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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 251 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Abraham Offline



Beiträge: 174

15.04.2009 23:25
#76 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Lieber Robert,

"Haben Sie schon einmal etwas von Entwicklungshelfern aus Ölscheichtümern gehört, die sich aufopfernd für Menschen in anderen Kulturkreisen einsetzen?" war eine rhetorische Frage. Ich habe von Ihnen keine Antwort erwartet, sondern wollte nur darauf hinweisen, dass es so etwas eben nicht gibt.

In den Statuten von Amnesty steht natürlich nicht, dass es sich um eine christliche Organisation handelt und die führenden Mitglieder würden das auch vehement bestreiten. AI ist aber in der Tat ein europäisches Geschöpf (http://de.wikipedia.org/wiki/Amnesty_int...dungsgeschichte). Seit 2001 wird AI erstmals von einer Muslimin geleitet, die allerdings in katholischen Schulen erzogen wurde (http://de.wikipedia.org/wiki/Irene_Khan#Die_ersten_Jahre).

Die Quäker habe ich nicht erwähnt, um ein leuchtendes Beispiel für die Nächstenliebe von Christen im Allgemeinen zu geben. Ich wollte zeigen, dass auch subtile religiöse Besonderheiten ("göttliches Licht") das Verhalten einer Gruppe von Menschen zutiefst prägen können.

Ich gebe Ihnen Recht, dass die Wertesysteme der heutigen Japaner und der heutigen Europäert einander ähnlicher sind als die von heutigen und frühneuzeitlichen Europäern. Es gibt aber immer noch sehr große Unterschiede, bei denen die verschiedenartige religiöse Basis nach wie vor erkenntlich ist. Nehmen Sie z. B. die Rolle der Menschenrechte in der Außenpolitik. Gewiss, auch in der Politik der führenden christlich geprägten Nationen spielen ganz andere Motive eine Rolle. Vergleichbare Aktionen wie die vorwiegend humanitär motivierten Interventionen westlicher Staaten in Bosnien und im Kosovo sind mir aber in der Geschichte der japanischen Außenpolitik bis heute nicht bekannt.

Grüße,

Abraham

Abraham Offline



Beiträge: 174

16.04.2009 08:30
#77 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Lieber Eltov,

das Wertesystem einer Kultur umfasst wesentlich mehr Elemente als "Du sollst nicht stehlen, rauben, töten", wobei selbst solche Elementarregeln nicht universell gelten. Z. B. ist das Töten ja unter bestimmten Umständen in jeder Gesellschaft erlaubt, aber diese Umstände sind eben sehr verschieden. In Deutschland darf man es nur in Notwehr tun, wenn gar kein anderer Ausweg bleibt (individuell und im Krieg). In den USA und in vielen anderen Ländern darf der Staat es zur Strafe für schwere Verbrechen tun. Und in Afghanistan, in Regionen, in denen die Taliban das Sagen haben, darf und muss man es sogar tun, wenn ein junges Paar unerlaubten Geschlechtsverkehr hatte. In vielen islamischen Staaten steht auf den Abfall vom "wahren" Glauben die Todesstrafe. Womit soll man das denn sonst erklären, wenn nicht mit den unterschiedlichen Vorstellungen von Gott in christlich-abendländisch geprägten und in islamischen Gesellschaften. In dem einen Fall ist eben der Gott vor allem ein liebender Gott (wobei es zwischen verschiedenen Richtungen des Christentums natürlich große Unterschiede gibt, so war der Gott der Puritaner schon ein sehr strenger Gott) und einem übermächtigen Gott, vor dem man sich in den Staub werfen muss, in dem anderen Fall.

Gesellschaften gehen auch keineswegs daran zugrunde, wenn sie das Töten in großem Umfang erlauben. Es geht ja nicht nur darum, ob man Angehörige der eigenen Gesellschaft töten darf, sondern auch um das Verhalten gegenüber anderen, "fremden" Gesellschaften. Die Wikinger konnten z. B. über lange Zeit sehr gut damit leben, dass sie zum großen Teil von Raubzügen gelebt haben, bei denen sie viele Menschen umgebracht haben.

Was die Quäker angeht, habe ich ja schon darauf hingewiesen, dass sie sich als erste für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt haben. Wenn Sie behaupten, die Quäker hätten ohne die "völlige Entrechtung der Sklaven" gar nicht existieren können, sträuben sich mir wirklich die Haare. Auch Ihnen ist doch sicher bekannt, dass die Sklaverei in den nördlichen Bundesstaaten der USA, wo die Quäker lebten (vor allem Pennsylvania), schon früh abgeschafft wurde und dort auch zuvor keine große Rolle gespielt hatte. Dennoch wurden die Nordstaaten im Lauf der Zeit wirtschaftlich stärker als die sklavenhaltenden Südstaaten und haben sie im Bürgerkrieg bezwungen. Die Quäker waren also keineswegs auf die Sklaverei angewiesen. Mehr noch: unter den Quäkern gab es sehr viele äußerst erfolgreiche Kaufleute. Sie waren waren gerade deshalb so erfolgreich, weil bekannt war, dass sie es mit den Regeln genau nahmen und ihre Geschäftspartner nicht betrogen haben. Sie haben also keineswegs davon gelebt, dass andere für sie die Drecksarbeit gemacht haben, wie Sie andeuten.

Grüße,

Abraham

Kallias Offline




Beiträge: 2.297

16.04.2009 10:26
#78 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von str1977
Zitat von Kallias
Jesus nahm wohl an, daß die Geschichte unmittelbar vor ihrem Ende stand und Gott sein Reich auf Erden errichten werde
Das wird immer wieder gerne behauptet, nur gibt es dafür überhaupt keinerlei Belege. Für Details verweise ich z.B. an Klaus Berger.
Danke für den Hinweis. Der Punkt ist, daß vieler seiner moralischen Thesen nur unter dieser Voraussetzung einen Sinn ergeben, also machte er entweder eine falsche Prognose oder verkündete eine unsinnige Moral. So sieht es z.B. Ludwig Berger. Tausche meinen Berger gegen Ihren!
Zitat von str1977
Wenn Sie annehmen, die Evangelien - die ja in der Rückschau geschrieben sind, nicht als News-ticker - enthielten Irrtümer, dann können sie nicht gleichzeitig die Evangelien als verlässliche Quelle annehmen.
Ich habe Jesus Irrtümer vorgehalten, nicht den Evangelisten. Aber wo Sie schon damit anfangen: man kann sehr wohl einen Text als verläßliche Quelle annehmen und zugleich vermuten, sie enthalte Irrtümer: indem man etwa den Text in verschiedene Bestandteile zerlegt und diesen unterschiedliche Verläßlichkeit zuschreibt.

Am Beispiel der Evangelien: die Anekdoten, was Jesus sagte und was er tat, finde ich glaubhaft, auch den Lebenslauf im Umriß. Die Zusammenstellung der Einzelheiten hingegen halte ich für zweifelhaft (was Matthäus zur Bergpredigt zusammenfaßt, steht bei Lukas verstreut, z.B.); da hatten die Evangelisten wohl selber ein Quellenproblem: die Leute werden sich an Aussprüche Jesu erinnert haben, aber nicht unbedingt an die Gelegenheiten, bei denen er sie tat. (So wie ich den Begriff "episodisches Gedächtnis" von Zettel gelernt habe, aber nicht mehr weiß, in welchem Thread das war.) Ganz unplausibel finde ich es, wenn Ereignisse mit Bibelzitaten geschildert werden: daß Jesus am Kreuz den Psalter zitierte, ist glaubhaft, aber daß die Soldaten um sein Gewand losten gemäß Vers 19 von Psalm 22, halte ich für, naja, eine fromme Eingebung.
Zitat von str1977
Und gegenüber der Kanaaniterin ist es doch nicht Jesus, der lernt und erkennt, er müsse auch zu den Heiden gehen (was in der Folge dann ja auch nicht tu). Es ist die Kanaaniterin die sich selbst demütigt und dafür belohnt wird.
Falls außer str1977 noch jemand hier liest und nicht weiß wovon die Rede ist:
Zitat von Matthäus Kap. 15, 21-28, Elberfelder Bibel 1905
Und Jesus ging aus von dannen und entwich in die Gegenden von Tyrus und Sidon; und siehe, ein kananäisches Weib, das von jenen Grenzen herkam, schrie [zu ihm] und sprach: Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids! meine Tochter ist schlimm besessen. Er aber antwortete ihr nicht ein Wort. Und seine Jünger traten herzu und baten ihn und sprachen: Entlaß sie, denn sie schreit hinter uns her. Er aber antwortete und sprach: Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Sie aber kam und warf sich vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! Er aber antwortete und sprach: Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hündlein hinzuwerfen. Sie aber sprach: Ja, Herr; denn es essen ja auch die Hündlein von den Brosamen, die von dem Tische ihrer Herren fallen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Weib, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst. Und ihre Tochter war geheilt von jener Stunde an.
Ich lese das so: die Kanaaniterin hält Jesus durch eine geschickte Replik seine Arroganz vor Augen, und er akzeptiert die Lektion. Sicher ist es stets eine persönliche Sache, was man aus einer solchen Geschichte macht. Jesus, wie seine Persönlichkeit in den Evangelien gezeichnet wird, ist mir nicht überragend sympathisch. (Was selbstverständlich nicht hindert, daß er Gottes Sohn war und von den Toten auferstanden ist.) An einer solche Stelle wie hier finde ich ihn dagegen überzeugend: er war doch in der Lage, seine Mängel einzusehen und zu überwinden. Mehr kann man von einem wahren Menschen kaum verlangen.


