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Dieses Thema hat 324 Antworten
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Martin Offline



Beiträge: 4.129

17.10.2018 13:56
#76 RE: Fahrverbote - ein Planungsfehler der Kommission Teil 2 Antworten

Vielen Dank für den historischen Streifzug.

Ergänzend zu den Zeitabläufen darf nicht vergessen werden, dass 2007 die EU-Öffentlichkeitsrichtlinie und die Umweltinformationsrichtlinie nach einem Vertragsverletzungsverfahren der Kommission in deutsches Recht umgesetzt wurde. Das war die Voraussetzung für die Verbandsklagen der DUH, deutsche Kommunen durch Gerichtsentscheidungen zu Fahrverboten zwingen zu lassen.

Alle diese Fakten und Einschätzungen sind im Umweltbundesamt zusammengelaufen, dort muss die Tragweite auch bekannt gewesen sein.

Zum letzten Abschnitt scheint eine Tabelle zu fehlen, so verstehe ich den Hinweis auf die 'letzte Spalte'. Die Reduzierung 2010 der Anzahl zulässiger Überschreitungen konnte ich nicht nachvollziehen: 18 Überschreitungen des Stundengrenzwerts von 200 µg/m³ waren bereits in der RL 1999/30/EG vorgesehen. Der entscheidende Punkt 2010 (alternativ nach Ende einer Fristverlängerung) war die Pflicht, den Grenzwert durch 'geeignete Maßnahmen' schnellstmöglich zu erreichen. Die DUH erklagt Fahrverbote als einzige 'geeignete Maßnahme'.

Gruß, Martin

Paul Achatz Offline



Beiträge: 61

17.10.2018 17:53
#77 RE: Fahrverbote - ein Planungsfehler der Kommission Teil 2 Antworten

Hallo Martin,

ja, die Tabelle habe ich hochgeladen.

Vor der 1999er Richtlinie gab es nur den Stundenwert mit max. 175 Überschreitungen pro Jahr. Die 175 Überschreitungen hätte man in Stuttgart erstmals 2013 unterschritten. Selbst den neuen Stundengrenzwert von 18 Überschreitungen hätte man 2017 erreicht. Ich glaube, es war den Erstellern der Richtlinie durchaus bewusst, dass Stundengrenzwerte mit fallenden Emissionen relativ schnell erreicht werden, Jahresmittelwerte aber viel länger zur Erreichung benötigen, was ja auch logisch ist.

Was ich damit sagen will: Hätte es der europäische Rat 1999 bei einem neuen Stundenwert belassen, wäre die Richtlinie bzgl. Stickoxiden ein Nonevent ohne Ansatz, Druck auszuüben. Ich bin mir rel. sicher, dass auch oder wahrscheinlich sogar v.a. aus Deutschland der Druck kam, einen tiefen Jahresmittelwert in die Richtlinie zu boxen. Nur über den waren die Kommunen zu packen. Die 1999er Richtline schreibt den Staaten explizit vor, Forschung zu betreiben, ob NOx in kleinen Konzentrationen langfristig tats. schädlich ist. Bis 2003 hatte man dazu Zeit, im Endeffekt ist daraus 2008 geworden. Was hat das UBA gemacht? Man hat viele Studien durchführen lassen, die allesamt zu der unzulässigen Schlussfolgerung kommen: Ja, schuldig! Die vorbehaltlose Übernahme dieses falschen Urteils ist ein weiteres Indiz für eine potenzielle Absicht hinter diesem Grenzwert.

Nimmt man jetzt noch dazu, dass die DUH ursprgl. unter Trittin indirekt vom Umweltministerium gegründet, direkt gefördert und mit dem Verbandsklagerecht ausgestattet wurde, ergibt das einen potenziellen, lange geplanten Handlungssstrang: Setze eine unerfüllbare Richtlinie, untermauere die Gefahr mit Pseudowissenschaft, stelle die Pseudogefahr öffentlich als Bedrohung hin, verklage die Kommunen, erwirke Fahrverbote, bestrafe die Industrie dafür, ... ein perfekter Plot über Jahrzehnte. Im Umweltministerium bzw UBA läuft das alles zusammen. Dort hatte man auch den Draht zum Helmholtz Institut bzw. zur europäischen Umweltagentur, die bei Bedarf immer mit pseudowissenschaftlicher Panik aushilft.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.10.2018 10:34
#78 RE: Fahrverbote - ein Planungsfehler der Kommission Teil 2 Antworten

Wann genau die Netzwerke der Umweltaktivisten zu wirken begonnen haben ist m.E. schwer festzulegen. Die Richtlinie für Luftreinhaltung von 1999 beihaltet mehrere Schadstoffe, die erfolgreich adressiert wurden, bei den anstehenden Fahrverboten bleiben im Wesentlichen nur die Stickoxide als Aufhänger. 1999 war auch noch nicht die Diesel-Entwicklung vorherzusehen, einmal der Verkaufserfolg, und zum anderen die Motorenentwicklung. Die mit Tesla hoffähig gewordene Karotte e-Auto, die man den Politikern inzwischen vor die Nase hält, war damals auch nicht in greifbarer Nähe.

Ich kenne ein bisschen Gremienarbeit bei Normierungsverfahren, da spielt Gruppendynamik eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ein Beteiligter an der Grenzwertdiskussion war Werner Ressing, ehemaliger Ministerialdirektor im Bundeswirtschaftsministerium, vor dem Verwaltungsgericht:

Zitat
Mir ist klar, dass die 40 Mikrogramm NO2 der geltende Grenzwert sind: Gleichwohl möchte ich als früher zuständiger Beamter des BMWi Ihren Blick darauf lenken, dass dieser Grenzwert relativ willkürlich gewählt wurde und Sie als unabhängiges Gericht die Politik auffordern sollten, diesen Grenzwert zu ändern.

Ich unterstelle 1999 Dummheit und Unprofessionalität, möglicherweise starke Einzelmeinungen, aber noch nicht die Absicht, das Auto zu killen. Auch war 1999 die Öffentlichkeitsrichtlinie, die den Weg für Verbandsklagen freimachte, noch nicht veröffentlicht.

2008, als die Folgerichtlinie 2008/50/EG veröffentlicht wurde haben die mit der DUH assoziierten Netzwerke mit Sicherheit schon sehr gut funktioniert. Mit auf der Liste übrigens Dr. Lahl, der Autor des weiter oben erwähnten Dokuments vom Technischen Kongress von 2008. Nimmt man alle diese Elemente zusammen, inklusive der Tatsache, dass mit diesem Wissen die RL 2008/50/EG publiziert wurde, dann ergibt sich m.E. der Anfangsverdacht der Korruption. Zu viele der Protagonisten haben damit ihre Amtsmacht missbraucht, zu viele haben sich daran bereichert, ganz besonders das Management der DUH. Das zieht sich wie eine rote Linie durch bis zu den Klagen der DUH. Leider muss sich erst ein Staatsanwalt finden, der dieser Sache nachgeht. Die Staatsanwaltschaft wird vom KBA eher auf die Automobilhersteller angesetzt. Da habe ich den Eindruck, das das Abwehrrecht gegenüber dem Staat im Vergleich zu dem Verbandsklagerecht sehr asymmetrisch ist.

