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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.546

15.07.2016 23:38
#126 RE: Brexit Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #125
sich solchen Irrsinn wie die "Energiewende" nicht leistet


Schön wärs. Zwar nicht in XXL, aber dafür bitte zwei Portionen. Zum einen der UK Low Carbon Transition Plan vom Sommer 2009:

Alle 220 Seiten: https://www.gov.uk/government/uploads/sy...80108508394.pdf
mit den Kernzielen:

...to cut carbon emissions by 34% by 2020, based on 1990 levels.
Over 1.2 million people will be employed in green jobs.
The efficiency of 7 million homes will have been upgraded, with over 1.5 million of them generating renewable energy.
40% of electricity will be generated from low carbon sources (renewables, nuclear power and clean coal).
Gas imports will be 50% lower than would otherwise have been the case.
The average new car will emit 40% less carbon compared to 2009 levels.


Sieht, momentan noch & zumindest auf dem Papier (also just as with us) vor, bis 2020 30% des Strom aus Erneuerbaren, dazu 12% der Wärmeenergie & 10% des Kraftstoff aus Bio. (Schäksbär: "A horse! A horse! My kingdom for a horse!", Richard III, Act V, Sc. 4)

Und dann zwengs Umsetzung des Plans den Energy Act 2013 als Nachfolger des EA 2010. Alle 238 Seiten: https://www.gov.uk/government/uploads/sy...80108508394.pdf

The construction of a new generation of nuclear power stations will be facilitated, helped by the establishment of a new Office for Nuclear Regulation. Government climate change targets are to produce 30% of electricity from renewable sources by 2020, to cut greenhouse gas emissions by 50% on 1990 levels by 2025 and by 80% on 1990 levels by 2050.

Die Implementierung untersteht dem Haus, das Gordon Brown 2008, dem DECC, Department for Energy & Climate Change , die dann etwa zu gleichen Teilen Zuständigkeiten aus dem alten Department for Business, Enterprise and Regulatory Reform & dem Department for Environment, Food and Rural Affairs (hier die ganzen Klimavormundschaften). Bzw. unterstand; der Laden ist gestern aufgelöst worden, nachdem Amber Rudd Innenministerin & Frau Leadsom auszeitig wurden (der Kleine Zyniker unkt jetzt bestimmt, der ganze Laden sei zuvörderst als Gyno-Quotenkatapult aufgesetzt worden). Die Schotten haben als Plansoll übrigens für "das ferne Zukunftsjahr" 2020 immer noch 100% regenerative Energiegewinnung als Zielvorgabe.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

16.07.2016 00:02
#127 RE: Brexit Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #126
Schön wärs. Zwar nicht in XXL, aber dafür bitte zwei Portionen. Zum einen der UK Low Carbon Transition Plan vom Sommer 2009:

Dem würde ich aber zwei Dinge entgegenhalten, lieber Ulrich:

Zum einen: Papier ist geduldig. Nur die Deutschen sind so blöd Abermilliarden in dieses Faß ohne Boden zu werfen, ohne zu merken, dass es nicht funktioniert. Erklärt haben schon viele sehr vieles, aber die deutsche Energiewende ist da schon etwas besonderes, weil sie auch real kostet und nicht nur auf dem Papier existiert. Das bringt mich dann auch zu Punkt 2:
GB hat deutlich mehr Potential als Deutschland was das Einsparen von Energie angeht. Ich hatte die interessante Freude vor gut 2 Jahren mal dort gewesen zu sein und bin dort regulär in einem gehobenen Hotel abgestiegen. Da habe ich gelernt, warum man dort mit dem Bett neben dem Ofen schläft. Weil die Einfachverglasung mit zugigen Fenstern vielleicht dafür sorgt, dass es nachts A-kalt wird. Und zwar so richtig. Und das war nicht im Winter. Der britische Hausstandard ist noch so weit vom deutschen entfernt, dass die locker 50% einsparen können und immernoch nicht da sind. Da ist derart viel Raum nach oben, da würde ich mir wegen Erklärungen auf 20% nicht ins Hemd machen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.546

17.07.2016 16:22
#128 RE: Brexit Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #126
DECC, Department for Energy & Climate Change ... der Laden ist gestern aufgelöst worden


EU out, Fracking in.

Zitat von FT, zitiert nach American Interest, July 15
Mrs May has shifted responsibility for energy issues to a new Department of Business, Energy and Industrial Strategy headed by Greg Clark, formerly secretary of state for communities and local government. Separately, former energy minister, Andrea Leadsom, a prominent Brexit campaigner who initially challenged Mrs May for the Tory leadership, has been promoted to secretary of state for the environment. Mr Clark said he was looking forward to “delivering affordable, clean energy and tackling climate change”, along with a comprehensive industrial strategy.



Reuters: Brexit could provide boost for Britain's shale gas

Zitat von Wed July 13
Britain's shale gas industry could get a helping hand from a falling pound and a supportive new prime minister just as it is gearing up for its first production this year, after facing economic and political challenges that slowed its start.

In the speech launching her campaign for the leadership on Monday, May stressed the importance of secure energy supplies, which shale advocates say is one of their industry's strengths.

