Zitat Ich würde Ihnen zustimmen, allerdings wird das durch das von Florian weiter oben Ausgeführte doch nicht nur ein bischen relativiert.
Sie können davon ausgehen, das mir diese Ausrede durchaus schon bekannt ist.
Die Kirche hat ihre feudalen Rechte und insbesondere auch die Hoheitsrechte in den geistlichen Fürstentümern des HRR verloren. So what? Sollen die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers für den Verlust des Deutschen Reiches und Preußens entschädigt werden? Solche Rechte haben in einem Nationalstaat keine Basis, sie werden schlicht nicht anerkannt. Feudale Rechte haben in einer bürgerlichen Rechtsordnung keinen Wert und Hoheitsrechte stehen dem jeweiligen Souverän zu, einen Status, den in Republiken das Volk für sich beansprucht, denn Hoheitsrechte sind kein Selbstzweck, sondern dienen dem Allgemeinwohl. Einem Privatinteresse dienend lassen sie sich nicht rechtfertigen.
Bleiben die Grundstücke als solche, die aber eben zu großen Teilen schlicht Grundstücke des jeweiligen Hoheitsträgers waren, in weltlichen Fürstentümern dem weltlichen Fürst, in geistlichen Fürstentümern dem geistlichen Fürst, aber in beiden Fällen geht dieses, letztendlich je Gemeineigentum darstellend, auf den aktuellen Souverän über.
Und wie sehen die Entschädigungen aus, die es trotzdem gab? Einige Gehälter werden vom Staat übernommen, ok. Aber wie sieht es mit den Zuschüssen für aktuelle Kirchenbauten aus (es geht hier nicht um den aktuellen Fall des Bischofssitzes in Limburg)? Das basiert nicht auf uralten Verträgen, da geht es nicht um juristische Ansprüche, da geht es um in heutiger Zeit politisch durchgeboxte Privilegien. Und die Säkularisierung ist da nur ein politisches Argument, mit dem man Kritikern ein schlechtes Gewissen einreden will, wenn andere Argumente auf Grund der staatlichen Neutralitätsverpflichtung nicht mehr ziehen.
Zitat Unabhängig davon würde ich daraus die Lehre ziehen Staat und Kirche zu entflechten und nicht dem Staat einen Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zuzubilligen.
Klar, nur ist dies
a) aktuell eben noch nicht geschehen, es gibt zahlreiche Verflechtungen und b) ging es nicht um staatlichen Einfluss, sondern um das moralische Recht der Allgemeinheit sich für eine Organisation zu interessieren, auch wenn nicht Mitglied und nicht Gläubig, die mit dem Staat immer noch stark verflochten ist. Zum Beispiel weil es ein Argument für größere Entflechtung liefern kann.
Hier ein gesellschaftliches Tabu mit dem Argument "Privatssphäre" aufzubauen halt ich da für unangebracht - nicht solange die Kirchen wegen ihres religiösen Auftrages eine öffentlich-rechtliche Sonderstellung haben.
Bei Freikirchen hätten Sie allerdings recht.
Zitat Was wohl nicht zuletzt der Grund dafür ist, dass die meisten kirchlichen Einrichtungen besser funktionieren als "rein private" (so es die überhaupt gibt) Träger.
Tun sie das? Wie kommen Sie darauf? Verglichen mit welchen nicht-kirchlichen, privaten Trägern? Es gibt ja kaum welche, aber man macht es ihnen auch nicht einfach.
Und wieso sollten kirchliche Einrichtungen dadurch besser laufen, das Wiederverheirateten die Anstellung verweigert oder gar gekündigt wird? Wieso laufen kirchliche Einrichtungen besser, wenn auf Kompatibilität der Angestellt mit alten Dogmen geachtet wird? Wieso arbeiten kirchliche Einrichtungen besser, weil Menschen wegen ihrer Religion bevorzugt werden (dürfen)? Wieso arbeiten kirchliche Einrichtungen besser, weil die Kirchen privilegiert in Rundfunkräten vertreten sind?
All diese Freiheiten (außer dem exklusiven Sitz im Rundfunkrat für die großen Kirchen) sollen die Kirchen von mir aus weiter haben, aber zum einen nicht als Privileg und zum anderen Frage ich mich, wieso wegen diesen - nur wegen alter Lehren vorgenommenen - Benachteiligungen die Servicequalität besser seien soll.
Zitat Also mal einfach in die Tüte gesprochen:
Ich verstehe den Grund und die Aussage dieses Spruches nicht.
Zitat So weit ist es mit dem Kirchenprivileg nicht her. Auch die Kirche kann Leute nicht ohne Gründe rausschmeissen oder eine Abfindung einsparen oder keine Krankenkasse bezahlen. Die Privilegien sind recht übersichtlich und nebenbei gesprochen in Ländern mit einem freien Arbeitsmarkt eher Selbstverständlichkeiten, die man nur in Deutschland "normalen" Arbeitgebern verweigert. Ich kann jedenfalls aus diesen "Privilegien" absolut nix herleiten.
Bei den Gründen haben die Kirchen aber mehr Möglichkeiten. Und natürlich sind auch kirchliche Angestellte sozialversicherungspflichtig. Es ist ja eben gerade so, das die Privilegien keine bessere Qualität ermöglichen, aber es gibt sie trotzdem. Es geht auch nicht darum, das Kirchen diese Freiheit nicht haben sollen. Das sollen sie, aber eben nicht als Privileg, das anderen vorenthalten wird. Gleiches Recht für alle. Es geht hier auch nicht um Gleichmacherei oder Gleichstellung, sondern tatsächlich um Gleichheit vor dem Gesetz.
Zitat Wie gesagt, natürlich düfen Sie. Sie werden sich nur irgendwann in sehr unangenehmer Gesellschaft wiederfinden, denn Moralin hat nicht die Eigenschaft vor einem bestimmten Geschäftsmodell halt zu machen. Sie dürfen mit der selben Argumentation auch vor der deutschen Bank (Stichwort Ackermann) warnen, die deutsche Presse ist da ja nicht allzu verhalten. Sie dürfen auch davor warnen, wenn ein Vorsitzender von Volkswagen ein Millionengehalt bekommt, statt die Autos billiger zu machen. Sie dürfen davor warnen, dass Bill Gates auf einem Milliardenvermögen sitzt, dessen Verteilung durch eine Stiftung keinerlei Kontrolle durch den Staat unterliegt. Sie dürfen all das tun. Aber all das hat einen sauren Geschmack.