Gruß, Martin

Paul Achatz Offline



Beiträge: 61

22.10.2018 01:33
#79 Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Martin hat ja eingangs schon einige Kritikpunkte zu den epidemiologischen Studien wie z.B. der Metastudie vom Helmholtz Zentrum geschrieben. Da ich mich damit schon einige Zeit befasse, hier mal ein paar Ergänzungen, die ich für wichtig halte.

1. Grundsätzliches
Um einen Gefahrstoff bzgl. seiner Gefährdung eiinzuordnen, gibt es drei Möglichkeiten. Da sind zunächst kontrollierte, klinische Studien am Menschen, gerne auch Menschenversuche genannt, wenn sie von Automobilherstellern beauftragt werden. Es ist naheliegend, dass hier nur vorsichtig und über kurze Zeiträume getestet werden kann. Hier erfährt man etwas über Wirkschwellen und biologische Reaktionen der Organe auf gemäßigte Konzentrationen. Darüber hinaus kann man ähnlich aufgebaute Studien mit Tieren durchführen. Ohne auf die Ethik dahinter einzugehen, haben Tierversuche den „Vorteil“ für uns Menschen, den Tod des Probanden riskieren zu können. Man kann deshalb weit höhere Konzentrationen testen und/oder die Wirkung von lang andauernden Expositionen ermitteln. Die klinischen Studien an Mensch und Tier bezeichnet man als Toxikologie. Das fehlende Bindeglied zwischen Mensch- und Tierstudien, die Langzeitauswirkugen kleiner Konzentrationen am Menschen, versucht man anhand epidemiologischer Untersuchungen zu bewerten. Das ist in den meisten Fällen nichts anderes als der statistische Vergleich großer Gruppen an Probanden anhand ihrer Exposition ggü. eines Schadstoffs und der gesundheitlichen Folgen inkl. Todesfall.

2. Toxikologie
Die Studien mit menschlichen Probanden liefern ziemlich eindeutige Ergebnisse bei gesunden Menschen. Unter 1 ppm (1.880 Mikrogramm/cbm) lässt sich noch nicht einmal eine Reaktion feststellen, weder symptomatisch noch medizinisch. Darüber setzen sporadisch erste Reaktionen ein, z.B. schwererer Atem oder erhöhte Atemfrequenz im Bereich 7-9.000 Mikrogramm/cbm. Bei Asthmakranken verhält es sich etwas anders. Laut WHO sind die Ergebnisse nicht eindeutig reproduzierbar, aber erste Anzeichen einer Reaktion liegen in vielen Studien bei ca. 500 Mikrogramm/cbm. Es gab eine Studie, die bereits bei 200 Mikrogramm/cbm eine verstärkte Reaktion von Asthmatikern auf gleichzeitig verabreichte Allergika festgestellt hatte. Das wissenschaftliche Assessment der EPA aus 2016 zitiert die Metaanalyse von Browni et al., die ebenso erste Reaktionen von Asthmatikern bei 200 Mikrogramm/cbm gefunden hat. Allerdings auch hier wieder relativ harmlose Reaktionen wie Atemfrequenz/ schwerer Atem. Entzündungsreaktionen liegen bei Gesunden im 5-stelligen und bei Asthmatikern im 4-stelligen Bereich. Die toxikologischen Befunde waren auch die Grundlage für die Definition der Grenzwerte am Arbeitsplatz. So kommt man zu den berüchtigten 950 Mikrogramm/cbm in geschlossenen Räumen. Es ist die Hälfte dessen, wo bei Gesunden noxh keine Reaktionen auftreten. Selbstverständlich gibt es Arbeitsplätze, an denen dieser Wert auch oft genug überschritten wird, ohne dass gemessen und Zeter und Mordio gerufen wird. Köche am Gasherd oder Schweißer dürften darüber lachen. Ebenso U- Boot Besatzungen bei der US Navy, für sie gilt generell ein Grenzwert von 7.000 Mikrogramm/cbm. Der schweizer Werktätige kommt mit seinen zulässigen 6.000 den U-Bootfahrern schon rel. nahe. Die Toxikologie gibt also definitiv Entwarnung unter grob 2.000 Mikrogramm/cbm bei Gesunden und 200 Mikrogramm/cbm bei Asthmatikern. Die Folgen einer Überschreitung, und das ist ebenso wichtig zu wissen, sind harmlos. Da spricht man noch nicht einmal von Entzündung. Zur besseren Orientierung: Ein Raucher inhaliert z.B. bis zu 300.000 Mikrogramm/cbm im Peak oder ca. 1.300 Mikrogramm/cbm im Schnitt sein Leben lang und fällt nicht nach weingen Jahren tot um.

Die Tierversuche liefern ein zwiespältiges Bild. Es gibt z.B. einige Studien, in denen Ratten über lange Zeit Dieselabgasen ausgesetzt wurden. Diese Studien legen dem NO2 tödliche Wirkung inkl. Krebs nahe. Allerdings sind diese Studien aus den Achtzigern und Neunzigern und es war nicht klar, ob diese Effekte nicht von anderen Faktoren (Confoundern) erzeugt wurden. Den stärksten Beweis dazu lieferte eine HEI Studie aus 2007, die die EPA und die LKW Hersteller gemeinsam beauftragt haben. Dort wurden wieder Ratten dem Abgas eines damals modernen LKW Triebwerks über 2 Jahre hinweg ausgesetzt. Die NO2 Belastungen der Tiere beliefen sich oszillierend auf bis zu 6.000 Mikrogramm/cbm. Alle Tiere überlebten dies schadlos. Der Unterschied zu den älteren Studien war, dass der Diesel mittlerweile entschwefelt und somit fast kein SO2 mehr im Abgas war. Zudem war das Triebwerk mit Partikelfilter ausgestattet, wodurch Ruß und andere Partikel als potenzielle Ursachen ausschieden.

3. Epidemiologie
Wie und wo soll ich da anfangen? Vielleicht auch einmal grundsätzlich. Ich glaube schon, dass dieser Forschungsbereich seine Berechtigung hat, aber meine Lehre aus all dem, was ich in Verbindung mit Luftschadstoffen diesbezüglich gelesen habe, hat mein Vertrauen in den menschlichen Geist erheblich geschwächt. Da wäre zunächst die unbewiesene Hypothese, dass kleine Konzentrationen weit unter den toxikologisch wirksamen Grenzen langfristig Schaden anrichten. Sie heißt Linear No Threshold, kurz LNT, Hypothese und stammt aus der Strahlenmedizin. Dort versuchte man Grenzwerte für Strahlung zu definieren, nachdem man die katastrophalen Folgen bei hohen Dosen gesehen hatte. Man nahm einfach an, dass die Schädlichkeit von kleineren Dosen linear abnimmt und nach unten keine Wirkgrenze hat. D.h. selbst kleinste Strahlungsdosen würden sich über lange Zeit aufsummieren und dann zum selben Resultat führen. Nun ja, die LNT Hypothese gilt mittlerweile als so gut wie widerlegt, auch wenn sie aus Sicherheitsgründen nach wie vor angewandt wird. Das wohl stärkste Indiz für ihre Widerlegung fand man durch einen unglücklichen Zufall, als man in den Achtzigern Tausende von Menschen in Taipeh unfreiwillig einem Großversuch unterzog. Beim Bau eines riesigen Appartmentkomplexes verwendete man versehentlich radioaktiv verseuchten Stahl. Die Gesamtdosis, der die späteren 10.000 Bewohner über bis zu 20 Jahre ausgesetzt waren, war erheblich (im Schnitt 400 mSv). Das Erstaunliche war, dass die Untersuchungen an den Bewohnern, nachdem man das Ungeschick entdeckt hatte, eine dramatisch niedrigere Erkrankungsrate an Krebs zeitigte (3% der normalen Rate). Die LNT Hypothese mündete direkt in die der Hormesis, einer Art Immunisierungswirkung kleiner Dosen.