Gruß,
Kallias

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 16:47
#79 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Zettel
Und ich hoffe, wenn Ihr Ärger über meine Kritik an Mixa verraucht ist, daß auch Sie sich (kompetent wie kaum jemand hier) doch auch an der Diskussion beteiligen.

Ich habe mich jetzt in der Tat drei Tage lang vom Forum ferngehalten. Im ersten neuen Eintrag in diesem Thread lese ich dann Ihr Wort von der "Grobschnitzerei" Mixas.

Werter Zettel: ich ärgere mich nicht darüber, dass Sie Mixa kritisieren. Robert Z. argumentiert hier auch mit Hingabe. Mich stört hingegegn ganz enorm Ihre Wortwahl, die ich so auch nicht von Ihnen gewöhnt bin.

Ich kann nachvollziehen, dass Sie sich persönlich angegriffen fühlen, wenn Sie sich in einen Topf mit Nazis und Kommunisten geworfen fühlen. Dennoch würde ich mich im "kleinen Zimmer" wohler fühlen, wenn der Hausherr nicht ganz so ausfallend wird - so völlig indiskutabel ist die These von der "Unmenschlichkeit des praktizierten Atheismus" (Pressemitteilung Mixa) meines Erachtens nämlich nicht, sonst hätten Sie Ihren Eintrag über die areligiöse Fundierung von Moral ja auch nicht geschrieben.

Ich bin diesbezüglich dünnhäutig, das weiß ich, und natürlich ist das mein Problem, nicht Ihres. Ich wollte nur kurz verdeutlichen, wo meine Schwierigkeiten mit Ihrem Beitrag liegen.

So, und jetzt diskutiere ich weiter.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 17:01
#80 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Zettel
Liefert nur die Religion eine feste Basis dafür, verbindliche moralische Regeln aufzustellen? Oder läßt sich Moral auch allein aus der Vernunft heraus begründen; etwa aus dem Kategorischen Imperativ?

Ich lese keine Philosophen, für mich denkt der Vatikan Gerade habe ich mich durch den Wikipedia-Eintrag zum Kategorischen Imperativ gearbeitet:
Zitat von Kant
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ

Jetzt habe ich zwei Fragen an die kantianisch Gebildeteren:
1. Warum genau sollte ich dem Kategorischen Imperativ folgen? (Das scheint einer der Kritikpunkte von Hoerster zu sein, ganz unten im Wikipedia-Eintrag)
2. Mit welcher Begründung sollte ein Erwachsener, der dem Kategorischen Imperativ folgt, z.B. das Töten behinderter Babies ablehnen?

Meine persönliche Einschätzung: eine Moral, die sich "alleine aus Vernunft" herleitet, wird keine Gesellschaft begründen, in der ich leben wollte. Andere Diskussionsteilnehmer mögen das anders sehen.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 17:18
#81 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Kallias
Jesus nahm wohl an, daß die Geschichte unmittelbar vor ihrem Ende stand und Gott sein Reich auf Erden errichten werde; es gab eine entsprechende Prophezeiung (im Buch Daniel glaube ich), aufgrund derer damals außer Jesus noch zahlreiche andere Messiasse auftraten.

Jesus scheint zunächst gemeint zu haben, daß seine Rolle darin bestünde, dieses unmittelbar bevorstehende Eriegnis anzukündigen, damit die Menschen die Gelegenheit haben, umzukehren und sich Gott zuzuwenden. Nur im diesem Kontext ergaben seine moralischen Erklärungen einen Sinn. Angesichts der tatsächlichen Geschichte waren sie im wesentlichen Nonsens.

Allerdings haben sich christliche Theologen in den vergangenen 2000 Jahren auch einiges an Gedanken darüber gemacht, ob Jesus mit dem "Reich Gottes" nicht vielleicht doch etwas anderes gemeint hat als das Ende der Geschichte. Die Erklärungsansätze kann man als mühsam bis missglückt ansehen, aber man sollte doch anerkennen, dass es sie gibt.

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Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 17:40
#82 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Kallias
Bei religiösen Menschen ist die Moral vielleicht eher egoistisch motiviert, sie denken an die karmischen Folgen ihres Tuns oder die Reaktion Gottes darauf. Bei Atheisten ist die altruistische Motivation vielleicht höher.

"Vielleicht" trifft es gut. Das ist ein beliebtes Argument von Atheisten, das auch Robert Z. später noch einmal bringt: "Ihr Christen tut ja nur deswegen Gutes, weil Ihr Euch nach dem Tod eine Belohnung davon erhofft."

Ich persönlich verstehe mich als religiös, und meine armseligen Versuche, mich gut zu verhalten, sind nur sehr nachrangig meiner Hoffnung auf das Himmelreich oder den Anweisungen Gottes geschuldet. Wichtiger ist für mich, dass moralisch gute Handlungen mit dem Wesen meiner Seele besser in Einklang stehen als solche, die mich von Gott trennen - "Sünde" kommt von "(ab)sondern". C. S. Lewis ist meines Wissens in Mere Christianity auf dieses Thema eingegangen, aber um das endlich zu lesen, sollte ich weniger Zeit in diesem Forum verbringen

Zitat von Jennifer Fulwiler
The reason we seek that which is good -- the reason we yearn for a world of love, peace and harmony despite never having seen anything of the sort -- is because our souls, which are not of this world, are aware that the closer we get to these things the closer we get to our true home.

http://www.conversiondiary.com/2008/07/love-and-atheism.html

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Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 17:42
#83 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Kallias
Der gläubige Individualist hingegen wendet sich gelassen zur Welt: "Mich gibts immer noch, lange nachdem euer Narrenhaus vergessen ist." Das macht ihn selbständiger gegenüber den Zumutungen seiner Umgebung.

He, Sie klauen meine Signatur!

--
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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 17:55
#84 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Werter Robert Z.:

ich habe Ihre Beiträge mit Interesse gelesen und werde jetzt auf das Eine oder Andere eingehen.

Erlauben Sie mir vorab nur eine Beobachtung: mitunter stellen Sie Thesen über gläubige Menschen auf, die ich zumindest aus eigener Anschauung als praktizierender Katholik bei mir nicht wiedererkenne. Ich bin mir durchaus der Möglichkeit bewusst, dass meine Selbstbeobachtung verzerrt sein mag oder nicht die Mehrheit der Katholiken/Christen/Gläubigen widerspiegelt, aber ich würde mich freuen, wenn Sie auch die Hypothese in Betracht ziehen würden, dass Sie nicht gegen die Realität anargumentieren, sondern gegen ein Zerrbild. Das soll jetzt kein Vorwurf sein, ich werde mir nur erlauben, auf meine abweichende Erfahrung hinzuweisen.

Aber vielleicht haben Sie ja auch unabhängige Statistiken zur Hand, auf Basis von Daten argumentiere ich viel lieber denn auf Basis von (Ihrer oder meiner) Ideologie!

Zitat von Robert Z.
Und tatsächlich empfinden ja gerade tiefgläubige Menschen die Behauptung, von Tieren abzustammen und Zufällen ausgeliefert zu sein, der 'Krone der Schöpfung' (also sich selber) für unwürdig.


Ich melde mich hiermit als ein Gegenbeispiel. Ich habe trotz meines Glaubens weder mit meiner Abstammung von Tieren noch mit Zufällen ein Problem.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 18:09
#85 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
So sind die Moralvorstellungen der westlichen Kultur eng mit dem Christentum verbunden.


Aber ist damit das Christentum Ursprung dieser Moral? Ist es nicht auffällig, daß die meisten Gesellschaften und Religionen im Kern dieselbe Ethik vertreten (nicht morden, nicht stehlen, nicht lügen,...)?

Zur Information die katholische Interpretation dazu: ein großer Teil der Morallehre ist Menschen auch ohne Kenntnis von oder Glauben an Gott zugänglich, siehe (meines Wissens) etwa Lumen Gentium.

Zitat von Robert Z.
Der Eindruck, daß unsere Moral religiös fundiert ist, wird auch durch selektives Lesen und selektives Uminterpretieren von heiligen Büchern unterstützt. Tatsächlich haben die Menschen schon eine Moralvorstellung, bevor sie z.B. in der Bibel nachlesen. Dann wird das passende Zitat gesucht.

Das selektive Bibelzitieren ist in der Tat ein Problem, und tatsächlich findet man in der Bibel, wenn man den Zusammenhang nur ausreichend vergewaltigt, Belege für alles, was man belegen möchte. Der Fachausdruck dafür ist "Steinbruchexegese"

Desto wichtiger ist es bei der seriösen Bibelexegese (wie in jedem anderen Feld, das mit Texten arbeitet - auch in der literaturwissenschaftlichen Forschung kann man beliebige Autoren steinbruchexegetieren) daher, den Gesamtkontext zu würdigen.