Und mit dem Thema nichts zu tun. Wenn Bill Gates eine steuerrechtlich gemeinnützige Stiftung errichtet, dann wäre übrigens eine staatliche Kontrolle dieser Gemeinnützigkeit vollkommen angebracht. Im übrigen haben die genannten Gestalten nicht Geld bekommen, weil sie sich hingestellt haben und sagten: "Wir sind die Guten. Wir vertreten das Gute." Die haben ihr Vermögen nicht erhalten, weil andere dachten damit etwas Gutes zu tun, sondern sie erhielten einen Preis als Gegenleistung für ihre Dienstleistungen und Waren - ganz unsentimental.
Übrigens: Verströmt die Kirche kein Moralin?
Zitat Ich kann verstehen, wenn Kirchenmitglieder sich aufregen, auch gerade die Oberen, die hier (eventuell) betuppt worden sind, aber die berühmte Kaste der selbsternannten "Kirchenkritiker" besteht in aller Regel aus Leuten, die spätestens dann ausgetreten sind, als sie das erste mal echte Kirchensteuer hätten bezahlen müssen. Ich kenne so viele Leute, die sich stundenlang über die Kirche mokieren können, aber nie einen Pfennig bezahlt haben. Und das finde ich schal.
Ich nicht. Denn ich kritisiere ja auch den Rest der Sozialindustrie, die sich für "die Guten" halten, staatliches Geld abgreifen, öffentlich gut angesehen seien wollen (ein guter Ruf und lauter Überzeugte, die meinen man wäre eine Kraft des Guten, schützen wunderbar vor Kritik) und dazu ihr Kritik abwürgendes Moralin versprühen. Ohne je an Unicef gespendet zu haben, ohne je an die Caritas gespendet zu haben, aber durchaus mal ans Rote Kreuz: Angesichts der zahlreichen Verflechtungen, des gesellschaftlichen Einflusses und ihrer (finanziellen) Zusammenarbeit mit dem Staat und den Gemeinden ist es allerdings schon vom allgemeinen Interesse, selbst wenn ich nie auch nur einen Cent privat an das Rote Kreuz gespendet hätte.
Zitat Ich bin Mitglied der evangelischen Kirche (noch, kann sich bald ändern, hat aber andere Gründe). Und ich bin bewusster Kirchensteuerzahler. Der ganze spirituelle Mummenschanz interessiert mich seit nahezu 20 Jahren nicht mehr, da bin ich drüber und ich habe auch die letzten 20 Jahre weniger als zehnmal einen Tempel betreten. Und dennoch zahle ich ganz bewusst Kirchensteuer. Weil ich sehe was die Kirche damit bewirkt. Ich halte die Kirche für einen zentralen Kitt unserer Gesellschaft und ich sehe, dass unsere Gesellschaft da, wo die Kirche schwächer wird, auch schwächer wird. Ich finde es von zentraler, absolut zentraler Bedeutung, dass die Kirche Seelsorger unterhält, die für jeden da sind, wenn er nur verzweifelt genug ist, dorthin zu gehen. Ob die Kirche Geld verschwendet ? Ja, vermutlich. Das tut jede grosse Organisation. Aber die Kirche erfüllt ihren Auftrag. Und deswegen finanziere ich sie ganz bewusst, auch wenn ich selber keinen Bedarf für ihren Service habe. Mir ist die Wirkung wichtig, die die Kirche entfaltet, wie sie intern mit ihrem Geld umgeht interessiert mich nur am Rande. Würde die Kirche ihre Wirkung verfehlen, würde ich sie nicht finanzieren (das ist, wie oben angedeutet, mein Problem mit der evangelischen Kirche, die zunehmend Probleme in dieser Richtung hat). Ich finde, ich hätte ein Recht mich aufzuregen, denn ich zahle den Verein. Ich tus aber nicht. Umso absurder ist es, wenn sich Leute aufregen, die nichtmal zahlen. Mir geht dann immer durch den Kopf: "Macht Ihr erstmal was besseres. Dann können wir uns nochmal unterhalten."
Ganz ehrlich: Dem kann ich so gar nicht zustimmen. Ich könnte dem Zustimmen, wenn Sie sagen würden, das religiöse Strukturen wichtigen gesellschaftlichen Zusammenhalt bieten würde und damit eine wichtige gesellschaftlichen Funktion hätten und zwar getrennt vom Staat. Tun Sie aber nicht. Wir haben solche Strukturen in Deutschland gegenwärtig auch nicht in nennenswerten Umfang und die Amtskirchen sind daran nicht ganz unschuldig. Sie verteidigen keine Freikirchen. Sie verteidigen nicht die bindende Wirkung echter, ungezwungener, lebensfroher Religiosität und ihres gesellschaftlichen Engagements, das tun Sie in obigem Absatz ja explizit nicht ("Der ganze spirituelle Mummenschanz interessiert mich seit nahezu 20 Jahren nicht mehr, da bin ich drüber"). Sie Verteidigen die Amtskirchen als Struktur. Eine übrigens mit Staat, Politik und Öffentlich-Rechtlichen stark verflochtene Struktur.
Interessant mit welchen Engagement jeder seinen Teil der staatlichen geförderten Sozialindustrie findet, den er vor Kritik abschottet. Wundert es jemanden, das es sich hier um einen gegen jede Kritik abgeschotteten Moloch handelt. Und wer es kritisiert, der ist potentiell auf moralischen Abwegen. Sie nennen diese moralischen Abwege "Moralin versprühen", aber was macht den die Kirche, was machen ihre Verteidiger?
Die Diskussion kam - im Zusammenhang mit einem BGE - schon einmal auf dieses Thema und auch da zeigte sich mir in der Diskussion sehr schnell, warum wir den sozialindustriellen Komplex niemals erfolgreich entflechten und öffentlichkeitswirksam durchleuchten werden - selbst hier war Kritik daran schnell moralisch anrüchig oder galt als absurd, obwohl Sie im Abstrakten geteilt wurde. Aber sobald es Konkret wurde war stand die Mauer des Gutseins vor den Objekten der Kritik.
Mag sein das sich der säkulare und der religiöse Teil manchmal um die Wurst streiten und sich nicht immer einige sind, dann bewirft man sich manchmal gegenseitig mit Schmutz - aber Aufklärung ist da nicht möglich. Es ist ja offensichtlich selbst unter liberalen eine heilige Kuh, deren gutes Wirken nicht angezweifelt werden darf (moralisch gesehen).
