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Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.10.2014 15:47
#101 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #100
Zitat von Llarian im Beitrag #90
Vergleiche man das ganze mal mit dem deutschen Herbst und allem was dazugehört. Die konkrete Ausgestaltung der Ermordnung einzelner Personen, die wurde auch von vielen, nahezu allen Linken, abgelehnt. Aber nicht das dahinter liegende Prinzip den Staat mit Gewalt zu bekämpfen.
Eine wirklich tolle und wahre Anmerkung.
Denn die RAF hatte ja nicht den überhaupt nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß in ihrem Sinne "Irre" herumliefen, die in irgendeiner Weise aufmuckende Bürger zusammenschlugen oder töteten - Kirchweyhe/Alexanderplatz. Und dann fällt es gewöhnlich sogar schwer diesen "Irren" Schuld nachzuweisen und sie angemessen zu bestrafen.
Letztlich ist die Deutsche Öffentlichkeit im besten Sinne des Wortes eingeklemmt zwischen der Islamophobieverdachtskeule und der Gefahr im öffentlichen Raum für vermeintliche Verfehlungen massiv bestraft zu werden.

Zitat von alteseuropa im Beitrag #97
Das Gelände scheint vermint zu sein.
Das Gelände IST vermint.
Das sieht man doch daran, daß in diesem gewöhnlich auf höchstem Niveau diskutierendem aber quantitativ und vom Einfluß her völlig bedeutungslosem Forum eine Zurückhaltung eingefordert wird , die es bei anderen Themen nicht gibt. Man vergleiche das doch mal mit den ungleich deutlicheren Worten, die hier bei Diskussionen zu Energiefragen rausgelassen werden.


Nun, Windräder, Solarzellen und sich bewegende Ladungsträger haben nun einmal keine Persönlichkeitsrechte. Die Solarlobby wiederum muss es schon aushalten, so wie sie selber mit Stimmungsmache Leute übers Ohr haut. Genauso darf man auch verfassungsfeindliche Fundamentalisten, Islamisten, Salafisten oder wie man sie nennen will kritisieren und ebenfalls Unterschiede zwischen Religionen, die man meint zu erkennen, aufzeigen sowie Religionen kritisieren.

Aber man muss aufpassen, keinen Generalverdacht gegen ganze Personengruppen zu stellen und leider werden die im vorigen Absatz aufgeführten legitimen Punkte hier gerne als Einfalltor verwendet. Wie übrigens auch fremdenfeindlich motivierte Muslimparanoia umgekehrt Linksgrünen als Einfallstor dient, jede Kritik an einer Religion damit abzuwürgen, dass man jede Kritik an alle Religionen gleichermaßen richten müsse, da man sonst "diskriminiere". Nein, gleich sind Christentum und Islam nicht. Schwarz-Weiß ist es aber auch nicht.

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― Robert A. Heinlein

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.10.2014 17:23
#102 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #53
We nn Sie die Aussagen von Hr. Mazyek für eine bedeutungslose Einzelmeinung halten ist das für mich ok.
Ich aber nicht. Und deshalb habe ich ihn zitiert. Weil er den Anfang gemacht hat.

Lieber Erling Plaethe,
Sie drücken, wenn ich es richtig verstehe (und wohlgemerkt beziehe ich mich nicht allein auf das Zitat oben, das dient nur als Aufhänger für meinen Kommentar), die Hoffnung aus, daß Herr Mazyek ein Champion der moderaten Muslime sein oder werden könnte, der mutig und entschlossen gegen den Extremismus auftritt und dem vielleicht die Quadratur des Kreises, einen langfristig und nicht nur in der Minderheit unaggressiven und pluralistischen Islam zu realisieren, gelingen könnte.
Wenn ich mir seinen im Artikel verlinkten Text im "European" vornehme, dann finde ich dafür allerdings wenig zweifelsfreie Anhaltspunkte. Suggestiv ist der Text freilich, aber er ist doch im Detail so vorsichtig formuliert, daß sich der Autor auch bei denen, die sich vom Primatsanspruch der islamischen Weltordnung nicht distanzieren wollen, nicht allzu weit aus dem Fenster lehnt.
Beispielsweise ist in der Passage

Zitat
Gleichzeitig wird uns täglich in den Medien vor Augen geführt, wie der ISIS im Namen des Islam schreckliche Verbrechen begeht. Die ohnehin zugenommene Islamfeindlichkeit hierzulande wird dadurch angeheizt.


nicht völlig klar, ob sich das "dadurch" auf die schrecklichen Verbrechen des ISIS oder nicht doch (wie die Grammatik nahelegt) auf die Medienberichte bezieht; in dem Sinne, daß in den deutschen Medien durch Betonung der ISIS-Aktivitäten antimuslimische Stimmung geschaffen werde.
Auch die Aussage

Zitat
Sehr spät – aber hoffentlich noch nicht zu spät – werden diese Terroristen nun durch alle islamischen Richtungen eindeutig verurteilt und ihr Vorgehen als Sünde gebrandmarkt.