The government has already changed planning rules to speed up shale gas projects by giving the communities minister ultimate decision-making power on planning applications.



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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.546

25.07.2016 13:09
#129 RE: Brexit Antworten

Verhandlungsergebnis Ms. May bei Hollande: GB soll bis zu 7 Jahre nicht an die Personenfreizügigkeit gebunden sein, ohne den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren. Guardian:

Zitat von Grauniad, July 24, 2016
Plans to allow the United Kingdom an exemption from EU rules on freedom of movement for up to seven years while retaining access to the single market are being considered in European capitals as part of a potential deal on Brexit.

Senior British and EU sources have confirmed that despite strong initial resistance from French president François Hollande in talks with prime minister Theresa May last week, the idea of an emergency brake on the free movement of people that would go far further than the one David Cameron negotiated before the Brexit referendum is being examined.



https://www.theguardian.com/world/2016/j...EMCNEWEML6619I2



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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.08.2016 12:51
#130 RE: Brexit Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #127
Papier ist geduldig.

Richtig. So viel wird aus diesem Plan nicht werden.

Zitat
Weil die Einfachverglasung mit zugigen Fenstern vielleicht dafür sorgt, dass es nachts A-kalt wird. Und zwar so richtig.


Sagst Du als südeuropäisches Weichei. Unsere Freunde von der Insel sind aber bei Temperaturen deutlich anders geeicht.

Zitat
Der britische Hausstandard ist noch so weit vom deutschen entfernt, dass die locker 50% einsparen können und immernoch nicht da sind.


Man kann nur etwas sparen, wenn man auch etwas ausgegeben hat. Da nun aber diese Räume den größten Teils des Jahres nicht oder kaum beheizt werden, wäre der Einspareffekt von Dämmungen etc. begrenzt. Alleine der komplette Austausch aller Fenster eines durchschnittlichen Reihenhauses nach deutschem Standard würde Kosten verursachen, dafür könnte ein britischer Haushalt Jahrzehnte heizen. Und Fensteraustausch wäre ja nur der erste Schritt ...

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.546

17.08.2016 14:51
#131 RE: Brexit Antworten

Warum haben die Götter die nicht gleich als Fossilien erschaffen? Dann hätten sie es so einfach mit ihrem "hier ändert sich nix, auch nicht in 100.000.000 Jahren." Achse:

Zitat von AchGut, 17.08.
Die Online-Seite von Daily und Sunday Express meldet: „Angela Merkel hat verzweifelt versucht, Theresa May davon zu überzeugen, den Brexit auf die Zeit nach den deutschen Bundestagswahlen zu verschieben“. Merkel befürchte, so der britische Bericht, dass die Folgen des Brexit zu weiterem Zulauf für die AfD führen würde. Berlin sei bereits der größte Netto-Zahler der EU und nach einem Brexit stünde eine weiter jährlich EU-Finanzierungslücke von etwa 10 Milliarden Euro im Raum. Die italienische Zeitung La Stampa wird mit der Information zitiert, Merkel wolle den europäischen Rat in die Brexit-Verhandlungen einbeziehen, weil dies weitere Zeitverzögerungen bedeute.



Kann jemand der #raute mal sagen, daß die Engländer & ihre Politiker nicht die weltgeschichtliche Aufgabe haben, deutschen Vollversagern, die ihren Staat gerade mit 300 Sachen an die Wand setzen, die Räuberleiter zu machen? Vor allen Dingen denen nicht, die sie erst vors Schienbein getreten haben? Hatten wir id letzten 100 Jahren bereits 2x. Express ist Boulevard, aber La Stampa ist einen Tacken seriöser.

Zitat von Express
Merkel urges May to DELAY Brexit until AFTER German election over fears of anti-EU feeling

ANGELA Merkel has desperately tried to convince Theresa May to delay Brexit until after the German elections because of fears it could encourage the success of the extreme right.



http://www.express.co.uk/news/world/7007...erman-elections



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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

17.08.2016 15:33
#132 RE: Brexit Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann"|p135624[Quote="Express
Merkel urges May to DELAY Brexit until AFTER German election over fears of anti-EU feeling

ANGELA Merkel has desperately tried to convince Theresa May to delay Brexit until after the German elections because of fears it could encourage the success of the extreme right.


Tja, das hätte die Gute sich auch überlegen können, bevor sie Cameron mit seinen Reformvorschlägen hat abblitzen lassen...

Ein ganz gute Analyse, warum einerseits der Druck auf einen baldigen Brexit steigen, dieser aber andererseits so leicht nicht möglich sein wird, findet sich übrigens hier: Brexit is not going to happen (but it might need a second referendum)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.08.2016 15:44
#133 RE: Brexit Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #131
Achse

Noch lese ich die Achse regelmäßig und manchmal gerne - aber die Qualitätsprobleme nehmen dort zu.

Die Meldungen sind so offensichtlich falsch wie verständlich angesichts der Tatsache, daß der Express zu den aktivsten Brexit-Propagandisten gehört und die deutliche Ernüchterung nach dem Votum nun kaschieren will.

Zitat
Merkel befürchte, so der britische Bericht, dass die Folgen des Brexit zu weiterem Zulauf für die AfD führen würde. Berlin sei bereits der größte Netto-Zahler der EU und nach einem Brexit stünde eine weiter jährlich EU-Finanzierungslücke von etwa 10 Milliarden Euro im Raum.