Übrigens sieht man Analoges häufig bei Angriffen auf das Christentum: einzelne Bibelpassagen werden herausgegriffen und ohne Rücksicht auf Verluste als Beleg für die Rückständigkeit/Verwerflichkeit/was auch immer des Christentums angeführt. Ich freue mich, dass die Diskussion hier davon verschont geblieben ist.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2009 18:14
#86 Eine kleine Erläuterung Antworten

Lieber Gorgasal,

Zitat von Gorgasal
Zitat von Zettel
Und ich hoffe, wenn Ihr Ärger über meine Kritik an Mixa verraucht ist, daß auch Sie sich (kompetent wie kaum jemand hier) doch auch an der Diskussion beteiligen.

Ich habe mich jetzt in der Tat drei Tage lang vom Forum ferngehalten.
Ich freue mich, daß Sie wieder zurück sind!
Zitat von Gorgasal
Werter Zettel: ich ärgere mich nicht darüber, dass Sie Mixa kritisieren. Robert Z. argumentiert hier auch mit Hingabe. Mich stört hingegegn ganz enorm Ihre Wortwahl, die ich so auch nicht von Ihnen gewöhnt bin.

Ja, ich muß sie wohl begründen.

Ich hatte bis zu dieser Predigt Mixas - genauer der Pressemitteilung darüber, die ja eine Wirkung in der Öffentlichkeit erzielen sollte - eigentlich gedacht, daß ich sozusagen meinen Frieden mit dem Katholizismus gemacht habe.

Ich finde Ratzingers Überlegungen zu Religion und Vernunft spannend und habe ihn (den Gelehrten Ratzinger, aber auch den Papst Benedikt), wie Sie wissen, immer gegen unqualifizierte Angriffe verteidigt. Ich habe sein Jesus- Buch mit großen Erwartungen gelesen, fand es allerdings enttäuschend.

Ich habe auch hier im Forum gern mit Ihnen und Rayson diskutiert. Das waren (und sind hoffentlich weiter) bemerkenswerte, von gegenseitigem Respekt bestimmte Diskussionen.



Mixa hat mir aber gezeigt, daß es immer noch diesen bornierten Katholizismus gibt, der mich früher einmal zu einem überzeugten Gegner der Katholischen Kirche gemacht hat. Diese Intoleranz, diese Überheblichkeit Andersdenkenden gegenüber.

Der Atheismus, der Agnostizismus - Ihnen, lieber Gorgasal brauche ich das nicht zu sagen -, sind doch keine Phänomene des Zwanzigsten Jahrhunderts, die sich in totalitären Systemen niedergeschlagen haben. Sondern es sind Weltsichten, die auf die erste Aufklärung - die griechisch-römische - zurückgehen und die seit der Spätrenaissance und dem Humanismus und dann der modernen Aufklärung einen breiten und ganz überwiegend positiven Einfluß auf unsere abendländische Kultur gehabt haben.

Die Achtung der Menschenrechte, der Gedanke des Rechtsstaats, die Achtung vor der Autonomie des Individuums, der Begriff der Menschenwürde, die Trennung von Staat und Religion, der gesamte Liberalismus - alles das sind Werte unserer Gesellschaft, die ohne den Humanismus und die Aufklärung nicht existierten. Gewiß sind nicht alle Aufklärer Agnostiker oder Atheisten gewesen. Manche waren Deisten; viele hatten eine sehr eigenwillige, sehr persönliche Position wie Spinoza, Leibniz und Kant. Keiner war ein frommer Katholik oder ein frommer Protestant; jedenfalls kenne ich keinen.



Das alles hat mit den Verbrechen der Nazis und der Kommunisten genau nichts zu tun, lieber Gorgasal. Da eine Verbindung herzustellen und sich sogar zu der Behauptung zu versteigen, eine Welt ohne Gott sei "die Hölle" - das ist völlig inakzeptabel. Es entzieht der Diskussion jede Basis; es ist ebenso diffamierend, als würde jemand für die Verbrechen der Ustascha den Vatikan verantwortlich machen.

Die Nazis und die Kommunisten waren (und sind) durchweg ungebildete, sittenlose Leute, die sich eben gerade von den Werten des Humanismus und der Aufklärung abgewandt haben (auch wenn Kommunisten sie im Munde führen). Pöbelherrschaft, garniert mit ein paar zynischen Intellektuellen.

Fast alle Kommunisten und viele Nazis waren/sind vermutlich Atheisten. Aber das ist für ihre moralische Verkommenheit, für ihren fehlenden Respekt vor der Freiheit und Menschenwürde in keiner Weise konstitutiv.

Dies zu behaupten, wie Mixa es getan hat, ist erstens historisch unhaltbar und zweitens eine Diffamierung von uns Atheisten und Agnostikern. Ich kann wirklich nicht sehen, lieber Gorgasal, wie man darauf anders reagieren kann als mit Polemik. (Gut, mit Mißachtung; das wäre auch noch eine Möglichkeit gewesen).

Daher mein Zorn. Ja, gewiß, ich entscheide mich manchmal für Polemik. (Nicht gegen andere Foranten; aber doch schon einmal gegen Dritte, wenn diese es meines Erachtens verdienen - meistens sind es ja eher linke Politiker als ein Bischof ). In diesem Fall schien mir die Polemik mehr als gerechtfertigt.



Ich habe allerdings einen Fehler gemacht, über den ich mich ärgere: Ich habe die Polemik gegen Mixa als Einleitung für einen Artikel verwendet, der als OsterfragerEi hauptsächlich die Anregung zu einer Diskussion über das Verhältnis zwischen Moral und Religion sein sollte.

Ich habe das gemacht, lieber Gorgasal, ohne die Folgen zu antizipieren. Einfach so, wie ich mich immer bemühe, für Artikel einen aktuellen Aufhänger zu finden.

Hätte ich geahnt, daß ich Sie damit verletze, dann hätte ich über Mixa geschwiegen (so wichtig ist mir der Mann wahrlich nicht) und nur die OsterfragerEi-Frage gestellt.

Daß ich Sie offenbar verletzt habe, tut mir leid.

Ich hoffe, Sie hatten trotzdem ein schönes Osterfest. Vielleicht war ja auch die Abstinenz vom Forum ganz erholsam (ehrlich gesagt wünsche ich sie mir manchmal auch für ein paar Tage; aber ich bin ja in der Pflicht ).

Sehr herzliche Grüße, Zettel


Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 18:18
#87 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
Der Nationalsozialismus ist zwar nicht atheistisch, aber dezidiert antichristlich


Nein. Das ist einfach völliger Unsinn. Es gab keine systematische Verfolgung von Christen oder ähnliches.

Hierzu haben andere schon fast alles gesagt. Eine Assoziation von mir: nach Ihrer Logik war auch die Sowjetunion nicht antidemokratisch. Immerhin wurden in der Verfassung Demokratie und Bürgerrecht verbrieft.

Nur Menschen, die das einforderten, was wir für Demokratie und Bürgerrechte halten, kamen in den GULag. Ebenso wie Menschen im Dritten Reich, die sich der antichristlichen Politik widersetzten, verfolgt wurden.

--
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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 18:26
#88 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Zettel
Was mag ihn für seine Zeitgenossen so faszinierend gemacht haben? Vielleicht die Radikalität seiner Moral. Vielleicht das Egalitäre an dieser Moral, das dann so viel zur Ausbreitung des Christentums beitrug.

Vielleicht waren auch die Wunder, von denen uns die Evangelien berichten, ein Faktor?

--
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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 18:34
#89 RE: In welchem Sinn ich Agnostiker bin Antworten

Zitat von Zettel
Die Vorstellung, daß unser Erkenntnisvermögen grenzenlos wäre, halte ich nicht nur für biologisch abwegig, sondern auch für logisch nicht durchhaltbar. Denn Erkennen ist die Abbildung von Sachverhalten in einem repräsentationalen System; und diese kann nur über eine endliche Zahl von Zeichen und Relationen verfügen. Diese begrenzen, was abbildbar ist.

Die Argumentation ist mir als Mathematiker suspekt. Ich kann problemlos mit einem endlichen Zeichenvorrat Aussagen machen, die Unendliches betreffen.

Wahrscheinlich habe ich Sie in Ihrer Argumentation missverstanden, so wollte ich das nur nicht stehen lassen.

Zitat von Zettel
Also können wir über Transzendentes keine Aussagen machen außer derjenigen, daß wir keinen Grund haben, seine Existenz zu bestreiten. Mehr an Erkenntnis über die natürliche Welt hinaus ist uns nun einmal nicht möglich. Das meine ich mit Agnostizismus.

Wenn Sie mit "Transzendentes" das meinen, das "voraussetzungslos sinnlich Wahrnehmbares überschreitet" (http://de.wikipedia.org/wiki/Transzendenz), dann ist es eine Tautologie, dass wir Transzendentes nicht voraussetzungslos sinnlich wahrnehmen können. Was dann aber nichts darüber aussagt, inwieweit diese "Voraussetzungen" erfüllt sind - ob es z.B. eine Offenbarung gibt, die eben die "voraussetzungslose" sinnliche Wahrnehmung überschreitet.