suggeriert etwas mehr als sie tatsächlich sagt: wer sind denn "alle islamischen Richtungen"? Beim raschen Überlesen denkt man an einen praktisch einstimmigen Konsens aller Muslime aller Richtungen, die das Vorgehen von ISIS ablehnen, aber ist das wirklich der Fall? Genau genommen sagt er doch bloß, daß gewisse Muslime jeglicher Richtung es verurteilen, aus welchen Gründen auch immer: Schiiten etwa, weil ISIS Sunniten sind, das ist gewissermaßen keine Überraschung; aber auch Sunniten, etwa Saudi-Arabien, vielleicht weil ISIS mit ihrem Anspruch auf ein Kalifat die saudische Hegemonie in Frage stellen und ihr Vorgehen deshalb sündhaft ist, weil es nicht offiziell von den saudischen Glaubenslehrern abgesegnet wurde. (Das Töten Ungläubiger und Widerstreitender im heiligen Krieg ist ja keine Sünde, kann also eigentlich nicht gemeint sein.)
Seine Motivation macht Mazyek ganz explizit klar: ihm geht es allein darum, das Image des Islam in Deutschland zu verbessern, weil er das für dringend geboten hält, und er glaubt zu wissen, wie er es anstellen muß:

Zitat
Uns war klar, dass wir etwas gegen die gefährliche Stimmung im Land tun können, wenn wir für Menschenrechte, Religionsfreiheit und gegen gruppenspezifische Menschenfeindlichkeit umfassend, ungeteilt und gesamtgesellschaftlich auftreten.


Und auch der sehr milde, tolerant und freundlich klingende Absatz gegen Ende

Zitat
Solidarität mit allen Menschen in Notsituationen ist ein elementares Gebot im Islam. Verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf eine gesicherte Aussage des Propheten Muhammad (Hadith), wonach dieser Muslime ermahnt, sich gegen diejenigen zu stellen, die Nichtmuslimen Unrecht antun, sie diskriminieren, ihnen etwas auferlegen, was sie nicht zu tun vermögen oder ihnen etwas rauben. Gegen diese werde er „der Ankläger am Tage der Auferstehung sein“.


nimmt einen deutlich sinistreren Charakter an, wenn man bedenkt, daß in der islamischen Ordnung der Rechtsstatus des Ungläubigen sehr dürftig ist und der Prophet die Weite des Begriffs "einem Nichtmuslim Unrecht antun" sehr viel enger gefaßt hat als Sie und ich wir ihn normalerweise auffassen und uns wünschen würden.

Sicher, Sie können jetzt sagen, daß ich dem Text keine wohlwollende Interpretation gegeben habe (daß es eine mögliche und nicht einmal unrealistische ist, will ich aber behaupten), und daß wir die Hoffnung auf eine friedliche Koexistenz mit dem Islam überall schützen und hegen müssen, wo sie aufkeimt. Aber wenn die Äußerungen Herrn Mazyeks unsere einzige oder beste Hoffnung sind, dann sieht die Lage wirklich trüb aus.



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ungelt Offline



Beiträge: 119

04.10.2014 17:30
#103 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #95
Zitat von ungelt im Beitrag #94
Ich hätte mir eigentlich, lieber Erling, eine kurze Antwort zu meiner kurz und knapp begründete These gewünscht - ob das Wort "Distanzierungorgie" nicht doch auch als einer Art Distanzierung von der Distanzierung gedeutet werden kann. Vielleicht sogar mit einer knappen Begründung.
Hab ich gemacht, lieber ungelt, ausführlich. Mit einem Vergleich sogar:


Ich habe diese Gedanken nicht übersehen, lieber Erling. Sonst hätte ich ja nicht geschrieben "Aber was die "voreilende Vermeidung von Distanzierungsorgien" betrifft, weil die Deutschen ja... - das nehme ich ihm jedenfalls nicht ab. Ich interpretiere ganz andere Gründe." Das scheinen eher Sie übersehen zu haben, bemängeln aber gleich doppelt meinen Lesefehler. Aber bitte, gerne noch einmal ausführlicher:

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #95
Weil man es als Vermeidung unehrlicher Lippenbekenntnisse werten kann die in Deutschland zu Genüge, auch in anderen Zusammenhängen abgegeben werden. Bei einer für mich viel näher liegenden wohlwollenden Interpretation möchte Mazyek gerade dies nicht tun, sondern wendet sich dem zu, worum es ihm konkret geht. Und dazu gehört selbstverständlich auch das Morden des IS gegenüber anderen Moslems und die Anschläge auf Moscheen in der letzter Zeit.


Also - weil man sich in Deutschland bei anderen Themen zu oft und zu unehrlich von allerlei Dingen distanziert, und man damit nicht in Verbindung gebracht werden möchte, verzichtet er lieber ganz auf eine Distanzierung und nennt es Distanzierungsorgie? Quasi - ich bedanke mich in Zukunft nirgends mehr, weil es die Leute ja so oft nicht ehrlich meinen. Oder - warum die Wahrheit sagen, wenn es doc so viele Lügner gibt. Und das sei "viel naheliegender"? Für mich wirklich nicht.

Daß es aber solche leeren "Betroffenheits- und Distanzierungstänze" in der deutschen Politik häufig gibt, darin sind wir uns wieder absolut einig, dazu bedarf es wirklich keinerlei Ausführungen und keine Beispiele. Die Frage ist eben nur, ob sich darauf der Vertreter der Muslime in Deutschland berufen kann, während seine Glaubensbrüder diese unbeschreiblichen Massaker verüben. Das bezweifle ich eben.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #95
So wie ich es sagte. Jetzt haben die Leser zwei Varianten der widersprüchlichen Aussage und können sich eine aussuchen.
Es geht ja mehr um Varianten der Interpretation der Aussage, als um die Aussage selbst. Und Ihre wohlmeinende Version wollten Sie in Ihrem Sinne (Fehlinterpretation, Unterstellung) als gegeben festschreiben, obwohl sie naturgemäß auch nicht mehr als eben eine Meinung darstellt. In den Kopf von Herrn M. kann ja Keiner von uns hineinschauen. Man kann die beiden Standpunkte übrigens auch als einerseits "hoffnungsfroh" und andererseits "realistisch" bezeichnen. ;-)

Edit 5.10 10:38: Das -> Daß - die verdammte Grammatik, sogar in Fett, ich bitte um Nachsicht..

