsgebiet hat. Während ich bei ziemlich allen anderen potentiellen Unabhängigkeitskandidaten in Europa da große Probleme sehe.
Ich glaube, da haben wir etwas aneinander vorbeigeredet. Daß die Grenze und das Staatgebiet von Schottland wohldefiniert und stabil sind, steht ja vollkommen außer Frage. Zweifel habe ich nur daran, daß es ein ebenso wohldefiniertes schottisches Volk gibt. Freilich gibt es jede Menge hartgesottener Partikularisten, die schottisch als ihre nationale Identität auffassen, aber viele sehen sich auch als Bürger des Vereinigten Königreichs, ohne besondere Zuordnung zu einem der Teilländer. Die Unterschiede im Verwaltungs- und Rechtssystem zwischen England und Schottland nehmen diese eben als Zufälligkeiten des Wohnsitzes hin, so wie in Deutschland ja auch Unterschiede in den Bereichen mit Länderhoheit bestehen. So wie es in Bayern echte partikular- bis separatistische Originalbayern gibt, leben da eben auch jede Menge Leute, die mit generisch deutscher Nationalität ganz zufrieden sind und sich weder als Bayern noch als Nichtbayern festlegen wollten.
Stimmt, das Quorum ist irritierend niedrig. Was mich auch an dem Referendum wundert, ist, daß nur die "Schotten" (d.h. die in Schottland im Wählerverzeichnis Registrierten) abstimmen dürfen, die "Engländer" nicht, obwohl eine Auflösung der Union ja auch ziemlich einschneidende Auswirkungen auf den nichtschottischen Teil des Königreichs haben wird. (Die humorige Replik hierauf ist, daß die Engländer mehrheitlich für die Unabhängigkeit Schottlands stimmen würden, wenn man sie fragte.)
In dem Punkt, daß alle anderen Fälle von Unabhängigkeitsstreben auf ethnischer Basis noch schwammiger sind, gebe ich Ihnen vollkommen recht. Man sieht hier, glaube ich, wie ja eben auch gerade in der Ukraine, daß in dem Spannungsfeld zwischen Nationalismus und Imperialismus auch letzterer gewisse Vorzüge besitzt, insbesondere in ethnisch gemischten Regionen, in denen Nationalismus überhaupt keinen brauchbaren Ausgangspunkt bietet. Eine auf anderen, übergeordneten Prinzipien beruhende politische Ordnung ist da viel besser, solange sie nicht als Unterdrückung empfunden (bzw. von Nationalisten als solche überzeugend dargestellt) wird. Als sozialistische Sowjetrepublik war die Ukraine problemlos, da ihre Einwohner nicht "Ukrainer" oder "Russen" waren, sondern "Sowjetmenschen", da konnte man auch noch die etwas inkongruente Krim dazupacken, ohne daß es auffiel. Ebenso war Böhmen etc. im alten Reich und nachher noch in Österreich-Ungarn Ort einer friedlichen Koexistenz deutsch- und slawischsprachiger Menschen, erst Nationalismus hat das Sudetenland zur Problemzone gemacht. (Überwindung solcher Probleme durch Imperialismus ist ja auch das Grundprinzip der EU. -- Der Nachteil ist dann immer, daß das Imperium seine Untertanen auch nicht immer glücklich macht oder überhaupt abwirtschaftet.) Die stark nationalistisch geprägte Übergangsregierung in der Ukraine ist daher mehr ein Problem als eine Lösung.
Zitat von Fluminist im Beitrag #117Zweifel habe ich nur daran, daß es ein ebenso wohldefiniertes schottisches Volk gibt.
Ich will jetzt mit ein paar Urlaubserfahrungen nicht als der große Schottland-Experte auftreten - aber ich habe dort wirklich niemand getroffen, der sich nicht selber als Schotte sah. Oder eben als zugewanderter Engländer etc. Maximal als Mischling, dann wurde aber auch klar unterschieden, welcher Elternteil welche "Nationalität" hat.
Zitat aber viele sehen sich auch als Bürger des Vereinigten Königreichs, ohne besondere Zuordnung zu einem der Teilländer.
Die wird es bestimmt auch geben - aber bisher habe ich solche Leute weder in Schottland noch in England getroffen. Viele sehen sich durchaus in erster Linie als Briten (wie wohl die meisten derer, die im Referendum gegen die Unabhängigkeit stimmen wollen) - aber trotzdem haben sie eine klare Vorstellung, welchem Teilvolk sie angehören. Nicht zu vergessen, daß in GB auch vier verschiedene Fußballnationalmannschaften existieren. Das ist ja ein ganz starkes Indiz für Nationalgefühle ...