Das ist ziemlicher Unsinn. Schon die in der Brexit-Kampagne erfundenen 10 Milliarden sind falsch, wie die Brexiteers kurz nach der Abstimmung zugeben mußten. Und da GB ja einen Beitrag für den Zugang zum Binnenmarkt zahlen wird, wird es auch kaum eine Finanzierungslücke geben.

Merkel könnte eigentlich nichts Besseres passieren, als wenn das Verhandlungsergebnis schon vor der Bundestagswahl vorliegen würde. Weil dann offenkundig würde, daß die Heilsversprechen von Brexiteers/AfD weitgehend substanzlos sind.

Zitat
Die italienische Zeitung La Stampa wird mit der Information zitiert, Merkel wolle den europäischen Rat in die Brexit-Verhandlungen einbeziehen, weil dies weitere Zeitverzögerungen bedeute.


Selbstverständlich wollen alle Regierungschefs, nicht nur Merkel, daß sie über den Rat einbezogen werden und Juncker diese wichtige Angelegenheit nicht ohne sie durchzieht. Das angebliche Motiv "Zeitverzögerung" ist sehr unglaubwürdig.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

31.08.2016 22:21
#134 RE: Brexit Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #131
Kann jemand der #raute mal sagen, daß die Engländer & ihre Politiker nicht die weltgeschichtliche Aufgabe haben, deutschen Vollversagern, die ihren Staat gerade mit 300 Sachen an die Wand setzen, die Räuberleiter zu machen?

À propos Raute: tautologische Durchhaltefloskeln als Untermalung ebenso alternativ- wie planlosen Irrsinns sind keine rein deutsche Spezialität, wie folgende Worte einer britischen Diplomatin zeigen:

Zitat von British High Commissioner to Malaysia speaks on BREXIT
We do not underestimate the challenge ahead. But we will seize it, and we will make the best we can of this new reality.
So I want to explain where we stand and what we are doing about it.
First, Brexit means Brexit.
Second, we will make a success of it.
Third, Britain remains Britain.
Britain is a great country, thriving and prospering on the world stage.
Indeed we have just proved how globally competitive we are achieving second place in the medals table at the Rio Olympics.
No one should ever under-estimate us nor write us off. Nor doubt our resolve.


"Wir schaffen das" auf Englisch.

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 355

01.09.2016 10:36
#135 RE: Brexit Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #134

Zitat von British High Commissioner to Malaysia speaks on BREXIT
We do not underestimate the challenge ahead. But we will seize it, and we will make the best we can of this new reality.
So I want to explain where we stand and what we are doing about it.
First, Brexit means Brexit.
Second, we will make a success of it.
Third, Britain remains Britain.
Britain is a great country, thriving and prospering on the world stage.
Indeed we have just proved how globally competitive we are achieving second place in the medals table at the Rio Olympics.
No one should ever under-estimate us nor write us off. Nor doubt our resolve.

"Wir schaffen das" auf Englisch.


Allerdings haben die Briten mit diesen Durchhalteparolen ja auch schon positive Erfahrungen gemacht, siehe z.B. "Blut, Schweiß und Tränen", während Durchhalteparolen in Deutschland regelmäßig in die Katastrophe geführt haben.

Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.09.2016 11:01
#136 RE: Brexit Antworten

Sehr interessant. Ausgerechnet die sonst so zurückhaltend-höflichen Japaner sprechen hier nicht "durch die Blume", sondern geben den Briten Klartext.
Eine kurze Erläuterung findet sich hier.
Die noch kürzere Zusammenfassung auf deutsch heißt: "Wenn Ihr schon so einen Schrott wie Brexit macht, dann sorgt wenigstens dafür, daß sich in der Praxis nichts ändert."
Eine Stellungnahme, die gerade dem neuen "Brexit-Minister" sehr ungelegen kommt, weil sie die Meßlatte für seine Verhandlungsziele noch ein Stück höher hängt.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.09.2016 12:37
#137 RE: Brexit Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #136
Eine kurze Erläuterung findet sich hier.
In der Tat interessant!
Unter sinngemäßer Übertragung der Regeln der neuen Freihandelsabkommen (CETA, TTIP) hätte man hier wohl einen Fall für die Investitionsschutzklauseln, d.h. Überseeunternehmen, die im UK investiert haben, könnten das UK vors Schiedsgericht zerren, weil die Investitionen mit Austritt aus dem Europäischen Binnenmarkt entwertet werden.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.09.2016 13:12
#138 RE: Brexit Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #136
Eine Stellungnahme, die gerade dem neuen "Brexit-Minister" sehr ungelegen kommt, weil sie die Meßlatte für seine Verhandlungsziele noch ein Stück höher hängt.


In der Tat wundert es mich, dass die Japaner die Verhandlungsposition der Briten in dieser Form zu schwächen versuchen, unter einem schlechten Verhandlungsergebnis hätten sie ja nach ihrer Aussage sehr zu leiden. Der leise Weg wäre also sicher der bessere.

