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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Tom Riddle Offline



Beiträge: 24

01.08.2013 20:20
#251 RE: Gustl Mollath Antworten

@tami:
Nichts für ungut, aber bislang haben sich Prof. Müllers Überlegungen, mögen sie auch von großem Sachverstand geprägt sein, für den tatsächlichen Verlauf der Dinge nicht als prognostisch zutreffend erwiesen. Für juristische Laien wie mich wirkt das auf die Dauer doch ermüdend. Ich wünsche mir, dass tatsächlich etwas voran geht und hoffe auf einen ordnenden klaren Impuls vom BVerfG.
Allerdings befürchte ich, dass die Causa Mollath mehr und mehr zum bayrischen Wahlkampfthema verkommt, und ich empfinde es als unglücklich, dass RA Strate da mit auf die Roadshow geht. Das führt doch voraussichtlich zu einer unnötigen Emotionalisierung, die für die Sache des Herrn Mollath nicht förderlich ist. Und wenn ich die bayrische Mentalität nicht völlig falsch einschätze, dann wird man sich - zumindest die Amtsträger - von einem hanseatischen "Pfeffersack" nicht die Leviten lesen lassen wollen, sondern schaltet erst recht auf stur.

tami Offline



Beiträge: 59

01.08.2013 20:49
#252 RE: Gustl Mollath Antworten

@Tom Riddle

Zitat
Nichts für ungut, aber bislang haben sich Prof. Müllers Überlegungen, mögen sie auch von großem Sachverstand geprägt sein, für den tatsächlichen Verlauf der Dinge nicht als prognostisch zutreffend erwiesen. Für juristische Laien wie mich wirkt das auf die Dauer doch ermüdend. Ich wünsche mir, dass tatsächlich etwas voran geht und hoffe auf einen ordnenden klaren Impuls vom BVerfG.


Prof. Müller war und ist Optimist. Die Ungeheuerlichkeiten bayerischer Justiz haben ihn regelrecht erschüttert:

Zitat
Aber nachdem ich im Dezember und Januar immer mehr Aktenbestandteile und Gutachten gelesen hatte, wuchs meine Erschütterung: Eine solche Ansammlung von offenkundigen Fehlentscheidungen und Machtmissbräuchen in einem Fall war mir noch nicht begegnet. Ich war nun sicher, dass jeder anständige und verständige Jurist, eigentlich jeder Mensch, der sich über diesen Fall sachkundig machen würde, meine Meinung teilen würde: Hier ist einem Menschen in vielfacher Weise Unrecht geschehen und es geschieht ihm immer noch Unrecht. Unrecht, dass nun schnellstmöglich abgestellt, korrigiert und ausgeglichen werden musste.


http://blog.beck.de/2013/06/19/die-aff-ren-im-fall-mollath
Ich bin, auch als juristischer Laie, schon sehr interessiert, wie Juristen denken und argumentieren.

Das BVerFG wünsche ich mir nicht als "Löser" des Problems. Denn es könnte sein, dass der Fall Mollath dann nicht zu einer vollständigen Klärung gelangt.

Mir wäre eine WA lieber.
Aber jetzt ist Fußball-Time

Ich liebe Antworten, für die es noch kein Fragen gibt.

O.García Offline



Beiträge: 30

02.08.2013 00:09
#253 RE: Gustl Mollath Antworten

Zitat von tami im Beitrag #243

Dieses

Zitat
"im Zusammenhang gesehen"
ist nichts anderes als mein

Zitat
"In einer holistischen Betrachtung"

,das ein User so zu diskreditieren versuchte:



Diese "holistische Betrachtung" entspricht auch der Meinung des BGH. Siehe Zitat im letzten Absatz von http://blog.delegibus.com/2013/03/27/fal...ebliebene-akte/

tami Offline



Beiträge: 59

02.08.2013 08:21
#254 RE: Gustl Mollath Antworten

Sehr geehrter Herr Garcia,

Ihr Zitat ist mir entgangen. Danke für den Hinweis auf den BGH.

Werden Sie auch noch ein Analyse des ablehnenden Beschlusses verfassen?
Ich glaube eher nein, da ich vermute, dass Sie wieder (wie bei der Ergänzung der Verfassungsbeschwerde von Herrn Kleine-Cosack und bei Herrn Strate) im kommenden Schriftsatz von Herrn Strate eingebunden sind.

Wie lange wird es vermutlich dauern, bis dieser (und der von der StA) erfolgt?
Und, ab wann wird es nicht mehr zur Veröffentlichung von Schriftsätzen kommen?

Wenn ich Herrn Strate richtig verstanden habe, sobald eine Wiederaufnahme erfolgt und der Prozess beginnt/läuft.
Dann sind wir auf Prozessbeobachter angewiesen und erst nach einer Entscheidung wird es dann später (auch hier: wie lange "später" ?) mal zu einer anonymisierten Veröffentlichung kommen.

Welche "Regeln" gibt es für eine Veröffentlichung?

Besten Dank
Ihr tami

Ich liebe Antworten, für die es noch kein Fragen gibt.

Kierkegaard Offline



Beiträge: 25

02.08.2013 09:27
#255 RE: Gustl Mollath Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #242
Zitat von Kierkegaard im Beitrag #240
Zitat von Chianti im Beitrag #237
Antwort auf die Messerfrage:
Herr Mollath hatte, nach Aussage eines der Opfer, ihm einen scharfgeschliffenen Schraubenzieher gezeigt, in etwa wohl so etwas, das in amerikanischen Krimis als Eispickel (ice pick) bezeichnet wird. (...nicht die Variante zum Bergsteigen sondern für die Cocktailbar). https://www.google.at/search?q=ice+pick&...iw=1452&bih=866



Krank?: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:M...avaggio_022.jpg



Ein Gemälde ist ein unbelebtes Objekt. Das kann nicht erkranken.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding


Sehr geehrter Herr Döding,
war es Ihnen nicht möglich, meinen kurzen Einwurf anders zu verstehen?

Kierkegaard

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

02.08.2013 09:53
#256 RE: Gustl Mollath Antworten

Zitat von Kierkegaard im Beitrag #255
Zitat von Doeding im Beitrag #242
Zitat von Kierkegaard im Beitrag #240
Zitat von Chianti im Beitrag #237
Antwort auf die Messerfrage:
Herr Mollath hatte, nach Aussage eines der Opfer, ihm einen scharfgeschliffenen Schraubenzieher gezeigt, in etwa wohl so etwas, das in amerikanischen Krimis als Eispickel (ice pick) bezeichnet wird. (...nicht die Variante zum Bergsteigen sondern für die Cocktailbar). https://www.google.at/search?q=ice+pick&...452&bih=866



Krank?: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:M...avaggio_022.jpg



Ein Gemälde ist ein unbelebtes Objekt. Das kann nicht erkranken.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding


Sehr geehrter Herr Döding,
war es Ihnen nicht möglich, meinen kurzen Einwurf anders zu verstehen?

Kierkegaard


Doch klar, lieber Kierkegaard, aber es gibt so viele Möglichkeiten, Ihren Einwurf zu verstehen; woher sollte ich wissen, welche Sie meinten? Meinten Sie die Darstellung auf dem Bild, das zugrunde liegende alttestamentarische Thema, den handelnden Akteur auf dem Bild, den Künstler, der das Bild erschaffen hat, den Rezipienten, der von dieser Darstellung fasziniert ist...?

