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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.10.2013 12:33
#151 RE: Öffentlich oder Privat oder Beides? Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #150
Dazu habe ich folgendes gefunden:
[quote="http://www.sueddeutsche.de/panorama/bist...-elst-1.1793980"][Michael] Frielinghaus [Architekt des Diözesanen Zentrums in Limburg] sagte, er habe sich bereits bei einer Pressekonferenz im Dezember 2010 über die damals vom Bischöflichen Stuhl genannte Bausumme in Höhe von 5,5 Millionen Euro gewundert. Der Bauherr, also der Bischof und seine engsten Mitarbeiter, hätten gewusst, "dass die Baukosten tatsächlich bei 31 Millionen Euro liegen".

Mal abgesehen davon, daß ich dem Neuen Süddeutschland schon als Quelle grundsätzlich mißtraue: Der Architekt gehört für mich auch eher zu den Leuten, die mit "Haltet den Dieb" von der eigenen Verantwortung ablenken wollen.

Was der Bischof damals öffentlich präsentiert hat, müßte man recherchieren. Wenn man den in der FAZ gebrachten Bistums-Akten folgt, waren die 5,5 Millionen aber die ganz alte Planung des Domkapitels, ohne die zusätzlichen Projekte wie Stadtmauer und Archäologie.

Zum Zeitpunkt des Frielinghaus-Einstiegs war wohl eine Bausumme von 17 Millionen in der Planung - die mir als Schätzung auch plausibel erscheint. Daß der Bischof schon damals von 31 Millionen Gesamtsumme gewußt haben soll, scheint mir unglaubwürdig. Denn dann hätte er doch gleich die 31 Millionen als Projektplan nehmen können.
Und vor allem läßt die Behauptung des Architekten offen, wo dann die ganzen Mehrkosten der Umplanungen zwischen 2010 bis 2013 geblieben sind. Wenn das alles schon 2010 bekannt gewesen sein soll, wären es ja keine Umplanungen gewesen.

Was den FAZ-Artikel betrifft: Der hat mir sehr mißfallen. Da wird komplett die Sicht eines am Streit beteiligten (Jochen Riebel) übernommen, obwohl der wohl auch einigen Dreck am Stecken hat und natürlich einseitig berichtet. Abgesehen davon, daß ich eine Person problematisch finde, die wie er pflichtwidrig Kircheninterna an die Presse gibt. Die hätten an die kircheninternen Kontrollinstanzen gehen müssen.
Vieles in diesem Artikel wird auch sachlich richtig sein, ich will auch keineswegs den Bischof verteidigen.

Aber der Artikel ist für mich ein typisches Produkt deutscher Medien - Agitprop statt seriöse Information. Da sind so viele Formulierungen dabei, die nicht seriös belegt sind. Insbesondere die ganzen Szenen, in denen TV-ähnlich die angeblichen Äußerungen und Verhaltensweisen des Bischofs und seines Vikars beschrieben werden. Mit den eigentlichen Sachverhalten und Vorwürfen hat das alles nur wenig zu tun - aber Stimmung machen.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

16.10.2013 13:21
#152 RE: Öffentlich oder Privat oder Beides? Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #149
Mit der "Natur unseres Lebens" als Rechtfertigung zu kommen ist problematisch. Die Verflechtung ist historisch bedingt, kein unabänderbare Natur.


Was ist daran problematisch? Soll der Mensch sein Gehirn buchhalterisch Aufteilen in den Bereich, der für den Staat zuständig ist und in den Berich, der für seinen Arbeitgeber zuständig ist, und in den Bereich, der für die Religion zuständig ist?


Zitat
Ich bringe die Debatte nochmals auf den Punkt: Man kann es als öffentliche Angelegenheit sehen Religion und Kirche zu fördern, dann ist aber nicht gleichzeitig eine Privatangelegenheit zu der Nichtmitglieder kein moralisches Recht hätten sich zu äußern.



Ich weiß nicht, ob das wirklich der PUNKT ist. Die Förderung für einen Kindergarten ist nicht deshalb eine Förderung der Kirche, weil dieser kirchlich betrieben wird. Der Kindergarten hält sich an die staatlichen Vorgaben, der Staat überlässt dem Kindergarten aber die Entscheidung, welches Auto er kauft für die Beförderung von Kindern. Die Hoheit über den eigenen Haushalt ist kein Sonderrecht, sondern Stand unserer gesellschaftlichen Ordnung.

Wenn der Staat die Renovierung einer Kirche bezuschusst, dann ist das nicht unbedingt eine Förderung der Kirche, sondern die Erhaltung eines Kulturguts. Dass beide, Kirche und Staat, auch davon profitieren leitet noch kein moralisches Recht auf Einmischung ab, wie oft beispielsweise in der Kirche eine Messe gelesen wird.

Es gibt natürlich immer Leute, die überall mitreden wollen, und ganz besonders dann, wenn man ihnen bedeutet, dass es sie eigentlich nichts angeht. Nur sehe ich das nicht als moralisches Recht, sondern als etwas, das man halt in unserem Land hinnehmen muss.

Gruß, Martin

sitka Offline




Beiträge: 22

16.10.2013 13:26
#153 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat
Zitat von Llarian im Beitrag #94
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #93
damit haben Sie zwar grundsätzlich recht, allerdings werden die großen Amtskirchen in Deutschland heftig subventioniert und dann auch noch arbeitsrechtliche privilegiert und haben auch ganz abstrakt eine öffentlich-rechtlichen Charakter sui generis.

An die Subvention würde ich erst einmal ein sehr grosses Fragezeichen machen. Kirchensteuer ist keine Subvention [...]




Die Kirchensteuer meine ich auch nicht, die ist schlicht ein vom Staat eingezogener Mitgliedsbeitrag.

Ich rede von echten Subventionen, beispielsweise der Übernahme von Gehältern zahlreicher Geistlicher, Zuschüssen zu Kirchenbauten (ja, zu den religiösen, sakralen Dingern, nicht zu Sozialeinrichtungen oder Pflegeheimen) und zu ihrem Unterhalt. Das sind alles Zuschüsse für explizit und teilweise primär bis ausschließlich religiösen Nutzen, als Aspekten, die nur für Gläubige einen Wert haben (außer vielleicht im Einzelfall künstlerischem Wert, aber das ist nicht der Grund für die öffentliche Förderung)

Von den tatsächlich karitativen Einrichtungen trägt der Staat natürlich auch der Großteil bzw. die finanzieren sich zu 70-90% so wie gemeindliche Einrichtungen der selben Art - dafür beansprucht die Religionsgemeinschaften aber einen exklusiven Einfluss und eine autonome Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis über die Einrichtungen, wie sie sonst kein privater Träger irgend einer Einrichtung hätte. Selbst wenn die Einrichtung zu 100% privat getragen und finanziert wäre, ohne einen Cent öffentliche Zuschüsse, so würde der Staat ihnen immer noch, insbesondere mit arbeitsrechtlichen Vorschriften, mehr reinreden als der Kirche.

In welche Richtung der Unterschied geändert werden sollte, darüber werden sich jetzt wohl Sozialdemokraten und Liberale nicht einig werden, aber das diese Ungleichbehandlung ein besonderes, staatlich verliehenes Privileg im Gegenzug für eine Verpflichtung auf (selbstgewählte) religiöse Zwecke ist, sollte klar sein, das diese Privilegierung geändert werden sollte auch (*) und das wenigstens die Rechtfertigung der bisherigen Privilegierung gegeben seien muss, solange die Vorzugsbehandlung der Kirchen besteht, auch.

(*) welches Rechtslage sich nun an welche annähern soll, das heute allgemeine Arbeitsrecht dem freieren der Kirchen oder umgekehrt, das wird Liberale und Sozialdemokraten wohl entzweien

Zitat

In gewissem Sinne tun Sie das. In ihren eigenen vier Wänden. Sie sind immernoch an "weltliches" Recht gebunden, aber wie Sie mit sich selber abrechnen, wie Sie in ihrer Familie die Finanzen regeln, da redet Ihnen (noch und glücklicherweise) der Staat nicht rein.



In der Familie, ja. Auch dort aber nicht mit beliebigen, eigenen Rechtsformen. Außerdem ist die Familie, ebenso wie die Religionsgemeinschaften, nun mal besonders grundrechtlich geschützt. Sobald es aber in der Bereich privater Organisationen (und damit meine ich jetzt nicht die Familie, sondern Vereine, Unternehmen, etc.) geht, da bin ich plötzlich ganz streng an die mir vom weltlichen Recht vorgegebenen Rechtsformen gebunden - und das ist an sich auch nicht illiberal, sondern hat seinen Sinn in der Rechtssicherheit und Übersichtlichkeit für andere Teilnehmer am Rechtsverkehr, für die das ganze nicht unbedingt irrelevant ist.