Die meisten der angesprochenen Punkte sind bei klarem Verstand nicht wirklich kritisch, Großbritannien wird beispielsweise die Errungenschaften des new approach kaum über Bord werfen wollen. Bisher war auch nicht erkennbar, dass GB Einwanderung gänzlich unterbinden will. Also blicken die Japaner entweder die Situation nicht oder sie haben sich vor einen Karren spannen lassen.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.09.2016 14:43
#139 RE: Brexit Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #137
Unter sinngemäßer Übertragung der Regeln der neuen Freihandelsabkommen (CETA, TTIP) hätte man hier wohl einen Fall für die Investitionsschutzklauseln, d.h. Überseeunternehmen, die im UK investiert haben, könnten das UK vors Schiedsgericht zerren, weil die Investitionen mit Austritt aus dem Europäischen Binnenmarkt entwertet werden.

Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Diese Klauseln gibt es ja auch in vielen schon bestehenden Freihandelsverträgen, und die lassen solche Klagen nicht zu. Es gibt m. W. überhaupt keinen Grund zur Annahme, daß das bei TTIP/CETA plötzlich eingeführt werden sollte.

Schließlich geht es hier um allgemeine politische Maßnahmen, die nicht einzelne Firmen betreffen, und es gibt auch keine vertragliche Zusage den Investoren gegenüber, mit der sich GB zum EU-Verbleib verpflichtet hätte. Damit entfallen die üblichen Ansatzpunkte für Investitionsschutzklauseln.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.09.2016 14:55
#140 RE: Brexit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #138
In der Tat wundert es mich, dass die Japaner die Verhandlungsposition der Briten in dieser Form zu schwächen versuchen,

Der Verhandlungsposition der Briten ist den Japanern erst einmal nachrangig, sie verteidigen ihre eigenen Interessen.
Und sie geben Zielvorgaben für diese Verhandlungen, damit wird die Position selber nicht geschwächt.

Zitat
... unter einem schlechten Verhandlungsergebnis hätten sie ja nach ihrer Aussage sehr zu leiden.


Ein schlechtes Verhandlungsergebnis wäre für die Japaner eines, daß ihre Punkte nicht umsetzt. Und sie führen ja lauter Punkte auf, die GB problemlos zugestanden bekommen könnte - die aber den Versprechen der Brexiteers widersprechen.
Ein den Wünschen der Japaner entsprechendes Ergebnis wäre also nicht "schlecht", sondern nur peinlich für die Brexiteers.

Zitat
Der leise Weg wäre also sicher der bessere.


Nein.
Den leisen Weg haben die Japaner ja lange Zeit probiert - und sind in der Debatte überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden.
Daher haben sie sich für diesen sehr ungewöhnlichen und expliziten Schritt entschlossen.

In der Brexit-Debatte haben die Leavers ja immer so getan, als könne GB ohne die lästige EU viel bessere Handelsabkommen schließen und die Drittstaaten würden geradezu Schlange stehen, endlich direkt mit den Briten verhandeln zu können. Das war völlig realitätsfern.
Diverse Handelspartner, u. a. die Japaner, haben damals mit diplomatischer Höflichkeit versucht, dieser Falschaussage zu widersprechen. Das wurde ignoriert. Also wird jetzt deutlicher geasagt.

Zitat
Die meisten der angesprochenen Punkte sind bei klarem Verstand nicht wirklich kritisch ...


Vielleicht, aber klarer Verstand war ja bisher nicht die Hauptmaxime des Brexit-Entwurfs. Falls die Brexit-Unterhändler kein Problem damit haben, einige dieser Punkte umzusetzen - dann wird das Japaner nicht stören.
Hauptsache es ist klar, daß ein Verzicht darauf Ärger bringen wird.

Zitat
Bisher war auch nicht erkennbar, dass GB Einwanderung gänzlich unterbinden will.


Nicht gänzlich, aber eine drastische Reduzierung war explizites Hauptziel des Brexits. Wo die Linie genau gezogen werden soll wurde nie klar gesagt.
Also haben die Japaner ihre rote Linie definiert.

Zitat
Also blicken die Japaner entweder die Situation nicht oder sie haben sich vor einen Karren spannen lassen.


Ganz bestimmt nicht.
Die Japaner haben genau verstanden, was da abgegangen ist. Und sie sind entschlossen, ihre Investitionen nicht irgendwelchen innenpolitischen Spielchen britischer Politiker zu opfern.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.09.2016 15:46
#141 RE: Brexit Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #140
Ein schlechtes Verhandlungsergebnis wäre für die Japaner eines, daß ihre Punkte nicht umsetzt. Und sie führen ja lauter Punkte auf, die GB problemlos zugestanden bekommen könnte - die aber den Versprechen der Brexiteers widersprechen.


Einmal sehe ich nicht wirklich, welche Versprechen den Japanern weh tun sollen. Der Warenhandel kann es kaum sein. Zum Zweiten wissen auch erfahrene Industriemanager in Japan, dass das Brexit-Votum eine Zielvorgabe ist, Details erst in der Folge abgearbeitet werden. In Deutschland wurden auch erst die Grenzen geöffnet und dann wurde nach und nach die DDR-Eingemeindung abgearbeitet, und das war ein viel umfangreicheres Projekt.