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Kierkegaard Offline



Beiträge: 25

02.08.2013 11:17
#257 RE: Gustl Mollath Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #256
Zitat von Kierkegaard im Beitrag #255
Zitat von Doeding im Beitrag #242
Zitat von Kierkegaard im Beitrag #240
Zitat von Chianti im Beitrag #237
Antwort auf die Messerfrage:
Herr Mollath hatte, nach Aussage eines der Opfer, ihm einen scharfgeschliffenen Schraubenzieher gezeigt, in etwa wohl so etwas, das in amerikanischen Krimis als Eispickel (ice pick) bezeichnet wird. (...nicht die Variante zum Bergsteigen sondern für die Cocktailbar). https://www.google.at/search?q=ice+pick&...iw=1452&bih=866



Krank?: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:M...avaggio_022.jpg



Ein Gemälde ist ein unbelebtes Objekt. Das kann nicht erkranken.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding


Sehr geehrter Herr Döding,
war es Ihnen nicht möglich, meinen kurzen Einwurf anders zu verstehen?

Kierkegaard


Doch klar, lieber Kierkegaard, aber es gibt so viele Möglichkeiten, Ihren Einwurf zu verstehen; woher sollte ich wissen, welche Sie meinten? Meinten Sie die Darstellung auf dem Bild, das zugrunde liegende alttestamentarische Thema, den handelnden Akteur auf dem Bild, den Künstler, der das Bild erschaffen hat, den Rezipienten, der von dieser Darstellung fasziniert ist...?

Herzliche Grüße,
Andreas Döding


OK, meine Schuld.
Das Gemälde zeigt uns einen Menschen, der eine Stimme hört, die ihn anweist, seinen Sohn zu töten. Wir würden ihn doch wegsperren, nicht wahr? Weil er gefährlich ist. Zur Rechtfertigung unseres Tuns brauchen wir nicht einmal das Konzept der Geisteskrankheit.
Ist dieser Mensch krank? Was würden wir von einem Menschen sagen, der sich für den Stellvertreter Gottes auf Erden hält, oder gar für den Messias? Und was sagen wir von Menschen, die behaupten, dass Gott zu ihnen spricht, usw.?
Bisher konnten Sie mir keine überzeugende Abgrenzung zwischen gewissen religiösen Vorstellungen und Wahnvorstellungen aufzeigen.

Ich vermute auch, dass sie meine Fragen zu psychiatrischen Diagnosen in meinem Beitrag vom 31.7. (Nr. 208) nicht verstanden haben. Jedenfalls sind sie nicht darauf eingegangen.
Mich würde sehr das Gutachten des Psychiaters interessieren, in welchem die Notwendigkeit der Unterbringung des Herrn Mollath in der geschlossenen Psychiatrie begründet wird. Werden darin zweifelsfreie Tatsachen festgestellt? Oder Interpretationen auf dem Hintergrund eines vermeintlichen Wissens. Ich weiß es nicht.
Es wäre töricht, das Vorkommen von Absonderlichkeiten im menschlichen Geist zu leugnen. Es wäre auch töricht und lebensgefährlich, manche Menschen nicht einzusperren.
Mir geht es um die Frage, ob psychiatrisches Wissen - sofern es nicht medizinisch-naturwissenschaftliches Wissen ist - überhaupt Wissen ist, Wissen von der Welt. Ich jedenfalls würde mich nicht in ein Flugzeug setzen wollen, das nach Maßgabe solcher Vorstellungen gebaut ist.

K.


Ein Nachtrag zur Qualität forensisch psychiatrischer Gutachten:
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/MeinGA.htm
K.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

02.08.2013 11:51
#258 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

OT OT

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #234
Entscheidend war, was sie taten. Und warum auch immer sie eine Stütze der Diktatur waren, sie gingen weit über das Mitläufertum der geknechteten Bürger ohne Parteimitgliedschaft hinaus.

Hübsche Redewendung; darf ich sie einrahmen, lieber Erling Plathe?

Ansonsten haben Sie versehentlich ein weiteres Bömbchen gezündet: "Parteimitgliedschaft". Aus gutem Grunde sind ja die anderen Parteien, oft päpstlicher als der Papst, unterm Teppich. Kennen Sie übrigens noch das Logo der CDU?

mfG

-----------------------------------------------------
Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

02.08.2013 11:58
#259 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #258
Kennen Sie übrigens noch das Logo der CDU?

Sie meinen das mit dem Schriftzug: Ex oriente pax?

--
Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

02.08.2013 12:23
#260 RE: Gustl Mollath Antworten

Zitat von Kierkegaard
Bisher konnten Sie mir keine überzeugende Abgrenzung zwischen gewissen religiösen Vorstellungen und Wahnvorstellungen aufzeigen.



Ich hatte Ihnen die Überstiegsfähigkeit genannt. Ob in der Geschichte mit Isaak, die historisch völlig unbelegt ist, ein religiöser Wahn vorlag (sofern sie sich überhaupt zugetragen hat), weiß ich nicht. Ist gut denkbar.
Sie sagen so ein Typ müßte weggesperrt werden. Wie lange eigentlich, für immer? Wie stehen Sie zu dem Riskio einer Wiederholungstat? Was, wenn bei solch einer Handlung eine heilbare Krankheit vorlag? Den Menschen dann trotzdem für immer wegsperren, obwohl er jetzt gesund ist? Wo ist der Unterschied, ob man einen Genesenen nicht freiläßt oder aber einen von vorneherein Gesunden einsperrt?

Zitat
Mir geht es um die Frage, ob psychiatrisches Wissen - sofern es nicht medizinisch-naturwissenschaftliches Wissen ist - überhaupt Wissen ist, Wissen von der Welt. Ich jedenfalls würde mich nicht in ein Flugzeug setzen wollen, das nach Maßgabe solcher Vorstellungen gebaut ist.



Nicht mehr und nicht weniger als jede andere Wissenschaft auch hervorbringt; mit den gleichen Restriktionen.

Niemand hat je den Urknall gesehen. Wir schließen auf den Urknall (=hypothetisches Konstrukt) auf Basis der Beobachtung der Expansion des Weltalls und der extremen Rotverschiebung weit entfernter Galaxien (= beobachtbare "Symptome"). Zur Erklärung des Phänomens müssen wir weitere, sogar weitgehend unbelegte, Nebenannahmen machen (dunkle Energie; dunkle Materie). Seriös? Zweck ist ein besseres Verständnis der beobachtbaren Phänomene. Hierfür werden hypothetische inhaltliche und begriffliche Kategorien "erfunden" und in einem fortlaufenden "evolutionären" Prozeß vorläufig bestätigt oder falsifiziert (Popper). Exakt so verhält es sich auch mit Blick auf den Wissenserwerb (Diagnostik, Ätiologische Forschung) in der Psychiatrie.

Auch die Gravitation ist ein solches hypothetisches Konstrukt. Niemand hat sie je direkt beobachtet. Beobachten können Sie lediglich die Wirkungen auf bewegte Objekte mit einer Masse. Aufgrund von Beobachtungen werden theoretische Annahmen extrahiert, aus denen wieder Hypothesen abgeleitet werden, die einer Überprüfung offen stehen. Insofern sollten Sie sich tatsächlich überlegen, ob Sie in einer probabilistischen, unscharfen Welt, in der Indikatoren nur mit einer gewissen Sicherheit auf das Indizierte weisen, tatsächlich nochmal ein Flugzeug besteigen wollen. Sie sollten sehr vorsichtig sein, wenn Sie absolute Sicherheit wollen.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Geozentriker Offline



Beiträge: 68

02.08.2013 12:37
#261 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Lieber Herr Plathe

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #234

Sie waren Teil der Unterdrückung und bewarben sich als Kandidat für diese Rolle. Nicht ohne Stolz fühlten sich die meisten Parteigenossen als Teil einer Elite. Man sollte das nicht herunterspielen, denke ich.
Mir sind diese "Glaubenskrisen" ebenfalls bekannt, vor allem als Intro inoffizieller Mitarbeiter zur Datensammlung von aus dem Nähkästchen plaudernder, ahnungsloser Bekannter - wenn nicht Verwandter.