Zitat

Ich würde sagen, wenn Sie zu den Spendern (und sei es nur potentiell) dieser Organisationen gehören, dann ist es angemessen sich solche Fragen zu stellen. Aber würde Ihnen das selbe zustehen, wenn Sie über etwas reden wollen, dass Sie überhaupt nicht betrifft ?



Und wenn ich selber an Unicef nichts gespendet habe, aber von einem entsprechenden Skandal höre, darf (**) ich da nicht andere warnen, es sich zumindest zu überlegen und sich vorher zu informieren, vielleicht auch herausstellen was aus meiner Sicht an der offizellen Erklärung oder Rechtfertigung (mich) nicht überzeugt? Und wieder: Natürlich ist Unicef eine überstaatliche UN-Organisation, setzen Sie an die Stelle eine beliebige, private Stiftung oder ähnliches, die ein Skandal ja auch treffen kann (der Unicef-Skandal ist jetzt ja auch wieder eine Weile her, vlt. tue ich der Organisation heute unrecht).

(**) "dürfen" nicht unbedingt im juristischen, sondern auch im moralischen Sinne.




Möglicherweise sind an dieser Stelle einige Zahlen hilfreich für die Finanzdiskussion.

Jährlich staatliche Subventionen an die Kirche: 14,5 Milliarden € !!!

(z. B. Bischofsgehälter, Ausbildung von Theologen, konfessioneller Religionsunterricht, Militärseelsorge usw., selbst Weihrauch wird vom Staat bezahlt!!!)

Kirchliche Schulen: zu über 90% vom Staat finanziert!
Kirchliche Kindergärten: zu 80-100% vom Staat finanziert!
Ausbildung von Theologen: mit 620 Millionen jährlich vom Staat bezahlt!
Konfessions (Religions) Unterricht an Schulen: zu 100%

Kirchensteuer: "nur" ca. 8 bis 9 Milliarden jährlich!

Monatliche Gehälter von Bischöfen und LandesBischöfen:
(Diese Gehälter zahlt in den meisten Ländern der Staat !!!)
Bischöfe: 7.500 € - ErzBischöfe und Kardinäle: 10.000 € !!! (jeden Monat) Dabei wohnen fast alle mietfrei und haben Dienstkarossen mit Chauffeur! Die Eminenzen fahren S-Klasse -

Kirchliches Vermögen (nach C. Frerk) 501,8 Milliarden € (über eine halbe Billion )

Und dann sehe man sich die strikte Trennung von Kirche und Staat in den 'USA an, wo das kirchliche Leben und alle Sozialfunktionen bis in die unterste Ebene funktionieren.Die Affinität zum Glauben und zur Kirche ist dort erheblich größer!!Den Bischof in den USA möchte ich sehen , der sich eine Limburger Badewanne einbauen ließe--

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.10.2013 13:27
#154 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat
Welcher Einleitung? Die, welche Sie in ihrer Antwort zitiert haben oder die von meinem Beitrag davor. Sie sehen, man verliert so schnell den Überblick, wenn man nicht klar macht, worauf man sich bezieht.

Ich bitte um Vergebung, wenn ich den Kontext einfacher erkennbar voraussetzte als er tatsächlich war. Mit "Einleitung" sind selbstverständlich die Angriffe auf diejenigen gemeint, die sich erdreisten, eine andere Meinung zu vertreten.

Zitat
Zitat Ich würde an deiner Stelle mal etwas runterkommen.Von was?Nachtrag: Ich habe meinen Beitrag noch einmal gelesen. Aufgeregtheit kann ich da nicht erkennen. Wo sehen Sie die?

Ich kenne deine bisherigen Beiträge und bin von denen keine solchen Unsachlichkeiten gewohnt.

Von Aufgeregtheit zeugt auch die Tatsache, dass du mich aufgrund meines Einwurfs gleich mal mit der von dir bekämpften Gegenposition identifiziert hast. Tatsächlich bin ich zwar ein Anhänger der "Privatangelegenheit"-These, habe es aber nicht so mit gesellschaftlichen Aufgaben und bin daher als Adresse deiner Vorwürfe ungeeignet. Davon ganz abgesehen: Es ist ja dein gutes Recht, tatsächliche oder vermeintliche Widersprüche in der Argumentation Anderer aufzugreifen, aber daraus gleich zu folgern, es könne sich dabei nur um "Tricks" handeln, die auf "Lobbyismus" zurückzuführen seien, hat mit der Art von Diskussion, die wir hier normalerweise zu führen pflegen, nicht viel zu tun.

Vielleicht an dieser Stelle nochmal kurz zum Thema. Über die Dotationen, die Säkularisation und die Entstehungsgeschichte von Vermögen kann man stundenlang philosophieren. Fakt ist allerdings, dass die derzeitige Lage im Grundgesetz einerseits bestätigt ist, andererseits der Staat dazu aufgefordert wird, sie zu ändern. Und zwar nicht einseitig, denn dann hätte er es natürlich längst getan, sondern im Rahmen eines Interessenausgleichs. Dass dieser grundgesetzliche Auftrag bisher nicht erfüllt wurde, dürfte, wie man unschwer errät, im Wesentlichen auf die hier von Florian angeführten Berechnungen zurückzuführen sein. Trotzdem: Wenn man eine in der letzten Zeit etwas überstrapazierte (und im engeren Sinn auch falsche) Metapher erneut anbringen will, liegt der Ball seit 1949 im Feld des Staates, und die Kirchen warten neugierig, was da wohl für Vorschläge kommen. Wer mag, kann übrigens auch die Kameralistik dafür verantwortlich machen, dass bisher nichts passiert ist...

Über die Dotationen hinaus kann ich eine Bevorzugung der Kirchen höchstens im Arbeitsrecht erkennen. Dazu wäre aber einzuwenden, dass ähnliche Regelungen z.B. auch für den DGB gelten und dass ich als überwiegend liberal denkender Mensch mir eine Abschaffung dieser Bevorzugung nur durch Ausdehnung auf andere Arbeitsverhältnisse vorstellen kann, denn tatsächlich bestehen die Privilegien ja in weniger Einschränkung der Vertragsfreiheit.

Die allgemeine Sehnsucht nach moralischen Urteilen (egal ob Tebartz-van Elst oder Käßmann) erscheint mir übrigens nicht nur aus liberaler, sondern auch aus christlicher Sicht verfehlt. Aber wieviel Pharisäer in einem steckt, muss eben jeder für sich selbst entscheiden.

Kleiner Disclaimer zum Schluss in Sachen "Lobbyismus": Ich gehöre nicht der römisch-katholischen Kirche an. Im Gegenteil, ich bin aus ihr ausgetreten, weil ich vieles in ihr nicht mit meiner Vorstellung von Christsein verbinden konnte. Das Bistum, dem ich jetzt angehöre, profitiert von den Entschädigungsleistungen nicht und ist auch kein großer Arbeitgeber jenseits der festangestellten Geistlichen.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.10.2013 13:34
#155 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat von sitka im Beitrag #153
Ich rede von echten Subventionen, beispielsweise der Übernahme von Gehältern zahlreicher Geistlicher, Zuschüssen zu Kirchenbauten (ja, zu den religiösen, sakralen Dingern, nicht zu Sozialeinrichtungen oder Pflegeheimen) und zu ihrem Unterhalt. Das sind alles Zuschüsse für explizit und teilweise primär bis ausschließlich religiösen Nutzen, als Aspekten, die nur für Gläubige einen Wert haben (außer vielleicht im Einzelfall künstlerischem Wert, aber das ist nicht der Grund für die öffentliche Förderung)

Da muss man schon differenzieren. Die Übernahme der Gehälter, die übrigens zunehmend nur indirekt erfolgt, ist grundgesetzlich so lange geboten, bis Staat und Kirche sich über eine Ablösung geeinigt haben. Zuschüsse zu Kirchenbauten würde ich nicht anders sehen als z.B. Zuschüsse zu Schlössern oder anderen zum Stadtbild gehörenden Bauten.
Zitat von sitka im Beitrag #153
Von den tatsächlich karitativen Einrichtungen trägt der Staat natürlich auch der Großteil bzw. die finanzieren sich zu 70-90% so wie gemeindliche Einrichtungen der selben Art - dafür beansprucht die Religionsgemeinschaften aber einen exklusiven Einfluss und eine autonome Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis über die Einrichtungen, wie sie sonst kein privater Träger irgend einer Einrichtung hätte.
Also bei Krankenhäusern (da kenne ich mich zufällig aus) ist das absolut vergleichbar. Da bekommen rein private Träger genau so die Investitionszuschüsse vom Land und die Leistungen der gesetzlichen Kassen wie staatliche und kirchliche, und sie haben trotzdem die volle Entscheidungshoheit über ihre Einrichtungen.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.10.2013 13:45
#156 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat von sitka im Beitrag #153
Jährlich staatliche Subventionen an die Kirche: 14,5 Milliarden € !!!