AldiOn Offline




Beiträge: 983

04.10.2014 18:26
#104 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #101
Aber man muss aufpassen, keinen Generalverdacht gegen ganze Personengruppen zu stellen und leider werden die im vorigen Absatz aufgeführten legitimen Punkte hier gerne als Einfalltor verwendet. Wie übrigens auch fremdenfeindlich motivierte Muslimparanoia umgekehrt Linksgrünen als Einfallstor dient, jede Kritik an einer Religion damit abzuwürgen, dass man jede Kritik an alle Religionen gleichermaßen richten müsse, da man sonst "diskriminiere".
Nun gerieren sich Linksgrüne ganz überwiegend wenn auch nicht als Bannerträger so doch als Handlanger der Muslimlobbyisten, weil eben beide die aktuelle Gesellschaftsordnung fundamental ablehnen und hoffen über einen gemeinsamen Weg diese am Ende zu stürzen.

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #101
Aber man muss aufpassen, keinen Generalverdacht gegen ganze Personengruppen zu stellen
Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus. Jeder der in der muslimischen Denkweise auch nur ein Haar findet und nicht sofort einen "Islam ist Frieden" Kotau hinterherschickt hat sofort die Xenophobie-, Rassismus- und Naziplakette an der Backe. In Hamburg wird so jemand mittlerweile auch vom Verfassungsschutz beobachtet.
Letztlich ist Ihre Bemerkung schon eine Konsequenz aus der linken Lufthoheit in diesem komplett vergifteten Debattenraum.
Darüber hinaus neigen die Diskutanten hier auch nicht zum "Generalverdacht gegen ganze Personengruppen" (außer mir natürlich, der ich mich hier im Thread schon zu einem Generalverdacht gegen Lobbyisten bekannt habe).

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Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren

AldiOn Offline




Beiträge: 983

04.10.2014 18:38
#105 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #102
Aber wenn die Äußerungen Herrn Mazyeks unsere einzige oder beste Hoffnung sind, dann sieht die Lage wirklich trüb aus.
Ich denke nicht, daß Herr Mazyek ein irgendwie böser oder auch nur unehrlicher Mensch ist.
Allerdings würden wir es im Falle einer wie immer auch gearteten muslimischen Machtübernahme nicht mit Vertretern einer im muslimischen Umfeld als Minderheitenmeinung zu sehenden Abteilung, wie er sie nun mal darstellt, zu tun haben. Eher wohl mit Leuten wie Erdogan.

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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.10.2014 18:56
#106 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #105
Ich denke nicht, daß Herr Mazyek ein irgendwie böser oder auch nur unehrlicher Mensch ist.

Diesen Eindruck wollte ich auch nicht erwecken. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß jedenfalls der Text im "European" so gefaßt ist, daß er einerseits bei einem pluralistisch denkenden und eine freiheitlich demokratische Denkweise für selbstverständlich haltenden "Westler" positive Assoziationen weckt, andererseits sich aber auch in Sachen muslimischen Primats nichts vergibt.
Zitat von AldiOn im Beitrag #105
Allerdings würden wir es im Falle einer wie immer auch gearteten muslimischen Machtübernahme nicht mit Vertretern einer im muslimischen Umfeld als Minderheitenmeinung zu sehenden Abteilung, wie er sie nun mal darstellt, zu tun haben. Eher wohl mit Leuten wie Erdogan.

In diesem Falle würde ich auch nicht allzu viel Protest von den moderaten oder rein formalen Muslimen erwarten. Die Mehrheit ist sicherlich nicht extrem, nur aus Familientradition muslimisch und will in erster Linie ihre Ruhe haben, um ihrem privaten und geschäftlichen Leben nachzugehen. Daran würde sich bei einer "muslimischen Machtübernahme" nichts ändern; sie hätten, da sie dann ja zur Herrenklasse gehörten, durch Protest nichts zu gewinnen, sondern würden sich wohl in der überwiegenden Mehrheit mit der neuen Situation arrangieren, um ihre Ruhe zu haben und ihrem privaten und geschäftlichen Leben nachzugehen.



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Llarian Offline



Beiträge: 7.120

04.10.2014 19:11
#107 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #98
Beispiel: Wenn jemand mit solch wirren Gedanken ein Abitur hat und ein Studium an einer Universität begonnen hat, dann hat die Schule versagt, dann stimmt auch etwas mit der Bildungspolitik nicht. Vielleicht sollte man doch auf Unterrichtsgegenstände wie Geschichte, Philosophie, Politische Bildung etc. wesentlich mehr Wert legen! " )