--
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2009 18:49
#90 RE: In welchem Sinn ich Agnostiker bin Antworten

Lieber Gorgasal,

Zitat von Gorgasal
Zitat von Zettel
Die Vorstellung, daß unser Erkenntnisvermögen grenzenlos wäre, halte ich nicht nur für biologisch abwegig, sondern auch für logisch nicht durchhaltbar. Denn Erkennen ist die Abbildung von Sachverhalten in einem repräsentationalen System; und diese kann nur über eine endliche Zahl von Zeichen und Relationen verfügen. Diese begrenzen, was abbildbar ist.

Die Argumentation ist mir als Mathematiker suspekt. Ich kann problemlos mit einem endlichen Zeichenvorrat Aussagen machen, die Unendliches betreffen.

Gewiß. Aber Sie können nicht etwas abbilden, für das Sie keine Zeichen haben. Sie können nicht Sachverhalte abbilden, wenn Sie nicht über die passenden Relationen verfügen.
Zitat von Gorgasal
Zitat von Zettel
Also können wir über Transzendentes keine Aussagen machen außer derjenigen, daß wir keinen Grund haben, seine Existenz zu bestreiten. Mehr an Erkenntnis über die natürliche Welt hinaus ist uns nun einmal nicht möglich. Das meine ich mit Agnostizismus.

Wenn Sie mit "Transzendentes" das meinen, das "voraussetzungslos sinnlich Wahrnehmbares überschreitet" (http://de.wikipedia.org/wiki/Transzendenz), dann ist es eine Tautologie, dass wir Transzendentes nicht voraussetzungslos sinnlich wahrnehmen können.

Seltsame Definition. Fehlende sinnliche Wahrnehmbarkeit ist sicher kein definierendes Merkmal von Transzendenz; sonst wäre schon die Euklidische Geometrie transzendent. Noch niemand hat gesehen, wie sich zwei Parallelen im Unendlichen schneiden.

Ebenso kommt mir das "voraussetzunglos" sehr seltsam vor; was mag damit gemeint sein?

Was ich meine, ist schlicht dies: Es ist unvernünftig, anzunehmen, daß unser Erkenntnisapparat zur Erkenntnis der gesamten Realität taugt. Es ist vernünftig, anzunehmen, daß es Reales gibt, das sich unserer Erkenntnis entzieht. Das nenne ich, ganz im herkömmlichen philosphischen Sinn, tranzendent, also unser Erkenntnisvermögen überschreitend.

Was nun "Offenbarung" angeht - wenn wir sie verstehen sollen, muß ja auch sie innerhalb der Grenzen unseres Erkenntnisvermögens liegen. Unerkennbares läßt sich auch nicht offenbaren.

Übrigens vermute ich, daß meine in diesem Sinn agnostische Haltung gar nicht so weit entfernt ist von Theologien, die Gott als das Ganz Andere, als das völlig Unbegreifbare fassen.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

16.04.2009 19:09
#91 RE: Eine kleine Erläuterung Antworten

Zitat von Zettel
Mixa hat mir aber gezeigt, daß es immer noch diesen bornierten Katholizismus gibt, der mich früher einmal zu einem überzeugten Gegner der Katholischen Kirche gemacht hat. Diese Intoleranz, diese Überheblichkeit Andersdenkenden gegenüber.

"Borniert". Sie machen es mir nicht leicht.

Ich verstehe Ihre Ansicht, möchte aber darauf hinweisen, dass wir aufgerufen sind, "die Sünde zu hassen und den Sünder zu lieben". Sicherlich klappt das auch unter Katholiken nicht immer - diejenigen, bei denen das funktioniert, tragen den terminus technicus "Heilige". Dennoch sehe ich bei Mixa keine Intoleranz Andersdenkenden gegenüber, sondern nur eine Intoleranz dem Atheismus gegenüber. Und, wie ich oben schon gesagt habe - und ich danke Ihnen, dass ich bislang für diese meine Ansicht Ihrem Bannfluch entgangen bin - halte ich die These, der praktizierte Atheismus führe zu Katastrophen, zumindest nicht für indiskutabel, mithin eine Intoleranz gegenüber dem Atheismus für nachvollziehbar.

Zitat von Zettel
Der Atheismus, der Agnostizismus - Ihnen, lieber Gorgasal brauche ich das nicht zu sagen -, sind doch keine Phänomene des Zwanzigsten Jahrhunderts, die sich in totalitären Systemen niedergeschlagen haben. Sondern es sind Weltsichten, die auf die erste Aufklärung - die griechisch-römische - zurückgehen und die seit der Spätrenaissance und dem Humanismus und dann der modernen Aufklärung einen breiten und ganz überwiegend positiven Einfluß auf unsere abendländische Kultur gehabt haben.

Die Achtung der Menschenrechte, der Gedanke des Rechtsstaats, die Achtung vor der Autonomie des Individuums, der Begriff der Menschenwürde, die Trennung von Staat und Religion, der gesamte Liberalismus - alles das sind Werte unserer Gesellschaft, die ohne den Humanismus und die Aufklärung nicht existierten.

Sie schreiben hier dem Atheismus und dem Agnostizismus eine Wirkmächtigkeit zu, ohne dem Christentum eine Rolle zuzugestehen. Ohne das Spannungsfeld, in dem das Christentum in einer feindlichen Umgebung aufwuchs und sich schon früh mit einer Trennung zwischen Staat und Glaube anfreunden musste, wären Renaissance, Humanismus und Aufklärung nicht möglich gewesen. "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist" ist nicht ohne Grund zentral für das Christentum.

Natürlich kann man nun argumentieren, dass all dies nicht auf das Christentum zurückzuführen gewesen sei, sondern auf die Situation, in der es sich befand. Ohne vergleichende Studien (Christentum mit vs. ohne staatliche Macht von Anfang an) können wir hierüber bis zum Sankt Nimmerleinstag diskutieren. Dennoch: der Islam ist 600 Jahre später aus einer ähnlichen Weltgegend mit Feuer und Schwert aufgebrochen und hat sich bis jetzt komplett anders entwickelt. Ich sehe dafür nicht nur politische, sondern auch doktrinale Gründe.

Zitat von Zettel
Gewiß sind nicht alle Aufklärer Agnostiker oder Atheisten gewesen. Manche waren Deisten; viele hatten eine sehr eigenwillige, sehr persönliche Position wie Spinoza, Leibniz und Kant. Keiner war ein frommer Katholik oder ein frommer Protestant; jedenfalls kenne ich keinen.

Sicherlich war kein frommer Katholik oder Protestant Aufklärer. Aber dafür haben wir Augustinus und Thomas von Aquin.

Zitat von Zettel
Das alles hat mit den Verbrechen der Nazis und der Kommunisten genau nichts zu tun, lieber Gorgasal. Da eine Verbindung herzustellen und sich sogar zu der Behauptung zu versteigen, eine Welt ohne Gott sei "die Hölle" - das ist völlig inakzeptabel. Es entzieht der Diskussion jede Basis; es ist ebenso diffamierend, als würde jemand für die Verbrechen der Ustascha den Vatikan verantwortlich machen.

Ich erlaube mir, da anderer Meinung zu sein.

Es gibt wenige Beispiele von Gesellschaften, die sich explizit dem Atheismus verschrieben haben. Mir fallen - voreingenommen wie ich bin - als Beispiele nur die kommunistischen Regimes von der Sowjetunion bis Vietnam ein, Mexiko Anfang des 20. Jhs., Teile Spaniens im Bürgerkrieg, und Phasen der französischen Revolution. Nach meiner Wahrnehmung war der Antichristianismus stark negativ mit der Lebensqualität insbesondere von Christen korreliert.

In Westeuropa hingegen ist eher ein ruhiger, friedlicher Agnostizismus und Atheismus verbreitet, wie Sie ihn vertreten. Hier ist die katholische Kirche teilweise die letzte Institution, die gegen Abtreibung und "verbrauchende Stammzellenforschung" eintritt, die es so schön euphemisiert wird. Aus dieser Warte kann ich Bischof Mixas Wort "Hölle" gut nachvollziehen. Ich sehe offen gestanden auch wenige Kantianer, die die Stammzellenforschung mit der expliziten Begründung ablehnen, hier werde ein Mensch als Mittel verwendet.

Ich erwarte gar nicht, dass Sie mir zustimmen; ich würde mich nur freuen, wenn Sie meine Position nachvollziehen können.

Zitat von Zettel
Ja, gewiß, ich entscheide mich manchmal für Polemik. (Nicht gegen andere Foranten; aber doch schon einmal gegen Dritte, wenn diese es meines Erachtens verdienen - meistens sind es ja eher linke Politiker als ein Bischof ). In diesem Fall schien mir die Polemik mehr als gerechtfertigt.

Noch eine Frage an Sie als Kantianer: wann erscheint Ihnen nach dem Kategorischen Imperativ Polemik ("grobschlächtiger Denker", "Hinterwälder") gerechtfertigt?