Hier ist auch mal ein Punkt für Selbstkritik: Das gibt es nicht nur auf der Linken. "Kritik ist moralisch anrüchig, denn wir sind die Guten" gibt es auch in konservativen und sogar liberalen Kreisen. Es ist nur allzu menschlich.
Dabei könnt ihre Argumentation teilweise auf eine Gruppe zutreffen: Privatfinanzierte Freikirchen, die keine Gehälter und Subventionen vom Staat erhalten, die ihre religiösen Bauten nicht bezuschussen lassen. Natürlich dürften Einrichtungen genauso Gelder der Sozialversicherungen (Pflegeversicherung, Krankenversicherung) als Gebühren für ihre Dienstleistungen annehmen wie andere auch. Die aber keine besondere Rechtskonstrukte fordern, keine Privilegien gegenüber anderen. Die bezüglich ihrer religiösen Tätigkeiten nicht einmal von einer staatlichen Förderung träumen. Die ihre Vermögen nicht über jahrhundertelange Verstrickungen mit weltlicher Machtausübung verdanken, was in Kombination mit einem religiösen Anspruch auch zu großer Machtanballung Vorschub leisten würde: Verstrickungen mit dem Staat und religiöser Einfluss auf viele Menschen und dann auch noch aus dieser Mischung gewonnene, riesige Vermögen, das ist eine sehr ungesunde Mischung.
Übrigens wären selbst Freikirchen, sollten sie teil der Sozialindustrie werden, nicht vor Kritik auszunehmen - das können sich unsere Sozialversicherungen nicht leisten. Und Kranken- und Pflegeversicherung für (möglichst) alle möchte auch ich auch nicht abschaffen - da endet mein Wirtschaftsliberalismus.
Der Praktikantenstadl bei Spiegel Online ist bitter enttäuscht:
Zitat In Hessen häufen sich die Kirchenaustritte wegen des Skandals um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst. Doch in anderen katholischen Hochburgen wie Köln und München ist dieser Trend zumindest momentan nicht feststellbar, wie Anfragen bei Standesämtern und Amtsgerichten ergaben.
Man liest es förmlich mit: Was müssen wir denn NOCH tun, damit die Menschen endlich vernünftig werden?
Was genau meinen Sie mit »die Kirche hat den Menschen damals möglicherweise mehr geboten als uns heute der Staat bietet«? Was hat sie ihnen denn konkret geboten?
Wenn Sie die Frondienste mit den heutigen Steuern vergleichen, also mit Abgaben an die Gemeinschaft gleichsetzen - dann gehören die Güter, die aus den Frondiensten entstanden sind, doch erst recht der Gemeinschaft und nicht einem absolutistisch darüber verfügenden Bischof.
Wie kommen Sie denn auf die Idee, dass jemand aus gezahlten Steuern seiner Vorfahren Einzelansprüche ableiten könnte? Aber der Nachfahre fährt doch auf den Straßen, die vom Geld seines Vorfahren gebaut wurden. Seine Gegenwart baut auch in anderer Hinsicht auf den Steuern und Abgaben der Vergangenheit auf.
Genau diese vernünftige Weitergabe von Vermögen (in Form von Infrastruktur, Kultur, Bildung etc.) ist mit dem Protz des Herrn Tebartz-van Elst unterbrochen: Er maßt sich einen Innenausbau seiner Wohnräume für weit über eine halbe Million Euro an. Das nutzt außer ihm überhaupt niemandem. Der Nachfolger hat vielleicht einen ganz anderen Geschmack und lässt die Hälfte der Einbauten wieder herausreißen. Dieser Absolutismus, diese Selbstherrlichkeit, diese Maßlosigkeit, diese Arroganz – haben mit Christentum nichts zu tun.
Das ist ja gerade der Trick hinter dieser Diskussion. In anderem Kontext würde man auch vor dem Begriff Lobbyismus nicht halt machen.
Der Kirchenlobbyist argumentiert wie folgt:
Wenn es um Privilegien geht, dann hat die Kirche eine öffentliche, der Allgemeinheit dienende Funktion. Ihr Nutzen für die Allgemeinheit rechtfertigte Zwangsabgaben in der Zeit vor der Säkularisierung, die mit heutigen Steuern gleichgesetzt werden. Die gesellschaftliche Funktion rechtfertigt die Förderung der Religion als hoheitliche Aufgabe - noch heute.
Kommt es dann zur Nutzung dieser Privilegien, dann wird die Kirche plötzlich zur Privatangelegenheit - gerade auch heute. Dann sind es plötzlich hohe liberale Prinzipien der bürgerlichen Rechtsordnung, die eine Einmischung verbieten. Dann sind es plötzlich Prinzipien einer bürgerlichen Gesellschaft, deren Respekt vor der Privatssphäre dieser plötzlich als einer Art Privatinstitution gesehenen Einrichtung (hier gar einer einzelnen Privatperson, nämlich eines katholischen Bischofs) Nichtmitgliedern die kritische Betrachtung verübelt, ja sogar zur bedenklichen Entwicklung erklärt, wie es Llarian versucht.
Immer so, wie es gerade passt.
Nun gibt es staatliche Privilegien, die mit hoheitlichem Zwang erworbenen Vermögen vor der Säkularisierung werden einerseits als durch hoheitliche Funktionen gedeckt gesehen, gelten andererseits aber plötzlich als Privatangelegenheit, beides begründet mit einem Selbstanspruch als allumfassender, gesellschaftliche Kitt. Das betrifft mich sehr wohl, denn ich bin auch Teil dieser Gesellschaft.
Ich frage mich, wie viele Forenmitglieder kirchliche Verstrickungen mit dem Staat und Sonderrechte und ihren mit hoheitlichen Rechten erworbener Einfluss hier als Privatangelegenheit sehen, aber einen Moscheebau in Deutschland für öffentlich kritikwürdig halten, wenn er mit staatlichen und EU-Mitteln bezuschusst wird (oder auch nicht).
Bei der nächsten Islamdebatte verlinke ich dann gerne auf diesen Beitrag.
Zitat von Florian im Beitrag #123Und wenn man die internen Regeln auch nur im Innenverhältnis juristisch durchsetzen will, sollte man schon auch gewisse allgemein-gesetzliche Grundsätze beachten. Zum Beispiel das BGB oder, noch allgemeiner, die guten Sitten.
Schon richtig. Deswegen habe ich ja "fast nach Belieben" geschrieben.
Aber der Knackpunkt ist: Die internen Regeln müssen nicht dem Vereinsrecht entsprechen. Und können trotzdem - so sie nicht übergeordnetes Recht brechen - vor normalen Gerichten durchgesetzt werden.