Ich behaupte nicht, dass das bei Luftschadstoffen genauso sein muss. Aber die unbewiesene Behauptung des Gegenteils steht zumindest auf wenigstens ebenso wackeligen Beinen. Laienhaft kann ich mir vorstellen, dass die Dosis pro Zeiteinheit das ausschlaggebende Kriterium ist. So wie unsere Leber eine bestimmte Menge an Alkohol pro Zeiteinheit abbaut, so schnell erneuern sich eventuell durch Strahlung zerstörte Zellen in einer bestimmten Zeit. Nur wenn die Dosis pro Zeit über der Abbaudosis pro Zeit liegt, sollte sich die Tür für Gefahren eröffnen. Und selbst dann dürfte noch Regeneration möglich sein, wenn die Dosis wieder nachlässt. Sprich, wenn wir bei 2.000 Mikrogramm nichts merken und keine medizinischen Reaktionen feststellbar sind, wird das bei langer Zeiteinwirkung vermutlich ebenso sein. Jetzt kann es sein, dass die Organe, die dafür erforderlich sind, mit der Zeit an Leistungsfähigkeit einbüßen. Dem sollte man eben mit einem geringeren Grenzwert entgegenwirken. Dass der geringere Wert aber nur 0,5% einer Wirkschwelle zu höherer Atemfrequenz sein muss, scheint mir „etwas“ übertrieben zu sein. Dass aus der höheren Atemfrequenz, nachdem man die Dosis durch 200 geteilt hat, dann auch noch Todesfälle werden, macht mich zumindest so ratlos, da etwas genauer hinzuschauen. Das nur zur Theorie.

Jetzt zur Praxis. Die Epidemiologie vergleicht meistens zwei unterschiedliche Gruppen von jeweils sehr vielen Menschen, die sich zumindest in ihrer angenommenen Exposition ggü. NO2 unterscheiden. So gut wie alle diese Studien kranken an einem zentralen Logikfehler. Am Ende behaupten die Autoren nämlich, eine Korrelation zwischen der NO2 Belastung der Probanden und dem Effekt, z.B. der Sterblichkeit, gefunden zu haben. Das ist unmöglich, da die Exposition der Probanden gar nicht gemessen wurde. Es wurde lediglich ein Wert an einer zentralen Messstelle gemessen und der wurde dann den Probanden, die teils Kilometer von der Messstelle entfernt wohnen, zugeordnet. Dazu sollte man wissen, dass sich die Konzentration von No2 bereits in 20-50 m Entfernung zur Quelle (Straßenkreuzung) halbiert. Den Messstellenwert erfährt also keiner der Probanden sein Leben lang. Da dieser Fehler so offensichtlich ist, arbeiten nur noch sehr unbedarfte Studien ( wie u.a. die UBA Studie) heute noch mit dem direkten Messwert. Die Mehrzahl versucht diesen Trugschluss mit statistischen Computermodellen, sogenannten LUR (Land Use Regression) Modellen zu umgehen. Man misst also den zentralen Wert, ordnet ihn aber nicht direkt dem Probanden zu, sondern berechnet über die Topographie die theoretische Konzentration vor der Hautür des Probanden. Das Ganze nennt man dann „ Schätzen“. Das dürfte noch ziemlich euphemistisch sein für das, was man tatsächlich macht. Denn auch vor der Haustür des Probanden kann noch zusätzlicher Verkehr sein, der nicht berücksichtigt wird. Die Schätzung krankt also neben der Ungenauigkeit der Berechnung am Unterschlagen weiterer realer Größen. Sie ist deshalb nicht viel besser als die direkte Zuordnung des Messwerts. Aber das dicke logische Ende kommt erst noch. Denn niemand lebt vor seiner Haustür. Da kocht jemadn vielleicht mit Gasherd, oder er arbeitet tagsüber 10 km davon entfernt als Schweißer. Selbst der Schwedenofen oder ein paar Kerzen im Wohnzimmer verfälschen das Ergebnis um mehrere 100 Prozent. Egal, von welcher Seite man es betrachtet, die Aussage, dass die Exposition ggü. NO2 mit was auch immer korreliert, ist grundlegend falsch.

All diese Hinkebeine würden eigentlich schon ausreichen, um die Studien gar nicht erst anzufangen. Der Clou kommt aber erst mit den LUR Modellen. Davon gibt es nämlich einige zur Auswahl. Je nachdem, welches man anwendet und wie man die Parameter einstellt, verändert dies das Ergebnis fundamental. Damit lassen sich quasi die Messwerte noch so hinrechnen, dass man auch ganz sicher zum gewünschten Ergebis kommt. Der bekannte Statistiker William Briggs wollte z.B. eine epidemiologische Studie zu Partikeln (übrigens derselbe epidemiologische Schmuh wie NOx) mit dem Hinweis stoppen, dass der Autor 8 verschiedene LUR Modelle angewandt hat und nur eines davon eine signifikante Korrelation zeigte. Und überhaupt sei die Exposition ja gar nicht gemessen worden. Es half nichts, das CARB antwortete, dass dies schon immer so gemacht wurde und man die Regeln ja nicht plötzlich ändern könne. Oder Panullo et al., die nachwiesen, dass das dramatische Ergebnis einer schottischen Studie zur Sterblichkeit durch NO2 pulverisiert wurde, indem man einfach ein anderes Modell anwandte. Ich hab mal ein Bildchen dazu gemalt, wie das Prinzip funktioniert.

Der nächste große Kritikpunkt sind die scheunentorgroßen Unsicherheiten bzgl. Confoundern. Das sind Faktoren, die die Sterblichkeit oder einen anderen Effekt ebenso beeinflussen. Eine saubere Studie müsste also bzgl. Sterblichkeit z.B. alle anderen möglichen Ursachen ebenso suaber erfassen und einrechnen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Rauchen z.B. hat ein rel. Risiko von 3 d.h. es sterben 3 mal soviele Raucher wie Nichtraucher in einem bestimmten Zeitraum. Bei NO2 Toten sprechen wir vielleicht über ein RR von 1,02. Wenn also die Stdie 10.000 Menschen umfasst und 20% davon sind Raucher, pulverisiert selbst ein kleiner Dezimalstellenfehler beim RR für die Raucher in dieser Kohorte das NO2 Ergebnis. Alkohol, Bewegung oder CO Belastung dito. Von den 1.000 anderen möglichen Ursachen für Todesfälle ganz zu schweigen. Das kritisieren auch gestandene Lungenfachärzte wie Dieter Köhler und Martin Hetzel oder der Statistikprofessor Walter Krämer, der die Helmholtz-UBA-Studie gar zur Unstatistik des Monats kürte. Das ist auch neben der Studie der europäischen Umweltagentur (EUA), mit der Greenpeace und DUH gerne hausieren gehen, die dümmste, die ich je gelesen habe.