Zitat
Den leisen Weg haben die Japaner ja lange Zeit probiert - und sind in der Debatte überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden.
Daher haben sie sich für diesen sehr ungewöhnlichen und expliziten Schritt entschlossen.



Woher wissen Sie das, oder war das nicht so 'leise'?

Zitat
In der Brexit-Debatte haben die Leavers ja immer so getan, als könne GB ohne die lästige EU viel bessere Handelsabkommen schließen ...



Es geht den Japanern nicht um Handelsabkommen, sondern um die Kontinuität der Einbindung ihrer Niederlassungen in den EU-Binnenmarkt. Ich wüsste nicht, dass die Brexiteers den Handel mit der EU in Frage stellen wollten. Im Gegenteil: Es geht auch in anderen EU-Ländern um ein zurück zu EWG-Zeiten ohne Zentralstaat.

Zitat
Nicht gänzlich, aber eine drastische Reduzierung war explizites Hauptziel des Brexits. Wo die Linie genau gezogen werden soll wurde nie klar gesagt.
Also haben die Japaner ihre rote Linie definiert.

Ernsthaft?

Zitat

Zitat
Also blicken die Japaner entweder die Situation nicht oder sie haben sich vor einen Karren spannen lassen.


Ganz bestimmt nicht.
Die Japaner haben genau verstanden, was da abgegangen ist. Und sie sind entschlossen, ihre Investitionen nicht irgendwelchen innenpolitischen Spielchen britischer Politiker zu opfern.




Sarkastischerweise wollte ich schreiben, dass die deutschen Energiekonzerne ja ihre Investitionen den politischen Spielchen in Berlin geopfert haben, also sollten die Japaner auch nicht von britischen Politikern verschont werden. Ernsthafter würde ich mich eher wiederholen: Wer Managementerfahrung hat sieht das etwas gelassener. Ich glaube jedenfalls nicht, dass pragmatische Lösungen an den Briten scheitern werden. Die Irrationalen sind vor allem Politiker deutscher Herkunft, Juncker ist die Ausnahme.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.09.2016 16:36
#142 RE: Brexit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #141
Einmal sehe ich nicht wirklich, welche Versprechen den Japanern weh tun sollen.

In erster Linie natürlich das zentrale Brexit-Versprechen "Weg mit der EU-Freizügigkeit". Die Japaner heben explizit und mehrfach darauf ab, daß ihnen das sehr wichtig ist.

Zitat
Der Warenhandel kann es kaum sein.


Doch. Nämlich dann, wenn die Brexiteers hier Abstriche akzeptieren würden, um andere Vorstellungen zu verhandeln.

Zitat
Zum Zweiten wissen auch erfahrene Industriemanager in Japan, dass das Brexit-Votum eine Zielvorgabe ist, Details erst in der Folge abgearbeitet werden.


Und genau darum melden sie sich jetzt um klar zu stellen, welche Details für sie wichtig sind.

Zitat
Woher wissen Sie das, oder war das nicht so 'leise'?


Es gab immer wieder kleinere Presseartikel dazu, wenn die Japaner oder andere Nationen ihre Bedenken brachten. Aber die waren immer so diplomatisch formuliert (à la "die Briten sollten die Konsequenzen eines Brexits für Investoren und Drittstaaten bedenken"), daß sie in der öffentlichen Diskussion ignoriert wurden.

Zitat
Es geht den Japanern nicht um Handelsabkommen, sondern um die Kontinuität der Einbindung ihrer Niederlassungen in den EU-Binnenmarkt.


Es geht den Brexiteers um Handelsabkommen. Und die Japaner machen klar daß die Briten das knicken können, wenn sie nicht auf die schon bestehenden Investitionen Rücksicht nehmen.

Zitat
Ich wüsste nicht, dass die Brexiteers den Handel mit der EU in Frage stellen wollten.


Die Brexiteers haben immer behauptet, man könne alle EU-Vorteile haben ohne irgendeinen Nachteil in Kauf nehmen zu müssen. Das war und ist natürlich absurd.
Wenn es nun darum geht abzuwägen, welche Nachteile man für welche Vorteile einzutauschen bereit ist, ist die Position der Brexiteers völlig offen. Es ist daher gut möglich (und in einigen Bereichen sogar wahrscheinlich), daß sie durchaus bereit sind einen Teil des Handels mit der EU in den Wind zu schießen, um damit andere Punkte durchsetzen zu können.

Zitat
Sarkastischerweise wollte ich schreiben, dass die deutschen Energiekonzerne ja ihre Investitionen den politischen Spielchen in Berlin geopfert haben, ...


Wogegen ja Milliarden-Klagen anhängig sind. Ganz ohne TTIP/CETA.

Zitat
Wer Managementerfahrung hat sieht das etwas gelassener.


Ich wäre jetzt sehr vorsichtig damit den japanischen Konzernlenkern die Managementerfahrung abzusprechen.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

07.09.2016 16:39
#143 RE: Brexit Antworten

@ Martin:
ich finde R.A.s Argumentation hier sehr schlüssig.
Pars pro toto möchte ich nur einen Punkt aufgreifen:

Zitat von Martin im Beitrag #141
Es geht den Japanern nicht um Handelsabkommen, sondern um die Kontinuität der Einbindung ihrer Niederlassungen in den EU-Binnenmarkt. Ich wüsste nicht, dass die Brexiteers den Handel mit der EU in Frage stellen wollten.