Ohne die Kommentare in der SZ jetzt gelesen zu haben (ich vermeide nach Möglichkeit alles was mit dem Prantl-Blatt zu tun hat), so ganz falsch ist das aber auch nicht. Wenn man das Interview liest bekommt man zwei Eindrücke: Der Mann hat zum einen eine extrem verzerrte Realitätswahrnehmung, zum anderen erscheint er nicht unbedingt sehr gebildet. Jedenfalls finde ich es erstaunlich, dass jemand das Abitur bekommt, und sich dennoch derart schlecht ausdrücken kann. Noch dazu in Kempten. Und natürlich darf man sich fragen was da schief läuft. Die Eltern scheinen sehr entspannt zu sein, eine Salafisten Szene ist auch Kempten auch nicht bekannt und die Zukunftsaussichten des Mannes sind angesichts seiner Bildung zumindest nicht so finster.
Man darf und sollte schon die Frage stellen wieso der Mann an so schwerem Realitätsverlust leidet. Oder auch nicht leidet, denn er scheint ihn ja eher zu geniessen. Ich habe den Eindruck der Mann ist in der Phase des Erwachsenswerdens hängengeblieben. Was ihn nicht weniger gefährlich macht.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.10.2014 19:38
#108 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #107
Man darf und sollte schon die Frage stellen wieso der Mann an so schwerem Realitätsverlust leidet. Oder auch nicht leidet, denn er scheint ihn ja eher zu geniessen. Ich habe den Eindruck der Mann ist in der Phase des Erwachsenswerdens hängengeblieben. Was ihn nicht weniger gefährlich macht.

Vielleicht ist die Assoziation nicht tragfähig, aber bei der Frage, warum junge und relativ gut situierte Leute aus west- und mitteleuropäischen Ländern begeistert nach Syrien fahren, um bei ISIS mitzumachen, denke ich unwillkürlich an "A Clockwork Orange": ultra-violence als Mittel gegen die Eintönigkeit der bequemen Zivilisation? Nur die Sprache ist arabisch statt russisch.



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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

04.10.2014 20:29
#109 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #104
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #101
Aber man muss aufpassen, keinen Generalverdacht gegen ganze Personengruppen zu stellen und leider werden die im vorigen Absatz aufgeführten legitimen Punkte hier gerne als Einfalltor verwendet. Wie übrigens auch fremdenfeindlich motivierte Muslimparanoia umgekehrt Linksgrünen als Einfallstor dient, jede Kritik an einer Religion damit abzuwürgen, dass man jede Kritik an alle Religionen gleichermaßen richten müsse, da man sonst "diskriminiere".
Nun gerieren sich Linksgrüne ganz überwiegend wenn auch nicht als Bannerträger so doch als Handlanger der Muslimlobbyisten, weil eben beide die aktuelle Gesellschaftsordnung fundamental ablehnen und hoffen über einen gemeinsamen Weg diese am Ende zu stürzen.

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #101
Aber man muss aufpassen, keinen Generalverdacht gegen ganze Personengruppen zu stellen
Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus. Jeder der in der muslimischen Denkweise auch nur ein Haar findet und nicht sofort einen "Islam ist Frieden" Kotau hinterherschickt hat sofort die Xenophobie-, Rassismus- und Naziplakette an der Backe. In Hamburg wird so jemand mittlerweile auch vom Verfassungsschutz beobachtet.
Letztlich ist Ihre Bemerkung schon eine Konsequenz aus der linken Lufthoheit in diesem komplett vergifteten Debattenraum.



Lieber AldiOn,

ich hatte bereits geschrieben

Zitat
Wie übrigens auch fremdenfeindlich motivierte Muslimparanoia umgekehrt Linksgrünen als Einfallstor dient, jede Kritik an einer Religion damit abzuwürgen, dass man jede Kritik an alle Religionen gleichermaßen richten müsse, da man sonst "diskriminiere". Nein, gleich sind Christentum und Islam nicht. Schwarz-Weiß ist es aber auch nicht.

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― Robert A. Heinlein

Paul Offline




Beiträge: 1.285

05.10.2014 00:15
#110 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Erling Plaethe #96

[quote Deshalb klinke ich mich mit einem agree to disagree aus dieser Diskussion aus. Es ist eh viel zu sehr über meinen Beitrag geredet worden als über den von meinem geschätzten Kollegen Llarian.[/quote]

Das, lieber Erling Plaethe, liegt doch in der Natur der Sache. Zu einem Artikel, mit dem ich im Großen und Ganzen, die gleiche Meinung habe, werde ich wenig bis nichts schreiben. Was soll ich auch schreiben?

LG, Paul

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In dubio, pro reo.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.10.2014 13:24
#111 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #102

Beispielsweise ist in der Passage

Zitat
Gleichzeitig wird uns täglich in den Medien vor Augen geführt, wie der ISIS im Namen des Islam schreckliche Verbrechen begeht. Die ohnehin zugenommene Islamfeindlichkeit hierzulande wird dadurch angeheizt.

nicht völlig klar, ob sich das "dadurch" auf die schrecklichen Verbrechen des ISIS oder nicht doch (wie die Grammatik nahelegt) auf die Medienberichte bezieht; in dem Sinne, daß in den deutschen Medien durch Betonung der ISIS-Aktivitäten antimuslimische Stimmung geschaffen werde.


Sie haben die für mich viel näher liegende Möglichkeit vergessen:
"im Namen des Islam schreckliche Verbrechen begeht"
Darum geht es ihm, denke ich.

Darum geht es vielen Muslimen, denke ich.

Darum geht es in meinem Artikel. Um das Verständnis für den Weg der Distanzierung über die Ablehnung dass das was der IS und andere muslimische Extremisten tun, etwas mit dem Islam zu tun hat. Mir ging es nicht darum dies zu rechtfertigen. Ich weiß, dass es islamisch begründbar ist. Aber ich wollte mir nicht die Sicht des IS auf den Islam zu eigen machen. Ich stelle nur fest, dass diese Sicht nicht von der Hand zu weisen ist.
Aber daneben habe ich versucht auch die Perspektive der Ablehnung des IS und Anderer als islamisch, einzunehmen. Über diese Perspektive und ihre Verteidigung hier im Forum, habe ich mehr Erkenntnis erfahren, als ich sie je mit irgendeinem anderen Artikel bekam.