Eine juristische Person mit vollständiger Rechtsfähigkeit erhalten Sie so aber nicht.
Zitat Das ist ja gerade der Trick hinter dies Diskussion. In anderem Kontext würde man auch vor dem Begriff Lobbyismus nicht halt machen.
Kein so sonderlich großes Tennis, denen, die eine andere Meinung artikulieren, "Tricks" und "Lobbyismus" zu unterstellen. Und sehr stark die eigene Argumentation schwächend.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #95Sobald es aber in der Bereich privater Organisationen (und damit meine ich jetzt nicht die Familie, sondern Vereine, Unternehmen, etc.) geht, da bin ich plötzlich ganz streng an die mir vom weltlichen Recht vorgegebenen Rechtsformen gebunden ...
Eigentlich nicht! Man kann weitgehend problemlos sowohl private als auch unternehmerische Tätigkeiten in eigenen Rechtsformen organisieren - das wäre dann jeweils eine GbR. Für die es kaum staatliche Vorgaben gibt.
Die Nutzung vom Staat definierter Rechtsformen wie "eingetragener Verein" oder "GmbH" ist nicht zwingend vorgeschrieben, sondern nur Option, um die damit verbundene Rechtsklarheit für Dritte oder staatliche Vergünstigungen zu nutzen.
Und um einer juristische Person mit Rechtsfähigkeit nach Außen zu erhalten.
Und staatliche Vergünstigungen sind ja auch schon ganz nett: Eine gemeinnützige Stiftung wird für ihre Gemeinnützigkeit durch steuervergünstigungen belohnt, muss sich dann aber auch der Stiftungsaufsicht unterstellen. Für kirchliche Stiftungen des öffentlichen-rechtes gilt das nicht. Die Kirche kann einfach frei verfügen, was sie für eine gemeinnützige Angelegenheit hält, ich kann das nicht, zumindest würde der Staat sich nicht daran gebunden fühlen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #129Eine juristische Person mit vollständiger Rechtsfähigkeit erhalten Sie so aber nicht.
Eine GbR ist m. W. sehr wohl eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit nach außen. Was unter "vollständiger" Rechtsfähigkeit zu verstehen ist, wäre noch zu klären.
Richtig ist natürlich, daß die Benutzung der staatlich vordefinierten Strukturen es für Außenstehende leichter macht, mit der Struktur Rechtsgeschäfte abzuschließen. Dafür ist man halt in anderer Hinsicht eingeschränkt.
Bei der selbstdefinierten Organisation ist man flexibler, auch ungewöhnliche Ideen umzusetzen. Und dafür entstand nach außen mehr Erklärungsbedarf.
Zitat von notquite im Beitrag #127Der Praktikantenstadl bei Spiegel Online ist bitter enttäuscht:
Zitat In Hessen häufen sich die Kirchenaustritte wegen des Skandals um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst. Doch in anderen katholischen Hochburgen wie Köln und München ist dieser Trend zumindest momentan nicht feststellbar, wie Anfragen bei Standesämtern und Amtsgerichten ergaben.
Man liest es förmlich mit: Was müssen wir denn NOCH tun, damit die Menschen endlich vernünftig werden?
Zitat Das ist ja gerade der Trick hinter dies Diskussion. In anderem Kontext würde man auch vor dem Begriff Lobbyismus nicht halt machen.
Kein so sonderlich großes Tennis, denen, die eine andere Meinung artikulieren, "Tricks" und "Lobbyismus" zu unterstellen. Und sehr stark die eigene Argumentation schwächend.
Offenbar gar nicht schwächend, denn auf die entscheidende Argumentation sind Sie ja nicht eingegangen:
Zitat Wenn es um Privilegien geht, dann hat die Kirche eine öffentliche, der Allgemeinheit dienende Funktion. Ihr Nutzen für die Allgemeinheit rechtfertigte Zwangsabgaben in der Zeit vor der Säkularisierung, die mit heutigen Steuern gleichgesetzt werden. Die gesellschaftliche Funktion rechtfertigt die Förderung der Religion als hoheitliche Aufgabe - noch heute.
Kommt es dann zur Nutzung dieser Privilegien, dann wird die Kirche plötzlich zur Privatangelegenheit - gerade auch heute. Dann sind es plötzlich hohe liberale Prinzipien der bürgerlichen Rechtsordnung, die eine Einmischung verbieten. Dann sind es plötzlich Prinzipien einer bürgerlichen Gesellschaft, deren Respekt vor der Privatssphäre dieser plötzlich als einer Art Privatinstitution gesehenen Einrichtung (hier gar einer einzelnen Privatperson, nämlich eines katholischen Bischofs) Nichtmitgliedern die kritische Betrachtung verübelt, ja sogar zur bedenklichen Entwicklung erklärt, wie es Llarian versucht.
Immer so, wie es gerade passt.
Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, gemeinnützige Aufgabe, die eine hoheitliche Privilegierung und Förderung rechtfertigt, die Kriterien für die staatlich anerkannte Gemeinnützigkeit und auch die Anwendung dieser Kriterien für die Einstufung als Gemeinnützig im Einzelfall sind aber Privatangelegenheit. So kann das nicht gehen, weder rechtlich noch moralisch. Mit einem Baptisten müsste ich diese Diskussion nicht führen.
Erklären Sie mir, wie diese Moving Target Strategie gerechtfertigt wird, das man es nicht als rhetorischen Trick in einer Diskussion bezeichnen kann?
Nachtrag: Der Vorwurf wäre vielleicht im Regelfall kein großes Tennis, wenn er sich aber - und bitte verzeihen Sie mir die bildliche Ausdrucksweise als Retourkutsche zu ihrer eigenen - auf eine solche Ping-Pong-Argumentation bezieht, dann schon.
Zitat Offenbar gar nicht schwächend, denn auf die entscheidende Argumentation sind Sie ja nicht eingegangen
Erstens erspare ich mir das grundsätzlich nach solchen Einleitungen, und zweitens habe ich hier noch gar keine Gegenposition bezogen. Ich würde an deiner Stelle mal etwas runterkommen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Rayson im Beitrag #135Erstens erspare ich mir das grundsätzlich nach solchen Einleitungen
Welcher Einleitung? Die, welche Sie in ihrer Antwort zitiert haben oder die von meinem Beitrag davor. Sie sehen, man verliert so schnell den Überblick, wenn man nicht klar macht, worauf man sich bezieht.
Zitat Ich würde an deiner Stelle mal etwas runterkommen.
Von was?