Zitat Was mich auch an dem Referendum wundert, ist, daß nur die "Schotten" (d.h. die in Schottland im Wählerverzeichnis Registrierten) abstimmen dürfen, die "Engländer" nicht
Das ist aber bei Sezessionsfragen normal. Eine Union kann nur halten, wenn beide Seiten zustimmen.
Es gibt ein Beispiel für den umgekehrten Fall (der wohl extrem selten ist): Bei der Abstimmung über Baden-Württemberg reichte die Gesamtmehrheit. Was dazu führte, daß die größere Zahl der für die Fusion votierenden Württemberger die mehrheitlich ablehnenden Badener dominieren konnte. Also eigentlich eine feindliche Übernahme und in meinen Augen krass undemokratisch.
Zitat In dem Punkt, daß alle anderen Fälle von Unabhängigkeitsstreben auf ethnischer Basis noch schwammiger sind, gebe ich Ihnen vollkommen recht.
Das ist ja auch eigentlich der Punkt - ob nun Schottland wirklich die Ausnahme ist, spielt im Vergleich keine Rolle.
Zitat Eine auf anderen, übergeordneten Prinzipien beruhende politische Ordnung ist da viel besser, solange sie nicht als Unterdrückung empfunden (bzw. von Nationalisten als solche überzeugend dargestellt) wird.
Exakt. M. E. paßt das künstliche Konstrukt "Nationalstaat" überhaupt nicht zur buntgemischten Historie Europas und hat unglaublich viel Unheil angerichtet.
OT: Stichwort "Stratfor & Co". Zu den üblicherweise informierten & belastbaren Quellen in der Anglosphäre gehört ja auch die Zeitschrift Foreign Policy.
Zitat FP, 03.03.2014 _________________________________ "In late October 2008, in the heat of the U.S. presidential campaign, Sarah Palin took to a stage in Reno, Nevada, and announced that if Barack Obama were elected president of the United States, Russia might invade Ukraine. "After the Russian Army invaded the nation of Georgia, Senator Obama's reaction was one of indecision and moral equivalence, the kind of response that would only encourage Russia's Putin to invade Ukraine next," Palin said.
Foreign Policy's Blake Hounshell called that hypothetical "an extremely far-fetched scenario." "Given how Russia has been able to unsettle Ukraine's pro-Western government without firing a shot, I don't see why violence would be necessary to bring Kiev to heel."
Well, this week Russia did in fact invade Ukraine ... So we have to hand it to her: Six years after the publication of a 156-word blog post, points to Palin." _________________________________
Als Mitglied im klandestinen Palin-Fanclub vermerkt man gern, daß im US-Journalismus, zumindest in Teilen davon, der Anstand noch gebührt, einen Irrtum einzugestehen, & sei es gegenüber der vermeintlich Leibhaftigen.
Zitat Zitat R.A. M. E. paßt das künstliche Konstrukt "Nationalstaat" überhaupt nicht zur buntgemischten Historie Europas und hat unglaublich viel Unheil angerichtet.
Lieber R.A., können Sie das bitte einwenig näher erklären. Es ist eine Frage, die mich seit langem beschäftigt und ich weiß nicht, ob ich vielleicht etwas übersehe. Ich denke, wenn es keine Nationalstaaten innerhalb der EU mehr geben soll, dann muß man das den Bürgern auch sagen. Individuelle und unterschiedliche Innenpolitik gehörte dann wohl auch neu überdacht.
Und wenn ja, kann man das so einfach ohne Volksabstimmung?
Die letzten Jahre zeigen anhand vieler EU-Vorgaben, daß die Länder alle schon egalisiert werden, nicht in allen aber doch vielen Punkten. Sicher wird man sagen: "National", das war früher, jetzt sind wir alle EU-Staaten. Man traut sich nicht offiziell zu sagen "die vereinigten Staaten von Europa", weil dann den Bürgern der Schleier vorm Auge runterfällt und hinterfragt wird.
Also sollen wir Als Land National bleiben oder ist nicht vielmehr geplant die einzelnen Nationalitäten zu mischen um insgesamt eine EU-Nationalität zu haben?
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von R.A. im Beitrag #118Was dazu führte, daß die größere Zahl der für die Fusion votierenden Württemberger die mehrheitlich ablehnenden Badener dominieren konnte. Also eigentlich eine feindliche Übernahme und in meinen Augen krass undemokratisch.