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Kallias Offline




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16.04.2009 21:21
#92 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Gorgasal
Allerdings haben sich christliche Theologen in den vergangenen 2000 Jahren auch einiges an Gedanken darüber gemacht, ob Jesus mit dem "Reich Gottes" nicht vielleicht doch etwas anderes gemeint hat als das Ende der Geschichte. Die Erklärungsansätze kann man als mühsam bis missglückt ansehen, aber man sollte doch anerkennen, dass es sie gibt.
Ja, das sollte man. Nur habe ich Bedenken, daß diese Ansätze auf Kosten der Hoffnung gehen. Besser vergeblich auf das Reich Gottes gehofft als sich irgend etwas anderes dabei gedacht.

Gruß,
Kallias

califax Offline




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17.04.2009 00:45
#93 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten
Zitat von str1977

Aber ist nicht so, daß man auch sehr gut ohne das Konzept Fortschrit auskommt. Kann man nicht (wie Sie ja bei Nr. 3 ansetzen) die Fragen danach beurteilen, wie sie sich der Sache nach darstellen, welche Folgen sie haben etc. anstatt alles unter einem Fortschrittsparadigma zu beurteilen, welches dann immer die Neuerungen bevorzugt. Genausowenig unter einem Konservierungsparadgima, welches immer das Bestehende oder das Alte bevorzugt.



Da reden wir wohl aneinander vorbei. Ein Fortschritt ist für mich tatsächlich das Bild eines Schrittes in eine Richtung, und zwar, so ist das Wort nunmal konnotiert, in eine Richtung, in der man ein besseres Leben erwartet. Es gibt Irrwege, die in Sackgassen, Moore, Abgründe oder auch ein gutes Stück zurück führen. Ich denke dabei nicht an hemmungslosen Jubel, wie er vielleicht manchmal in Dokus als Wochenschauausschnitt gezeigt wird, sondern an die Bedeutung des Wortes: Einen Schritt auf einem Weg. Und da sehe ich Fortschritt als nicht nur wichtig, sondern auch als notwendig an. Mit allen Risiken, die es mit sich bringt. Wer sich einfach hinsetzt und kein Ziel mehr hat, kann sich auch gleich hinlegen und sterben. Das gilt für Gesellschaften viel stärker als für einzelne Menschen. Stagnation konserviert Elend, Fortschritt lindert oder löst Probleme und bringt dabei oft neue. Rückschritt kombiniert die Probleme des Status Quo mit den Problemen der Vergangenheit, wirft neue Lösungen weg und versucht, mit veralteten Mitteln neue Probleme zu lösen.
Dabei kann es natürlich sinnvoll sein, immer zurückzuschauen, wo man herkommt und ob man schon mal ähnliche Probleme erfolgreich gelöst hat. Und angenehme Sachen sollte man möglichst mitnehmen. Sie verbessern ja das Leben. Man sollte deshalb niemals zurückgehen, wenn man nicht sicher ist, daß man auf einen Irrweg geraten ist.
Und - man kann das "Rad der Geschichte" tatsächlich nicht zurückdrehen. Man kann beispielsweise die Atombombe nicht unerfinden. Deshalb wird es niemals eine kernwaffenfreie Welt geben, sofern nicht vorher eine Katastrophe vom Ausmaß eines weltweiten nuklearen Krieges alle dafür nötigen Ressourcen an Wissen und Technik vernichtet. Egal, ob man vorwärts oder rückwärts geht - man schleppt eigentlich fast immer die gesammelten Erkenntnisse mit.
Das ist mein Bild vom Fortschritt.

Zitat von str1977

In Antwort auf:
Platt gesagt: Bevor sie ihren Namen weg hatten. Gehen Sie mal in eine beliebige vor \\'45 gegründete westdeutsche Bibliothek und lesen sie die Doktorarbeiten zwischen 1900 und, sagen wir mal, 1930.
Vor allem in den Geisteswissenschaften werden Sie Sachen finden, die heute nur noch von den allerdümmsten Nazis und Kommunisten vertreten werden. Das war wissenschaftlicher Mainstream. Vieles davon wurde auch von der Kanzel gepredigt. Finanzjudentum, raffendes Kapital, absolute Unterordnung des Individuums unter die visionär geführte Volksgemeinschaft, Evolution der Menschenrassen, ...


Sicher hat es das gegeben, aber eben auch Gegenstimmen. Und bejubelnswert war es auch damals schon nicht.
In Antwort auf:
Aber da mußte man noch tolerant und neugierig sein.

Warum?


Weil es in der Weimarer Republik noch halbwegs einen Rechtsstaat und auf Unabhängigkeit gebaute Universitäten gab. Da konnte man Klügere oder Erfolgreichere nicht einfach ins KZ denunzieren. Man mußte also mit anderen Meinungen leben und konkurrieren.

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster
<hl>
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Gorgasal Offline




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17.04.2009 09:49
#94 Mathematik und Transzendenz Antworten
Zitat von Zettel
Gewiß. Aber Sie können nicht etwas abbilden, für das Sie keine Zeichen haben. Sie können nicht Sachverhalte abbilden, wenn Sie nicht über die passenden Relationen verfügen.
Mathematiker sind sehr erfindungsreich darin, sich neue Relationen zu stricken, wenn die bestehenden nicht ausreichen.

Nein, ich verstehe schon, was Sie meinen. Ich wäre nur mit den Beispielen aus der Mathematik vorsichtig.

Zitat von Zettel
Zitat von Gorgasal
Zitat von Zettel
Also können wir über Transzendentes keine Aussagen machen außer derjenigen, daß wir keinen Grund haben, seine Existenz zu bestreiten. Mehr an Erkenntnis über die natürliche Welt hinaus ist uns nun einmal nicht möglich. Das meine ich mit Agnostizismus.
Wenn Sie mit "Transzendentes" das meinen, das "voraussetzungslos sinnlich Wahrnehmbares überschreitet" (http://de.wikipedia.org/wiki/Transzendenz">http://de.wikipedia.org/wiki/Transzendenz), dann ist es eine Tautologie, dass wir Transzendentes nicht voraussetzungslos sinnlich wahrnehmen können.

Seltsame Definition. Fehlende sinnliche Wahrnehmbarkeit ist sicher kein definierendes Merkmal von Transzendenz; sonst wäre schon die Euklidische Geometrie transzendent. Noch niemand hat gesehen, wie sich zwei Parallelen im Unendlichen schneiden.

Doch! Ich!

Nehmen Sie eine ganz normale Ebene mit einem xy-Koordinatensystem. Legen Sie eine Kugeloberfläche (der Mathematiker nennt das eine "2-Sphäre") auf den Koordinatenursprung, so dass der Ursprung im Südpol der Sphäre liegt. Nehmen Sie einen beliebigen Punkt der Sphäre außer dem Nordpol, und legen Sie eine Gerade durch den Nordpol und diesen Punkt - die Gerade wird die Ebene in einem bestimmten Punkt treffen. Umgekehrt können Sie jeden Punkt der Ebene mit dem Nordpol der Sphäre durch eine Gerade verbinden, die dann wiederum die Sphäre an einem Punkt trifft. Vermittels dieser sogenannten "Stereographischen Projektion" können wir die Ebene mit der Kugeloberfläche ohne den Nordpol identifizieren (genauer gesagt ist das ein Homöomorphismus). Ein mehr oder minder hilfreiches Bild sieht man hier:
http://en.wikipedia.org/wiki/Stereographic_projection

Weil diese Abbildung wohldefiniert und umkehrbar eindeutig ist, können wir jeden Punkt der Sphäre mit den xy-Koordinaten seines Bildpunkts in der Ebene bezeichnen. Der Nordpol fehlt dabei, also bezeichnen wir den mit einer liegenden 8 und nennen ihn "Unendlich".

So, was passiert nun mit zwei parallelen Geraden in der Ebene? Ihr Abbild auf der Sphäre wird sich im Nordpol schneiden.

Das ganze ist ein Fall einer Ein-Punkt-Kompaktifizierung der Ebene. Allgemeiner kann man jeden R^n zur n-Sphäre ein-punkt-kompaktifizieren, aus einer Linie (dem R^1) wird dabei ein Kreis.

Das kann man natürlich als Taschenspielertrick und nicht mehr als "sinnlich wahrnehmbar" bezeichnen. Aber mit der Wahrnehmung und der Repräsentation ist es schon rein psychologisch so eine Sache...

Zitat von Zettel
Was ich meine, ist schlicht dies: Es ist unvernünftig, anzunehmen, daß unser Erkenntnisapparat zur Erkenntnis der gesamten Realität taugt. Es ist vernünftig, anzunehmen, daß es Reales gibt, das sich unserer Erkenntnis entzieht. Das nenne ich, ganz im herkömmlichen philosphischen Sinn, tranzendent, also unser Erkenntnisvermögen überschreitend.

Was nun "Offenbarung" angeht - wenn wir sie verstehen sollen, muß ja auch sie innerhalb der Grenzen unseres Erkenntnisvermögens liegen. Unerkennbares läßt sich auch nicht offenbaren.