Nachtrag: Ich habe meinen Beitrag noch einmal gelesen. Aufgeregtheit kann ich da nicht erkennen. Wo sehen Sie die?
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #129Eine juristische Person mit vollständiger Rechtsfähigkeit erhalten Sie so aber nicht.
Eine GbR ist m. W. sehr wohl eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit nach außen. Was unter "vollständiger" Rechtsfähigkeit zu verstehen ist, wäre noch zu klären.
Zitat Ein italienischer Pförtner schiebt das schwere Tor zu, nicht ohne eine Prise verächtlicher Herablassung, während Deutschlands derzeit umstrittenster Bischof möglichen Fragen enteilt, im Korridor verschwindet.
Bei solcher Art Berichte kommen bei mir die Zweifel. Das klingt wie von einem allwissenden Erzähler in einem fiktionalen Roman. Auch inhaltlich ist das Zweifelhaft: Interessiert sich ein italienische Pförtner für einen dich recht kleinen Skandal um einen deutschen Bischof? Ist das realistisch?
Zitat von Reisender im Beitrag #114 Ich weiß, vermutlich ot, aber trotz dem: Welchen Auftrag (außer Seelsorge für einen beschränkten Kreis Interessierter) und welche Wirkung hat die (Katholische) Kirche, dass sie zum Kitt für unsere Gesellschaft wird?
Zitat Ein italienischer Pförtner schiebt das schwere Tor zu, nicht ohne eine Prise verächtlicher Herablassung, während Deutschlands derzeit umstrittenster Bischof möglichen Fragen enteilt, im Korridor verschwindet.
Das klingt wie von einem allwissenden Erzähler in einem fiktionalen Roman.
In einem miserabel lektorierten Roman. Ein guter Lektor hätte die "Verachtung" instinktiv per Rotstift entsorgt; & "kein Substantiv ohne sein epitheton ornans" ist ein sicheres Anzeichen für ein schreibendes Greenhorn. ("L'adjectif est l'ennemi du substantif," wie Voltaire nicht geschrieben hat.)
PS: http://juttas-zitateblog.blogspot.de/201...-feind-des.html ____________ Überliefert ist das Zitat vor allem durch Arthur Schopenhauers Ausführungen über „Schriftstellerei und Stil“. Er nennt als Quelle Discours sur l'homme 6. Nur habe ich dafür oder eine andere Originalquelle keinen Beleg gefunden. Aber auch Friedrich Nietzsche erwähnt es (offensichtlich hatte er es bei Schopenhauer gefunden)* (siehe http://www.archive.org/stream/gesammelte...etuoft_djvu.txt, S. 302).
Auch das Zitat selbst ist offensichtlich nicht korrekt. Es gibt dafür die französischen Versionen:
Ne pourra-t-on pas leur faire comprendre, combien souvent l'adjectif est ennemi du substantif, quoiqu'ils s'accordent en genre, en nombre et en cas? (In Jean-François de La Harpe: Lycée, Ou Cours de Littérature Ancienne et Moderne, Bd. 4. Agasse 1799, S. 116) und
Souvenez-vous, que le substantif et l'adjectif sont ennemis mortels, quoiqu'ils s'accordent en genre en nombre et en cas. (In Louis Ricard: L'Echo de la France, Bd. 7, 1868, S. 155)," ___________
PPS * #friedrichplag! Wird das nicht Zeit, daß sich jemand mal die Diss. von diesem Nietzsche anschaut?
Kann es sein, daß in der Kurie die Nerven blankliegen? So belästigt beispielsweise der Erfurter Diözesan-Administrator Weihbischof Dr. Reinhard Hauke (eine Aushilfe?) die Zeitungsleser mit dieser Absteige; fehlt nur noch die Kloschüssel.
Als Konfessionsloser würde ich sagen: Franz-Peter Tebartz-van Elst - übernehmen sie!
Zitat von Rayson im Beitrag #135Zitat: Ich würde an deiner Stelle mal etwas runterkommen.
Sehe ich auch so, Frequenz und Umfang sprechen vor allem für Quantität. Ich kann die Argumente und deren Ziel nicht nachvollziehen.
Gruß, Martin
Ich versuche es dann noch einmal zu erläutern (auch wenn mir nicht ganz klar ist, wie ich es noch kürzer, noch prägnanter und verständlicher formulieren soll):
Auf der einen Seite wird die öffentliche und öffentlich zu fördernde Funktion betont, wenn es um Rechtfertigung der Gewährung von Zuwendungen und Vorteilen geht, auf der anderen Seite handelt es sich aber plötzlich um eine Privatangelegenheit, sobald es um die Verwendung und Nutzung der Zuwendungen und Vorteile geht.
Ich versuche das noch einmal näher zu erläutern (und das werden jetzt leider 5 Absätze):
Zum einen wird dieses Muster bei der Rechtfertigung der gegenwärtigen Verzahnung von Staat und Kirche verwendet. Die Begründung der Vorteile und die Betrachtung als Gemeinnützig wird mit ihrem staatlich zu fördernden Zweck für die Gesellschaft gerechtfertigt. Was die Kirche dann als ihren Zweck und was sie als im Sinne der Allgemeinheit (also gemeinnützig) ansieht ist dann aber plötzlich ihre Privatangelegenheit, da habe sich niemand einzumischen, weder der Staat noch Nichtmitglieder, die aber Staatsbürger sind, in deren Namen der Staat ja auch privilegiert.
Zum anderen wird es aber auch bezüglich des öffentlichen Umgangs, im Sinne des gesellschaftlichen Umgangs zum Beispiel in der öffentlichen Debatte, verwendet. Es wird einerseits von einer gesellschaftlich wichtigen Funktion geredet, kirchliches Engagement sei gesellschaftlich wichtiges Engagement, die Kirche muss sich öffentlich(*) präsentieren, um so Einfluss auf die Gesellschaft (und ihre Öffentlichkeit) zu nehmen, dies sei zum allgemeinen, gesellschaftlichen Wohl. Andererseits ist es aber eine Privatangelegenheit, zu der sich nicht geziemen würde als Nichtmitglied, der nie an diesen Verein bezahlt hat, seine Meinung zu äußern.
(*) hier jetzt nicht im Sinne von staatlich, sondern im Sinne des Gegensatzes öffentliches Leben vs. Privatleben.