Da würde eine sorgfältige Wortwahl helfen. Das sind keine Subventionen, sondern schlicht Zahlungen von diversen staatlichen Stellen an diverse kirchliche Organisationen.

Zitat
Kirchliche Schulen: zu über 90% vom Staat finanziert!
Kirchliche Kindergärten: zu 80-100% vom Staat finanziert!


Das sind aber keine Subventionen für die Kirchen, sondern die ganz normalen Zuschüsse an private Träger. Die bekommt jeder, der nach festgelegten Kriterien einen Kindergarten oder eine Schule aufmacht und den Staat durch diese Leistung entlastet.

Zitat
Ausbildung von Theologen: mit 620 Millionen jährlich vom Staat bezahlt!


Das sind ganz normale Studiengänge, mit denen man hinterher auch nicht zur Kirche gehen muß.
Es ist ja auch keine Subvention, wenn eine Firma die an staatlichen Hochschulen ausgebildeten Absolventen einstellt.

Zitat
Konfessions (Religions) Unterricht an Schulen: zu 100%


Das ist ein Teil des staatlich gewünschten Unterrichts. Wie bei jedem Lehrplan kann man streiten, ob man das drinlassen will oder nicht. Aber es ist keine Subvention an die Kirche.

Zitat
Kirchensteuer: "nur" ca. 8 bis 9 Milliarden jährlich!


Schlichter Mitgliedsbeitrag der Kirchenangehörigen, keine staatliche Leistung.

Zitat
Monatliche Gehälter von Bischöfen und LandesBischöfen:


Vertraglich festgelegte Leistung als Kompensation der Übernahme von Kirchengütern durch den Staat.
Man kann politisch streiten, ob man neue Verträge machen sollte und die Säkularisationsfolgen wegen der großen zeitlichen Entfernung keine Rolle mehr spielen sollten.
Aber die Gehaltszahlungen sind keine Subvention, sondern normale Vertragserfüllung.

Zitat
Kirchliches Vermögen (nach C. Frerk) 501,8 Milliarden € (über eine halbe Billion )


Kann sein. Es gibt keine seriösen Zahlen über das Kirchenvermögen - die von Frerk würde ich mal nicht glauben.
Ist auch völlig egal, wie die Höhe ist, weil es eben Privatvermögen ist und nichts mit angeblichen staatlichen Subventionen zu tun hat.

Zitat
Und dann sehe man sich die strikte Trennung von Kirche und Staat in den 'USA an


Ich sehe mir viele Vorbilder aus den USA an, an denen man sich bei Reformen in Deutschland orientieren könnte. Aber eine 1:1-Übernahme ist selten sinnvoll.

Zitat
Den Bischof in den USA möchte ich sehen , der sich eine Limburger Badewanne einbauen ließe


Es gibt US-Kleriker, die deutlich feudaler leben ...

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

16.10.2013 14:05
#157 RE: Öffentlich oder Privat oder Beides? Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #151
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #150
Dazu habe ich folgendes gefunden:

Zitat von http://www.sueddeutsche.de/panorama/bist...-elst-1.1793980
[Michael] Frielinghaus [Architekt des Diözesanen Zentrums in Limburg] sagte, er habe sich bereits bei einer Pressekonferenz im Dezember 2010 über die damals vom Bischöflichen Stuhl genannte Bausumme in Höhe von 5,5 Millionen Euro gewundert. Der Bauherr, also der Bischof und seine engsten Mitarbeiter, hätten gewusst, "dass die Baukosten tatsächlich bei 31 Millionen Euro liegen".


Mal abgesehen davon, daß ich dem Neuen Süddeutschland schon als Quelle grundsätzlich mißtraue: Der Architekt gehört für mich auch eher zu den Leuten, die mit "Haltet den Dieb" von der eigenen Verantwortung ablenken wollen.


Das habe ich mir schon gedacht. Kein Problem, dann werde ich das Neue Süddeutschland eben als Quelle meiden. Nur spielt das in diesem Fall keine Rolle, weil Herr Frielinghaus ja zitiert wird.

Zitat von R.A. im Beitrag #151
Was der Bischof damals öffentlich präsentiert hat, müßte man recherchieren. Wenn man den in der FAZ gebrachten Bistums-Akten folgt, waren die 5,5 Millionen aber die ganz alte Planung des Domkapitels, ohne die zusätzlichen Projekte wie Stadtmauer und Archäologie.

Die Kosten haben sich auch dadurch erhöht, dass der Bischof bereits fertiggestellte Bauabschnitte erneut neu bauen ließ, weil er seine Ansichten änderte.

Zitat von R.A. im Beitrag #151
Zum Zeitpunkt des Frielinghaus-Einstiegs war wohl eine Bausumme von 17 Millionen in der Planung - die mir als Schätzung auch plausibel erscheint. Daß der Bischof schon damals von 31 Millionen Gesamtsumme gewußt haben soll, scheint mir unglaubwürdig. Denn dann hätte er doch gleich die 31 Millionen als Projektplan nehmen können.
Und vor allem läßt die Behauptung des Architekten offen, wo dann die ganzen Mehrkosten der Umplanungen zwischen 2010 bis 2013 geblieben sind. Wenn das alles schon 2010 bekannt gewesen sein soll, wären es ja keine Umplanungen gewesen.

Zitat
Im Sommer wurde dem Rat das geplante Kostenvolumen für den Bau vorgelegt: 17 Millionen. Ein Jahr später, Juli 2012, genehmigte der Vermögensverwaltungsrat eine sogenannte Zwischenfinanzierung für das Bischöfliche Haus. 15,7 Millionen Euro. Das Geld wurde bei der Deutschen Bank geliehen. Die Zinsen waren niedriger als die Ausschüttungen aus den Wertpapieren des Bischöflichen Stuhls. Die drei Mitglieder des Rats (außer Riebel noch Carl Leuschner und Theodor-Michael Lucas) nahmen an, dass diese gut 15 Millionen den Baukosten entsprachen, wie sie im Sommer zuvor beschlossen worden waren. Dass es in Wirklichkeit um die Verdoppelung der Gesamtsumme ging, war ihnen nicht klar.


Im Sommer 2011 war von 17 Millionen die Rede. Ein Jahr später eine Verdoppelung der "Zwischensumme" von 15,7 Millionen. Der Architekt sagt nicht wann der Bischof von der Bausumme von 31 Millionen gewusst hat. Nur dass sie es bereits vor Bekanntwerden wussten. Und das war im Dezember als immer noch von 6 Millionen die Rede war, wohl der Fall, ebenso wie vor vier Monaten als von 9,85 Millionen die Rede war.

Zitat
Entscheidend für das weitere aber war eine andere Forderung gewesen, die ein Pfarrer aus dem ständig wachsenden Kreis der Bischofskritiker erdacht und die das Domkapitel durchgesetzt hatte: dass die Bischofskonferenz das Limburger Bauprojekt unabhängig prüfen lassen werde. Das gab der Bischof schriftlich. Und damit war ein Ziel durchkreuzt, das der Bischof von Anfang an verfolgt hatte. Wenn man es nicht kennt, erscheint sein Verhalten in vieler Hinsicht sinnlos, besonders, dass Bischof, Dombaumeister und/oder Pressestelle wiederholt wahrheitswidrige, viel zu niedrige Angaben über die Baukosten machten, während längst 17 Millionen beschlossen waren. Im Dezember 2012 waren es angeblich sechs Millionen. Im Juni 2013 angeblich exakt 9,85. Wider besseres Wissen.


Zitat von R.A. im Beitrag #151
Aber der Artikel ist für mich ein typisches Produkt deutscher Medien - Agitprop statt seriöse Information. Da sind so viele Formulierungen dabei, die nicht seriös belegt sind. Insbesondere die ganzen Szenen, in denen TV-ähnlich die angeblichen Äußerungen und Verhaltensweisen des Bischofs und seines Vikars beschrieben werden. Mit den eigentlichen Sachverhalten und Vorwürfen hat das alles nur wenig zu tun - aber Stimmung machen.