So ist es! Als nahezu neutraler Einwohner Badens würde ich auch behaupten wollen, dass ein Zusammengehen Badens mit dem Elsass von der Mentalität her weit näher gelegen hätte... Oder wenn schon innerhalb Deutschlands, dann mit der Pfalz. Den RP-Rheinland-Teil hätte man bei NRW ruhig auch noch mit dazu packen können: Ein Bundesland, das Rheinländer *und* Westfalen verkraftet, kann das ab
Zitat von R.A. im Beitrag #118M. E. paßt das künstliche Konstrukt "Nationalstaat" überhaupt nicht zur buntgemischten Historie Europas und hat unglaublich viel Unheil angerichtet.
Wie kann das sein, wo doch Nationalstaaten ein Ergebnis dieser Historie sind?
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Fluminist im Beitrag #111--- Aber selbstverständlich ist ein RaketenABWEHRSchirm eine aggressive Maßnahme! Wenn nämlich der, der hinter dem Schirm sitzt, selbst Raketen besitzt, kündigt er damit den Dr.-Seltsam-Vertrag der "Mutual Assured Destruction" auf und bedroht somit den anderen fundamental.
Und nicht nur das, selbst die bloße Drohung sich verteidigen zu wollen ist ein agressiver Akt – jedenfalls laut Focus.
-- Political language – and with variations this is true of all political parties, from Conservatives to Anarchists – is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give an appearance of solidity to pure wind – Eric A. Blair
Zitat von R.A. im Beitrag #118Es gibt ein Beispiel für den umgekehrten Fall (der wohl extrem selten ist): Bei der Abstimmung über Baden-Württemberg reichte die Gesamtmehrheit. Was dazu führte, daß die größere Zahl der für die Fusion votierenden Württemberger die mehrheitlich ablehnenden Badener dominieren konnte. Also eigentlich eine feindliche Übernahme und in meinen Augen krass undemokratisch.
Och, da gibt`s aber doch noch eine Volksabstimmung, die deutlich undemokratischer behandelt wurde... Am 19.01.1975 hat ein deutsches Teilvolk für die Unabhängig seines Landes vom eigenen Bundesland gestimmt - mit großer Mehrheit! Nachdem bereits der Ministerpräsident des Bundeslandes dem Abstimmungsergebnis ein "ist zu teuer, machen wir nicht" entgegenwarf, haben auch Bundesregierung und sogar das Verfassungsgericht diese Abstimmung ebenfalls weitgehend ignoriert, bzw. die Ignoranz als Verfassungskonformität bezeichnet. Ich rede natürlich von Oldenburg und Niedersachsen.
Zitat M. E. paßt das künstliche Konstrukt "Nationalstaat" überhaupt nicht zur buntgemischten Historie Europas und hat unglaublich viel Unheil angerichtet.
Deswegen hatte ich auch sehr große Hoffnungen auf ein "Europa der Regionen" gesetzt. Leider vergeblich.
Zitat von R.A. im Beitrag #118M. E. paßt das künstliche Konstrukt "Nationalstaat" überhaupt nicht zur buntgemischten Historie Europas und hat unglaublich viel Unheil angerichtet.
Da muss ich widersprechen: nicht der Nationalstaat hat Unheil angerichtet, sondern seine Übertreibung, der (ethnisch gefärbte) Nationalismus.
Die vertrautesten und im Regelfall auch vertrauenswürdigsten Institutionen auf exekutiver, legislativer und judikativer Ebene sind solche auf der Ebene der Nationalstaaten. Es wundert von daher nicht, dass der fortschreitende Transfer von Macht von diesen Institutionen zu solchen auf europäischer Ebene bei vielen Europäern für Unbehagen sorgt, sind doch die europäischen Institutionen offenkundig bei weitem nicht so vertraut und, wie ich fürchte, auch nicht annähernd so vertrauenswürdig.
Unser Außenministerdarsteller hat schon mal unmißverständlich klargestellt, daß Sanktionen, die irgendeine Wirkung erzielen könnten, nicht in die Tüte kommen: "Gegenüber Parlamentariern sagte Außenminister Steinmeier am Dienstagnachmittag, aus seiner Sicht würden solche Sanktionen eher zu einer Eskalation im Streit mit Russland führen."
Andere wollen dagegen knallharte Bandagen aufziehen: "Gemeinsam mit den Amerikanern könnten Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich den nächsten G-8-Gipfel in Sotschi platzen lassen. Die Niederlande und Österreich wollen anders als geplant auf Ministerbesuche bei den Paralympics am gleichen Ort verzichten."
Ganz offensichtlich ist Herr Putin nicht der einzige, der, so Frau Merkel, nicht mehr von dieser Welt ist.
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