Nun kann man beide Positionen vertreten. Man kann auch bezüglich des Verhältnisses von Staat und Kirche (1. Themengebiet) die eine und bezüglich des gesellschaftlichen Umgangs (2. Themengebiet) die andere Position einnehmen. Aber in einem dieser Themenbereiche zwischen beiden Positionen nach belieben hin und her zu wechseln, je nach dem, wie es gerade überzeugender erscheint, um die Stellung der Kirche (oder ihre Funktionäre) zu stärken, ist zwar eine gut gemachte Vertretung kirchlicher Eigeninteressen (oder die ihrer Funktionäre), ein haltbare Argumentation ist es, objektiv bei Licht betrachtet, nicht. Auch wäre es nicht überzeugend, die Förderung der Religion als staatlich zu unterstützende, öffentliche Aufgabe zu betrachten, es für Fragen der gesellschaftlichen, öffentlichen Debatte aber plötzlich als Privatangelegenheit zu sehen.
Sehr wohl kann man es aber in Hinblick auf die Trennung von Kirche und Staat Religion als Privatangelegenheit betrachten, aber da religiöse Gemeinschaften eine wichtige, gesellschaftliche Funktion wahrnehmen, in öffentlichen Debatten ihre Rolle als eine Frage des öffentlichen Interesses ansehen. Schließlich wollen die großen Kirchen ja auch die Gesellschaft beeinflussen und darin besteht ja ihre wichtige, gesellschaftliche Funktion, gerade aus Sicht der Anhänger der Amtskirchen.
Die einzige Möglichkeit, einerseits zu sagen, es gehört öffentlich gefördert, aber dann darf die Allgemeinheit (im Sinne von uns Allen, auch den Nichtgläubigen) nicht mehr nachfragen, egal was die gerade so treiben und ob es mit dem ursprünglichen Grund ihrer Privilegierung zu tun hat, wäre, wenn diese Förderung wirklich jeder im gleichen Ausmaß bekäme. Zum einen ist es aber auf Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften beschränkt, zum anderen wird selbst bei denen nicht jeder gleich behandelt. So ist das nicht haltbar.
Zitat von HR im Beitrag #145Irre sechs Seiten schon. Ich habe die Brisanz des Themas wohl immer noch nicht verstanden.
Ich, das muss ich gestehen, zuerst auch nicht.
Zuerst hielt ich es auch für eine Privatangelegenheit der Kirche, die mich nicht interessiert. Aber Llarians Standpunkt, als Privatangelegenheit sei es nicht statthaft darüber öffentlich diskutieren, hat mich doch noch einmal näher darüber nachdenken lassen und ich habe meine Meinung schnell geändert. Es ist keine Privatangelegenheit. Nicht mehr als das Fehlverhalten von Frau Käßmann. Wenn sich jemand, der die Gesellschaft mit seinen eigenen Moralvorstellungen beeinflussen will und für dieses Ziel ausreichend Einfluss hat, hinter seiner Privatsphäre zu verstecken versucht, sobald es um Fehlverhalten gegenüber anderen geht, dann lässt man es in konservativen Kreisen einer Frau Käßmann nicht durchgehen, auch nicht einem Grünen. Aber in diesem Fall jetzt plötzlich schon? Kann man so sehen, hat man hier aber bisher nicht so gehen.
Ich persönlich finde, das ist ein Doppelstandard. Und ich lasse mir nur ungern vorwerfen, dass ich mich deshalb in gute Gesellschaft der Grünen begeben würde. Das ist Lagerdenken. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall: Wer einen solchen Doppelstandard anwendet, der begibt sich in gute Gesellschaft der Grünen.
Edit: Formulierung am Anfang ausgebessert. Sprachliche Klarstellung.
Zitat von Florian im Beitrag #96 Dies sind KEINE Subventionen. Sondern vertraglich vereinbarte Zahlungen.
Subventionen lassen sich natürlich auch in einem vertraglichen Korsett verkleiden.
Typischerweise wurden die entsprechenden Verträge im Nachgang zur Säkularisation geschlossen. Die Zahlungen sind sozusagen Schadenersatz für durch die Säkularisation entstandene Vermögensverluste.
Zitat Übriges: Wenn man darüber nachdenkt, ist der bayerische Staat da sehr billig davongekommen. In der Säkularisation wurden ja riesige ehemals kirchliche Ländereien verstaatlicht. Wenn man den Wert dieser Ländereien kaufmännisch korrekt mit einer ewigen Rente verrentet hätte, wäre da wohl ein deutlich höherer Wert herausgekommen als die Besoldung einer Handvoll Geistlicher und die Bereitstellung einer Handvoll Gebäude.
Und wenn man Entschädigungen für die vorrechtsstaatlichen Missetaten der Kirche gegenrechnet?
Da ist doch eigentlich die katholische Kirche mit der vorrechtsstaatlichen Säkularisierung noch gut davon gekommen.
Zitat von Rayson im Beitrag #135Zitat: Ich würde an deiner Stelle mal etwas runterkommen.
Sehe ich auch so, Frequenz und Umfang sprechen vor allem für Quantität. Ich kann die Argumente und deren Ziel nicht nachvollziehen.
Gruß, Martin
Ich versuche es dann noch einmal zu erläutern (auch wenn mir nicht ganz klar ist, wie ich es noch kürzer, noch prägnanter und verständlicher formulieren soll):
....... So ist das nicht haltbar.
Lieber Techniknörgler,
dass Kirche und Staat historisch verflochten sind und unser Leben durch Menschen, die sowohl Staatsbürger , als auch Kirchenmitglieder sind bestimmt wird ist nun mal Fakt. Die Verflechtungen liegen in der Natur unseres Lebens. Das festzustellen muss man kein Kirchenlobbyist sein, und keine Tricks benutzen wollen.
Sie argumentieren mit dem Rasenmäher. Ich sehe aber keinen konkreten Anhaltspunkt, der geeignet wäre die Komplexität unserer Verflechtungen aufzudröseln.
Unsere Tochter ist in einem von einem evangelischen Orden geführten Hort/Kindertagesstätte. Der Hort ist als der Beste vor Ort bekannt, u.a., weil die Schwestern über das von normalen Arbeitnehmern hinaus Übliche leisten. Dazu gäbe es vieles zu schreiben, ich spare mir mal das Detail. Ich spende dort jedes Jahr Bargeld, mit den Spenden werden Sonderanschaffungen gemacht (an den Spenden sind Sie über meine Steuerklärung auch beteiligt). Kindergarten und Hort bekommen wie andere nicht-christliche Einrichtungen Zuschüsse von der Stadt. Letztes Jahr hat die Stadt die Zuschüsse an die Bedingung geknüpft, dass auch Kleinstkinderunterbringungen geschaffen werden. Dies geht in Zukunft zu Lasten des Horts, dafür sollen die Schulen mehr Ganztagesbetreuung schaffen.