da habe ich tatsächlich andere Erfahrungen als Sie. Mich hat man versucht in die SED zu pressen. Den ersten Pressgang (man lebte ja mit dauernder Erpressung, man sollte Offizier der NVA werden, in der FDJ Funktionen übernehmen, für Vietnam spenden ...) musste ich über mich ergehen lassen, als ich mich für mein Studium bewerben wollte. Ich hatte Berufsausbildung mit Abitur gemacht, und wollte Physik studieren. Unser Schuldirektor, und unser Stasibürgerkundelehrer, haben da meine Bewerberkarte (man konnte sich nicht einfach einschreiben, man musste sich bewerben – und war dabei auf die Gnade der Schulleitung angewiesen) auf den Tisch gelegt, und mir klar gemacht, dass ich Physik studieren kann, wenn ich SED-Mitglied werde. Nach etwa zwei Stunden hatte ich die dann auf 3-Jahre Armeedienstzeit runtergehandelt (ich stand dann 3 Jahre auf Friedenswacht und habe wie ein Haftelmacher aufgepasst, dass die bösen Amis nicht unsere Trabbis einfach gegen schicke Westwagen eintauschen).
Den zweiten Pressgang musste ich dann nach dem Studium über mich ergehen lassen. Da bin ich dann lieber aus dem Beruf gegangen, als in die SED zu gehen.
Sie schreiben von „Anhängern des DDR-Systems“. Natürlich gab es die. Die DDR war ein besonderes Spießersystem, da konnte man sich wichtig tun und Leute anscheißen. Das mögen manche Leute.
Sie meinen aber sicher nicht solche erbärmlichen Existenzen. Sie meinen sicher, dass Leute an die DDR geglaubt haben. Solche Leute kenn ich aber nicht. So blöde war keiner (o.k., sicher kann hier Herr Döding pathologische Fälle nennen, denen so was zuzutrauen ist). Jeder, der Chiquita sagen konnte, wusste, dass die DDR fertig hatte. Da gab es höchstens Leute, die sich die DDR schön gelogen haben, um nicht ganz den Verstand zu verlieren. Auch gab es ganz oben Bonzen, die das System beherrscht haben. Die waren natürlich dafür, in diesen Kreisen habe ich aber nicht verkehrt.
Nach der Wende gab es dann jede Menge Parteigenossen, die Geschichten erzählt haben, dass sie natürlich an das Gute im Sozialismus geglaubt haben, die da oben, die unergründlich ganz Bösen, die haben uns ja alle betrogen, wir haben unsere ganze Kraft für das Gute eingesetzt, die da oben, und die nach dem Westen schielenden Saboteure , die haben alles vermasselt, wir guten Menschen, wir wollten das Paradies erschaffen (was sollten die auch sonst erzählen - etwa, dass sie um des eigenen Vorteils willen mitgemacht haben - wäre ja schön blöd gewesen). Die Chefs aus dem Westen haben das dann auch freudig geglaubt.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #238
Zitat von Geozentriker im Beitrag #236

Ich finde, dass dieser Artikel: http://www.welt.de/vermischtes/article11...luechtling.html die Situation in der DDR - freilich ein extremes Beispiel - gut darstellt. Der dort beschriebene Stasioffizier war ja auch kein Kommunist im positiven Sinne (der Begriff Kommunist ist ja ürsprünglich positiv gemeint, vielleicht gehen wir hier von unterschiedlichen Begriffen aus), er war eher ein funktionierendes Rädchen in einem sich gegenseitig terrorisierenden Apparat (eigentlich ein ziemlich armes Schwein, der sich und seinen Mitmenschen nur im Wege Stand - halt irgendwie nur ein banaler Böser - auch wenn die DDR-Sozialisten bei weitem nicht Verbrechen im Unfang der Nationalsozialisten begangen haben).

Nein, mit Verlaub lieber Geozentriker, er war kein "armes Schwein". Dieser Vater war ein Überzeugungstäter, ein Tschekist. Und das Böse ist eben nicht banal. Dieser größte Irrtum Hannah Arendts wird durch Wiederholung auch nicht wahrer. Und was ein Kommunist im positiven Sinne sein soll, ist so unklar wie eine positive Diktatur.
Die Aufarbeitung der Diktaturen in Deutschland ist im internationalen Vergleich, und was sollte man sonst vergleichen, beispielhaft. Ich würde sogar sagen ausgesprochen ehrlich.
Schade, dass wir hier anderer Meinung sind. Aber dieses Forum dient ja dem Austausch und nicht der Übernahme von Ansichten und Perspektiven.



[/quote]

In der DDR haben viele (mit und ohne Dr.) ihre Seele verkauft, nicht mal an den Teufel, nur an eine Fiktion und deren spießige Realität, auch nicht für den Preis um zu wissen, „was die Welt zusammenhält“, sondern nur um ein bissl einen Vorteil zu haben (den Trabbi etwas eher zu bekommen, ein paar Bananen mehr, usw.). Keine großen Überzeugungen, nur raffinierte Karrieristen und Klarkommer. Dieses abscheuliche Gartenzwergsystem hat individuelles Leid hervorgebracht, es hat Lebensläufe und Hoffnungen zerstört. Es ist aber – Gott sei Dank – schäbig zusammengebrochen, es ist vorbei. Jetzt brauchen wir Fiktionen des absolut Bösen. Da bieten sich solche tragischen Existenzen, wie der Herr Tröbner (mit dem ich Mitleid habe), natürlich geradezu an. Also, Brühe umgerührt, Bösewichter erkannt, Vergangenheit aufgearbeitet, die Fettaugen schwimmen wieder oben, alles paletti, wer oben ist, hat Recht (das ist Systeminvariant).
Noch zur Begriffsbestimmung. Der wissenschaftliche Kommunismus geht ja ursprünglich auf Marx zurück. Der war ja der Meinung, dass das Privateigentum an PM Grund alles Bösen ist, wenn das überwunden ist, dann sind alle glücklich. Als Kommunist wurde bezeichnet, wer dieses Ziel verfolgt. Terror und Unterdrückung der bösen Kapitalisten war dabei nicht Selbstzweck, sondern notwendig zur Erreichung des hehren Zieles. So habe ich das (etwas vereinfacht gesagt) in meiner Ausbildung zum wissenschaftlichen Sozialismus gelernt. Das zu Begriffsbestimmung . Das ist ja erst mal positiv gedacht. Es ist offenbar so positiv, dass auch heute noch Leute versuchen den Marxismus gesundzubeten und zu schwurbeln. In der DDR hat eigentlich jeder gesehen was los ist. Die ersten Leute denen ich einen wirklichen kommunistischen Glauben abgenommen habe, kamen nach der Wende aus dem Westen. Ich fürchte, dass diese Leute nicht eher Ruhe geben, bis sie es mal wieder geschafft haben die bürgerliche Gesellschaft in Deutschland zu zerstören.
Jetzt noch einen DDR-Witz. Wie bekommt man 10 SED-Genossen in eine Mülltonne – nichts leichter als das, man muss nur ne Westmark in die Tonne schmeißen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.08.2013 12:39
#262 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #258
OT OT
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #234
Entscheidend war, was sie taten. Und warum auch immer sie eine Stütze der Diktatur waren, sie gingen weit über das Mitläufertum der geknechteten Bürger ohne Parteimitgliedschaft hinaus.

Hübsche Redewendung; darf ich sie einrahmen, lieber Erling Plathe?

Ansonsten haben Sie versehentlich ein weiteres Bömbchen gezündet: "Parteimitgliedschaft". Aus gutem Grunde sind ja die anderen Parteien, oft päpstlicher als der Papst, unterm Teppich. Kennen Sie übrigens noch das Logo der CDU?