Last but not least schlägt das umfangreichste wissenschaftliche Assessment zum Thema NO2, das es auf Erden derzeit gitbt, nämlich das der EPA aus dem Jahre 2016 in dieselbe Kerbe. Sie lehnt diese Studien allesamt ab, eben weil ...

- die Exposition nicht gemessen wurde
- die Confounder gar nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden
- ein schlüssiges medzinisches Wirkprinzip, das die Effekte erklären könnte, fehlt

Mit einem Wort: Setzen, sechs!

Hier noch ein paar Quellen zur Thematik mit Exposition ≠ Messwert, die ich an anderer Stelle mal jemandem präsntiert habe, der nicht glauben wollte, dass die Wissenschaft so willkürlich arbeitet. Mein Resümee ist: Das ist keine Willkür mehr, das hat Methode. Die Wissenschaft weiß haargenau um die Fehler, die hier gemacht werden. Es kann hier also nur um Abzocke von Forschungsgeldern oder politischen Aktivismus gehen. Wie man das strafrechtlich nutzen kann, weiß ich nicht, aber es würde mich doch wundern, wenn da nicht was ginge.

Williams et al, 2005:
„Only modest associations between community-based measures of nitrogen dioxide and personal exposures impacted by various exposure factors for heating (r=0.44) or non-heating seasons (r=0.34) were observed, indicating that use of ambient-based monitoring as a surrogate of personal exposure might result in sizeable exposure misclassification.“
https://www.nature.com/articles/jes201120

Meng et al, 2012:
„The imperfect personal-ambient associations, caused by errors associated with using ambient concentration as a surrogate for personal exposure of ambient origin, contribute to exposure error in epidemiologic studies. There are two common types of errors in epidemiologic studies, Classical error and Berkson error. An imperfect personal-ambient association can attenuate the true risk estimates in Classical error models; and it can also widen the confidence intervals of the estimated relative risk in Berkson error models.“
https://www.sciencedirect.com/science/ar...352231012008783

Nerriere et al, 2005:
„These results suggest that using ambient air concentrations to assess average exposure of populations, in epidemiological studies of long-term effects or in a risk assessment setting, calls for some caution. Comparison of personal exposures to PM or NO2 with ambient air levels is inherently disturbed by indoor sources and activities patterns. Discrepancies between measurement devices and local and regional sources of pollution may also strongly influence how the ambient air concentrations relate to population exposure.“
https://www.sciencedirect.com/science/ar...013935104001392

Nethery et al, 2008:
Siehe Scatterplots S. 583, furchtbare Korrelation
https://pdfs.semanticscholar.org/e4bf/b8...b5db75f0dfd.pdf

Usw. Usf.

Ansonsten gilt: nicht alles, was korreliert, hat auch eine Beziehung, siehe hier:

http://tylervigen.com/spurious-correlations

Angefügte Bilder:
NOx-Studiensystematik.jpg  
Rapsack Offline



Beiträge: 169

23.10.2018 14:19
#80 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen. Vieles was Sie hier schreiben holt meine Erinnerungen an die Toxikologie Vorlesungen wieder hervor.

Ich möchte dazu aber noch auf etwas hinweisen:

Wenn man Grenzwerte festlegen möchte, so muß man auch auf die möglichen Wirkweisen des beobachteten Stoffes auf die Gesundheit eingehen.

Radioaktive Stoffe wirken ganz anderes als Stoffe die in rein chemischer Wirkung giftig sind. Auch muss unterschieden werden zwischen Stoffen, die im Körper angereichert werden, und welchen, die schnell wieder abgebaut werden.

Zum Beispiel Stäube wie Asbest etc. werden nur schlecht wieder abgebaut, wenn sie einmal in den Körper eingedrungen sind. Das heißt die Addition kleiner Konzentrationen kann zu extrem kritischen, toxischen Konzentrationen führen. Gleiches gilt für viele Lipophile, also fettlöslichen Stoffe, wie z.B. Benzol. Auch hier findet eine additive Anlagerung statt.

Alle in Wasser löslichen Gifte werden in der Regel gut wieder abgebaut und ausgeschieden. Das heißt kleine Konzentrationen führen regelmäßig nicht zu kritischen Konzentrationen. Eine additve Anlagerung findet in der Regel nicht statt. Man muß direkt einer kritischen Konzentration aus gesetzt sein.

Was die Stäube anbelangt muss man diese noch genauer unterscheiden. Staub ist nicht gleich Staub. So unterscheiden sich Sandstäube von Asbeststäuben. Beide sind chemisch relativ inaktiv. Aber Asbest hat eine giftige mikromechanische Wirkung. Die wenigsten Sandstäube (Siliziumoxid) haben eine solche mikromechanische Wirkung. Asbest wirkt wie ein Messer auf größere organischen Moleküle und zerteilt diese. Siliziumoxid hat diese Wirkung nicht.

Was das NOx anbelangt, so ist NOx wasserlöslich und bildet mit dem Wasser in unseren Lungen oder auf der Haut eine Säure. Diese wird schnell und extrem gut wieder abgebaut.

Diese Wirkmechanismen geben auch vor, ob und nach welchen Methoden und Regeln ein Grenzwert festgesetzt werden muß.

Auch SOx ist gut wasserlöslich. Auch hier gilt wie für NOx die maximal Exposition ist ausschlag gebender als eine Dauerexposition mit kleinen Konzentrationen. Daher glaube ich, dass der Unterschied in den Studien eher durch die anderen Stoffe wie Rußpartikel etc. sich erklärt.

Ruß ist nicht wasserlöslich. Hier kommt es im wesentlichen auf die mechanische Reinigungswirkung der Lunge an. Kleinst Partikel können sich in der Lunge anreichern und dort ihre giftige Konzentration durch Anlagerung über eine Dauerexposition in relativ kleinen Dosen erreichen.

Da in der öffentlichen Diskussion auf eine differenzierte Sicht verzichtet wird, glaube ich, es geht garnicht um die Stoffe selber. Es geht hier eher um einen Glaubenskrieg nach dem Motto: Das ist Chemie, das ist schädlich.

Auf eine wissenschaftliche Sicht auf die Dinge wird bewußt verzichtet, da diese nur stören würde.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

24.10.2018 09:48
#81 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Danke, Herr Sinn: http://www.hanswernersinn.de/de/WiWo-Kam...deutschen-Autos

Zitat
Auch das ist im Kern harte Industriepolitik – und eine Amtsanmaßung des Brüsseler Apparats. Wieso hat die EU eigentlich den nationalen Parlamenten mit ihren Vorschriften zum städtischen Immissionsschutz zahlenmäßig strikte Vorgaben gemacht, ohne ihnen selbst irgendwelche Entscheidungsspielräume zu belassen?

Und wieso wird die EU überhaupt aktiv? Eigentlich schließt der Maastrichter Vertrag (Artikel 5) mit Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip Politikmaßnahmen Brüssels, die sich auf lokale Belange erstrecken, explizit aus. Die EU darf, ökonomisch gesprochen, nur regeln, was lokal wegen grenzüberschreitender Externalitäten nicht sinnvoll geregelt werden kann. Eine krassere Verletzung des Subsidiaritätsprinzips als Brüssels Eingriff in die Berliner Luft ist kaum vorstellbar.



Ein Punkt, den ich hier auch schon thematisiert hatte. Rechnet man die Versäumnisse und die Ignoranz Brüssels in der ganzen Sache hinzu wird daraus ein Skandal.