Ein Muslim in Deutschland hat keine Chance der Kollektivverantwortung zu entfliehen. Geradezu unerbittlich wird ihm die Möglichkeit Muslim bleiben und die FDGO vertreten zu wollen, abgesprochen. Er könnte ja als Muslim irgendwann mal entdecken, dass der IS den wahren Islam repräsentiert. Und dann wäre er genauso eine Gefahr wie ein Extremist. Damit stellt jeder Muslim, egal was er sagt oder tut, eine Gefahr dar.
Muslime müssten mit dem Klammerbeutel gepudert worden sein, würden sie auch noch den IS als islamisch akzeptieren. Dann verlören sie auch noch ihren "Schläferstatus".
Wohlwollender als eine tickende Zeitbombe wird ihnen nach meiner Erfahrung der Diskussion hier nicht gegenübergetreten.

Dann gibt es die andere Seite des Multikulti-Mainstreams. Sie nähern sich dem Problem, in dem sie die Argumentation der IS würde den Islam nicht repräsentieren, einfach nachplappern und auch noch auf teilweise sehr groteske Weise zu belegen versuchen. Dabei scheitern sie recht jämmerlich und machen sich nur lächerlich.
Ein sehr kluger Kopf, der sich hier leider nicht zu Wort gemeldet hat, warf die Frage auf, ob es gut wäre wenn sich die Auffassung der IS sei unislamisch durchsetzen würde und es würde sich später herausstellen, dass dies nicht zutreffend ist. Möglicherweise nicht. Oder doch. Auch ich weiß es nicht - so wie der kluge Kopf.

Aber hier scheinen mir sehr Viele diese Frage mit Leichtigkeit beantworten zu können, in dem sie den IS als den wahren Vertreter dessen ansehen, was sie unter dem Islam verstehen. Und wer den Versuch macht, dies infrage zu stellen vermint das Gelände, betreibt Appeasement oder übernimmt gleich erstmal die Meinung des linken Mainstreams. Nur weil ich in diesem Thread mit vielleicht an einer Stelle etwas drastischer Art auf das hinweisen wollte und dies eben nicht unterdrückt sehen wollte, was ich eine andere Perspektive nenne.
Ich bin dabei bis an die Grenze dessen gegangen was ich gerade noch vertreten kann. Es ist von meiner Seite alles gesagt, es war ein Versuch der nicht glückte. Aber ich wollte ihn machen.
Und jetzt weiß ich, wie sich wohlmeinende Muslime fühlen müssen und ihre Klagen haben nun einen ganz realen Grund für mich.
An dieser Stelle war der Versuch ein voller Erfolg.
Ich verstehe sie jetzt besser, als je zuvor.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

05.10.2014 13:46
#112 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #96
Deshalb klinke ich mich mit einem agree to disagree aus dieser Diskussion aus.

Aber vielleicht reicht es ja noch, um diese meine weitgehende Zustimmung zu Deinem Beitrag mitzunehmen

Der Schlüsselsatz darin lautet meiner Meinung nach:

Zitat
Optionen müssen eröffnet, nicht geschlossen werden.



Es ist im Grunde völlig gleichgültig, ob Herr Mazyek hundertprozentig glaubwürdig ist, alles Wünschenswerte gesagt oder zuviele Dinge unerwähnt gelassen hat, ob er radikale Muslime überzeugen kann oder wieviele Muslime er denn nun konkret vertritt. Wichtig sind vor allem die Sätze, die er gesagt hat und wie sie von Dir zitiert wurden. Wir können jetzt viel spekulieren, was nach Mazyeks Meinung dem Islam alles erlaubt sein sollte, aber wir wissen jetzt, was nach seiner Meinung nicht dazu gehört. Und das sollten wir aufgreifen.

Ich weiß nicht, was die Hardcore-Islamkritiker sich so als Alternativstrategie vorstellen (gut, ich weiß es von den PIssnelken - "Grenzen dicht! Rest abschieben!"), aber ich fürchte, alles in dieser Richtung Gedachte würde nur zu einer Eskalation führen, von der man sich, analog zur heutigen Sicht auf den WK I, dann mal fragen würde, wie es überhaupt zu diesen sinnlosen Kämpfen kommen konnte. Als Endzeitgestimmter, der sich für die letzte Schlacht rüstet, mag man dies anders sehen. Aber das ist dann nur logisch: Die Endzeitkrieger begegnen den Islamisten schließlich auch im Zeitalter auf Augenhöhe - so dachte man ja im Mittelalter. Und wenn wir Deutschen eh schon aussterben, dann doch wenigstens heroisch im Kampf, auch wenn die jenseitige Belohnung weniger den Unterleib anspricht. Für alle anderen, die merken, dass man so nur das, was man angeblich zu verteidigen gedenkt, letztlich zerstören würde, nämlich die offene, moderne Gesellschaft, kann diese Alternative aber nicht in Frage kommen.