Naja. So schnell bin ich mit den Agitprop-Vorwurf nicht zur Hand. Aber schauen wir mal was die Prüfung ergibt und ob dann Ihr Vorwurf, lieber R.A. noch haltbar ist.

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.10.2013 14:50
#158 RE: Öffentlich oder Privat oder Beides? Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #157
Nur spielt das in diesem Fall keine Rolle, weil Herr Frielinghaus ja zitiert wird.

So einfach ist das nicht.
Es kommt schon darauf an, wie die SZ das Zitat in den Text montiert hat:

Zitat
Frielinghaus sagte, er habe sich ... 2010 über die damals vom Bischöflichen Stuhl genannte Bausumme in Höhe von 5,5 Millionen Euro gewundert. Der Bauherr, also der Bischof und seine engsten Mitarbeiter, hätten gewusst, "dass die Baukosten tatsächlich bei 31 Millionen Euro liegen".


Das liest sich für mich so, als wäre schon 2010 die Summe von 31 Millionen bekannt gewesen. Was ich nun dem Architekten überhaupt nicht glaube - wenn er das wirklich so gesagt und gemeint hat.

Sie haben ja den Text ganz anders interpretiert und sind zum Schluß gekommen:

Zitat
Der Architekt sagt nicht wann der Bischof von der Bausumme von 31 Millionen gewusst hat. Nur dass sie es bereits vor Bekanntwerden wussten.


Wenn das stimmt, hätte die SZ die Aussagen des Architekten sehr mißverständlich montiert. Und auch den Knackpunkt unterschlagen: Wann genau hat der Bischof die Summe vom Architekten erfahren?

Das das VOR dem allgemeinen Bekanntwerden war, ist selbstverständlich.
Denn zuerst bekommt der Bauherr ja eine allgemeine Warnung ("Oh je, das wird teurer als gedacht"). Und damit geht er natürlich nicht an die Öffentlichkeit.
Sondern frühestens, wenn er vom Architekten den genauen aktuellen Kostenstand und die Gründe dafür genannt bekommen hat.

Die genaue Zeitleiste für den internen Informationsstand und die externe Kommunikation ist völlig unklar. Es ist normal, daß der interne Stand früher und detaillierter ist als der nach außen kommunizierte - entscheidend ist der Zeitunterschied.
Dazu liefern der Architekt und die SZ keine echten Belege.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.10.2013 15:19
#159 RE: Öffentlich oder Privat oder Beides? Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #157
Zitat von R.A. im Beitrag #151
Aber der Artikel ist für mich ein typisches Produkt deutscher Medien - Agitprop statt seriöse Information. Da sind so viele Formulierungen dabei, die nicht seriös belegt sind. Insbesondere die ganzen Szenen, in denen TV-ähnlich die angeblichen Äußerungen und Verhaltensweisen des Bischofs und seines Vikars beschrieben werden. Mit den eigentlichen Sachverhalten und Vorwürfen hat das alles nur wenig zu tun - aber Stimmung machen.

Naja. So schnell bin ich mit den Agitprop-Vorwurf nicht zur Hand. Aber schauen wir mal was die Prüfung ergibt und ob dann Ihr Vorwurf, lieber R.A. noch haltbar ist.

Da hätte ich ausführlicher formulieren müssen.
Mein Agitprop-Vorwurf bezieht sich fast ausschließlich auf die Machart des Artikels und ist damit ziemlich unabhängig davon, was von den Vorwürfen sich dann vielleicht bestätigen wird.

Sehen wir uns den Text genauer an:

Untertitel: "Der Skandal um den Bischof zu Limburg hat in der deutschen Nachkriegsgeschichte nicht seinesgleichen. Es ist furchtbar. Es ist furchtbar."
Reißerisch und unseriös.
Angesichts der reichen Auswahl an Skandalen in der deutschen Nachkriegsgeschichte ist Limburg weder vom Ausmaß noch vom Maß der Schlechtigkeit bemerkenswert.

Dann folgen einige Absätze Schmonzes über den kleinen Jochen und den Bischof von Mainz. Damit führt der Journalist seinen Kronzeugen als positive Figur ein. Aber: "Mit den eigentlichen Sachverhalten und Vorwürfen hat das alles nur wenig zu tun".

Dann die Behauptung: " Der Bischof Tebartz-van Elst hatte das Domkapitel schon Ende 2008 ausgebootet". "Ausgebootet" suggeriert eine anrüchige, fast illegale Vorgehensweise. Zastrow bleibt jede Erklärung schuldig, welche Rechtsstellung das Domkapitel hat, welche Verpflichtungen der Bischof gegenüber dem Kapitel hat, und was das "Ausbooten" denn nun genau heißen soll. Geschweige denn daß er erklärt, warum nicht schon 2008 die Kirchenoberen reagiert haben, wenn an dem "Ausbooten" irgendetwas problematisch gewesen wäre.
Später im Text schreibt er dann, daß das Domkapitel eine Prüfung durchgesetzt hätte - so ganz "ausgebootet" war es offenbar doch nicht.

Dann kommen diese ganzen wirren Geschichten mit den Kois und den Konflikten mit Dekan zu Eltz. Damit wird eigentlich überhaupt nichts zur Sache gesagt, aber ein Bild gemalt, daß der Bischof irgendwie allgemein komisch wäre.

Und für dieses Bild verwendet der Autor Formulierungen, die nicht in eine seriöse Berichterstattung gehören:
"Der Frankfurter Stararchitekt vermag allein durch Herumstehen überwältigende Arroganz abzustrahlen"
"die neue Residenz mit ihrer großkotzig Bescheidenheit simulierenden Sparkassen-Ästhetik"
"dass der Generalvikar, der zusammen mit dem Bischofsfahrer seit Jahren Furcht und Schrecken im Bistum verbreitet"
(der Chauffeur verbreitet Furcht und Schrecken - wer soll so etwas glauben?)
"Dort hatte man sonst an jenem langen Tisch gesessen, der nach Auskunft eines Angehörigen des Hochadels „glänzt wie ein Affenarsch“."
Das ist kein Journalismus, das ist Agitprop. Es geht nicht darum, einen Bauskandal aufzuklären (dazu sind Zastrows Ausführungen auch viel zu chaotisch), sondern einen Bösewicht exemplarisch niedermachen.
Ein Bösewicht, der wie in einer Hollywood-Inszenierung anfangs noch erhabene Sitzordnungen pflegt, um dann am Ende als ertappter Sünder in Tränen auszubrechen.

Wobei diese ganzen farbigen Szenen wohl nur auf der Eigendarstellung von Jochen Riebel beruhen. Und er ist Zastrows Held.
Zuerst verpennen Riebel und Kollegen zwar alles, "kontrollieren" die Finanzen ohne daß ihnen ausreichend Zahlen vorgelegt werden, fragen nicht nach, kennen keine Details, nehmen demütig hin, daß sie völlig im Dunkeln gehalten werden.
Um dann plötzlich ungeahnte Kräfte zu entwickeln. Sie zwingen den Dombaumeister zu einem vollständigen Geständnis, nehmen den Bischof in die Zange wie eine Horde geübter KGB-Schergen und riskieren den eigenen Herzinfarkt, um ihrer gerechten Empörung Ausdruck zu verleihen.

Wohlgemerkt: Ich habe nichts gesagt zu den ganzen Darstellungen im Mittelteil, zu den Umplanungen und Sonderwünschen des Bischofs, die wahrscheinlich große Mehrkosten verursacht haben. Es ist gut möglich, daß das weitgehend stimmt.

Aber der Artikel selber und die Präsentation ausgewählter Fakten ist m. E. ein ganz grottenschlechtes Stück Haßpropaganda und eine Schande für die FAZ.

sitka Offline




Beiträge: 22

16.10.2013 15:37
#160 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #156
Zitat von sitka im Beitrag #153
Jährlich staatliche Subventionen an die Kirche: 14,5 Milliarden € !!!

Da würde eine sorgfältige Wortwahl helfen. Das sind keine Subventionen, sondern schlicht Zahlungen von diversen staatlichen Stellen an diverse kirchliche Organisationen.

Zitat
Kirchliche Schulen: zu über 90% vom Staat finanziert!
Kirchliche Kindergärten: zu 80-100% vom Staat finanziert!