Ich will Ihnen da nicht widersprechen, aber für mich schmeckt das noch immer ein bisschen tautologisch. "Wenn etwas sich unserer Erkenntnis entzieht, dann können wir es nicht erkennen. Und wenn wir etwas erkennen können, dann entzieht es sich nicht unserer Erkenntnis." Aber dass wir nicht die gesamte Realität erkennen können, das erscheint mir gut möglich.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

str1977 ( gelöscht )
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17.04.2009 10:49
#95 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Kallias
1 Motiv der Moral
Handeln Menschen nur dann, oder jedenfalls überwiegend dann, moralisch, wenn sie dies aus einer religiösen Überzeugung heraus tun?

Bayle und Shaftesbury waren wohl die ersten, die meinten, Atheisten seien nicht besser oder schlechter als die Frommen. Das ist eine empirische Frage,


Die Frage wer moralischer handelt - Atheisten oder Theisten - ist eine empirische, die man prinzipiell durch Beobachtung beantworten kann. Allerdings gibt es ein paar praktische Probleme:

- welche Gruppen vergleichen wir? Sie sehen ja, ich habe die Frommen durch Theisten ersetzt, als eigentlichen Gegenpunkt zu den A-theisten. Nicht alle Theisten sind gleich fromm, nicht alle Atheisten sind unfromm - ihre Frömmigkeit mag nur anders geartet sein. Ich habe auch keine stichfeste Dichotomie anzubieten, was eben genau das Problem ist.

- Die Frage "wer moralischer handelt" macht ja nur auf der Grundlage einer bestimmten Moral Sinn. Vor der Moral eines Hitlers oder eines Peter Singer wird ein frommer Christ versagen, umgekehrt versagen Hitler und Singer vor der christlichen Moral. Etc. Etc.

Eine ganz andere Frage ist, ob "Religion" für moralisches handeln nötig ist, wenn es über die persönliche Überzeugung hinausgeht. Denn der in einer atheistischen Welt aufgewachsene Atheist den gibt es geben gar nicht, nicht mal in Albanien.

In Antwort auf:
Bei religiösen Menschen ist die Moral vielleicht eher egoistisch motiviert, sie denken an die karmischen Folgen ihres Tuns oder die Reaktion Gottes darauf. Bei Atheisten ist die altruistische Motivation vielleicht höher.


Nur ist die "egoistische" Motivation eben nicht per se schlecht, die altruistische nicht per se gut. Die rein altruistische Motivation ist tatsächlich völlig unvernünftig.

In Antwort auf:
(Wenn Menschen sich zum Beispiel für einen Fortschritt einsetzen, dessen Früchte sie nicht selbst genießen werden, was der Katholik str1977 unverständlich findet, doch für die meisten Atheisten ganz normal sein dürfte.)


Aber Atheisten tun das nicht per se. Wer solches Verhalten - so unvernünftig es auch ist der Schimäre Fortschritt nachzujagen - für "die Atheisten" beanspruchen will, dann bitte auch die Verbrechen Stalins und Maos für "die Atheisten" reklamieren. Letzlich waren diese nämlich die ganz persönliche Ausürägung des "sich für den Fortschritt einsetzen". Atheisten per se haben mit dem Fortschritt nichts am Hut.

In Antwort auf:
Andererseits ist es edler, wenn ein Atheist Gutes tut um anderer willen, als wenn ein Religiosus es um seines eigenes Heiles willen tut.


Nein, es ist keineswegs edler.

Zu diesem Vergleich wäre noch zu sagen, daß die Motiviation eines "religiosus" (der aber so wenig abgrenzbar ist wie "Religion"), daß ein solcher aber nicht nur aus egoistischen, göttlichen Lohn erwartenden Motiven handelt. Die Motiviation "weil Gott es will" ist z.B. nicht egoistisch. Der religiosus hat vielerlei Gründe, daß Gute zu tun, und die Möglichkeit zu begründen, warum etwas denn gut ist. Der "Atheist" hat weder das eine, noch das andere - er hat nur seine Befindlichkeit (und die kann altruistisch oder egoistisch sein).

In Antwort auf:
Eine andere Unterscheidung wäre die zwischen einer Moral der Bravheit mit Werten wie Friedfertigkeit, Duldsamkeit, Hilfsbereitschaft, Solidarität und einer Moral der Unabhängigkeit mit Werten wie Mut, Festigkeit des Charakters, Verläßlichkeit, Aufrichtigkeit.


Ja, bzw. eine Komination der genannten Tugenden. Die christliche Ethik z.B., die mir nunmal am besten vertraut ist, bejaht all diese Tugenden.

In Antwort auf:
Die Religion stärkt den Einzelnen gegenüber der Gesellschaft, ja kehrt das Machtverhältnis sogar um: nach säkularen Gesichtspunkten lebt der Mensch höchstens einige Jahrzehnte und ist dann für immer weg, während die Gesellschaften viele Jahrhunderte überdauern - die Gesellschaft ist das unvergleichlich größere Gebilde. Nimmt man jedoch die Unsterblichkeit des Einzelnen an, sieht es genau umgekehrt aus: das Leben in der Gesellschaft ist nicht mehr als eine rasch vorbeiziehende Episode im Leben des Einzelnen.


So ist es (mit dem kleinen Einwand, daß es hier nicht um "säkulare" Gesichtspunkte gibt). Der hier beschworene Humanismus basiert nämlich zu einem guten Stück auch auf den vom Christentum erkämpften Freiraum der einzelnen Person gegenüber Gesellschaft bzw. Staatsgewalt. Andererseits scheint mir mit dem Rückgang des christlichen Glaubens auch dieser Freiraum zu schrumpfen.

In Antwort auf:
Insofern könnte das, was hier kürzlich als Feminisierung der Schule diskutiert wurde, auch Atheismisierung sein.) Das sollte man mal empirisch untersuchen!


Interessanter Gedanke!

In Antwort auf:
Die beste Begründung der Moral ist ihre Universalität.


Ein solche Begründung muß aber scheitern:

-bestenfalls kommt bei solchen Vergleichungsunternehmen (wie z.B. das des Herrn Küng) nur der kleinste gemeinsame Nenner heraus. Diesen aber dann nur Norm (womöglich zu Maximalnorm) zu erheben ist nicht statthaft.

-womöglich ist aber selbst das Gemeinsame ein einzig großer Irrtum. Atheisten ficht es ja auch nicht an, daß ihr Anteil an der Weltbevölkerung geringer als minimal ist.

In Antwort auf:
Ich komme daher zu folgendem Syllogismus:

r impliziert m
non-r impliziert m
Ergo: m

Für r setzen Sie irgendeine Religion ein, für m die weltweit üblichen Moralregeln.

Auf diese Weise wird die Moral nicht aus irgendwelchen Voraussetzungen begründet, sondern sie wird im absoluten Sinne bewiesen.


Was wird hier denn bewiesen? Das es Moral(en) gibt? Ist "m" immer gleich?

In Antwort auf:
Daher dürfen die Religiösen den Atheisten dankbar sein, daß auch diese eine Moralbegründung haben so wie die Atheisten den Religiösen auch für deren Begründung.


Was aber, lieber Kallias, mit der Begründbarkeit nichts zu tun hat.

In Antwort auf:
Die Übereinstimmung der moralischen Sätze in allen Kulturen


ist eine Fiktion.

In Antwort auf:
In diesem Sinne kann man sagen, daß die Moralbegründungen die Moral untergraben, und somit wäre die Forderung angebracht: "Du sollst die Moral nicht begründen". Daran halte ich mich.


Oder umgekehrt: für eine unangefochtene Moral werden (aktiv) keine Begründungen geführt. Erst wenn diese angegriffen wird, werden zur Verteidigung die (brachliegenden oder neuen) Begründungen vorgebracht.

In Antwort auf:
Gut und böse sind keine biologischen Kategorien...
Das ist vergleichbar dem juristischen Verbotsirrtum. Gut oder böse handeln kann man nur in Kenntnis der moralischen Bewertung, also nicht einfach von Natur. Dennoch wurde bei der Moralentstehung natürliches Verhalten bewertet, nachträglich zu gutem oder bösem erklärt.


Eben!

In Antwort auf:
Ob die Moral das Verhalten lenkt oder nur das Gewissen beunruhigt, wäre eine weitere Frage, die ich nicht beantworten kann.


Oder ob ersteres durch letzteres erfolgt?

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)

str1977 ( gelöscht )
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17.04.2009 11:14
#96 RE: War das Nazireich atheistisch? Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
[...] Im Sinne Mixas war das Dritte Reich atheistisch bzw. gottlos. [...] Mixa spricht nicht von deklariertem Atheismus sondern von praktiziertem. [...]


Das ist doch nichts anderes als der "Fehlschluss vom wahren Schotten"


Nein, Herr Z., es ist wiedermal ein Mißbrauch des wahren Schotten durch Sie!

Der Schotte ist durch schottische Geburt oder Abstammung definiert, nicht dadurch daß wasauchimmer tut.

Bei Religionen und Weltanschauung gilt aber nicht irgendein Geburtsrecht, sondern das Anhängen an bestimmte

Im übrigen sind ihre Beispiele nicht wirklich "wissensgeleitet":

In Antwort auf:
Im Dritten Reich schworen alle auf Gott, nannten sich Christen, hatten "Gott mit uns" auf der Koppel stehen.