Gruß, Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

24.10.2018 14:14
#82 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Oh, Fame für Martin! Hier der Artikel in FOCUS Online:

https://www.focus.de/auto/experten/fehle...id_9791455.html

Gruß
hubersn

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

24.10.2018 15:01
#83 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #82
Oh, Fame für Martin!

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Martin Offline



Beiträge: 4.129

24.10.2018 15:54
#84 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Danke, danke. Ich wollte meine Arbeit nicht ganz in der Nische lassen, auch wenn es hier doch zahlreiche Mitleser gab.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

24.10.2018 16:38
#85 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #82
Oh, Fame für Martin! Hier der Artikel in FOCUS Online:

https://www.focus.de/auto/experten/fehle...id_9791455.html




Steffen, einer der anfänglichen Trigger für mich kam übrigens von Deiner Blogseite. Dort hattest Du auf den MAK verwiesen. Von da aus hatte ich dann weitergesucht. Danke.

Gruß, Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

26.10.2018 00:07
#86 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #85
Zitat von hubersn im Beitrag #82
Oh, Fame für Martin! Hier der Artikel in FOCUS Online:

https://www.focus.de/auto/experten/fehle...id_9791455.html




Steffen, einer der anfänglichen Trigger für mich kam übrigens von Deiner Blogseite. Dort hattest Du auf den MAK verwiesen. Von da aus hatte ich dann weitergesucht. Danke.



Mein Blog war zu was nütze (also zu was anderem als mein persönliches Frustventil zu sein)! Das feiere ich heute noch ausgiebig

Gruß
hubersn

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

27.10.2018 17:11
#87 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Die selbstverschuldete Ohnmacht deutscher Politik

Kurz vor der Hessenwahl hat die Bundeskanzlerin Merkel eine Andeutung gemacht: Der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter könne etwas toleranter benutzt werden, so dass viele Fahrverbote vermeidbar werden, man die 39. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) entsprechend ändern könne.

Frau Merkel kann das nicht.

Deutschland ist verpflichtet Richtlinien der EU innerhalb einer gewissen Zeitspanne in deutsches Recht umzusetzen, was den Grenzwert angeht, gilt dies 1:1. Jede Abweichung davon hätte ein Vertragsverletzungsverfahren der Kommission zur Folge. Wer das weiß erkennt den Rohrkrepierer sofort, und muss nicht wie ein Herr Prantl Merkel Vergiftung der Bevölkerung vorwerfen.


Subsidiaritätsprinzip

Hans-Werner Sinn hat kürzlich in der Wiwo moniert:

Zitat
Und wieso wird die EU überhaupt aktiv? Eigentlich schließt der Maastrichter Vertrag (Artikel 5) mit Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip Politikmaßnahmen Brüssels, die sich auf lokale Belange erstrecken, explizit aus. Die EU darf, ökonomisch gesprochen, nur regeln, was lokal wegen grenzüberschreitender Externalitäten nicht sinnvoll geregelt werden kann. Eine krassere Verletzung des Subsidiaritätsprinzips als Brüssels Eingriff in die Berliner Luft ist kaum vorstellbar.



Der Zug ist schon 20 Jahre abgefahren, wie hier schon mal thematisiert kann schlechte Luft Grenzen überschreiten - so die Richtlinie. Deshalb hat heute Merkel keinen Handlungsspielraum mehr.

U.v.m.

Dasselbe gilt für das Verbandsklagerecht, abgeleitet aus dem Umweltrechtsbehelfsgesetz: Nicht die Regierung, sondern die Gerichte haben das Sagen

Auch kann die Regierung Hersteller nicht zu Nachrüstung von zugelassenen Fahrzeugen zwingen, allen linken Phantasien zum Trotz. Was ihr höchstens bleibt ist den Herstellern die Staatsanwaltschaft ins Haus schicken, in der Hoffnung, doch noch irgendwelche Fehler zu finden. Eine ungünstige Position für deutsche Hersteller, der Arm der Regierung reicht weder nach Frankreich, Japan, Norwegen oder UK. Und zu Trumps USA hätte eine besondere Note.

Die Hilflosigkeit in Berlin ist schon seit Wochen spürbar.

Selbst, wenn deutsche Gerichte keine Fahrverbote zugelassen hätten, hätte dies vermutlich wenig genutzt. Der EuGH hat das letzte Sagen:

Das Vertragsverletzungsverfahren


Brüssel hat

- eine Richtlinie mit strikten Termin- und Grenzwertvorgaben erlassen, die im Kontext stützender Verordnungen aus Brüssel faktisch nie ohne Fahrverbote einzuhalten war. Diese Information wurde den Bürgern vorenthalten, sie wurde in den Urteilen zur Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten nie berücksichtigt.

- eine Harmonisierung der Standorte von Luftmessstellen innerhalb der EU unterlassen, zu der es sich verpflichtet hatte. So gibt es keine faire Behandlung über alle Mitgliedstaaten.

- die erlassene Richtlinie unzulässig verändert, sodass schlechtere Messergebnisse erzielt werden können, als ursprünglich vorgesehen.

- die Chuzpe, auf dieser Basis ein Vertragsverletzungsverfahren durchzuführen.

Ein Erfolg in diesem Vertragsverletzungsverfahren würde wohl das Ende der Fahnenstange für Spielräume in Deutschland bedeuten. Ein Erfolg für Dieselbesitzer wäre, wenn Brüssel in Anbetracht seiner Versäumnisse in die Schranken verwiesen würde. Nachdem unsere Medien über dieses Verfahren schweigen wie ein Grab, habe ich mal direkt bei der für Bürger hip erscheinenden Adresse frage@erlebnis-europa.eu nachgefragt, wer denn eigentlich die deutschen Interessen beim EuGH vertritt, und wo ich den aktuellen Stand verfolgen kann. Bisher habe ich keine Antwort bekommen.

Wäre dies nicht eine gute Gelegenheit für das EU Urgestein Elmar Brok, das Projekt Europa an diesem Beispiel öffentlich zu verteidigen und dem Bürger zu erklären, dass die Wahl eines nationalen Parlaments nicht völlig wirkungslos ist?

Gruß, Martin

PS: Heute ist sowohl in den Nürnberger Nachrichten, als auch in der Nürnberger Zeitung ein Bericht von Gerhard Windpassinger erschienen zu den Standorten der Luftmessstationen in Wien: "Messen mit zweierlei Maß". Größer kann die Diskrepanz zu Stuttgart nicht sein, was den Vorwurf bekräftigt, dass Brüssel keine Harmonisierung durchgesetzt hat. Der Bericht scheint leider nicht online verfügbar zu sein.

Paul Achatz Offline



Beiträge: 61

28.10.2018 11:09
#88 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Martin, vom EuGh würde ich mir nicht allzu viel erwarten. Ich darf an das jüngste Urteil zum Genom Editing erinnern oder an die Posse zum lebensgefährlichen Kältemittel R1234yf, ein Lehrstück kafkaesker Behörden- und Justizwillkür.