Das sind aber keine Subventionen für die Kirchen, sondern die ganz normalen Zuschüsse an private Träger. Die bekommt jeder, der nach festgelegten Kriterien einen Kindergarten oder eine Schule aufmacht und den Staat durch diese Leistung entlastet.


Zitat
Ausbildung von Theologen: mit 620 Millionen jährlich vom Staat bezahlt!


Das sind ganz normale Studiengänge, mit denen man hinterher auch nicht zur Kirche gehen muß.
Es ist ja auch keine Subvention, wenn eine Firma die an staatlichen Hochschulen ausgebildeten Absolventen einstellt.

Zitat
Konfessions (Religions) Unterricht an Schulen: zu 100%


Das ist ein Teil des staatlich gewünschten Unterrichts. Wie bei jedem Lehrplan kann man streiten, ob man das drinlassen will oder nicht. Aber es ist keine Subvention an die Kirche.

Zitat
Kirchensteuer: "nur" ca. 8 bis 9 Milliarden jährlich!


Schlichter Mitgliedsbeitrag der Kirchenangehörigen, keine staatliche Leistung.

Zitat
Monatliche Gehälter von Bischöfen und LandesBischöfen:


Vertraglich festgelegte Leistung als Kompensation der Übernahme von Kirchengütern durch den Staat.
Man kann politisch streiten, ob man neue Verträge machen sollte und die Säkularisationsfolgen wegen der großen zeitlichen Entfernung keine Rolle mehr spielen sollten.
Aber die Gehaltszahlungen sind keine Subvention, sondern normale Vertragserfüllung.

Zitat
Kirchliches Vermögen (nach C. Frerk) 501,8 Milliarden € (über eine halbe Billion )


Kann sein. Es gibt keine seriösen Zahlen über das Kirchenvermögen - die von Frerk würde ich mal nicht glauben.
Ist auch völlig egal, wie die Höhe ist, weil es eben Privatvermögen ist und nichts mit angeblichen staatlichen Subventionen zu tun hat.

Zitat
Und dann sehe man sich die strikte Trennung von Kirche und Staat in den 'USA an


Ich sehe mir viele Vorbilder aus den USA an, an denen man sich bei Reformen in Deutschland orientieren könnte. Aber eine 1:1-Übernahme ist selten sinnvoll.

Zitat
Den Bischof in den USA möchte ich sehen , der sich eine Limburger Badewanne einbauen ließe


Es gibt US-Kleriker, die deutlich feudaler leben ...




spalten wir da nicht ein wenig Haare?

"Subvention:
eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird"



wieso entlasten z.B.die zu 100% staatlich finanzierten kirchlichen Kindergärten den Staat?
USA: hier entlasten die kirchlichen Organisationen tatsächlich den Staat
Die "feudalen"US-Kleriker müssen sich nicht vor dem US Steuerzahler rechtfertigen.

..."sondern schlicht Zahlungen von diversen staatlichen Stellen an diverse kirchliche Organisationen."

14 Mrd "schlichte" Zahlungen dürfen schon mal hinterfragt werden angesichts des Kirchenvermögens UND der Kirchensteuer!-vor allem,wenn nur 10% hier in echte soziale Projekte fließen.Und das sog."Privatvermögen"der Kirche hat die "Kirche" ja nicht erarbeitet.Die Kirche ist ja nicht ALDI oder Deutsche Bank.
Selbst eine rein kirchliche Unternehmung wie Misereor, das Bischöfliche Hilfswerk, bekam zuletzt 63 Prozent seines 162-Millionen-Etats vom Entwicklungsministerium, nur fünf Prozent stammen direkt von der Kirche. Die Bundesländer zahlen zudem "Baulasten" für den Erhalt von Tausenden Kirchen .

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

16.10.2013 15:39
#161 RE: Öffentlich oder Privat oder Beides? Antworten

Lieber R.A., was soll ich sagen? Ich stimme Ihnen zu.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.124

16.10.2013 16:23
#162 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat von sitka im Beitrag #160
wieso entlasten z.B.die zu 100% staatlich finanzierten kirchlichen Kindergärten den Staat?

Weil er sie dann nicht selbst bauen und betreiben muss ? Glauben Sie das andere private Betreiber und Elterninitiativen noch Geld mitbringen ?

Zitat
14 Mrd "schlichte" Zahlungen dürfen schon mal hinterfragt werden angesichts des Kirchenvermögens UND der Kirchensteuer!


Was hat das Kirchenvermögen damit zu tun ? Hinterfragen Sie auch den Preis eines BMWs aufgrund des Vermögens der Quandt Familie ?
Davon ab, haben Sie nicht gerade die Kirchensteuer in diese 14 Milliarden aufgenommen ?

Zitat
-vor allem,wenn nur 10% hier in echte soziale Projekte fließen.


Wo steht denn welche Quote es sein muss ?

Zitat
Selbst eine rein kirchliche Unternehmung wie Misereor, das Bischöfliche Hilfswerk, bekam zuletzt 63 Prozent seines 162-Millionen-Etats vom Entwicklungsministerium, nur fünf Prozent stammen direkt von der Kirche.


Das sind immerhin fünf Prozent mehr als Sie geben, oder ?

Zitat
Die Bundesländer zahlen zudem "Baulasten" für den Erhalt von Tausenden Kirchen .


Na, ein Glück. Das nennt man auch Kulturgut. Wir können natürlich auch alle verfallen lassen und sehen, wo wir dann hinkommen.

Techniknörgler Offline



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16.10.2013 16:47
#163 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #152
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #149
Mit der "Natur unseres Lebens" als Rechtfertigung zu kommen ist problematisch. Die Verflechtung ist historisch bedingt, kein unabänderbare Natur.


Was ist daran problematisch? Soll der Mensch sein Gehirn buchhalterisch Aufteilen in den Bereich, der für den Staat zuständig ist und in den Berich, der für seinen Arbeitgeber zuständig ist, und in den Bereich, der für die Religion zuständig ist?




Es geht um die Trennung von Religion und Staat. Wie sie verschiedene Bereiche ihres Lebens organisieren oder vermischen ist ihre Angelegenheit. Aber es als ein Ding der Unmöglichkeit darzustellen Religion und Staat zu trennen kann nicht richtig sein, denn es gibt eine solche Trennung ja, zum Beispiel in Frankreich.

Zitat

Zitat
Ich bringe die Debatte nochmals auf den Punkt: Man kann es als öffentliche Angelegenheit sehen Religion und Kirche zu fördern, dann ist aber nicht gleichzeitig eine Privatangelegenheit zu der Nichtmitglieder kein moralisches Recht hätten sich zu äußern.



Ich weiß nicht, ob das wirklich der PUNKT ist. Die Förderung für einen Kindergarten ist nicht deshalb eine Förderung der Kirche, weil dieser kirchlich betrieben wird. Der Kindergarten hält sich an die staatlichen Vorgaben, der Staat überlässt dem Kindergarten aber die Entscheidung, welches Auto er kauft für die Beförderung von Kindern. Die Hoheit über den eigenen Haushalt ist kein Sonderrecht, sondern Stand unserer gesellschaftlichen Ordnung.




Die Förderung eines Kindergartens, in dem Rahmen in dem auch andere Kindergärten gefördert werden, natürlich nicht. Besondere Privilegien, die andere Private nicht haben oder besondere Zuwendungen sind aber Sonderrechte. Besondere Zuwendungen müssen nicht auf den kirchlichen Kindergarten zutreffen, den sie jetzt im Blick haben, zumindest die arbeitsrechtlichen Privilegierungen hat er aber auch, sofern offiziell von einer KdöR getragen.

Zitat

Wenn der Staat die Renovierung einer Kirche bezuschusst, dann ist das nicht unbedingt eine Förderung der Kirche, sondern die Erhaltung eines Kulturguts. Dass beide, Kirche und Staat, auch davon profitieren leitet noch kein moralisches Recht auf Einmischung ab, wie oft beispielsweise in der Kirche eine Messe gelesen wird.



Was für ein Zufall, das ausgerechnet die Kirchengebäude der großen Amtskirchen so häufig Kulturgut sind. Und dann der Staat von seinen Investitionen nichts haben soll, sondern einfach nur geben darf. Und ihn seine eigenen Subventionen nichts angehen, da sie Privatsache sind.

Zitat


Es gibt natürlich immer Leute, die überall mitreden wollen, und ganz besonders dann, wenn man ihnen bedeutet, dass es sie eigentlich nichts angeht. Nur sehe ich das nicht als moralisches Recht, sondern als etwas, das man halt in unserem Land hinnehmen muss.