Oh ja. Das war nicht korrekt. Also "SED-Parteimitgliedschaft". Aber was soll's. Die anderen waren ja nicht viel anders.
Vielen Dank für den Hinweis auf das Logo. Ich muss zugeben, dass war mir nie aufgefallen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

O.García Offline



Beiträge: 30

02.08.2013 12:49
#263 RE: Gustl Mollath Antworten

Lieber Tami,

ich wollte etwas zu dem Beschluß schreiben, kam aber nicht dazu (der Hauptberuf ruft eben manchmal doch). Nachdem Frau Wolff und Prof. Müller bereits treffende Besprechungen abgeliefert haben (und Prof. Müller die seine fortsetzt), würden von mir auch keine großen weiteren Erkenntnisse zu erwarten sein.

Was das Wie und Wann der Schriftsätze von Herrn Strate betrifft, so müßte er sich selbst dazu äußern. Mir kommt das nicht zu.

Was aber § 353d Nr. 3 StGB (http://dejure.org/gesetze/StGB/353d.html) angeht, so ist meine Meinung, daß die Strafnorm verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber kann durchaus eine Norm wie diese erlassen, er darf sie dabei aber nicht so "löchrig" ausgestalten (Stichwort "strukturelles Vollzugsdefizit"). Derzeit ist beim BVerfG eine entsprechende Verfassungsbeschwerde anhängig (http://dejure.org/9999,157).

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

02.08.2013 12:57
#264 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Lieber Geozentriker,

ich verstehe immer noch nicht was daran "gut" sein soll, jemandem sein Eigentum zu stehlen.

Wieso wurde jemand in die SED gepresst? Das kann ich auch immer noch nicht verstehen. Wurden Sie bedroht, oder Ihre Familie?
Sie wollten was von dem Staat und das hatte seinen Preis.
Was ist so ungewöhnlich daran, dass eine Diktatur, paranoid wie sie nun mal ist, sich des Untertanengeistes seiner Helfer versucht zu versichern?
Niemand hat Sie gezwungen Abitur zu machen. Sie hätten sagen können: Nein, unter dieser Bedingung nicht. Das ist eine Gewissensentscheidung, die ich anders als Sie entschieden habe.
Und deshalb kam niemand zu mir mit dem Wunsch ich möge doch einer von ihnen werden. Schon klar, dass der Preis hoch war. Aber sonst wäre es ja keine Entscheidung die das Gewissen so sehr tangiert, dass die Entscheidung sehr schwer fällt. Damals habe ich mich von meinem Berufswunsch verabschiedet und von dem Land in dem ich aufwuchs. Gleichzeitig.
Ich habe mir mein kleines bisschen Freiheit erhalten und dass ich nicht bei der NVA war, weil ich mich gegen sie stellte, wie gegen den Staat an sich, hat mir meine Ausreise auch erheblich erleichtert. Das alles war mir damals bekannt und ich habe so gehandelt wie es m.E. zielführend für mich war.

Nachtrag: Ich habe ein paar Dinge hinzugefügt, die aber nicht den Sinn verändert haben sondern bestärken und erklären.

Noch ein Nachtrag:
Gesetzt den Fall, fast jeder hätte so gehandelt, dass er seinem Gewissen, was ja angeblich bei den meisten noch intakt war, weil sie ja nicht an die DDR geglaubt hatten, den Vorrang gegeben hätte, wie lange hätte die Knechtschaft der DDR wohl existiert? Sie wäre viel früher zusammengebrochen und mit ihr der Ostblock. Genau dieser wirtschaftliche Zusammenbruch, herbeigeführt durch die Politik Ronald Reagans, hat Ost-Europa letzten Endes die Freiheit gebracht.
Und keine friedliche Koexistenz, kein Milliardenkredit und keine gemeinsamen Positionspapiere. Der einzig zielführende Geldfluss von West nach Ost waren die Häftlingsfreikäufe. Denn sehr viele dieser Menschen, die große Risiken eingegangen sind um der Knechtschaft zu entfliehen haben im Westen ihr Glück gemacht und wurden zu Botschaftern der Freiheit.
Ich hoffe, das ist jetzt nicht zuviel Pathos auf einmal.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Kierkegaard Offline



Beiträge: 25

02.08.2013 15:23
#265 RE: Gustl Mollath Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #260

Zitat von Kierkegaard
Bisher konnten Sie mir keine überzeugende Abgrenzung zwischen gewissen religiösen Vorstellungen und Wahnvorstellungen aufzeigen.


Ich hatte Ihnen die Überstiegsfähigkeit genannt. Ob in der Geschichte mit Isaak, die historisch völlig unbelegt ist, ein religiöser Wahn vorlag (sofern sie sich überhaupt zugetragen hat), weiß ich nicht. Ist gut denkbar.
Sie sagen so ein Typ müßte weggesperrt werden. Wie lange eigentlich, für immer? Wie stehen Sie zu dem Riskio einer Wiederholungstat? Was, wenn bei solch einer Handlung eine heilbare Krankheit vorlag? Den Menschen dann trotzdem für immer wegsperren, obwohl er jetzt gesund ist? Wo ist der Unterschied, ob man einen Genesenen nicht freiläßt oder aber einen von vorneherein Gesunden einsperrt?

Zitat
Mir geht es um die Frage, ob psychiatrisches Wissen - sofern es nicht medizinisch-naturwissenschaftliches Wissen ist - überhaupt Wissen ist, Wissen von der Welt. Ich jedenfalls würde mich nicht in ein Flugzeug setzen wollen, das nach Maßgabe solcher Vorstellungen gebaut ist.



Nicht mehr und nicht weniger als jede andere Wissenschaft auch hervorbringt; mit den gleichen Restriktionen.

Niemand hat je den Urknall gesehen. Wir schließen auf den Urknall (=hypothetisches Konstrukt) auf Basis der Beobachtung der Expansion des Weltalls und der extremen Rotverschiebung weit entfernter Galaxien (= beobachtbare "Symptome"). Zur Erklärung des Phänomens müssen wir weitere, sogar weitgehend unbelegte, Nebenannahmen machen (dunkle Energie; dunkle Materie). Seriös? Zweck ist ein besseres Verständnis der beobachtbaren Phänomene. Hierfür werden hypothetische inhaltliche und begriffliche Kategorien "erfunden" und in einem fortlaufenden "evolutionären" Prozeß vorläufig bestätigt oder falsifiziert (Popper). Exakt so verhält es sich auch mit Blick auf den Wissenserwerb (Diagnostik, Ätiologische Forschung) in der Psychiatrie.

Auch die Gravitation ist ein solches hypothetisches Konstrukt. Niemand hat sie je direkt beobachtet. Beobachten können Sie lediglich die Wirkungen auf bewegte Objekte mit einer Masse. Aufgrund von Beobachtungen werden theoretische Annahmen extrahiert, aus denen wieder Hypothesen abgeleitet werden, die einer Überprüfung offen stehen. Insofern sollten Sie sich tatsächlich überlegen, ob Sie in einer probabilistischen, unscharfen Welt, in der Indikatoren nur mit einer gewissen Sicherheit auf das Indizierte weisen, tatsächlich nochmal ein Flugzeug besteigen wollen. Sie sollten sehr vorsichtig sein, wenn Sie absolute Sicherheit wollen.

Herzliche Grüße,
Andreas Döding




Zitat
Aufgrund von Beobachtungen werden theoretische Annahmen extrahiert, aus denen wieder Hypothesen abgeleitet werden, die einer Überprüfung offen stehen.



1. Ein Ulmer (?) Psychiater hat vor einiger Zeit behauptet: "Das Internet macht dumm." (Sein Sohn würde deshalb auf ein Smartphone verzichten.) Ist das seriöse Wissenschaft? Ein Physiker etwa würde solch einen Unsinn nicht behaupten.
2. Ich weiß zwar nicht, was sie mit "probabilistisch" und "unscharfer Welt" meinen (ich ahne es), bin mir aber sicher, dass Sie genau wissen, was Sie tun müssen, wenn Sie am Abend Licht im Zimmer haben wollen. Das ist doch was. Wäre eine Welt ohne Regelhaftigkeit überhaupt denkbar?
3. Ich habe eher den Eindruck, dass so manche psychiatrischen Aussagen gerade nicht einer Überprüfung offen stehen.