Die Feinde der offenen Gesellschaft sind nun einmal die Kollektivisten. Typen, die alle Menschen in Gruppen einteilen und Einzelne nur nach deren Gruppenzugehörigkeit bewerten. Diese seltsame Koalition vereint die unterschiedlichsten Ideologien, vom Kommunismus über einige Relgionen bis hin zum Antisemitismus - der Quotenfeminismus zählt auch dazu. Nun wenden diese Ideologen jeweils unterschiedliche Strategien an: Die einen üben in ihren Netzwerke staatliche Macht über die soziale Stellung Anderer aus, die anderen sind in ihren Methoden über die Frühzeit noch nicht hínausgekommen. Medienwirksam zu erschrecken vermag uns nur Letzteres, da funktionieren noch jahrtausendealte Reflexe, während ersteres viel zu wenig greifbar ist, jedenfalls als Sekundärerfahrung. Dennoch: alle diese Ideologien sind eine Bedrohung. Einmal zu dieser Erkenntnis gelangt, kann dann auch die reziproke Anwendung keine Lösung sein, indem also die angeblichen Verteidiger der offenen Gesellschaft selbst zu Kollektivisten werden und z.B. einen Menschen vor allem in seiner Eigenschaft als Muslim bewerten und ihn deshalb besonders behandeln. Nur wer dieser Versuchung widersteht, kann dann auch selbst Ansprüche zurückweisen, die ein Muslim nur deswegen erhebt, weil er Muslim ist - und nicht etwa, weil er dabei von einem Recht Gebrauch macht, das auch anderen Bürgern selbstverständlich zusteht.

Letztlich muss es uns bei seiner Verurteilung und der Bemessung der Konsequenzen im Wesentlichen egal sein, woher die Motivation zu einem antisozialen Verhalten stammt - das Verhalten ist als solches zu beurteilen und zu verwerfen. Es gibt in Deutschland nicht nur das Grundgesetz, sondern darüber hinaus noch viele Gesetze (leider viel zu viele, aber das ist ein anderes Thema), die jeder hier lebende Mensch zu beachten hat, egal ob Muslim, Christ, Jude oder Atheist. Und für keine dieser oder aller anderen Gruppen kann es im gesellschaftlichen Zusammenleben Vorrechte geben, die von einem Bürger aus einer der anderen Gruppen nicht wahrgenommen werden können (mit gewissen Toleranzen im internen Klub). Für meinen Geschmack lassen wir uns den Gegensatz Muslim-Nichtmuslim zu sehr von den Radikalen beider Lager aufdrücken. Selbst wenn die gemeinsame ideologische Quelle im Hintergrund klar ist - verurteilt bzw. ein Sonderrecht versagt wird nicht, weil jemand Muslim ist, sondern weil jeder andere auch so behandelt worden wäre. Wenn mehrere Menschen eine gemeinsame ideologische Basis teilen, die sie immer wieder in solche Konflikte mit der übrigen Gesellschaft führt (sch...egal übrigens, ob Mehrheitsgesellschaft oder nicht), ist das deren Problem, nicht das der Anderen. In diesem Herangehen müssten "wir", müsste also die deutsche Gesellschaft, müsste der deutsche Staat klar und konsequent sein. Leider ist er das nicht immer, was dann aben auch daran liegt, dass die einen Feinde der offenen Gesellschaft gerne von den anderen in einer Art informeller Koalition instrumentalisiert werden.

Es ist auch ziemlich sinnfrei, nach Gedankenverbrechen zu forschen. Wir haben Meinungsfreiheit, und wenn es nach mir ginge, sollte hierzulande jeder jeden Blödsinn behaupten dürfen - für alles andere sind die Strafgesetze da, die m.E. die Redefreiheit eher zu sehr als zu wenig einschränken. Finstere Gesinnung ist wenig justitiabel, und obwohl sich bei uns ein Muster herausgebildet hat, wonach Anhänger einer von der herrschenden Meinung als unzulässig bewerteten Meinung gesellschaftlich nach Herzenslust und unter Ignorieren bestehender Gesetze ausgegrenzt werden dürfen, ist dies doch keinesfalls einer freien Gesellschaft würdig. Da mag noch einer noch sehr vom Kalifat schwärmen, in dem wir anderen als Dhimmis unser Leben zu fristen hätten - solange der keine Straftaten vorbereitet oder begeht, muss das dem Staat genau so egal sein wie das Schwärmen von der Revolution, in der alle Wohlhabenden endlich exekutiert würden. Oder der Traum von einem "befreiten Deutschland", in dem nur noch Menschen mit Ariernachweis leben dürfen. Man darf und sollte solchen Typen zwar heftig widersprechen, sobald sie den Mund aufmachen, aber darüber hinaus kommt keine gruppenbezogene "Therapie" in Frage.

Ja, es ärgert auch mich manchmal, wenn ich Vertreter irgendwelcher islamischer Organisationen meine beim Herumdrucksen zu ertappen. Aber ist das verwunderlich? Welcher Vertreter irgendeiner Gruppe, auf die er seine Existenzberechtigung stützt, wird dieser Gruppe selbst am Zeug flicken? Diese Art gruppenbezogener Masochismus, den wir anscheinend für angemessen und völlig normal halten, ist in Wirklichkeit eine Besonderheit aller Organisationen, die in irgendeine Verbindung mit dem Dritten Reich gebracht werden könnten - und sei es nur aufgrund eines nationalen Bezuges. Nein, es ist völlig normal, dass Vertreter von Islamverbänden ihre Ansprüche vor allem nach außen und nicht nach innen richten.

Das berücksichtigend, ist die Stellungnahme Mazyeks schon eine Menge wert. Sie wird keinen Radikalen überzeugen, aber vielleicht so manchen "Normalo-Muslim" in seinem Weg bestärken. Und darauf kommt es doch schließlich an: Millionen Muslime leben ohne den Wunsch, Andersgläubige abzumurksen oder ein blutiges Scharia-System in dem Land einzuführen, in dem sie leben. Für die Untaten von Terroristen und radikalen Spinnern dieselbe Religion verantwortlich zu machen, der Millionen Menschen friedlich folgen, klingt nicht nach einer erfolgversprechenden Strategie, sondern dürfte vor allem Solidarisierungseffekte zeigen. Und auch der Versuch Nicht- oder Andersgläubiger, aus einer Position der Überlegenheit Gläubigen ihre eigene Religion zu erklären, führt mehr zu Widerstand als zu allem anderen. Wir müssen uns auch überlegen, warum denn dieselbe Religion aus den Eltern noch friedliche Mitbürger gemacht hat, die Kinder aber radikalisiert. Offensichtlich gibt es da keine unmittelbare Ursache-Wirkungs-Beziehung.