Und es gibt Leute, die mit den abenteuerlichsten Ausreden staatliche Förderung für ihre Privathobbys einfordern, sich dann aber jede öffentliche Kritik daran verbitten, weil die Verwendung staatlicher Fördermittel, die mit hochtrabenden Nutzen für die Allgemeinheit gerechtfertigt wurden, plötzlich Privatsache werden. Nur sehe ich das nicht als moralisches Recht, sondern als etwas, das man nicht hinnehmen sollte.

Staatliche Privilegien und Subventionen gehen mich sehr wohl etwas an. Verstrickungen mit der öffentlichen Hand sind keine Privatangelegenheit! Das geht uns alles an, egal was die Vertrickten anderen bedeuten, weil sie gerne ungestört weiter vor sich hin klüngeln wollen.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

16.10.2013 16:53
#164 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat

Das sind immerhin fünf Prozent mehr als Sie geben, oder ?



Ich finde schon, dass sich die Kirche damit ihre herausgehobene Stellung und ihre Privilegien sehr billig erkauft. Diejenigen die 95% der Haushaltes aufbringen haben nicht mit zureden, auch gegenüber denjenigen, die über 60% des Haushaltes aufbringen ist es Privatsache?

Zitat

Na, ein Glück. Das nennt man auch Kulturgut. Wir können natürlich auch alle verfallen lassen und sehen, wo wir dann hinkommen.



Wo kämen wir denn dann hin, wenn der Staat nicht die Instandsetzung der Moscheen bezahlt?

Ehrlich gesagt ist mir der Zustand des Hauses, in dem ich Wohne, wichtiger. Von einer Kirche habe ich nichts, es rechtfertigt auch nicht dem Staat mir mehr Geld zu nehmen, als nötig.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Llarian Offline



Beiträge: 7.124

16.10.2013 17:04
#165 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #164
Ich finde schon, dass sich die Kirche damit ihre herausgehobene Stellung und ihre Privilegien sehr billig erkauft.

Und ich finde, dass sie einen recht hohen Preis bezahlt.

Zitat
Wo kämen wir denn dann hin, wenn der Staat nicht die Instandsetzung der Moscheen bezahlt?


In ein besseres Land. Allerdings ist der Rahmen hier kaum gegeben um die Unterschiede zwischen Kulturen und die christliche Kultur dieses Landes zu diskutieren.

Zitat
Von einer Kirche habe ich nichts, es rechtfertigt auch nicht dem Staat mir mehr Geld zu nehmen, als nötig.


Da stimme ich sogar zu. Kultur wird ohnehin weit überbewertet.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.10.2013 17:33
#166 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat
Was für ein Zufall, das ausgerechnet die Kirchengebäude der großen Amtskirchen so häufig Kulturgut sind.

Und was für ein Zufall, dass bei uns so wenig Zeustempel stehen.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Paul Offline




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16.10.2013 18:13
#167 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Es ist schon interessant, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder die Finanzierung der Kirchen, ganz besonders der Katholischen Kirche, zum Gegenstand der Diskussion wird. Ganz besonders angesprochen werden dann die Kirchensteuer, aber auch andere staatliche Leistungen. Dabei wird alles in einen Topf geworfen.

Anlass waren und sind: Kindesmissbrauch von Geistlichen, Ablehnung der Abtreibung, der Zölibat, die Wiederverheiratung Geschiedener und und und...
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird die Finanzierung der Katholischen Kirche zum Thema.

Daraus entnehme ich, dass es viele Vorbehalte gegen die Finanzierung der Kirche gibt.

Jeder, der sich über Art und Umfang der Finanzierung informieren möchte und auch über die Gründe die dazu geführt haben, kann es hier tun.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchenfina...tlichen_Mitteln
Weiterführende Links ermöglichen eine umfassende und sachgerechte Information zu.

In unserer Verfassung ist die Möglichkeit festgeschrieben, das Finanzierungssystem zu ändern.

Beachtet werden muss dabei aber, dass 95 000 km² säkularisiert wurden. Die Dimension kann man daran ermessen, wenn man berücksichtigt, das das Staatsgebiet Deutschlands heute 357 050 km² groß ist.

Jeder, der meint, diese Angelegenheit müsste geregelt werden, sollte sich dafür einsetzen und im Bundestag die entsprechende Mehrheit herstellen.
Ansonsten kann ich es nur als Kirchenhass bezeichnen.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

16.10.2013 18:20
#168 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Ergänzung zu #167

Für diejenigen, denen die Recherche zum Thema zu aufwändig ist, habe ich eine Kurzfassung zum Thema erstellt:

Kirchensteuer und Dotation

Es gibt einen Spruch, nach dem immer wieder „eine andere Sau durch's Dorf getrieben wird“.
Bezüglich der Kirchensteuer kann man diesen Spruch abwandeln: „Es ist immer wieder die selbe Sau, die durch das Dorf getrieben wird“.

Im Friedensvertrag mit Frankreich (1801) wurde die Enteignung der linksrheinischen weltliche Reichsfürsten beschlossen. Mit Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde deren Entschädigung beschlossen. Entschädigt wurden sie mit säkularisierten Ländereien der Kirchen.
Weitere finanzielle Beeinträchtigunggen der Kirchen gab es als Folge der Revolution von 1848.

Die Enteignung der Ländereien (Herrschaftsgut) erfolgte Entschädigungslos. Aus der Übertragung des Herrschaftsguts entstanden also keine heute noch zu zahlenden Staatsleistungen (Dotationen).

Von diesem Herrschaftsgut ist das sogenannte Dispositionsgut zu unterscheiden, bei dem die Kirchen nicht ihre staatliche Herrschaftsgewalt sondern ihre zivilrechtliche Eigentümerstellung verloren. Die dadurch verloren gegangenen Einnahmen der Kirche werden , wenn auch unzureichend, durch die heutigen Staatsleistungen (Dotationen) ausgeglichen.

Zur Finanzierung der religiösen und sozialen Aufgaben der Kirchen reichte dies nicht aus.
Deashalb wurde es den Kirchen gestattet Kirchensteuern zu erheben. Ohne eine Belastung der Staatskasse, wurde so die Existenz der Kirchen gesichert, da es sich um einen Zwangsmitgliedsbeitrag handelt, dessen Höhe vom Staat bestimmt wird.
Gegen eine Gebühr zieht der Staat die Kirchensteuer zusammen mit der Lohnsteuer ein.

Dieser Zustand kann geändert werden:

Die Dotation kann durch eine einmalige Entschädigungszahlung abgelöst werden.

Gegen Rückgabe der Ländereien, es sind 95.000 km² enteignet worden (zum Vergleich: dies entspricht einer Fläche von ca. 27 % des heutigen Bundesgebietes von 357.050 km² – freilich in anderen Grenzen), kann die Kirche auch auf die Kirchensteuer verzichten.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

16.10.2013 18:40
#169 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat
Mit "Einleitung" sind selbstverständlich die Angriffe auf diejenigen gemeint, die sich erdreisten, eine andere Meinung zu vertreten.



Warum wird das herausstellen eines sonst eher bei Linken üblichen Diskussionstricks als persönlich Angriff gewertet? Wird es gegenüber Linken nicht. Wenn der Vorwurf des Lobbyismus als Diskussionstrick abgetan wird (auch wenn er nicht wörtlich so genannt wird) werden Sie auch keinen persönlichen Angriffen in ihren Äußerungen sehen, oder? Wenn jemand Grünen/Linken sagt, das die Diskussion mit dem Lobbyismusvorwurf ein Trick zum Abschotten sei, dann wurde das auch von ihnen bisher nicht als persönlicher Angriff gewertet.

Zitat
Es ist ja dein gutes Recht, tatsächliche oder vermeintliche Widersprüche in der Argumentation Anderer aufzugreifen, aber daraus gleich zu folgern, es könne sich dabei nur um "Tricks" handeln, die auf "Lobbyismus" zurückzuführen seien, hat mit der Art von Diskussion, die wir hier normalerweise zu führen pflegen, nicht viel zu tun.



Es ist nicht das erste mal, das ich in Reaktion auf eine moving-target-Strategie auf diesen Trick hinweise. Zur Erläuterung: Um eine moving-target-Strategie (von mir oben auch Ping-Pong-Argument genannt) handelt es sich, wenn man zuerst mit Argument A kommt und auf die unerwünschten Konsequenzen daraus dann mit dem Argument reagiert, das nicht A ist. Das man also das Argument als auch sein Gegenteil verwendet, je nach dem, was gerade der eigenen Seite besser nützt. Am besten noch im selben Beitrag.