Wir werden diese Fragen hier sicher nicht zu unser Zufriedenheit beantworten können. Bleiben wir aufmerksam. Auf jeden Fall danke ich Ihnen für die Mühe, die Sie sich gemacht haben.

K.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

02.08.2013 20:59
#266 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Geozentriker im Beitrag #261
[...]Den zweiten Pressgang musste ich dann nach dem Studium über mich ergehen lassen. Da bin ich dann lieber aus dem Beruf gegangen, als in die SED zu gehen.[...]

Lieber Geozentriker!

Ich nehme Ihre Schilderungen zu Kenntnisse, kann sie aber leider, trotz eines ähnlichen "Hintergrundes" nicht ganz einordnen. Die Physiker meiner Umgebung waren naturgemäß ein recht realistisches und kritisches Völkchen. [Einer von denen hatte mich recht deutlich vom SED-Eintitt abhalten wollen, Gott hab' ihn selig.]

Ich hatte übrigens einen habilitierten (begnadeten und von mir hochgeschätzten) Kollegen, der sich jahrelang zäh um eine (innerlich wohl verhaßte) SED Mitgliedschaft bemühte - um akademisch weiterzukommen. Das wurde aus Quotengründen mehrfach abgelehnt (Arbeiteranteil oder so.)

Zitat
Leute an die DDR geglaubt haben. Solche Leute kenn ich aber nicht. So blöde war keiner[...]

Nehmen Sie mich als trauriges Beispiel?

mfG

-----------------------------------------------------
Mehr Liberalismus wäre dringend vonnöten. Zettel

Geozentriker Offline



Beiträge: 68

03.08.2013 09:33
#267 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Lieber Herr Plaethe,

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #264
Lieber Geozentriker,


Wieso wurde jemand in die SED gepresst? Das kann ich auch immer noch nicht verstehen. Wurden Sie bedroht, oder Ihre Familie?
Sie wollten was von dem Staat und das hatte seinen Preis.
Was ist so ungewöhnlich daran, dass eine Diktatur, paranoid wie sie nun mal ist, sich des Untertanengeistes seiner Helfer versucht zu versichern?
Niemand hat Sie gezwungen Abitur zu machen. Sie hätten sagen können: Nein, unter dieser Bedingung nicht. Das ist eine Gewissensentscheidung, die ich anders als Sie entschieden habe.
Und deshalb kam niemand zu mir mit dem Wunsch ich möge doch einer von ihnen werden. Schon klar, dass der Preis hoch war. Aber sonst wäre es ja keine Entscheidung die das Gewissen so sehr tangiert, dass die Entscheidung sehr schwer fällt. Damals habe ich mich von meinem Berufswunsch verabschiedet und von dem Land in dem ich aufwuchs. Gleichzeitig.
Ich habe mir mein kleines bisschen Freiheit erhalten und dass ich nicht bei der NVA war, weil ich mich gegen sie stellte, wie gegen den Staat an sich, hat mir meine Ausreise auch erheblich erleichtert. Das alles war mir damals bekannt und ich habe so gehandelt wie es m.E. zielführend für mich war.




ich musste meine Entscheidung am Anfang der 70-ziger Jahre treffen. Heute weiß ich, dass es damals schon Freikäufe in ziemlicher Größenordnung gab, damals war mir das nicht bekannt, also keine realistische Option. Ich hatte zwar kurz mal darüber nachgedacht, mit dem Faltboot über die Ostsee zu türmen, habe das aber nach ersten Erkundungen schnell aufgegeben. Das war auch nicht nur eine Gewissensentscheidung, schließlich hatte man ja familiäres Umfeld, meine Eltern (die schon unter dem System gelitten haben) wären wahrscheinlich daran zerbrochen, wenn man mich eingesperrt, oder gar abgeknallt hätte.
In den 80-ziger Jahren war die Situation (zumindest für Leute, die nur für sich Verantwortung trugen) anders. Mich hat man damals mit dem Hinweis, dass ich ja kleine Kinder habe, von einem Ausreiseantrag abgehalten (wenn, meiner Meinung nach, schon die Forderung nach Heldentum für Erwachsene unberechtigt ist, ist es noch unmenschlicher kleine Kinder in die Gefahr einer solchen Situation zu bringen).
Bildung ist übrigens ein Menschenrecht. Menschenrechte stehen Menschen zu. Wenn man sich in Diktaturen Menschenrechte erschleichen muss (natürlich ohne anderen aktiv zu schaden), indem man Kreide frisst, dann kann ich daran überhaupt nichts Unanständiges entdecken. Wenn Sie das für vorwerfbar halten, dann haben Sie und ich andere Koordinaten, wir kommen da nicht zusammen (bei aller Hochachtung, die ich vor ihnen habe, da Sie offenbar großen Mut als Widerstandskämpfer gegen das damalige System gezeigt haben).





Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #264
Lieber Geozentriker,

ich verstehe immer noch nicht was daran "gut" sein soll, jemandem sein Eigentum zu stehlen.




Um das noch einmal klarzustellen ich bin kein Marxist, und verteidige auch den Marxismus nicht (nicht, dass Sie hier in Gräben schießen, in denen keiner liegt). Marx wollte ja nicht Leuten einfach ihr Eigentum stehlen, er wollte Produktionsmittel enteignen, damit deren Besitzer damit keinen Schaden anrichten können (indem sie Leute unterdrücken). Der Marxismus ist nun mal eine ernstzunehmende Vision, Marx war kein Trottel, etwas differenzierter muss man schon darüber diskutieren, sonst wird das Gespenst immer mächtiger, bis es uns - mal wieder – verschlingt.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #264
Lieber Geozentriker,


Noch ein Nachtrag:
Gesetzt den Fall, fast jeder hätte so gehandelt, dass er seinem Gewissen, was ja angeblich bei den meisten noch intakt war, weil sie ja nicht an die DDR geglaubt hatten, den Vorrang gegeben hätte, wie lange hätte die Knechtschaft der DDR wohl existiert? Sie wäre viel früher zusammengebrochen und mit ihr der Ostblock.


Diese Argumentation würde sicher zutreffen, wenn die Realität ein System künstlicher Intelligenz wäre, und der Mensch als rationaler Agent handeln würde. Dass trifft aber nicht zu. Realität ist furchtbar komplex, Menschen sind nicht unfehlbar, sie sind träge, begriffsstutzig, Physiker, und, und…

Zitat von Hausmann im Beitrag #266
Zitat von Geozentriker im Beitrag #261
[...]Den zweiten Pressgang musste ich dann nach dem Studium über mich ergehen lassen. Da bin ich dann lieber aus dem Beruf gegangen, als in die SED zu gehen.[...]

Lieber Geozentriker!

Ich nehme Ihre Schilderungen zu Kenntnisse, kann sie aber leider, trotz eines ähnlichen "Hintergrundes" nicht ganz einordnen. Die Physiker meiner Umgebung waren naturgemäß ein recht realistisches und kritisches Völkchen. [Einer von denen hatte mich recht deutlich vom SED-Eintitt abhalten wollen, Gott hab' ihn selig.]