Nein, wollen tun sie das nicht.
Das Problem ist halt, dass sich die Brexiteers etwas wünschen, was so nicht umsetzbar sind.

Der freie Warenhandel innerhalb der EU ist halt in dieser Form nur deshalb möglich, weil sich alle gewissen einheitlichen Regularien unterwerfen.
Die Brexiteers finden (verständlicherweise) etliche dieser Regularien doof.
Und sie wären gerne die Regularien los - möchten den Freihandel aber behalten.
Das wird so nicht gehen.

Das Angebot der EU an GB wird so ähnlich lauten wie an die Schweiz:
Ihr bekommt auch weiterhin Zugang zum EU-Binnenmarkt. Aber nur dann, wenn Ihr auch die EU-Regularien weiter befolgt.

Und genau an diesem Punkt werden die Brexiteers in den nächsten Monaten einige schwere Entscheidungen treffen müssen:
Sind wir bereit, (a) auch in Zukunft die EU-Regularien zu schlucken?
Oder sind wir (b) bereit, auf den bisherigen freien Marktzugang zur EU zu verzichten?

Es mag einen gewissen Graubereich zwischen diesen Extremen geben.
Aber im großen und ganzen wird man sich für eine der beiden Richtungen entscheiden müssen.

Es ist m.E. noch offen, in welche Richtung sich die Brexiteers entscheiden werden.

Aber es scheint klar, dass für Unternehmen mit Sitz in GB und mit nennenswerter Vernetzung in die EU die Variante (a) vorzuziehen ist.
Zumindest ist der japanische Vorstoß als Lobby-Maßnahme pro (a) zu werten.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

07.09.2016 17:42
#144 RE: Brexit Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #142
In erster Linie natürlich das zentrale Brexit-Versprechen "Weg mit der EU-Freizügigkeit". Die Japaner heben explizit und mehrfach darauf ab, daß ihnen das sehr wichtig ist.

Was für die Briten nicht wirklich bedeutend ist. Wenn Japan meint sich vor den Schulzschen Karren spannen zu lassen und meint Einfluss auf die Einwanderungspolitik eines souveränen Landes nehmen zu können, kann man sich nur wundern mit welcher Naivität solche Papiere veröffentlicht werden. Es sind GENAU DIESE Ansätze, die das allerbeste Wasser auf die Mühlen der Brexiteers darstellen. Das hat Schulz bis heute auch nicht begriffen. Das ist Kampagnenmunition allererster Güte.

Zitat
Und genau darum melden sie sich jetzt um klar zu stellen, welche Details für sie wichtig sind.


Und erreichen damit das Gegenteil. Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass die Japaner so blöde sind, Diplomatie ist die Kunst der leisen Töne und nicht des Klappe aufreissens (was eindrucksvoll belegt das Schulz auch nie ein Diplomat war oder ist). Vielleicht versprechen sie sich anderweitig einen Gewinn, wer weiss ?

Zitat
Es gab immer wieder kleinere Presseartikel dazu, wenn die Japaner oder andere Nationen ihre Bedenken brachten.


Verlinke bitte drei!

Zitat
Die Brexiteers haben immer behauptet, man könne alle EU-Vorteile haben ohne irgendeinen Nachteil in Kauf nehmen zu müssen.


Auch das bitte belegen. Und zwar so wie es da steht !

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

07.09.2016 17:51
#145 RE: Brexit Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #143
Der freie Warenhandel innerhalb der EU ist halt in dieser Form nur deshalb möglich, weil sich alle gewissen einheitlichen Regularien unterwerfen.

Heisst das dann auch, lieber Florian, dass der geplante Freihandel mit den USA nie zustande kommen kann, weil sich die USA auch den europäischen Freizügigkeitsregeln unterwerfen werden ? Oder ist es am Ende nur ein Unterschied wie mächtig der Betreffende ist ? Steht die EU am Ende für Freihandel oder für die Durchsetzung bestimmter gesellschaftlicher Vorstellungen einer Funktionärselite mit wirtschaftlicher Macht ? Ist ne ganz ernst gemeinte Frage. Was ist die EU ? Ein Machtapparat zur Erzwingung von Lebensanschauungen ?

Zitat
Aber es scheint klar, dass für Unternehmen mit Sitz in GB und mit nennenswerter Vernetzung in die EU die Variante (a) vorzuziehen ist. Zumindest ist der japanische Vorstoß als Lobby-Maßnahme pro (a) zu werten.


Das sehe ich genauso. Nur: Die Unternehmen sind eben nicht gleichbedeutend mit des Briten. Nicht alles was für die Wirtschaft gut ist, ist auch für die Bevölkerung wünschenswert. Und im demokratischen Sinne sind die Wünsche der Unternehmen eben nicht entscheidend.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.09.2016 18:04
#146 RE: Brexit Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #144
Wenn Japan meint sich vor den Schulzschen Karren spannen zu lassen ...