Systemkonform berichtet die Tagesschau von einer weiteren Verurteilung Deutschlands wegen der Halsstarrigkeit ihres Schützlings Daimler, der es wagte, sich einem EU-Schießbefehl zu widersetzen. Genauer gesagt stellte sich Daimler vor 5 Jahren quer und lieferte eine Zeit lang seine Autos mit dem alten (klimaschädlichen) Kältemittel R-134a aus. Außer dass es den Treibhauseffekt verstärkt, war das ein bewährtes und sicheres Kältemittel. Die EU hat es aber gerade wegen seines Klimaeffekts verboten und stattdessen ein neues Kältemittel von Dupont-Honeywell (R-1234yf) freigegeben. Das wiederum hat bei Daimler ein Testfahrzeug in Null-Komma-nix abgefackelt, worüber Daimler gar nicht amused war. Es ging hin und her, am Ende lieferte Daimler 133.000 Autos verbotenerweise mit dem alten R-134a aus, bis Daimler zusätzliche Brandschutzmaßnahmen für R-1234yf entwickelt und umgesetzt hatte. Die EU verklagte daraufhin Deutschland, seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen zu sein, weil es die bösen Daimlerfahrzeuge auf die Straße ließ. Jetzt hat der EuGh entschieden, dass Deutschland schuldig ist. Und die Strafe ist: ... Trommelwirbel ... Pfeifengetriller ... Hup, Hup ... Nichts!

Die drastische Maßnahme, einen Schuldigen mit Nichts zu bestrafen schreit förmlich nach einer story. Nicht so für die Tagesschau, die klarstellt, dass Deutschland hier zurecht verurteilt wurde, weil es zuließ, dass wegen der unbegründeten Halsstarrigkeit eines Autoherstellers das fragile Klima massiv verletzt wurde. Die Tagesschau betont mehrfach, dass die Bedenken von Daimler ein Alleingang und implizit gegenstandlos gewesen seien. Also spinnen die Knappen in Stuttgart wohl.

Tatsächlich zeigt die Wahrheit in eine etwas andere Richtung, wobei das "etwas" so ca. 179° sein dürften. Das neue, von der EU quasi vorgeschriebene Kältemittel weist nicht nur eine deutliche Brandgefahr auf, es führt bei Freisetzung unter hohen Temperaturen zur Bildung tödlicher Gase und Säuren (z. B. Flusssäure). Auch hat das KBA entgegen der Darstellung der Tagesschau hier erhebliche Bedenken angemeldet, selbst wenn es während der Crashtests nicht gebrannt hat, bei anderen Tests aber schon. Das Umweltbundesamt, der ADAC, die Feuerwehr und sogar die deutsche Umwelthilfe stützen diese Einschätzung. Neben diesen Institutionen teilt auch VW Daimlers Einschätzung über die Brandgefahr von Ry-1234yf. Man hat sogar Autos zurückgerufen, bei denen theoretisch bei einem Unfall Teile dieses Kältemittels mit heißen Komponenten in Kontakt kommen könnten. Daimler steht also gar nicht so „alleine auf weiter Flur" aus, wie es die Tagesschau vermitteln will.

Interessant auch die Folgen der Giftgase, die beim Ausströmen nach einem Unfall entstehen können. Eine Konzentration ab 50 ppm ist laut Uni Jena direkt tödlich. 40 ppm wurden bereits bei Tests gemessen. Bei unerklärlichen Brandfällen wie dem eines Buses auf der bayerischen Autobahn in 2017 sind auch schon real Menschen gestorben.

Jetzt vergleiche man das mit dem Stickoxidskandälchen, wo auf Basis unsäglicher Statistikfehler 0,02 ppm statistisch tödlich sein sollen, obwohl beim Zweihundertfachen nur schwerer Atem festzustellen ist und die realen Konzentrationen gerade einmal bei 0,02 ppm liegen. Konsequenz der EU: Verbot, Strafen, Aufrüstung der Autos.

Auf der anderen Seite hat man im Falle eines Unfalls mit dem vorgeschreibenen R-1234yf 40ppm in der Luft, wo bei nur 10 ppm mehr der Tod real und nicht statistisch getrickst eintritt. Alternativ verbrennt man einfach. Resultat EU Gesetzgebung: Das Gift wird vorgeschrieben, Widersacher werden verklagt.

Fazit: Der EU ist das fiktive und unbeeinflussbare Wetter der Zukunft wichtiger als unser tatsächliches Leben, anders kann man das nicht interpretieren. Der EuGh ist so ziemlich die letzte Instanz, die diesem kafkaesken Treiben, Steine in den Weg legen würde.

Die Farce um dieses Kältemittel dürfte wohl auch der EuGh geschnallt haben, weshalb er den reuigen Sünder Deutschland straflos aus dem Gerichtssaal entlassen hat. Selbstverständlich wird das Gift weiter als Kältemittel vorgeschrieben, der Bann des Alten ist nun mal da, da kann man nichts machen, auch wenn’s Leben kostet. Spitze finde ich auch die Reaktion der Medien: Fehlanzeige. Die vollkommen unbegründete Tollwut, mit der man beim Dieselkandal wegen nichtexistenter Gesundheitsbedrohung über die Hersteller hergefallen ist, will sich im mehr als begründeten Fall der EU-Totschlagsrichtlinie einfach nicht einstellen.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/eug...urteil-101.html

https://www.wiwo.de/technologie/mobilita...n/22735826.html

https://www.kba.de/DE/Presse/Archiv/Kael...icationFile&v=3

https://www.uniklinikum-jena.de/zna_medi...flusssaeure.pdf

https://www.adac.de/_mmm/pdf/27736_184864.pdf

http://www.feuerwehr.com/news.php?id=10153

https://www.duh.de/klimaanlage-film.html

http://www.auto.de/magazin/kaeltemittel-...oder-beelzebub/

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.10.2018 15:48
#89 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Paul Achatz im Beitrag #88
Martin, vom EuGh würde ich mir nicht allzu viel erwarten. Ich darf an das jüngste Urteil zum Genom Editing erinnern oder an die Posse zum lebensgefährlichen Kältemittel R1234yf, ein Lehrstück kafkaesker Behörden- und Justizwillkür.


Nächstes Jahr ist Europawahl, und wenn ein im Zweifel politisch urteilender EuGH meine Erwartung nicht erfüllt, dann gibt es vielleicht Millionen andere, die dies ebenso sehen. Dazu benötige ich mehr Transparenz. Ich versuche an diesem Fall natürlich auch zu lernen, wieviel Schwamm das EU-Gebilde tatsächlich ist. Ich kenne aus meinem beruflichen Umfeld einen Fall haarsträubender Willkür eines Kommissionsbeamten mit schädlichen Nebenwirkungen. Dem Mann war nicht beizukommen, selbst nicht durch Druck einflussreicher Industrieorganisationen.

Ja, die Zeiten haben sich geändert. Daimler war sehr oft Vorreiter in Sachen Sicherheit - marktwirtschaftlich, und nicht weil EU-Beamte dies vorgaben. Ähnlich in der Medizintechnik. Wo heute Heere von Beamten, Gutachtern, Auditoren basierend auf einem 160-seitigen Gesetz Sicherheit zu regeln versuchen, haben vor 40 Jahren deutsche und auch internationale Kunden bei elektromedizinischen Geräten auf das Prüfetikett des VDE vertraut.