Der Islam ist existent. Wir werden mit ihm leben müssen, innerhalb und außerhalb Deutschlands. Wer das anders sieht, sage dann auch bitte, wie er sein Ziel der Ausmerzung dieser Religion zu erreichen gedenkt. Und wie er diese Maßnahmen mit dem Ideal einer offenen Gesellschaft vereinbaren kann. Wenn er es denn will.

Deswegen ist der Satz mit den zu nutzenden Optionen völlig richtig: Türen zuzuschlagen, ist die völlig falsche Strategie. Vielmehr sollte sofort in jeden Spalt, der sich irgendwo auftut, ein Fuß hineingestellt werden. Der Beitrag von Mazyek ist so ein Spalt. Damit ist die Tür noch nicht aufgestoßen, aber nur so kann es beginnen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.10.2014 14:18
#113 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #112
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #96
Deshalb klinke ich mich mit einem agree to disagree aus dieser Diskussion aus.

Aber vielleicht reicht es ja noch, um diese meine weitgehende Zustimmung zu Deinem Beitrag mitzunehmen

Der Schlüsselsatz darin lautet meiner Meinung nach:

Zitat
Optionen müssen eröffnet, nicht geschlossen werden.


Es ist im Grunde völlig gleichgültig, ob Herr Mazyek hundertprozentig glaubwürdig ist, alles Wünschenswerte gesagt oder zuviele Dinge unerwähnt gelassen hat, ob er radikale Muslime überzeugen kann oder wieviele Muslime er denn nun konkret vertritt. Wichtig sind vor allem die Sätze, die er gesagt hat und wie sie von Dir zitiert wurden. Wir können jetzt viel spekulieren, was nach Mazyeks Meinung dem Islam alles erlaubt sein sollte, aber wir wissen jetzt, was nach seiner Meinung nicht dazu gehört. Und das sollten wir aufgreifen.

Ich weiß nicht, was die Hardcore-Islamkritiker sich so als Alternativstrategie vorstellen (gut, ich weiß es von den PIssnelken - "Grenzen dicht! Rest abschieben!"), aber ich fürchte, alles in dieser Richtung Gedachte würde nur zu einer Eskalation führen, von der man sich, analog zur heutigen Sicht auf den WK I, dann mal fragen würde, wie es überhaupt zu diesen sinnlosen Kämpfen kommen konnte. Als Endzeitgestimmter, der sich für die letzte Schlacht rüstet, mag man dies anders sehen. Aber das ist dann nur logisch: Die Endzeitkrieger begegnen den Islamisten schließlich auch im Zeitalter auf Augenhöhe - so dachte man ja im Mittelalter. Und wenn wir Deutschen eh schon aussterben, dann doch wenigstens heroisch im Kampf, auch wenn die jenseitige Belohnung weniger den Unterleib anspricht. Für alle anderen, die merken, dass man so nur das, was man angeblich zu verteidigen gedenkt, letztlich zerstören würde, nämlich die offene, moderne Gesellschaft, kann diese Alternative aber nicht in Frage kommen.

Die Feinde der offenen Gesellschaft sind nun einmal die Kollektivisten. Typen, die alle Menschen in Gruppen einteilen und Einzelne nur nach deren Gruppenzugehörigkeit bewerten. Diese seltsame Koalition vereint die unterschiedlichsten Ideologien, vom Kommunismus über einige Relgionen bis hin zum Antisemitismus - der Quotenfeminismus zählt auch dazu. Nun wenden diese Ideologen jeweils unterschiedliche Strategien an: Die einen üben in ihren Netzwerke staatliche Macht über die soziale Stellung Anderer aus, die anderen sind in ihren Methoden über die Frühzeit noch nicht hínausgekommen. Medienwirksam zu erschrecken vermag uns nur Letzteres, da funktionieren noch jahrtausendealte Reflexe, während ersteres viel zu wenig greifbar ist, jedenfalls als Sekundärerfahrung. Dennoch: alle diese Ideologien sind eine Bedrohung. Einmal zu dieser Erkenntnis gelangt, kann dann auch die reziproke Anwendung keine Lösung sein, indem also die angeblichen Verteidiger der offenen Gesellschaft selbst zu Kollektivisten werden und z.B. einen Menschen vor allem in seiner Eigenschaft als Muslim bewerten und ihn deshalb besonders behandeln. Nur wer dieser Versuchung widersteht, kann dann auch selbst Ansprüche zurückweisen, die ein Muslim nur deswegen erhebt, weil er Muslim ist - und nicht etwa, weil er dabei von einem Recht Gebrauch macht, das auch anderen Bürgern selbstverständlich zusteht.