Du glaubst doch nicht wirklich, daß den Japanern Schulz irgendwie wichtig ist oder daß sie für ihn auch nur einen Finger rühren würden.
Die wollen ihre Investitionen schützen.

Zitat
und meint Einfluss auf die Einwanderungspolitik eines souveränen Landes nehmen zu können


Jeder Staat versucht Einfluß auf die Entscheidungen von souveränen Ländern zu nehmen. Völlig legitim (solange die Mittel friedlich bleiben).

Die Briten können ihre Einwanderung regeln wie sie wollen. Aber sie sollten sich halt darüber im Klaren sein, daß das auch Konsequenzen hat.

Zitat
Es sind GENAU DIESE Ansätze, die das allerbeste Wasser auf die Mühlen der Brexiteers darstellen.


Überhaupt nicht.
Wenn solche Warnungen von irgendwelchen EU-Funktionären kämen - dann wäre das in der Tat eher kontraproduktiv.
Aber hier reden Außenstehende, denen die internen Streitigkeiten der Europäer im Prinzip ziemlich egal sind.
Die Brexiteers haben ja immer suggeriert, daß die außereuropäischen Staaten das ganz locker sehen würden und der Brexit für die Handelsbeziehungen nach Übersee eher noch hilfreich wäre. Das war schon immer gelogen, und das wird jetzt offensichtlich. Und wenn man die britischen Reaktionen so liest, hat die japanische Stellungnahme auch gut eingeschlagen.

Zitat
Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass die Japaner so blöde sind, ...


Eben. Sie sind nicht blöde, sondern verfolgen sehr geschickt ihre Interessen.

Zitat
Diplomatie ist die Kunst der leisen Töne und nicht des Klappe aufreissens


Diplomatie ist nicht immer leise. Gute Diplomatie ist zu wissen, wann man die leise Tour wählt und wann man die Klappe aufreißen muß.

Zitat
Verlinke bitte drei!


Sorry, aber das ist mir zu mühsam zu googeln. Eben weil die sehr zurückhaltend formuliert waren ist so etwas nur sehr schwer im Datenwust zu finden. Wenn man so die Wirtschaftsseiten diagonal liest, gab es immer wieder solche Schnipsel, von diversen Nationen.

Zitat
Auch das bitte belegen. Und zwar so wie es da steht !


Nur ein kurzes Beispiel. Du findest in der Brexit-Diskussion beliebig viele Aussagen, daß ohne EU angeblich mehr Freihandel möglich wäre. Aber seitens der Brexiteers nirgends das Eingeständnis, irgendso könne etwas schlechter laufen als bisher.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.09.2016 18:08
#147 RE: Brexit Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #145
dass der geplante Freihandel mit den USA nie zustande kommen kann

Falls TTIP kommt, wird das in der Tat deutlich weniger Freihandel sein als innerhalb der EU möglich ist.

Zitat
Die Unternehmen sind eben nicht gleichbedeutend mit des Briten.


Selbstverständlich. Die Briten können die Interessen der japanischen Investoren nach Belieben ignorieren - diese haben kein Stimmrecht in GB.

Sie dürfen sich dann anschließend nur nicht beklagen, wenn die Auslandsinvestitionen zurückgehen. Wenn ihnen das nationalistische Hochgefühl wichtiger ist als Arbeitsplätze, steht ihnen diese Entscheidung frei.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

07.09.2016 18:29
#148 RE: Brexit Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #145
Zitat von Florian im Beitrag #143
Der freie Warenhandel innerhalb der EU ist halt in dieser Form nur deshalb möglich, weil sich alle gewissen einheitlichen Regularien unterwerfen.

Heisst das dann auch, lieber Florian, dass der geplante Freihandel mit den USA nie zustande kommen kann, weil sich die USA auch den europäischen Freizügigkeitsregeln unterwerfen werden ? Oder ist es am Ende nur ein Unterschied wie mächtig der Betreffende ist ? Steht die EU am Ende für Freihandel oder für die Durchsetzung bestimmter gesellschaftlicher Vorstellungen einer Funktionärselite mit wirtschaftlicher Macht ? Ist ne ganz ernst gemeinte Frage. Was ist die EU ? Ein Machtapparat zur Erzwingung von Lebensanschauungen ?


Ich glaube, da gibt es eine falsche Vorstellung davon, was Freihandel eigentlich ist.

Nein, Handel ist kein "Machtinstrument". Ganz im Gegenteil: Handel ist Freiheit. (Nämlich zum Beispiel auch die Freiheit, einen Handel nicht einzugehen).
Je mehr Handel, desto mehr Optionen habe ich. Desto weniger kann mir eine "Funktionärselite" ihre Lebensanschauung aufzwingen.

Nun konkret zu Ihrer Frage:

Die europäischen Verträge beinhalten ja schon noch etwas mehr als das, was in TTIP geplant ist.
Es gibt - nur mal als Beispiel - innerhalb der EU keine Zollkontrollen. Keine Beschränkungen des Warenverkehrs. Es gibt Personenfreizügigkeit. usw.
Auch mit TTIP wäre das im Verhältnis zu den USA jeweils nicht so eng.

Und diese superenge Vernetzung bietet die EU halt nur als Bündel.
Und es ist auch sinnvoll, dass das ein Bündel ist. Die verschiedenen Einzelpunkte sind ja oft aufeinander abgestimmt.