So, ist diese Verflechtung untragbar?
Die Stiftskirche in Stuttgart musste bis 2004 teuer renoviert werden. Am Bauzaun hing über die ganzen Jahre ein Spendenaufruf, um das Geld aufzubringen. Die Stiftskirche ist nicht nur kirchliches Eigentum, sondern auch ein historisches Gebäude und Teil der historischen Identität Stuttgarts. Ich kenne nicht die Gesamtfinanzierung, aber ich hätte kein Problem damit, wenn öffentliche Zuschüsse zum Erhalt beigesteuert worden wären. Dieselbe Situation gab es für die ehemalige Garnisonskirche in Ludwigsburg. Durch die stark befahrene B27 vor der Kirche hatte die Sandsteinsubstanz gelitten. Auch hier gab es Spendenaufrufe, ob und wie viel öffentlich beigesteuert weiß ich nicht, ich hätte es aber für gut geheißen. Im Übrigen haben u.a. die Kanzlerin Merkel und der Ministerpräsident Kretschmann in der Stuttgarter Stiftskirche dieses Jahr den 3.Oktober gefeiert, Als Christen, oder als Vertreter des Staates? Wie Sie sehen, sind die Verflechtungen nicht immer leicht aufzudröseln. Untragbar? Vielleicht hat ja das Land die Stiftskirche mit 'Personal' offiziell als Veranstalter angeheuert. Oder sind alle nur der Einladung der 'Gastgeber' gefolgt und der Staat kam in den Genuss eines geldwerten Vorteils. Ich kenne mich da nicht so genau aus, aber Sie können da sicher aufklärerisch beitragen, wie solche Veranstaltungen 'abgerechnet' werden.
Ansonsten dürfte es in einem demokratischen Land nicht ganz unvermeidbar sein, dass Abgeordnete, die sogenannten Non-Government Organisationen angehören ihre Partikularinteressen in die Parlamente bringen. Das trifft für die Kirchen genauso zu, wie für die Gewerkschaften.
Zitat dass Kirche und Staat historisch verflochten sind und unser Leben durch Menschen, die sowohl Staatsbürger , als auch Kirchenmitglieder sind bestimmt wird ist nun mal Fakt. Die Verflechtungen liegen in der Natur unseres Lebens. Das festzustellen muss man kein Kirchenlobbyist sein, und keine Tricks benutzen wollen.
Das die Verflechtung existiert habe ich ja auch festgestellt.
Mit der "Natur unseres Lebens" als Rechtfertigung zu kommen ist problematisch. Die Verflechtung ist historisch bedingt, kein unabänderbare Natur.
Ich bringe die Debatte nochmals auf den Punkt: Man kann es als öffentliche Angelegenheit sehen Religion und Kirche zu fördern, dann ist aber nicht gleichzeitig eine Privatangelegenheit zu der Nichtmitglieder kein moralisches Recht hätten sich zu äußern.
Zitat Sie argumentieren mit dem Rasenmäher.
Wo ist das jetzt der Unterschied dazu, einen Trick vorzuwerfen?
Im übrigen habe ich nicht mit dem Rasenmäher argumentiert:
Zitat Unsere Tochter ist in einem von einem evangelischen Orden geführten Hort/Kindertagesstätte. Der Hort ist als der Beste vor Ort bekannt, u.a., weil die Schwestern über das von normalen Arbeitnehmern hinaus Übliche leisten. Dazu gäbe es vieles zu schreiben, ich spare mir mal das Detail. Ich spende dort jedes Jahr Bargeld, mit den Spenden werden Sonderanschaffungen gemacht (an den Spenden sind Sie über meine Steuerklärung auch beteiligt). Kindergarten und Hort bekommen wie andere nicht-christliche Einrichtungen Zuschüsse von der Stadt. Letztes Jahr hat die Stadt die Zuschüsse an die Bedingung geknüpft, dass auch Kleinstkinderunterbringungen geschaffen werden. Dies geht in Zukunft zu Lasten des Horts, dafür sollen die Schulen mehr Ganztagesbetreuung schaffen.
So, ist diese Verflechtung untragbar?
Wenn es wirklich nur so gefördert wird, wie andere private Einrichtungen auch, dann ist das in Ordnung. Bloß lässt sich daraus nun keine Begründung für Sonderrechte ableiten. Auch - und das ist der Kern meine Ausführungen gewesen, wie auch ziemlich offensichtlich war und von mir auch immer und immer wieder wiederholt wurde: Das ganze ist dann keine reine Privatangelegenheit. Ob die verwendeten Mittel auch für das genutzt werden, wofür sie bereit gestellt wurden, ist dann keine Privatangelegenheit mehr. Das ist der Kern meiner Aussage: Wird etwas öffentlich gefördert, da es einem öffentlichen Zweck diene, dann ist die Verwendung der Mittel nicht mehr reine Privatangelegenheit.
In Bezug auf den Fall des Limburger Bischofs liegt der Fall etwas anders: Öffentliche Mittel hat er wohl kaum verwendet, aber auch hier sehe ich keinen Grund, warum Nichtmitglieder hier kein moralisches Recht hätten, etwas zu dem Fall zu sagen, wie es Llarian meint. Wenn jemand die Gesellschaft mit seinen Moralvorstellungen prägen will und hierfür eine besondere gesellschaftliche wie auch hoheitlich anerkannte Stellung beansprucht, dann ist sein Fehlverhalten nicht mehr reine Privatangelegenheit. Zumindest dann nicht, wenn sein (mutmaßliches) Fehlverhalten Bezug zu der geförderten Organisation oder seiner Moralpredigt hat. In diesem Zusammenhang darf ich nochmal auf die recht offenen Wertungen über Frau Käßmann durch viele liberale und konservative auch und gerade hier im kleinen Zimmer verweisen. Da hieß es auch nicht plötzlich, das sei aber ihre Privatssphäre scheinheilig in der Öffentlichkeit herum zu heucheln, während sie sich selbe Fehltritte leistet.