Vor zwei Jahren habe ich einen neuen Wäschetrockner einer renommierten deutschen Firma gekauft, mit Wärmetauscher zur höheren Effizienz. Beim Studium der Gebrauchsanleitung war ich stutzig geworden: Man müsse beim Unterbrechen/Stopp eines Trockenvorgangs die Türe öffnen, gar die Wäsche herausnehmen, wegen Brandgefahr. Ich wollte vom Hersteller wissen, was denn passiere, wenn ich außer Haus bin und der Strom ausfällt. Die Antwort war wenig befriedigend. Da ich das vom alten Trockner nicht kannte war durchaus denkbar, dass ich mir mit höherer Effizienz ein Sicherheitsproblem eingehandelt hatte. Ich hatte im Internet nach mehr Information, auch der zutreffenden Richtlinie gestöbert, und da war mir aufgefallen, dass selbst amtliche Informationen zu solchen Geräten nur auf deren Umweltfreundlichkeit referenzierten, Sicherheit war lediglich in Fußnoten ein Thema. Der Fokus hat sich völlig einseitig verschoben. So nimmt mich der Fall R1234yf nicht mehr wunder. Danke, jedenfalls für die Zusammenstellung, ich kannte diesen letzten Stand noch nicht. Und tatsächlich, selbst die DUH ist der Sicht von Daimler gefolgt.

Gruß, Martin

Paul Achatz Offline



Beiträge: 61

28.10.2018 23:07
#90 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Ja, die Wärmepumpentrockner hatte ich ganz vergessen zu erwähnen. Fast dasselbe Spiel. Wärmepumpen und Kältemaschinen ( Klimaanlagen) funktionieren ja nach demselben Kreisprozess, nur in gegensätzlicher Richtung. Auch bei Wärmepumpentrocknern wurde zuvor das unbedenkliche, aber „klimaschädliche“ Kältemittel R134a verwendet. Das wurde wegen des befürchteten Thermageddons unserer Erde auf EU Befehl hin gegen das brandgefährliche Propan getauscht. Jetzt lebt man halt mit gutem Klimagewissen aber Brandangst mit dem Trockner unter einem Dach.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

29.10.2018 19:46
#91 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Die FDP hat im Bundestag einen Antrag gestellt, Drucksache 19/5054 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/050/1905054.pdf

Der Antrag liest sich gut und kompetent. Auch ist der Ansatz gut, die große Bandbreite der kleinräumigen Standortvorgaben einzuengen. Es ist nämlich lächerlich, immer wieder auf die hohe Messgenauigkeit der Anlagen hinzuweisen, wenn die Standortwahl allein über 50% oder mehr des Messergebnisses entscheidet. Dass sich bisher Baden Württemberg gegen eine Überprüfung der Messstellen gewehrt hat ist ja interessant: Wäre das doch ein Strohhalm, möglicherweise ohne Brüssel zu involvieren, einem Fahrverbot zu entgehen. Das heißt, man will den Strohhalm nicht ergreifen. Dabei hätte die grüne Landesregierung gar nicht so viel zu verlieren. Die Standorte stammen noch aus CDU-Zeiten.

Eine Variable hat der Antrag nicht adressiert: Eine Messstelle für kleinräumige Verhältnisse muss repräsentativ für mindestens 100 m Straßenabschnitt sein. Warum nicht auf 500 m Standard festlegen?

Ich hatte vor ein paar Tagen auf einen Bericht in der Nürnberger Zeitung/Nürnberger Nachrichten über die Standorte der Messstellen in Wien verwiesen. Ich habe mir inzwischen deren Daten angesehen. Trotz stark befahrener Autobahnen und sonstigen Schnellstraßen gibt es lediglich die Messstelle Hietzinger Kai, die 2017 mit 43 µg/m³ NO2 über dem EU-Grenzwert lag. Die Messstellen sind allgemein in ausreichendem Abstand von stark befahrenen Straßen aufgestellt. Im Grunde entspricht dies auch der Richtlinie, die fordert, dass nicht zu nahe an Emissionsquellen gemessen wird.

Für den Antrag kann man im Sinne der Betroffenen nur die Daumen drücken.

Gruß, Martin

Paul Achatz Offline



Beiträge: 61

29.10.2018 21:33
#92 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Vielen Dank für den Link. Das liest sich in der Tat gut. Hier hat sich schon jemand der Sache angenommen. Grüne, SPD und Teile der CDU werden aber alles daran setzen, den Versuch der Torpedierung des Grenzwerts zu vereiteln. Sie würden erheblich an Vertrauen einbüßen. Was man aber vermutlich ohne größeren Gesichtsverlust mitmachen würde, wäre die Messstellenkosmetik. Damit könnte man rechtlich halbwegs schadlos der Entlarvung des Narrativs entkommen. Ob die Öffentlichkeit das allerdings ohne weiteres schlucken würde, ist nicht ausgemacht. Gerade noch Fahrverbote wegen unzumutbarer Gesundheitsgefährdung und im nächsten Moment plötzlich keine Verbote mehr, ohne dass sich an der Situation etwas geändert hätte.

Ich hoffe daher, dass der Antrag in seiner Gänze Erfolg hat. Sowohl bei der Grenzwertüberprüfung als auch bei der Messung.

Johanes Offline




Beiträge: 2.637

30.10.2018 12:46
#93 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Gibt es die Inhalte dieses Threads eigentlich noch irgendwo zusammengefasst? Wäre eine gute Argumentationshilfe im Umgang mit Anhängern der Dieselverbote.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

30.10.2018 14:48
#94 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #93
Gibt es die Inhalte dieses Threads eigentlich noch irgendwo zusammengefasst? Wäre eine gute Argumentationshilfe im Umgang mit Anhängern der Dieselverbote.


Ich habe hier versucht eine Zusammenfassung der vorangegangenen Beiträge zu machen Wer zeigt der DUH mal ihre Grenzen auf? (3)

Paul Achatz hat ab dem 19.10. zur Faktenlage von Studien einige wichtige Information beigetragen.

Ich habe heute einen Brief an den EU-Kommissar Vella geschrieben, mit der folgenden Conclusion:


Zitat
The poorly planned air quality project adversely affects the properties and lives of millions of EU citizens who entrusted the EU commission’s lawmaking and execution quality. Low air quality is a health risk, but probably acceptable now: Those cities affected by current lawsuits for traffic bans have achieved tremendous improvements over the past years, life expectancies in cities of Stuttgart or Munich are among the highest within Germany, and air quality compared to international metropolises is good. Further improvements are just a matter of time; those could be smoothly achieved by just adapting the AC directive to realistic figures reflecting the planning of the commission ten years ago.

Accordingly, I would like to request you

 for having the deadline for the annual average of nitrogen dioxide levels postponed to a reasonable one, which would match the schedules of the regulation of Euro 5 and 6 diesel car introductions in parallel, including average lifetimes of any older diesel cars.

 for having the harmonization and comparability finalized within the member states in details relevant enough to avoid overestimations of measurement results.

 for leading a qualified public discussion on why limits of nitrogen dioxide differ by a factor of 2,5 between the two major western worlds, causing wide ranging economic side effects in the EU.

 for stopping the infringement procedure in regard of nitrogen dioxide exceedances.




Gruß, Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

31.10.2018 17:57
#95 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #91
Die FDP hat im Bundestag einen Antrag gestellt, Drucksache 19/5054 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/050/1905054.pdf



Oh! Anzeichen von Restvernunft im Bundestag jenseits der AfD! Ich kann meine positive Überraschtheit kaum in angemessene Worte kleiden.