Anders gesagt:
Ein japanisches Unternehmen, dass den europäischen Markt bedienen will, wird das nicht von einem Stützpunkt in den USA aus machen können oder wollen.
Auch nicht, wenn es TTIP gibt.
Sondern es muss ein Stützpunkt in der EU sein, weil nur dann eine effiziente Bearbeitung des ganzen europäischen Marktes möglich ist.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

07.09.2016 18:47
#149 RE: Brexit Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #148
Nein, Handel ist kein "Machtinstrument". Ganz im Gegenteil: Handel ist Freiheit.

Ich glaube, lieber Florian, da ist Ihnen ein bischen zu sehr ein theoretisches Ideal vor Augen. Denn natürlich kann ein hinreichend mächtiger Marktteilnehmer auch gewaltige Macht ausüben. Nehmen wir ein schönes Beispiel: Die Schweiz. Diese hat, noch vor der EU, selbstredend viel und ordentlich mit Europa gehandelt. Heute geht Europa hin und verkündet: Natürlich könnt ihr auch weiterhin(!) mit "uns" handeln. Aber ihr müsst dafür bezahlen. Und ihr müsst bei Euch alle aufnehmen, die wir für richtig halten. Frei ? In der Theorie vielleicht, in der Praxis absolut nicht. Diese angebliche Freiheit wird von vielen Leuten absolut nicht empfunden.
Stellen Sie sich vor, sie wohnten in ihrem Haus in einer Stadt wo alle Supermärkte zu einer Kette gehörten. Und diese würden ihnen dann und nur dann Lebensmittel verkaufen, wenn sie gleichzeitig in ihrem Keller einen Fremden aufnehmen müssten. Wären Sie frei ? Würden Sie sich als frei empfinden ?

Zitat
Desto weniger kann mir eine "Funktionärselite" ihre Lebensanschauung aufzwingen.


Umso erstaunlicher ist es doch, dass diese Funktionärselite derzeit genau das sehr erfolgreich tut.

Zitat
Auch mit TTIP wäre das im Verhältnis zu den USA jeweils nicht so eng.


Nun, wenn ich TTIP richtig verstehe, geht es gerade um Freihandel, um den Wegfall von Zollschranken, um den Abbau von Regularien und gegenseitige Anerkennung. Also ziemlich genau um das, was die Briten gerne wollen. Nur eben tatsächlich ohne Freizügigkeit ? Würden Sie das den Briten nicht zugestehen wollen ? Oder nur den USA, die sich besser wehren können ?

Zitat
Und diese superenge Vernetzung bietet die EU halt nur als Bündel.


Dieses Bündel wünschen sich eben immer weniger Nationen. Es wollen viele Freihandel und nix weiter. Und wenn das mit den USA in gegenseitigem Einvernehmen möglich ist, warum sollen dann andere dafür bezahlen ?

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.09.2016 20:00
#150 RE: Brexit Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #143
@ Martin:
ich finde R.A.s Argumentation hier sehr schlüssig.
Pars pro toto möchte ich nur einen Punkt aufgreifen:

Zitat von Martin im Beitrag #141
[Es geht den Japanern nicht um Handelsabkommen, sondern um die Kontinuität der Einbindung ihrer Niederlassungen in den EU-Binnenmarkt. Ich wüsste nicht, dass die Brexiteers den Handel mit der EU in Frage stellen wollten.


Nein, wollen tun sie das nicht.
Das Problem ist halt, dass sich die Brexiteers etwas wünschen, was so nicht umsetzbar sind.

Der freie Warenhandel innerhalb der EU ist halt in dieser Form nur deshalb möglich, weil sich alle gewissen einheitlichen Regularien unterwerfen.
Die Brexiteers finden (verständlicherweise) etliche dieser Regularien doof.
Und sie wären gerne die Regularien los - möchten den Freihandel aber behalten.
Das wird so nicht gehen.



Lieber Florian,

nicht alles was schlüssig scheint ist richtig. Es gibt in der EU eine Menge Regularien, die haben mit freiem Warenhandel nichts zu tun, beispielsweise die Freizügigkeit, die Lärmschutzrichtlinie, die Richtlinie für saubere Luft, Arbeitsschutz, uvm.. Der Warenhandel war bereits im Rahmen der EWG geregelt, ohne die große Regulierungsglocke, die heute über allen EU-Ländern hängt.

Jedes Land auch außerhalb der EU kann seine Waren nach für diese Waren geltenden EU Richtlinien (Spielzeug, Maschinen, Kraftfahrzeuge,..) prüfen (lassen) und sie innerhalb der EU auf den Markt bringen. Das besteht auf Gegenseitigkeit. Nicht-EU-Länder müssen dazu einen Vertreter innerhalb der EU haben, es sei denn, es gibt entsprechende Abkommen, wie beispielsweise mit der Schweiz, aber auch mit der Türkei. Es wäre mir absolut neu, wenn die Brexiteers daran gerüttelt hätten. Der Warenhandel muss nicht an Personenfreizügigkeit gekoppelt sein (s. Türkei), auch wenn das der politische Wunsch der Kommission ist.

Gruß, Martin

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