Beispielsweise hier, wenn es bei der Rechtfertigung der öffentlichen Förderung heißt, die Kirche sei eine öffentliche Angelegenheit und erfülle eine öffentliche Aufgabe, wenn es dann aber um die Frage geht, ob sie dieser Aufgabe gerecht wird, dann wird das ganze plötzlich zur Privatsache, die Nichtmitglieder nichts angeht.

Es ist auch nicht das erste mal, dass ich auf diesen Trick hinweise, wenn ich ihn sehe, auch wenn ich vielleicht den Namen moving-target-Strategie nicht benutzt habe. Auch ist es nicht das erste mal, dass ich auf ein Anti-Diskussions-Argument - also ein Argument, das allgemein das moralische Recht zu einer bestimmten Stellungnahme oder dem Gegenüber das moralische Recht zur Stellungnahme abspricht - entsprechend reagiert habe und auf die dahinter liegende Taktik hinwies. Darauf hinzuweisen muss ja auch möglich sein.

Das ist ihnen bis jetzt nicht aufgefallen? Das mag vielleicht daran liegen, das in diesem Forum selten ein Anlass dazu besteht und wenn, dann kam der Anlass von einem eher linksgerichteten Diskussionsteilnehmer, mit dessen Meinung und Diskussionstricks Sie vermutlich auch nicht einverstanden waren. Vielleicht haben Sie die Gegenrede dann anders wahrgenommen? Man nimmt es halt anders war, wenn es jemanden trifft, mit dem man sympathisiert.

Ich finde es aber auch bezeichnend, dass diese Diskussionsstrategie, das moralische Recht dem Gegenüber abzusprechen sich zum Thema (so wie er es tut oder allgemein) zu äußern, sonst eher bei Linken vorkommt, jetzt aber plötzlich bei Liberal-Konservativen. Und es ist dieser Aspekt, gegen den ich hauptsächlich rede. Ich bin ja erst durch Llarians Sichtweise (die hier offenbar im Grund auch ihre ist) es sei ein Privatangelegenheit, über die sich eine öffentlichen Diskussion nicht gezieme, zur näheren Beschäftigung mit dem Thema gebracht wurden.

Und dann beschäftige ich mich etwas mit dem Thema und entdecke einen Bischof, der dreist und öffentlich gelogen hat. Nicht schwammig formuliert. Nicht missverständlich ausgedrückt. Nicht aus dem Kontext gerissen und verdreht. Nein, ganz klar, offensichtlich und dreist die Unwahrheit erzählt hat er, um einen 1st class Flug nicht eingestehen zu müssen. Natürlich kombinieren die Medien das mit entsprechen reißerische Darstellung des gesamten öffentlichen Wirkens, aber das relativiert die nicht bestreitbaren Verfehlungen nicht. Genau so wenig wie bei Guttenberg. Würde mich das bei einer normalen Privatperson interessieren? Wenn sie nicht aus meinem unmittelbaren Umfeld stammt wohl eher nicht. Er ist aber keine normale Privatperson. Er nimmt für sich eine öffentliche Rolle, eine öffentliche Aufgabe in Anspruch. Er ist Amtsträger einer Organisation, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts trägt. Warum hat Sie den? Weil sie den Anspruch erhebt durch öffentliches Auftreten die Gesellschaft zu prägen. Und der Staat meint, sie darin bestärken zu müssen. Und der Status ist auch nicht nur eine Formalie, sondern bringt echte Privilegien mit sich. Und ein hoher Amtsträger, der diese Rolle seiner Organisation verteidigt und ausbauen möchte und als Bischof auch selber mit seinen Worten und dem gesellschaftlichen und organisatorische Einfluss seiner Organisation den Zustand der Gesellschaft beeinflussen und prägen will, der die von ihm favorisierten moralischen Maßstäbe anderen aufprägen will und durch öffentlicher Ermahnungen und Moralpredigten seine Morallehre als allgemein gesellschaftlich Verbindlich durchzusetzen möchte, der hält sich nun selber nicht mal an die engste Grundlage seiner Ethik, an den Dekalog.

Grünen Moralaposteln würde man das hier um die Ohren hauen. Sich außerdem weitere Versuche der gesellschaftlichen Umerziehung und des Anlegens eines engen moralinsauren Korsetts verbitten. Die Kritik an dieser Doppelmoral, an dieser Scheinheiligkeit selber würde man als Argument gegen den Anspruch auf gesellschaftliche Umerziehung ansehen und nicht selber als moralinsauer.

Zitat

Fakt ist allerdings, dass die derzeitige Lage im Grundgesetz einerseits bestätigt ist, andererseits der Staat dazu aufgefordert wird, sie zu ändern. Und zwar nicht einseitig, denn dann hätte er es natürlich längst getan, sondern im Rahmen eines Interessenausgleichs.



Da haben Sie natürlich recht. Der Staat muss sich bei diesem Interessenausgleich aber...

Zitat

Dass dieser grundgesetzliche Auftrag bisher nicht erfüllt wurde, dürfte, wie man unschwer errät, im Wesentlichen auf die hier von Florian angeführten Berechnungen zurückzuführen sein.



nicht an uralten Rechtstiteln mit zweifelhaften Hintergrund aus der Zeit vor der Säkularisierung und ihrem Wert orientieren, sondern nur am Wert der heutigen Privilegien.

Zitat

Über die Dotationen hinaus kann ich eine Bevorzugung der Kirchen höchstens im Arbeitsrecht erkennen. Dazu wäre aber einzuwenden, dass ähnliche Regelungen z.B. auch für den DGB gelten und dass ich als überwiegend liberal denkender Mensch mir eine Abschaffung dieser Bevorzugung nur durch Ausdehnung auf andere Arbeitsverhältnisse vorstellen kann, denn tatsächlich bestehen die Privilegien ja in weniger Einschränkung der Vertragsfreiheit.



Ja, da haben Sie natürlich recht. Wobei das Streikrecht nicht in allen Bereichen eingeschränkt werden kann, dann wäre ja das Grundrecht ausgehölt und das wäre unzulässig. Wenn es ein Grundrecht ist, dann muss es grundsätzlich gegenüber jedem Arbeitgeber gelten.

Ich finde es in diesem Zusammenhang ja auch sehr bezeichnend, das ausgerechnet der DGB sich Rechte gegenüber seinen Arbeitnehmern herausnimmt, der er anderen Arbeitgebern verwehren möchte, und dabei gleichzeitig seinen Angestellte Recht vorenthält, für die er sich an anderer Stelle angeblich einsetzt. Natürlich mal wieder mit einem guten Zweck gerechtfertigt, dem Klassenzusammenhalt...

Das liefert eigentlich eine Steilvorlage...
Aber sind die Gewerkschaftsprivilegien nicht deren Privatsache, über die es sich nicht geziemt öffentlich zu reden...

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― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



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16.10.2013 18:45
#170 RE: Ein öffentliches Bauprojekt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #165

Zitat
Wo kämen wir denn dann hin, wenn der Staat nicht die Instandsetzung der Moscheen bezahlt?

In ein besseres Land. Allerdings ist der Rahmen hier kaum gegeben um die Unterschiede zwischen Kulturen und die christliche Kultur dieses Landes zu diskutieren.

Zitat
Von einer Kirche habe ich nichts, es rechtfertigt auch nicht dem Staat mir mehr Geld zu nehmen, als nötig.


Da stimme ich sogar zu. Kultur wird ohnehin weit überbewertet.




Wird sie nicht.

Aber wenn Sie die Kultur so sehr mit Religion gleichsetzen, dann greift hier aber auch die religiöse Neutralität des Staates. Sie könnten sonst die weltanschauliche Neutralität beliebig umschiffe, in dem sie einfach behaupten, es jetzt als Kultur zu betrachten.

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Techniknörgler Offline



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16.10.2013 18:50
#171 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #166

Zitat
Was für ein Zufall, das ausgerechnet die Kirchengebäude der großen Amtskirchen so häufig Kulturgut sind.
Und was für ein Zufall, dass bei uns so wenig Zeustempel stehen.



Die Zeustempel werden in Griechenland aber auch nicht von einer heidnischen Religionsgemeinschaft genutzt, die erst staatliches Geld verlangt, dann aber sich jede Einmischung in die Verwaltung des Tempels verbittet und ihn als ihre exklusives Eigentum betrachtet. Der Staat ist auch Eigentümer und verwaltet den Tempel und zwar nicht um ihn für religiöse Zwecke zur Verfügung zu stellen.