Auch möchte ich betonen, was den persönlich gewordenen Aspekt dieser Diskussion angeht: Ich habe mich für das Thema ursprünglich nicht interessiert. Ich hatte ursprünglich nur eine kurze Nachfrage gestellt bezüglich der Gemeinsamkeiten von katholische Kirche und Urchristen, mich ansonsten aber nicht an dieser Diskussion beteiligt, weil ich es erst auch als Privatangelegenheit anderer wahrgenommen habe. Erst als Llarian die Position aufführte, dass die Nichtmitglieder gar kein moralisches Recht hätten sich zu äußern, da habe ich mich in die Diskussion eingeklingt und widersprochen und meine Ansicht bezüglich das Charakters als Privatangelegenheit auch korrigiert. Die Gründe habe ich oben ausgeführt. Besonders überrascht hat mich die Radikalität, mit der Kritik hier plötzlich als illiberal hingestellt werden sollte und die moralische Pflicht zu schweigen als alternative zur offenen Debatte zur liberalen Haltung um interpretiert wurde. Ich bitte meine Argumente in diesem Kontext zu sehen.
Ein weiteres Beispiel: Bei Bildungsgutscheinen wäre es übrigens auch grundsätzlich statthaft, sie in religiösen Schulen einzulösen, sofern es auch säkulare Alternativen gibt. Aber eine Sonderförderung für religiöse Schulen wäre etwas anderes und auch eine besonders staatlich privilegierte Stellung im Verlgeich zu säkularen Schulen lässt sich damit kaum rechtfertigen.
Zitat von Blogbeitrag von R.A.Und der Bauskandal zeichnet sich fast immer dadurch aus, daß die Bauherren im laufenden Prozeß massiv den Bauplan ändern. Ohne sich um technische Folgeprobleme und Kosten zu kümmern. Wenn in Limburg nachträglich das schon fertige Dach geöffnet werden mußte, weil der Bischof das Kreuz doch lieber von der Decke statt an der Wand hängend haben wollte - das gibt ganz heftige Zusatzkosten.
Dazu habe ich folgendes gefunden:
Zitat von http://www.sueddeutsche.de/panorama/bist...-elst-1.1793980[Michael] Frielinghaus [Architekt des Diözesanen Zentrums in Limburg] sagte, er habe sich bereits bei einer Pressekonferenz im Dezember 2010 über die damals vom Bischöflichen Stuhl genannte Bausumme in Höhe von 5,5 Millionen Euro gewundert. Der Bauherr, also der Bischof und seine engsten Mitarbeiter, hätten gewusst, "dass die Baukosten tatsächlich bei 31 Millionen Euro liegen". Die damals genannte Zahl hätte "deutlich unter der Summe" gelegen, "die der Bauherr und alle am Projekt beteiligten Planer kannten".
Zur Verantwortung des Bischofs:
Zitat von http://www.faz.net/aktuell/politik/bistu...e-12615662.htmlNein, der Bischof war ganz einfach entschlossen, die Kosten für immer geheim zu halten, und er vertraute darauf, dass ihm das gelingen würde. Jedenfalls hat er sich so wiederholt im Vermögensverwaltungsrat geäußert - etwa im Zusammenhang mit der Bewilligung der „Zwischenfinanzierung“ 2012. Damals sagte der Bischof über die Kosten: „Sie dürfen nie öffentlich werden.“ Die Mitglieder bezogen diese Bemerkung auf die 15 Millionen, sie wussten nicht, dass die Kosten auch ihnen gegenüber geheim waren. Aber Jochen Riebel versuchte, unterstützt von Lucas und Leuschner, den Bischof davon zu überzeugen, dass diese Idee „völlig abwegig“ sei. Doch der Bischof widersprach aufs heftigste und blieb bei seiner Haltung. Voraussetzung dafür war die Auslagerung der Buchführung an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Alle Rechnungen und Belege wurden ihr zugeleitet. Nur Dombaumeister Staudt und Architekt Frielinghaus zeichneten sie ab. Im Ordinariat bekam sie niemand zu Gesicht. Auch der Vermögensverwaltungsrat nicht.
Zitat von http://www.faz.net/aktuell/politik/bistu...e-12615662.htmlEndlich, am 2. Oktober musste Staudt mit den Zahlen bei Riebel anrücken. Dem Dombaumeister stand die Angst ins Gesicht geschrieben, kaum waren die beiden allein, brach er in Tränen aus. Und gestand unter Tränen, mit Berufung auf Frau und Kind: Ich habe Sie immer belogen! Wir alle haben Sie auf Weisung des Bischofs belogen. Sogar in der Akte, die er übergab, hatte er aus „Umplanungen auf Wunsch des Bauherrn“ einfach „Umplanungen“ oder „notwendige Umplanungen“ machen müssen.
Mir fällt es schwer, nach der Lektüre der beiden FAZ-Artikel (siehe unten), von einer Medienkampagne gegen einen unbeliebten, weil konservativen, Bischof auszugehen. Ganz im Gegenteil kann ich der Presse, besonders der FAZ, für ihre Recherchen nur dankbar sein. Nur weil auch woanders Größenwahn und Eitelkeit manch Bauvorhaben bestimmt, sollte man Gewöhnungstendenzen widerstehen.
Nachtrag: Allerdings ist es Sache der Katholischen Kirche wie mit diesem Bauskandal umgegangen wird. Es sind Kirchengelder die dort verbaut werden und das betrifft nur die Katholiken des Bistums Limburg. Mir kommt dieser Teil der Aufregung vor, wie die um die Begrenzung der Managergehälter, welche nur die Aktionäre betrifft. Aber in diesem Land, wo Fördergelder nicht aus Mildtätigkeit breit gestreut werden, sondern um Abhängigkeiten und Einfluss staatlicherseits zu schaffen, passt sie ins Bild. Natürlich ist das Ganze eine Privatangelegenheit des Bistums, aber das sollte nicht die Presse davon abhalten trotzdem darüber zu berichten. Katholiken wie Aktionäre sind u.U. angewiesen auf die Enthüllungen der Medien. Dafür sind sie da, das ist ihr Job. Weshalb auch Katholiken und Aktionäre Zeitung lesen dürften. Sie sind ebenfalls Kunden. Einzig der Staat sollte sich heraushalten, ihn geht die ganze Sache nichts an. Und wenn Verflechtungen zwischen Staat und Kirche dafür herhalten müssen, dass eine Einmischung gefordert wird, ist das nichts weiter als der Ruf nach dem Staat, der seiner immer stärker betriebenen Aufgabenausweitung in alle Lebensbereiche nachfolgt. Dieser Ruf würde aber unweigerlich die genannte Ausweitung verstärken. Deswegen ist es m.E. angebracht diese Angelegenheit als privat anzusehen. Nur um die Kausalität vom Rufen nach dem Staat und der daraus folgenden Erweiterung seines Einflusses, welcher einen erneuten Ruf wegen der Rücknahme der Eigenverantwortung verursacht, zu unterbrechen.
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