"Gott mit uns" haben nicht die Nazis im Dritten Reich auf die Koppeln geschrieben, sondern die sich als unpolitisch verstehende Wehrmacht. Sie ging dabei zurück auf die Ihr eigene preußische Militärtradition. Auch der Eid kam aus der Wehrmachtsführung.

In Antwort auf:
Mit dem Zentrum und den Kirchen wurde fröhlich paktiert.


Hitler bzw. das Naziregime hat das Zentrum (so wie die anderen Parteien auch) in die Selbstauflösung gedrängt, mehrere antikirchlische Maßnahmen zu verantworten, Zehntausende von Priestern in KZs gesperrt.

Ein Konkordatsabschluß (wie nötig der war, zeigte sich ja) im Jahre 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich (und genau das war es - wann genau beginnt eigentlich "das Dritte Reich"?) macht noch kein Paktieren aus.

In Antwort auf:
Atheisten wurden aus der NSDAP oder aus der SS ausgeschlossen. Aber da die Taten der Nazis von Herrn Mixa nicht gebilligt werden können sie natürlich keine "wahren Christen" gewesen sein.Zitat:

Das Problem liegt ganz auf Ihrer Seite. Das die Nazis per se keine Atheisten im Wortsinne waren (was ich Ihnen aber nicht vorwerfen kann - auch ein blindes Huhn ...) macht sie noch lange nicht zu (wahren oder falschen) Christen. Insbesondere wenn Sie die SS erwähnen, zeigt, daß Sie an Fakten nicht interessiert sind, denn in der SS gab es weder für bekennende Atheisten noch für bekennende Christen einen Platz.

Zitat:Und morgen erzählt uns Herr Mixa, daß die Hexenverfolgung atheistisch war.


Nein, die waren heidnisch begründet und staatlicherseits exekutiert. Übrigens ein Steckenpferd vom Heinrich Himmler.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

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str1977 ( gelöscht )
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17.04.2009 11:23
#97 RE: Versuch eines kontrafaktischen Arguments Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
Da drängt sich mir die Frage auf: Wie ist das denn nun mit dem Atheismus bzw. dem Agnostikertum? Ist es nun eine definierte Bewegung mit bestimmten, definierten Inhalten und kann man dann aus diesen Inhalten Schlußfolgerung ziehen? Oder ist es nur ein Sammelbegriff, bei dem das nicht geht (so wie etwa umgekehrt: Religiöse). Ist es nur ein Sammelbegriff, wie kann sich dann davon angesprochen fühlen?


Atheist zu sein bedeutet nicht an Gott oder Götter zu glauben. Agnostiker zu sein bedeutet, nicht zu wissen, ob ein Gott oder Götter existieren.


Banal und keine Antwort auf die Frage.

In Antwort auf:
Die beiden Konzepte schließen sich übrigens nicht gegenseitig aus, auch wenn dies im Zuge einer "divide et impera"-Strategie oft behauptet wird.


Atheismus und die eine Form des Agnostizismus (der u.a. von Zettel betriebenen "Ich weiß nicht."-Agnostizismus) schließen sich sehr wohl aus. Auch der ursprüngliche Agnostizismus ("Man weiß nichts und kann auch gar nichts wissen") schließt eine Aussage wie "Es gibt keinen Gott." eindeutig aus.

Impera? Wer herrscht denn hier? Immer wieder toll, wenn der dominante Zeitgeist sich das Gewand des verfolgten Rebellen umlegt.

Außer über die Position zu Gott oder Göttern sagen die Termini nichts aus, insofern handelt es sich um eine in anderen Fragen heterogene Gruppe von Menschen. Unterscheidet sich der Atheismus in dieser Hinsicht von anderen Konzepten wie dem Katholizismus, der Nationalität, dem Geschlecht oder der Glatzköpfigkeit?

In Antwort auf:
Würden Sie sich auch fragen, weshalb Menschen sich angesprochen und diffamiert fühlen können (z.B. "Deutsche sind unmoralisch", "Katholiken sind Heuchler", "Glatzköpfe sind impotent", "Frauen können nicht abstrakt denken" oder was auch immer), wenn über diese Konzepte gesprochen wird?


Das war ja genau die Frage. All diese Gruppen sind positiv definiert, ob es der Atheismus ist war meine Frage. Und übrigens, als Katholik muß ich dergleichen mindestens dreimal täglich von allen Häuserdächern hören. Und regt sich jemand auf? Nein!

In Antwort auf:
Kein Atheist changiert, denn die Zugehörigkeit zu einer heterogenen Gruppe, die keine definierte Bewegung ist, reicht aus, um sich angesprochen zu fühlen.


Doch! Sobald ein Atheist meint einen Stalin aus der Reihe der Atheisten herausdefinieren zu können, tut er so als ob der Atheismus eine klar definierte Bewegung sei mit einem Programm welches der Sowjetdiktator nunmal verletzt habe. Daher ja auch meine Frage.

Das Christentum hat sehr wohl ein Programm und daher kann es "unwahre Christen" geben.

Hat der Atheistmus kein Programm, so kann es keine "unwahren Atheisten" geben.

In Antwort auf:
Vielmehr changiert Mixa, wenn er selbsterklärte Christen in Atheisten umdeutet


Was er nicht tut! Nicht alle Nichtchristen sind Atheisten und über die Worte "gottlos" und "praktizierend" wurde bereits gesprochen.

Gruß,
str1977

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17.04.2009 11:44
#98 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
In fast allen bisherigen Gesellschaften haben diese Grundregeln letzten Endes eine religiöse Basis.


In Antwort auf:
So sind die Moralvorstellungen der westlichen Kultur eng mit dem Christentum verbunden.


Aber ist damit das Christentum Ursprung dieser Moral?


Sie changieren schon wieder. Also wenn die westlichen Moralverstellungen nicht aus dem Christentum stammen (und niemand behauptet, daß sie es zur Gänze tun - kein Christ käme auch nur auf den Gedanken, daß es vorteilhaft sei, so etwas zu behaupten), woher stammen sie dann? Sie landen wiederum nicht im atheistischen Nirvana sondern bei anderen religiösen Gesellschaften


In Antwort auf:
Tatsächlich haben die Menschen schon eine Moralvorstellung, bevor sie z.B. in der Bibel nachlesen. Dann wird das passende Zitat gesucht.


Und wo kommt diese Moralvorstellung her? Sie können nicht einen heutigen Bibelleser im Jahre 2009 A.D. (und überhaupt, warum schon wieder Bibel? Das Christentum per se ist nicht "die Bibelreligion"! Das wäre höchstens der Protestantismus!) als Ausdruck dessen nehmen, was der Ursprung bestimmter Moralvorstellungen ist.

Ihre Beschreibung trift eher auf den religiösen Liberalen jeder Couleur zu, der in Wahrheit der Bibel (bzw. anderen Autoritäten) keine Autorität mehr zubilligt. Da wird dann natürlich hineingelesen und uminterpretiert. Dann wird der eigene Geschmack exegetisches Kritierium (klar, der Versuchung hierzu können alle unterliegen, aber bei den Liberalen ist es Programm). Die Bibel ist dafür ein dankbares Objekt, denn sie kann sich ja nicht wehren (ein Papst schon).

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
Bislang prägt das Christentum aber auch in diesen Gesellschaften noch die grundlegenden Wertvorstellungen, selbst bei den wenigen überzeugten Atheisten (wie mir).


Wie würden sich Ihre Wertvorstellungen ändern, wenn sie hinduistisch, jüdisch, buddistisch begründet wären?


Na denken Sie sich mal all die christlichen Errungenschaften mitsamt ihrer geistigen Grundlage weg. Keine Hospitäler, keine Universitäten, keine Fürsorge für Notleidende etc.

In Antwort auf:
Der These, daß jeder an irgendwas "glauben" muß ("glauben" in dem Sinn "ohne Belege unbegründet für wahr halten") kann ich nicht zustimmen. Atheisten müssen nicht automatisch irgendeiner nicht-religiösen, dogmatischen, totalitären Ideologie als Religionsersatz anhängen.


Klar glauben sie nicht im Sinne dieser Mumpitz-Definition - diese haben Sie aber selbst erdacht, um den Strohmann dann anzuzünden.

Glauben heißt eben nicht "ohne Belege unbegründet für wahr halten" - auch der Glaubensinhalte hat seine Vernünftgründe, erkennt aber an, daß es da eine Lücke der Unsicherheit gibt. Zum Wissen bedarf es des Glaubens, denn ganz ganz sicher wissen wir erstmal NICHTS.

Auch Atheisten glauben an irgendetwas und wenn es nur die eigene Überlegenheit ist (sicher nicht alle, aber Sie - soviel entnehme ich Ihrem gesamten Beiträgen - schon!), m.A.n. ein fataler Aberglaube.


In Antwort auf:
In Antwort auf:
In diesem Sinne beantworte ich die Frage "Braucht Moral die Religion?" mit Ja. Ein einzelner Mensch muss nicht unbedingt religiös sein, um moralisch zu handeln, aber er muss kulturellen Regeln folgen, die fast immer ganz wesentlich religös geprägt sind. Der Verstand alleine sagt uns Menschen eben nur, wie wir bestimmte Ziele erreichen können. Werte stehen auf einem anderen Blatt.