Erkennen Sie denn nicht wieder diesen willkürlichen Sprung? Solange es darum geht öffentliche Gelder abzugreifen ist es jetzt ein Kulturobjekt, für das der Staat mit Verantwortung trage und für das er Geld bereit zu stellen habe. Sobald es um die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über das Gebäude geht ist es plötzlich ein religiöses Objekt und der Staat hat sich gefälligst nicht einzumischen, mich als Nichtmitglied geht es nichts an, es sei plötzlich eine Privatsache der Gläubigen. Aber jetzt geht es ja auch nicht mehr darum Geld abzugreifen, jetzt geht es darum den Nutzen daraus zu ziehen...

Nachtrag:

Denn genau so lief Martins Argumentation:

Zitat

Wenn der Staat die Renovierung einer Kirche bezuschusst, dann ist das nicht unbedingt eine Förderung der Kirche, sondern die Erhaltung eines Kulturguts. Dass beide, Kirche und Staat, auch davon profitieren leitet noch kein moralisches Recht auf Einmischung ab, wie oft beispielsweise in der Kirche eine Messe gelesen wird.

Es gibt natürlich immer Leute, die überall mitreden wollen, und ganz besonders dann, wenn man ihnen bedeutet, dass es sie eigentlich nichts angeht. Nur sehe ich das nicht als moralisches Recht, sondern als etwas, das man halt in unserem Land hinnehmen muss.



Als es Geld gab: Kulturobjekt, öffentliche Angelegenheit
Nutzen aus dem Geld: Geht die Allgemeinheit "eigentlich nichts" an

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R.A. Offline



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16.10.2013 19:01
#172 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #171
Solange es darum geht öffentliche Gelder abzugreifen ist es jetzt ein Kulturobjekt, für das der Staat mit Verantwortung trage und für das er Geld bereit zu stellen habe.

Nur wenn es ein denkmalgeschützter Kirchenbau ist. Ansonsten gibt es keinen Cent.

Zitat
Sobald es um die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über das Gebäude geht ist es plötzlich ein religiöses Objekt und der Staat hat sich gefälligst nicht einzumischen


Die Nichteinmischung hat nichts mit Religion zu tun (deswegen war das Beispiel mit den Zeustempeln hier nicht wirklich passend), sondern mit Privatbesitz.

Denkmalschutzgelder führen NIE dazu, daß der private Eigentümer dem Staat Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über das Gebäude einräumt (bis auf die selbstverständliche Tatsache, daß das Denkmal baulich geschützt bleiben muß).

Wenn Sie ein denkmalgeschütztes Gebäude haben - egal welcher Art, dann können Sie weiterhin völlig frei darüber verfügen. Die Kirche wird hier nicht anders behandelt als jeder sonstige Private.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.10.2013 19:09
#173 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat
Wenn jemand Grünen/Linken sagt, das die Diskussion mit dem Lobbyismusvorwurf ein Trick zum Abschotten sei, dann wurde das auch von ihnen bisher nicht als persönlicher Angriff gewertet.

Wenn keine konkreten Personen da sind, ist das auch schwierig. Eine Unterstellung bleibt es aber. Sofern aber das konkrete Gegenüber greifbar ist und auf den angeblichen oder scheinbaren Widerspruch in seiner Argumentation hingewiesen werden kann, sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, gleich einen Trick und eine Steuerung von außen (das gehört zum Lobbyismus dazu) zu unterstellen. Außer dem vielleicht, eine Diskussion "gewinnen" zu wollen, was dann aber bei einigen Mitlesern (bei mir auf jeden Fall) vor allem Müdigkeit und Bedauern auslöst.

Zitat
Es ist nicht das erste mal, das ich in Reaktion auf eine moving-target-Strategie auf diesen Trick hinweise.

Hier fiel es mir auf, auch wenn ich gestehen muss, nicht alle Diskussionen hier aufmerksam zu verfolgen. Das ändert aber nichts daran, dass ich es dem Diskussionsklima hier für nicht angemessen halte. Es gibt ja zwei Möglichkeiten, eine Diskussion weiterzuführen, wenn man auf Widersprüche stößt.

Die erste: "Schau, mir fiel hier auf, dass Argument A und Argument B nicht richtig zusammenpassen. Kannst du mir das erklären? Oder habe ich deine Argumentation vielleicht nicht richtig verstanden?"
Die zweite: "Haha, ich habe euch entlarvt! Ihr verwendet einen Trick. Moving target, erst so, dann so. Aber nicht mit mir. Sowas machen für gewöhnlich Lobbyisten." (unter dem Tisch: Ich, der ich immer redlich und konsistent diskutiere, habe hiermit gewonnen, ihr Schweinebacken)

Je nach Umgebung ist die erste oder die zweite Variante die angebrachte. Ich glaube, der Geschichte und dem "Geist" dieses Forums entspricht klar die erstere. Darauf möchte ich gerne an dieser Stelle hinweisen. Nur noch eins:

Zitat
Ich finde es aber auch bezeichnend, dass diese Diskussionsstrategie, das moralische Recht dem Gegenüber abzusprechen sich zum Thema (so wie er es tut oder allgemein) zu äußern, sonst eher bei Linken vorkommt, jetzt aber plötzlich bei Liberal-Konservativen.

An dieser Aussage (ob sie inhaltlich zutrifft oder nicht) ist überhaupt nichts bezeichnend. Keine aus Menschen bestehende Grundgesamtheit ohne starke Varianz.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.10.2013 19:16
#174 RE: Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde, gemeinnützige Aufgabe, ihre Definition ist aber Privatsache Antworten

Zitat
Die Zeustempel werden in Griechenland aber auch nicht von einer heidnischen Religionsgemeinschaft genutzt, die erst staatliches Geld verlangt, dann aber sich jede Einmischung in die Verwaltung des Tempels verbittet und ihn als ihre exklusives Eigentum betrachtet.

Es ging um den Zufall. Oder bist du der Meinung, z.B. der Pantheon wäre, würde er noch heute genutzt, kein Kulturgut?

--
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Martin Offline



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16.10.2013 19:44
#175 Einerseits hat die Kirche eine öffentliche, vom Staat anzuerkennde.. Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #171
Erkennen Sie denn nicht wieder diesen willkürlichen Sprung? Solange es darum geht öffentliche Gelder abzugreifen ist es jetzt ein Kulturobjekt, für das der Staat mit Verantwortung trage und für das er Geld bereit zu stellen habe. Sobald es um die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt über das Gebäude geht ist es plötzlich ein religiöses Objekt und der Staat hat sich gefälligst nicht einzumischen, mich als Nichtmitglied geht es nichts an, es sei plötzlich eine Privatsache der Gläubigen. Aber jetzt geht es ja auch nicht mehr darum Geld abzugreifen, jetzt geht es darum den Nutzen daraus zu ziehen...

Nachtrag:

Denn genau so lief Martins Argumentation:
Zitat:
Wenn der Staat die Renovierung einer Kirche bezuschusst, dann ist das nicht unbedingt eine Förderung der Kirche, sondern die Erhaltung eines Kulturguts. Dass beide, Kirche und Staat, auch davon profitieren leitet noch kein moralisches Recht auf Einmischung ab, wie oft beispielsweise in der Kirche eine Messe gelesen wird.




Lieber Techniknörgler,

wenn man Tricks und Taktik der Disputanten beklagt, sagt man eigentlich, dass man selbst keine Argumente hat.

Wenn der Staat nun mal schon Steuern einkassiert, um Kulturgüter, darunter auch Kirchen als solche zu erhalten, dann kann man darüber politisch diskutieren, ob das die Aufgabe des Staats ist. Sie macht sich aber nicht an den Kirchen fest. Wenn Sie schon so scharf zwischen Kirche und Staat trennen wollen, dann sollte es Ihnen auch möglich sein, zwischen Kulturguterhaltung und Eigentumsrecht zu unterscheiden. Das ist nichts anderes, als wenn der Staat beispielsweise Gebäudeisolation finanziell unterstützt, er will dann ein höheres Ziel erreichen, es ändert aber nicht an den Eigentumsverhältnissen.

Der Tempel des Zeus bringt es schon auf den Punkt: Die Kirchengebäude sind nicht zufällig Kulturgut, sondern weil die Glaubensgemeinschaften in alten Zeiten herausragende Kulturgüter schaffen wollten. Das ist kein Sprung, sondern eine lineare Diskussion. Ich glaube nicht, dass der Staat interessiert ist, die Kirchen ganz zu übernehmen, oder sind Ihnen solche Initiativen bekannt?

Gruß, Martin

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