Ich hatte übrigens einen habilitierten (begnadeten und von mir hochgeschätzten) Kollegen, der sich jahrelang zäh um eine (innerlich wohl verhaßte) SED Mitgliedschaft bemühte - um akademisch weiterzukommen. Das wurde aus Quotengründen mehrfach abgelehnt (Arbeiteranteil oder so.)
Zitat:Leute an die DDR geglaubt haben. Solche Leute kenn ich aber nicht. So blöde war keiner[...]
mfG



@ Herr Hausmann:
Ich war nach meinem Studium in einem Forschungszentrum in der Industrie beschäftigt. In der Industrie benötigte man dringend kompetente Führungskräfte (das hatte man langsam begriffen). Offenbar hat man mich als fachlich nicht ganz blöd eingeschätzt. Deshalb sollte ich über einen sogenannten Kaderförderungsvertrag nach oben gehievt werden. Das ging im Denken der Oberen nur über eine Partei- und Kampfgruppenmitgliedschaft. Ich wollte aber nicht nach oben (ich war Physiker und wollte forschen) in die Partei wollte ich nicht, in die Kampfgruppe gleich gar nicht.
Im akademischen Bereich sah das wohl anders aus. Da gab es im Gegensatz zur Industrie genug gute Leute, die nach oben wollten.
War halt „Angebot und Nachfrage“ im real existierenden DDR-Sozialismus.




Zitat von Hausmann im Beitrag #266
Zitat von Geozentriker im Beitrag #261

Zitat:Leute an die DDR geglaubt haben. Solche Leute kenn ich aber nicht. So blöde war keiner[...]
Nehmen Sie mich als trauriges Beispiel?

mfG



Sie sind exkulpiert, Physiker sind eben manchmal neben der Realität.
Mir ist aber auch schon aufgefallen, dass viele Akademiker mit formal hoher Intelligenz aus akademischen MINT-Bereichen wenig praktischen Verstand zeigen, und auf alle möglichen Ideologien (haben ja im links-grünen Bereich gerade wieder Hochkonjunktur) hereinfallen. Gilt etwa: Intelligenz*Verstand=const

Paul Offline




Beiträge: 1.285

03.08.2013 12:28
#268 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Lieber Geozentriker, lieber Hausmann!

Zitat von Geozentriker im Beitrag #267



Zitat von Hausmann im Beitrag #266



Das Leben ist sehr vielfältig. Ebenso die teilnehmenden Individuen.
Jeder hat in der DDR versucht "mit dem Arsch an die Wand zu kommen", d.h. das Beste aus seinem Leben zu machen. (Das ist hier und heute auch nicht anders.)
Jeder verfolgt dabei eine andere Strategie. Das geht von flexibler Anpassung bis zu totaler Verweigerung, z.B. durch Auswanderung.
Immer vorausgesetzt, dass andere Menschen nicht geschädigt oder beschädigt werden, halte ich jede Strategie für zulässig. Es steht mir nicht zu, schon garnicht im Nachhinein, eine Beurteilung vorzunehmen. "Richte nicht, damit Du nicht gerichtet werdest." Ich kann nur feststellen, dass ich bestimmte Dinge nicht machen konnte, die andere durchaus für machbar hielten. "So ist das Leben." Aber deshalb kann ich mich doch nicht als etwas Besseres darstellen und den anderen als "Weichei" oder "Abenteurer" ansehen.

Für mich galt diese Haltung zum Leben, zur Lebensgestaltung nicht nur für mein Leben in der DDR, sondern auch jetzt in der Bundesrepublik Deutschland.

LG, Paul

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.08.2013 18:09
#269 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Geozentriker im Beitrag #267

ich musste meine Entscheidung am Anfang der 70-ziger Jahre treffen. Heute weiß ich, dass es damals schon Freikäufe in ziemlicher Größenordnung gab, damals war mir das nicht bekannt, also keine realistische Option. Ich hatte zwar kurz mal darüber nachgedacht, mit dem Faltboot über die Ostsee zu türmen, habe das aber nach ersten Erkundungen schnell aufgegeben. Das war auch nicht nur eine Gewissensentscheidung, schließlich hatte man ja familiäres Umfeld, meine Eltern (die schon unter dem System gelitten haben) wären wahrscheinlich daran zerbrochen, wenn man mich eingesperrt, oder gar abgeknallt hätte.
In den 80-ziger Jahren war die Situation (zumindest für Leute, die nur für sich Verantwortung trugen) anders. Mich hat man damals mit dem Hinweis, dass ich ja kleine Kinder habe, von einem Ausreiseantrag abgehalten (wenn, meiner Meinung nach, schon die Forderung nach Heldentum für Erwachsene unberechtigt ist, ist es noch unmenschlicher kleine Kinder in die Gefahr einer solchen Situation zu bringen).

Kein Flüchtling wollte abgeknallt werden und nicht jeder wurde abgeknallt, selbst wenn er es nicht geschafft hatte. Die Flüchtlinge waren auch nicht lebensmüde. Sie sind Risiken eingegangen, die manchen unverständlich oder zu hoch erscheinen, aber rational waren diese Entscheidungen dennoch. Und sie waren nicht verantwortungslos, ganz im Gegenteil. Aber das ist eine Frage der Perspektive.
Die Beziehung zu den Eltern spielt natürlich eine wichtige Rolle, nur ist sie m.E. nicht mit dem Begriff der Verantwortung hinlänglich umrissen. Alle, die erwachsenen Kinder wie auch die Eltern, haben ein Recht auf unterschiedliche Lebensentwürfe. Es wäre die Fortsetzung der Vereinnahmung der Bürger durch den Staat als sein Eigentum, wenn die Kinder einer Art Sippenhaft unterlägen. Das war auch meist nicht der Fall. Die Eltern aller meiner Bekannten mit Fluchthintergrund oder Ausreiseantrag, waren zwar nicht erfreut, aber billigten die Entscheidung ihrer erwachsenen Kinder in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sie. Evtl. Nachteile wurden dann natürlich in Kauf genommen, ohne die Kinder dafür verantwortlich zu machen.
Mir ist allerdings auch das genaue Gegenteil bekannt, der Verrat der eigenen Kinder an den Staat, aus einem schwer nachzuvollziehenden Verantwortungsgefühl der Rettung vor ihnen selbst.
Die Verantwortung gegenüber den eigenen Kindern ist natürlich evident. Aber auch hier stellt sich die Frage nach der Verantwortung der Eltern gegenüber der Zukunft ihrer Kinder. Ihrer Chancen in einer Diktatur.
Diese Fragen sind nur individuell zu beantworten und ich will hier, falls das so angeklungen ist, keine Bewertungen vornehmen. Nur meine persönliche Perspektive darlegen, die natürlich geprägt ist von meinem eigenen Lebensweg.
Zitat von Geozentriker im Beitrag #267
Bildung ist übrigens ein Menschenrecht. Menschenrechte stehen Menschen zu. Wenn man sich in Diktaturen Menschenrechte erschleichen muss (natürlich ohne anderen aktiv zu schaden), indem man Kreide frisst, dann kann ich daran überhaupt nichts Unanständiges entdecken. Wenn Sie das für vorwerfbar halten, dann haben Sie und ich andere Koordinaten, wir kommen da nicht zusammen (bei aller Hochachtung, die ich vor ihnen habe, da Sie offenbar großen Mut als Widerstandskämpfer gegen das damalige System gezeigt haben).

Das Menschenrecht auf Bildung sagt nichts über die Art der Bildung aus und schon gar nicht beinhaltet sie ein Recht auf höhere Bildung. Es ging ja in der Ausgangssituation unserer Diskussion, lieber Geozentriker, um den Zwang in die SED eintreten zu müssen. Den habe ich bestritten.
Zitat von Geozentriker im Beitrag #267
Um das noch einmal klarzustellen ich bin kein Marxist, und verteidige auch den Marxismus nicht (nicht, dass Sie hier in Gräben schießen, in denen keiner liegt). Marx wollte ja nicht Leuten einfach ihr Eigentum stehlen, er wollte Produktionsmittel enteignen, damit deren Besitzer damit keinen Schaden anrichten können (indem sie Leute unterdrücken). Der Marxismus ist nun mal eine ernstzunehmende Vision, Marx war kein Trottel, etwas differenzierter muss man schon darüber diskutieren, sonst wird das Gespenst immer mächtiger, bis es uns - mal wieder – verschlingt.