Auch Werte können mit dem Verstand erschlossen werden.


Lesen Sie mal genau: "Der Verstand ALLEINE".

In Antwort auf:
Menschen bevorzugen, nicht ermordet oder ausgeraubt zu werden.


Das ist nur irrelevant. Bevorzugen es Menschen auch einfach so nicht zu morden oder auszurauben? Darauf kommt es an!

In Antwort auf:
Sie sehen ein, daß eine Gesellschaft nur nach Kants Imperativ funktionieren kann.
In Antwort auf:


So, wie kamen dann Gesellschaften Jahrtausendelang ohne diesen Satz aus, der ohne Begründungsgehalt ist?

Zitat:Also gründen sie eine Gesellschaft, die dieser Maxime und den aus ihr herleitbaren Regeln folgt. Ein Rückgriff auf etwas transzendentes, gar göttliches, ist unnötig.


Wo haben sie das denn jemals getan?

In Antwort auf:
Zitat: Die Ratio kann im Prinzip auch erklären, wie die Werte und die mit ihnen verbundenen religiösen Vorstellungen entstanden sind. Werte werden aber in aller Regel durch Erziehung und Nachahmung weitergegeben, nicht durch rationale Überlegung einzelner reproduziert.


Das ist ein Argument für Erziehung und vorbildhaftes Verhalten, nicht für Religion. Sonst müsste das Jugendamt Atheisten wohl die Kinder wegnehmen. Ist das Ihre Auffassung?


Das Atheisten - von Mao bis Dawkins - so oft ans Kinder wegnehmen denken müssen! Komisch daß solche Praktiken dagegen von Leuten aus dem "finsteren Mittelalter" wie Thomas von Aquin abgelehnt wurde.

Auch Atheisten erziehen ihre Kinder nicht im luftleeren, moralfreien Raum. Wer hat denn so etwas behauptet? Außerdem, Kindererziehung durch die Eltern ist ein Naturrecht! Es ist keine Anerkennung, daß alle Eltern das gut machen. Es ist auch ein Ausdruck der Pluralität, nicht des Lobes für jeden.

In Antwort auf:
eine weitere Unverschämtheit von Mixa-Niveau.


Wie war das mit Steinen und Glashäusern? Sich erst eine Beleidigung, die ja nicht im vorherigen Text war, ausdenken und sich dann darüber zu echauffieren ... ts ts ...

In Antwort auf:
Was wir den Christentum so alles zu verdanken haben. Während die nichtchristlichen Spanier ausgiebig Siesta machen, arbeiten die fleißigen, christlichen Japaner bekanntlich wie verrückt...


Würden die Japaner in Andalusien (zur Ihrer Info: nicht überall in Spanien macht man Siesta, die ohnehin eher abnimmt) würden sie auch Siesta machen.

Und "verrrückt" ist das passende Wort. Was Japaner so arbeiten ist in der Tat verrückt.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

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17.04.2009 11:47
#99 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
Das Gute, das ich selbst nicht erleben kann, ist mir egal.


Die "Moral" eines Christen auf den Punkt gebracht. Die "Nächstenliebe" der Christen ist purer Egoismus, um in den Himmel zu kommen. "Warum noch moralisch handeln, wenn es keine Belohnung dafür gibt? Darum müssen Atheisten unmoralisch sein".


Nein, es ist nur vernünftig.

Warum soll ich mich abrackern und u.U. mein Leben riskieren für ein vielleicht, nach irgendwelchen ersonnenen Fortschrittsideologien (und da sitzen Hegel, Marx und Hitler in einem Boot) einmal kommendes Wolkenkuckucksheim?

Um "in den Himmel kommen" ging es hier ja gar nicht!

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

17.04.2009 12:00
#100 RE: Zettels OsterfragerEi (5): Braucht Moral die Religion? Antworten

Zitat von Robert Z.
In Antwort auf:
sondern eben zuerst einmal gegen den aggressiven Atheismus wie ihn Leute wie Dawkins & Co. repräsentieren.


Also wird nur Dawkins & Co. in einen Zusammenhang mit den Nazis gebracht? Na dann gehts ja...


Da gehört dieser herzallerliebste Hardcoredarwinist ja auch hin.

In Antwort auf:
Dawkins argumentiert und diskutiert.


Marx und Hitler haben dann aber auch argumentiert.

In Antwort auf:
Er ist in dem Sinne "aggresiv", daß er eine Meinung sagt.


Nein, er ist aggressiv weil er alle, die ihm nicht folgen als Geisteskranke hinstellt. Da ist die Idee, alle Gläubigen in Umerziehungslager zu stecken, schon mitgedacht.

Es gibt bestimmt auch ziviliserte, diskussionswürdige Atheisten wie z.B. unseren Forumsgastgeber hier.

Dawkinsverteidiger und Deschnerrechtfertiger sind das jedoch nicht.

In Antwort auf:
Behauptung: Alle Verbrecher sind Atheisten. Beweis: Nur ein Atheist kann ein Verbrechen begehen. Das stellen Sie sich als "lautere Argumentation" vor? Aber Dawkins argumentiert unlauter?


Das ist Ihre Argumentation, nicht meine!

In Antwort auf:
Alle Untaten (teilweise auch nur vermeintliche), die jemals von Angehörigen von bestimmten Religionen angerichtet wurde, diesen Religion zu Füßen zu legen (ohne auch nur ansatzweise einen Zusammenhang zu belegen), die modernen Ideologien aber teilweise zu exkulpieren, indem man jeweils ein Element für nicht zuständig erklärt: Daß der Marxismus-Kommunismus eine atheistische Ideologie ist, ist natürlich vööööllig ohne Belang für seine Untaten. (Und über die Motivation, warum Kommunisten Kommunisten geworden sind und ob dabei Atheismus eine Rolle gespielt hat, so ausschließend zu spekulieren, ist nun überhaupt nicht haltbar.)


In Antwort auf:
Kreuzzüge, Hexenverbrennung, Inquisition oder islamistischen Terrorismus mit Religionen in Verbindung zu bringen ist also "nichtmal ansatzweise belegt"? Das Kommunismus durch Atheismus begründet ist aber schon?


Können Sie nicht lesen? Der Zusammenhang zwischen Hexenverbrennung und Christentum z.B. ist nicht belegt bzw. er ist widerlegt. Der Hexenglaube kam aus dem Heidentum (und im animistischen Afrika ist er ja noch lebendig), die Verfolgungen betrieb die staatliche Justiz, nicht die kirchliche.

Die Kreuzzüge sind so ein Fall der vermeintlichen Untat. Ich habe keinen Grund mich für die Kreuzzüge zu schämen, denen auch Sie Ihre Freiheit mitverdanken!

Und all ihre Versuche, den Atheistmus aus dem Kommunismus herauszudefinieren müssen scheitern. Jemand der an einen Gott glaubt, der Mord als Sünde und Verbrechen ansieht und bestraft, wird nicht wie Stalin und Mao Million unschuldiger Menschen für den Fortschritt opfern. Jemand, der nicht an einen solchen personalen Gott glaubt, hat zumindest einen Grund weniger, es nicht zu tun.

In Antwort auf:
In Antwort auf:
Der Nationalsozialismus ist zwar nicht atheistisch, aber dezidiert antichristlich


Nein. Das ist einfach völliger Unsinn. Es gab keine systematische Verfolgung von Christen oder ähnliches.


Non sequitur irgendwer? Die Nazis hatten auch nur 12 Jahre. Kennen Sie keine Aussagen Hitlers oder anderer Nazigrößen zum Christentum?

In Antwort auf:
In Antwort auf:
und enthält ein gutes Stück Darwinismus in sich. Dessen Exkulpierung ist hier von Ihnen nicht betrieben worden, aber gerade im Darwin-Jahr hört man dies hin und wieder. Und wiederum, für den Mixa'schen "praktizierten Atheismus" paßt gerade der Nationalsozialismus wunderbar.)


Au weia... Also ist Darwin, der nur die Realität wissenschaftlich beschrieben hat, nicht nur für den Missbrauch seines Names, sondern für den Nationalsozialismus verantwortlich? Ob solcher Thesen fehlen mir die Worte.
[/quote]

Darwin wurde hier nicht "mißbraucht" - seine Gedanken wurden nur auf eine bestimmte, in keinster Weise völlig unlogische Weise fortgedacht, z.B. von Haeckel. Und teilweise war es schon Darwin selbst der solche Gedanken hatte (etwa was die Euthanisierung Erbkranker angeht), wenn er auch selbst davor erschrocken ist.

Und wer sagt, irgendjemand habe "nur die Realität wissenschaftlich beschrieben hat", scheint von Wissenschaft keine Ahnung zu haben. (Mal ganz abgesehen davon, daß Darwin auch seine Fehler und Lücken hatte.)

Aber niemand hat hier Darwin verantwortlich gemacht für die Nazimorde. Aber für Sie kann er halt wohl nur die Lichtgestalt sein.

Gruß,
str1977

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