Gruß
hubersn

--
Mein Politik-Blog: http://politikblog.huber-net.de/
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Martin Offline



Beiträge: 4.129

01.11.2018 13:08
#96 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

https://www.presseportal.de/pm/58964/4103355

Die Bundesregierung will per Änderung der BImSchVerordnung Fahrverbote bei geringfügiger Überschreitung (25%) des NO2-Grenzwerts als unverhältnismäßig erklären, was über 50 Städte vor Fahrverboten verschonen soll.

Zitat
Demnach sollen Fahrverbote nur möglich sein, wenn die Stickoxid-Werte im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschreiten, statt wie bisher 40 Mikrogramm. Der Entwurf soll kommenden Mittwoch das Bundeskabinett passieren.



Stuttgart dürfte dies nicht helfen, Euro 4 und darunter Diesel, und damit über 100.000 Dieselbesitzer wird es trotzdem treffen. Es könnte helfen, Euro 5 Diesel 2020 vor Fahrverboten zu verschonen. Noch muss das Gesetz durch. Und: Über allem schwebt noch das EU-Vertragsverletzungsverfahren.

Gruß, Martin

edit: link genauer

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

01.11.2018 13:57
#97 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #96
https://www.presseportal.de/pm/58964/41033 (eine Seite weiterklicken)

Die Bundesregierung will per Änderung der BImSchVerordnung Fahrverbote bei geringfügiger Überschreitung (25%) des NO2-Grenzwerts als unverhältnismäßig erklären, was über 50 Städte vor Fahrverboten verschonen soll.

Zitat
Demnach sollen Fahrverbote nur möglich sein, wenn die Stickoxid-Werte im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschreiten, statt wie bisher 40 Mikrogramm. Der Entwurf soll kommenden Mittwoch das Bundeskabinett passieren.


Stuttgart dürfte dies nicht helfen, Euro 4 und darunter Diesel, und damit über 100.000 Dieselbesitzer wird es trotzdem treffen. Es könnte helfen, Euro 5 Diesel 2020 vor Fahrverboten zu verschonen. Noch muss das Gesetz durch. Und: Über allem schwebt noch das EU-Vertragsverletzungsverfahren.

Gruß, Martin



Unsere Regierung/Bundestag könnte auch den Jahresmittelwert auf 60 oder 80 Mikrogramm festlegen, wenn sie/er es denn wollte. Wer will uns daran hindern zu sagen: Ja, wir haben die Sache unterschätzt. Der derzeitige Grenzwert ist zu niedrig angesetzt, da technisch im Moment nicht machbar. Punkt. Schickt die EU dann die Kavallerie?

Mit freundlichem Gruß

--
„Wir können die Herrschenden und ihre Handlanger nicht dazu zwingen, die Wahrheit zu akzeptieren; aber wir können sie dazu zwingen, immer unverschämter zu lügen.“
G. Ensslin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

01.11.2018 14:28
#98 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #97
Unsere Regierung/Bundestag könnte auch den Jahresmittelwert auf 60 oder 80 Mikrogramm festlegen, wenn sie/er es denn wollte. Wer will uns daran hindern zu sagen: Ja, wir haben die Sache unterschätzt. Der derzeitige Grenzwert ist zu niedrig angesetzt, da technisch im Moment nicht machbar. Punkt. Schickt die EU dann die Kavallerie?


Würde die Bundesregierung den Grenzwert verändern wäre dies eine unmittelbare Verletzung der EU-Richtlinie, ganz sicher mit einem verlorenen Vertragsverletzungsverfahren auf dem Fuß.

Der Vorstoß hier, soweit ich das der Presse entnehme, adressiert lediglich die Maßnahme 'Fahrverbot' als 'geeignetes Mittel', den unveränderten Grenzwert von 40 µg/m³ schnellstmöglich zu erreichen. Es geht immer wieder um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Die ist in der EU-Richtlinie nicht festgeschrieben, sondern wurde vom Verwaltungsgericht Leipzig entschieden. Ein Bundesgesetz kann dies überschreiben, indem es sagt, dass die Maßnahme erst bei 50 µg verhältnismäßig ist, andere Maßnahmen aber weiter verfolgt werden müssen.

Der EuGH könnte aber wiederum eine solche Änderung überschreiben. Je nach Urteil könnte man aber eventuell noch etwas Zeit gewinnen. Besser wäre natürlich, die Kommission würde Grenzwert und/oder Zeitplan anpassen. Das wäre eine saubere Lösung und würde viel politische und ökonomische Energie sparen.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

03.11.2018 19:29
#99 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #87


PS: Heute ist sowohl in den Nürnberger Nachrichten, als auch in der Nürnberger Zeitung ein Bericht von Gerhard Windpassinger erschienen zu den Standorten der Luftmessstationen in Wien: "Messen mit zweierlei Maß". Größer kann die Diskrepanz zu Stuttgart nicht sein, was den Vorwurf bekräftigt, dass Brüssel keine Harmonisierung durchgesetzt hat. Der Bericht scheint leider nicht online verfügbar zu sein.


Ich habe den Beitrag beim Kicker online gefunden: http://www.kicker.de/news/auto/ratgeber/...erlei-mass.html

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

04.11.2018 07:59
#100 RE: Wissenschaftliche Grundlagen der Angst Antworten

Erlebnis-Europa hat inzwischen geantwortet:

Zitat
Wie Sie der Pressemitteilung der Europäischen Kommission entnehmen können, hat die Kommission am 17. Mai 2018 Klage gegen Deutschland und fünf weitere Mitgliedstaaten wegen Luftverschmutzung beim Gerichtshof der Europäischen Union eingereicht.

Darüber hinaus sind uns zurzeit keine weiteren Veröffentlichungen zum erwähnten Fall bekannt. Neben Pressemitteilungen und Memos können Sie aktuelle Informationen zu einem Vertragsverletzungsverfahren über eine Datenbank der Europäischen Kommission abrufen. Den entsprechenden Eintrag für das Verfahren Nr. 20152073 finden Sie auf der Seite der EU Kommission. Den Fall können Sie ebenso auf der Seite des Gerichtshofs der EU einsehen.

Ein Mitgliedstaat ist vor dem Gerichtshof durch einen berechtigten Rechtsanwalt vertreten, der für eine Sache zuständig ist. Mehr dazu finden Sie im Artikel 19 vom Protokoll Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Union.



Sehr informativ über das Verfahren ist das noch nicht. Ein 'berechtigter Rechtsanwalt' vertritt genau wessen Interessen? Ein Name wurde nicht genannt. Sollte er deutsche Interessen vertreten, ist für mich nicht transparent, wer innerhalb der deutschen Regierung für Weisungen zuständig ist. Das Umweltministerium? Dann wüsste ich gerne, ob Umweltministerin und ihr Ministerium überhaupt daran interessiert sind, das Verfahren zu gewinnen. So, wie man der Stuttgarter Regierung schon unterstellte, dass sie an einem 'besseren' Verwaltungsgerichtsurteil gar nicht interessiert gewesen sei.

Ich kann mir vorstellen, dass solche Abläufe in den USA viel transparenter in den Medien abgedeckt wären. Das könnte auch in Deutschland so sein, aber wie mir von Seite der Medien gesagt wurde, ist das Interesse in den Redaktionsstuben gering. Vielleicht hängen die alle am Tropf von dpa.

Gruß, Martin

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