Produktionsmittel zu enteignen ist ganz einfach Eigentum stehlen, wenn keine Entschädigung gezahlt wird. Die Begründung "damit deren Besitzer damit keinen Schaden anrichten können" ist gelinde gesagt, eine unglaubliche Anmaßung. Es passt zu dem Größenwahn der Karl Marx eigen war.
Produktionsmittel in privater Hand dienen sehr selten der Unterdrückung anderer, das genaue Gegenteil ist der Fall. Der Wohlstand welcher aus der Industrialisierung erwuchs, schlug durch alle Schichten der Gesellschaft und verringerte die Armut in den industrialisierten Ländern auf ein kaum für möglich gehaltenes Maß, bei gleichzeitiger Bevölkerungsexplosion. Ein Umstand übrigens den Friedrich Engels schweren Herzens eingestehen musste und Karl Marx auf Grund seiner Beschränktheit nicht zu realisieren vermochte.
Sie stieg dort wieder rasant an, wo die Produktionsmittel verstaatlicht wurden.
Marx' Kapital hat damals die Ökonomen nicht überzeugen können, sie haben sich eher über ihn lustig gemacht. Und in der Tat ist seine Arbeitswerttheorie nicht nur das Beispiel für sein Scheitern als Ökonom, der er nie war, aber als den ihn viele sehen wollen, sondern auch das Beispiel für das Scheitern des ganzen marx'schen Gesellschaftsmodells.
Oder anders ausgedrückt: Es war von vornherein klar, das es nichts werden kann mit dem Sozialismus. Was natürlich zu der Frage führt: Wozu denn das Ganze?
Wenn man an diese Frage herangeht, kann man auf den m.E. finsteren Kern der Person Karl Marx stoßen und dem totalitären Kern seines Gesellschaftsmodells, welches nichts weiter als eine ins Extrem getriebener Absolutismus ist.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #264
Lieber Geozentriker,
Noch ein Nachtrag:
Gesetzt den Fall, fast jeder hätte so gehandelt, dass er seinem Gewissen, was ja angeblich bei den meisten noch intakt war, weil sie ja nicht an die DDR geglaubt hatten, den Vorrang gegeben hätte, wie lange hätte die Knechtschaft der DDR wohl existiert? Sie wäre viel früher zusammengebrochen und mit ihr der Ostblock.

Zitat von Geozentriker im Beitrag #267
Diese Argumentation würde sicher zutreffen, wenn die Realität ein System künstlicher Intelligenz wäre, und der Mensch als rationaler Agent handeln würde. Dass trifft aber nicht zu. Realität ist furchtbar komplex, Menschen sind nicht unfehlbar, sie sind träge, begriffsstutzig, Physiker, und, und…

Das war auch gar nicht anders gemeint, reine Theorie, nichts Reales. Geeignet, um an einem theoretischen Extrem zu verdeutlichen, was eine Gesellschaft, die es nicht gibt, tun kann, um eine Diktatur loszuwerden.
Aber eine ganz reale Möglichkeit für ein Individuum einem Unrechtsstaat seine Unterstützung zu verweigern.
Davor hatte die DDR am meisten Angst; dass die Bürger streiken. Und ein Mann wie Lech Walesa hat diese Archillesferse des Sozialismus genutzt.
An dieser Stelle möchte ich auf Ayn Rands "Atlas Shrugged" verweisen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

bayle Offline



Beiträge: 73

03.08.2013 20:12
#270 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Kierkegaard im Beitrag #232

...
Zitat von bayle im Beitrag #214

Ich meine, dass hier generalisierende Aussagen, im Sinne einer Definition, schwierig sind. Wenn Sie, wie Ihre Gemeinde, sozial integriert sonntags zur Kirche gehen, dann ist das sicher nicht bedenklich. Wenn Ihnen aber nachts 04:30 die plötzliche Offenbarung zuteil wird, dass Sie der Messias sind, worauf eine Fülle von Zeichen hindeutet: von der besonderen Wolkenformation bis hin zu der seltsamen Buchstabenkombination im Kennzeichen des Ihnen entgegenkommenden Autos, und Sie dies der staunenden Umwelt verkünden, dann ist das mit großer Sicherheit psychopathologisch auffällig. Irgendwo dazwischen, und in jedem Einzelfall gesondert zu beurteilen, liegt die Grenze zwischen Wahn und Religion.

Sehr geehrte(r) bayle,
Sie schildern zwar sehr plastisch, inhaltlich sagen Sie leider nichts.

Falls es Ihnen um etwas anderes gegangen sein sollte als um die vorbehaltlose Zustimmung zu Ihrer, mit Verlaub, etwas absonderlichen These, es gäbe keinen Unterschied zwischen Wahn und Religion, dann sollten Sie Ihrer Unzufriedenheit etwas beredter Ausdruck verleihen. Was haben Sie denn erwartet?

Zitat von S.Pommrenke im Beitrag #231

Unter http://www.g-drg.de/cms/content/view/full/3843 kann man sich ja die Kodierrichtlinien anschauen. Und dort wird ausschließlich auf die Verwendbarkeit für die Entgeltung verwiesen.
Diese Liste (ICD) ist aus reinen monetären Interessen entstanden. Mittlerweile hat sich die Funktion verselbständigt und der Liste kommt eine objektivierte Bedeutung als Maßstab oder Skala für die Einordnung der Krankheit zu, die Sie eigentlich nicht besitzt. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass Sie nicht auch als solche für den „subjektiven Leidenswert“ Verwendung finden kann. Wenn sich alle einig sind, bedarf es ja eh keiner zusätzlichen Regelungen. Nur; wir reden hier ja über Zwangspsychiatrisierung. Und dazu scheint mir ein verweis auf die „objektive Skala ICD“ wenig geeignet.


Sehr geehrter Herr Pommrenke, Sie sprechen über die ICD, verlinken aber die Kodierrichtlinien. Tatsächlich, letztere dienen der Abrechnung stationärer Leistungen. Aber sie haben mit der ICD etwa soviel zu tun wie eine Verordnung über die Abfallbeseitigung mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Freundlichen Gruß, bayle.

bayle Offline



Beiträge: 73

03.08.2013 20:14
#271 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Noch ein Nachtrag zu G. Postel

Ich finde es schon merkwürdig, dass einem professionellen Hochstapler jedes Wort geglaubt wird („Super-GAU der Psychiatrie“), wenn er von seinen Erfolgen in der Psychiatrie berichtet.

Ich entsinne mich, als junger Assistenzarzt meinen Oberarzt aufgesucht zu haben mit der Frage, ob bei einer Patientin eine eingreifende Untersuchung durchgeführt werden sollte. Ich bereitete mich vor (man will ja nicht blöde dastehen), suchte ihn auf und referierte den Fall. Indem ich ihm vortrug, strukturierte sich der Wust an Information für mich, und am Ende wusste ich, was zu tun war. Sein Anteil beschränkte sich darauf, gelegentlich „hmm“ zu sagen oder bedächtig sein in Ehren ergrautes Haupt zu wiegen. „Danke“, sagte ich mir zum Schluss, „Er hat mir sehr geholfen“. Wenn er ein Hochstapler gewesen wäre, ich hätte es nicht erkannt, sondern weiter große Stücke auf seine Erfahrung gehalten.

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

03.08.2013 22:32
#272 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Geozentriker im Beitrag #267
Um das noch einmal klarzustellen ich bin kein Marxist, und verteidige auch den Marxismus nicht (nicht, dass Sie hier in Gräben schießen, in denen keiner liegt). Marx wollte ja nicht Leuten einfach ihr Eigentum stehlen, er wollte Produktionsmittel enteignen, damit deren Besitzer damit keinen Schaden anrichten können (indem sie Leute unterdrücken).

Welche Unterdrückung sollte das denn sein ? Die Freiheit in der Fabrik zu arbeiten statt auf dem Land zu verhungern ? Ich meine diese Frage durchaus nicht rethorisch, welche Unterdrückung geht denn davon aus, dass jemand ein Angebot (!) macht ? Es wurde doch normalerweise keiner gezwungen in einer Fabrik zu arbeiten. Deswegen ganz ernsthaft: Welche Unterdrückung ? Welcher Schaden ?
Und den feinen Unterschied zwischen Enteigung und Stehlen verstehe ich auch nicht. Der Strassendieb ist auch der Meinung er könne mit dem Geld mehr anfangen als sein Opfer, aber im Allgemeinen verbrämt er selten das, was er tut (Ausnahmen soll es geben). Einen hehren Zweck zu behauoten ändert wenig an der Tat selbst.

Zitat
Der Marxismus ist nun mal eine ernstzunehmende Vision, Marx war kein Trottel, etwas differenzierter muss man schon darüber diskutieren, sonst wird das Gespenst immer mächtiger, bis es uns - mal wieder – verschlingt.


Wissen Sie wer noch eine ernstzunehmende Vision hatte und kein Trottel war ? Ein kleiner Kunstmaler aus Österreich. Allerdings schenkt man sich im Allgemeinen die differenzierte Diskussion darüber. Ich unterstelle nicht das Marx ein Trottel war, wenn auch nicht übermäßig helle, aber eine Aufforderung zum Verbrechen steht und fällt doch nicht damit, ob sein Vordenker besonders klug gewesen ist oder eine bestimmte Vision von der Welt hatte. Ich denke wenn die Gefahr besteht, dass uns diese irre Idee noch einmal verschlingt, dann primär davon, dass man ein Verbrechen nicht ein Verbrechen nennt und die Vordenker von Verbrechen als Visionäre verklärt.
Eine Vision, deren Basis ein Verbrechen ist, kann niemals zu etwas gutem führen.

Kierkegaard Offline



Beiträge: 25

04.08.2013 10:53
#273 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

@bayle

Zitat
Falls es Ihnen um etwas anderes gegangen sein sollte als um die vorbehaltlose Zustimmung zu Ihrer, mit Verlaub, etwas absonderlichen These, es gäbe keinen Unterschied zwischen Wahn und Religion, dann sollten Sie Ihrer Unzufriedenheit etwas beredter Ausdruck verleihen. Was haben Sie denn erwartet?



Ich bin nicht der Ansicht, dass jede Form von Religion ein Wahn ist. In gewissem Sinne, so denke ich, gehört Religion zum Menschsein. Allerdings gibt es doch etliche religiöse Überzeugungen, die Wahnvorstellungen gleichen. (Beispiele: sich selbst oder einen anderen Menschen für Gott halten; Gottes Stimme hören und in seinem Auftrag handeln müssen; durch beschwörende rituelle Handlungen Unheil abwenden wollen; Ereignisse für wahr halten, die im Widerspruch zu physikalischen Gesetzen stehen)

Mich würde interessieren (und das ist ernst gemeint), wie Sie solche Phänomene einordnen und von Wahnvorstellungen abgrenzen. Vielleicht können Sie auch Ihr Urteil "absonderliche These" noch einmal überdenken.


-
Etwas zur psychiatrischen Diagnostik:
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/MeinGA.htm

Geozentriker Offline



Beiträge: 68

04.08.2013 12:46
#274 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Lieber Herr Plaethe

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #269
Zitat von Geozentriker im Beitrag #267


[quote="Geozentriker"|p100587]Bildung ist übrigens ein Menschenrecht. Menschenrechte stehen Menschen zu. Wenn man sich in Diktaturen Menschenrechte erschleichen muss (natürlich ohne anderen aktiv zu schaden), indem man Kreide frisst, dann kann ich daran überhaupt nichts Unanständiges entdecken. Wenn Sie das für vorwerfbar halten, dann haben Sie und ich andere Koordinaten, wir kommen da nicht zusammen (bei aller Hochachtung, die ich vor ihnen habe, da Sie offenbar großen Mut als Widerstandskämpfer gegen das damalige System gezeigt haben).

Das Menschenrecht auf Bildung sagt nichts über die Art der Bildung aus und schon gar nicht beinhaltet sie ein Recht auf höhere Bildung. Es ging ja in der Ausgangssituation unserer Diskussion, lieber Geozentriker, um den Zwang in die SED eintreten zu müssen. Den habe ich bestritten.




das Menschenrecht auf Bildung umfasst auch höhere Bildung. Das finden Sie so auch schon in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UN von 1948 (UN-Menschenrechtscharta).
Im Artikel 26, Abs.1 findet sich dazu folgendes:
„Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.“
(Quelle: http://www.un.org/depts/german/grunddok/ar217a3.html).

bayle Offline



Beiträge: 73

04.08.2013 13:54
#275 RE: Noch ein paar Anmerkungen Antworten

Zitat von Kierkegaard im Beitrag #273
Allerdings gibt es doch etliche religiöse Überzeugungen, die Wahnvorstellungen gleichen. (Beispiele: sich selbst oder einen anderen Menschen für Gott halten; Gottes Stimme hören und in seinem Auftrag handeln müssen; durch beschwörende rituelle Handlungen Unheil abwenden wollen; Ereignisse für wahr halten, die im Widerspruch zu physikalischen Gesetzen stehen)


Sehr geehrter Kierkegaard,
Es gibt so gut wie keinen (pathologischen) Wahn, in dem ein anderer Mensch für Gott gehalten wird. Wenn so etwas vorkommt, dann nicht als Wahn i. e. S. Überhaupt sollten wir hier deutlich unterscheiden zwischen dem Begriff „Wahn“ in der Alltags- und Umgangssprache und einem Terminus in einer Fachsprache. Herr Doeding hat versucht, das näher zu erläutern. Das Wesen des Wahns besteht in der fehlenden Möglichkeit zum Perspektiv-Wechsel. Unheil mit magischen Handlungen abzuwehren, und gar mit rituellen, d. h. kodierten und in einer Gruppe akzeptierten Handlungen, scheint ebenfalls selten zu sein. Etwas Falsches zu glauben ist noch lange kein Wahn, es kommt darauf an, wie es geglaubt wird. Im Übrigen ist schon seit langem aufgefallen, dass Gottes Stimme aus eigentümlichen Gründen häufig den Interessen des sie Vernehmenden zupass kam; etwas, das beim echten Wahn kaum auftritt.
Zitat von Kierkegaard im Beitrag #273
Vielleicht können Sie auch Ihr Urteil "absonderliche These" noch einmal überdenken.


In welcher Hinsicht?
Zitat von Kierkegaard im Beitrag #273
Etwas zur psychiatrischen Diagnostik:
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/MeinGA.htm

NB: in der von Ihnen verlinkten Quelle über „Das Meinungsachten in der forensischen Psychiatrie“ heißt es schon in Beispiel 3:

Zitat
Bsp03 S: Mollath verspürt eine innere Stimmen des Gewissens => U(S): Verdacht auf Stimmen hören als Symptom ersten Ranges.


Das ist falsch. Symptome ersten Ranges sind kommentierende Stimmen, Stimmen in Rede und Gegenrede u. a. (Störungen der Meinhaftigkeit) und eben nicht unspezifische „Stimmen“ schlechthin. Das ist übrigens ein anderer Aspekt, eine andere Erscheinungsform des fehlenden Überstiegs. Ich gestatte mir, aus dieser Formulierung Rückschlüsse auf die sonstige fachliche Qualität des von Ihnen offenbar geschätzten Essays von Rudolf Sponsel abzuleiten.

Mit freundlichem Gruß, bayle.

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