Letztlich muss es uns bei seiner Verurteilung und der Bemessung der Konsequenzen im Wesentlichen egal sein, woher die Motivation zu einem antisozialen Verhalten stammt - das Verhalten ist als solches zu beurteilen und zu verwerfen. Es gibt in Deutschland nicht nur das Grundgesetz, sondern darüber hinaus noch viele Gesetze (leider viel zu viele, aber das ist ein anderes Thema), die jeder hier lebende Mensch zu beachten hat, egal ob Muslim, Christ, Jude oder Atheist. Und für keine dieser oder aller anderen Gruppen kann es im gesellschaftlichen Zusammenleben Vorrechte geben, die von einem Bürger aus einer der anderen Gruppen nicht wahrgenommen werden können (mit gewissen Toleranzen im internen Klub). Für meinen Geschmack lassen wir uns den Gegensatz Muslim-Nichtmuslim zu sehr von den Radikalen beider Lager aufdrücken. Selbst wenn die gemeinsame ideologische Quelle im Hintergrund klar ist - verurteilt bzw. ein Sonderrecht versagt wird nicht, weil jemand Muslim ist, sondern weil jeder andere auch so behandelt worden wäre. Wenn mehrere Menschen eine gemeinsame ideologische Basis teilen, die sie immer wieder in solche Konflikte mit der übrigen Gesellschaft führt (sch...egal übrigens, ob Mehrheitsgesellschaft oder nicht), ist das deren Problem, nicht das der Anderen. In diesem Herangehen müssten "wir", müsste also die deutsche Gesellschaft, müsste der deutsche Staat klar und konsequent sein. Leider ist er das nicht immer, was dann aben auch daran liegt, dass die einen Feinde der offenen Gesellschaft gerne von den anderen in einer Art informeller Koalition instrumentalisiert werden.

Es ist auch ziemlich sinnfrei, nach Gedankenverbrechen zu forschen. Wir haben Meinungsfreiheit, und wenn es nach mir ginge, sollte hierzulande jeder jeden Blödsinn behaupten dürfen - für alles andere sind die Strafgesetze da, die m.E. die Redefreiheit eher zu sehr als zu wenig einschränken. Finstere Gesinnung ist wenig justitiabel, und obwohl sich bei uns ein Muster herausgebildet hat, wonach Anhänger einer von der herrschenden Meinung als unzulässig bewerteten Meinung gesellschaftlich nach Herzenslust und unter Ignorieren bestehender Gesetze ausgegrenzt werden dürfen, ist dies doch keinesfalls einer freien Gesellschaft würdig. Da mag noch einer noch sehr vom Kalifat schwärmen, in dem wir anderen als Dhimmis unser Leben zu fristen hätten - solange der keine Straftaten vorbereitet oder begeht, muss das dem Staat genau so egal sein wie das Schwärmen von der Revolution, in der alle Wohlhabenden endlich exekutiert würden. Oder der Traum von einem "befreiten Deutschland", in dem nur noch Menschen mit Ariernachweis leben dürfen. Man darf und sollte solchen Typen zwar heftig widersprechen, sobald sie den Mund aufmachen, aber darüber hinaus kommt keine gruppenbezogene "Therapie" in Frage.

Ja, es ärgert auch mich manchmal, wenn ich Vertreter irgendwelcher islamischer Organisationen meine beim Herumdrucksen zu ertappen. Aber ist das verwunderlich? Welcher Vertreter irgendeiner Gruppe, auf die er seine Existenzberechtigung stützt, wird dieser Gruppe selbst am Zeug flicken? Diese Art gruppenbezogener Masochismus, den wir anscheinend für angemessen und völlig normal halten, ist in Wirklichkeit eine Besonderheit aller Organisationen, die in irgendeine Verbindung mit dem Dritten Reich gebracht werden könnten - und sei es nur aufgrund eines nationalen Bezuges. Nein, es ist völlig normal, dass Vertreter von Islamverbänden ihre Ansprüche vor allem nach außen und nicht nach innen richten.

Das berücksichtigend, ist die Stellungnahme Mazyeks schon eine Menge wert. Sie wird keinen Radikalen überzeugen, aber vielleicht so manchen "Normalo-Muslim" in seinem Weg bestärken. Und darauf kommt es doch schließlich an: Millionen Muslime leben ohne den Wunsch, Andersgläubige abzumurksen oder ein blutiges Scharia-System in dem Land einzuführen, in dem sie leben. Für die Untaten von Terroristen und radikalen Spinnern dieselbe Religion verantwortlich zu machen, der Millionen Menschen friedlich folgen, klingt nicht nach einer erfolgversprechenden Strategie, sondern dürfte vor allem Solidarisierungseffekte zeigen. Und auch der Versuch Nicht- oder Andersgläubiger, aus einer Position der Überlegenheit Gläubigen ihre eigene Religion zu erklären, führt mehr zu Widerstand als zu allem anderen. Wir müssen uns auch überlegen, warum denn dieselbe Religion aus den Eltern noch friedliche Mitbürger gemacht hat, die Kinder aber radikalisiert. Offensichtlich gibt es da keine unmittelbare Ursache-Wirkungs-Beziehung.

Der Islam ist existent. Wir werden mit ihm leben müssen, innerhalb und außerhalb Deutschlands. Wer das anders sieht, sage dann auch bitte, wie er sein Ziel der Ausmerzung dieser Religion zu erreichen gedenkt. Und wie er diese Maßnahmen mit dem Ideal einer offenen Gesellschaft vereinbaren kann. Wenn er es denn will.

Deswegen ist der Satz mit den zu nutzenden Optionen völlig richtig: Türen zuzuschlagen, ist die völlig falsche Strategie. Vielmehr sollte sofort in jeden Spalt, der sich irgendwo auftut, ein Fuß hineingestellt werden. Der Beitrag von Mazyek ist so ein Spalt. Damit ist die Tür noch nicht aufgestoßen, aber nur so kann es beginnen.



Vielen Dank, lieber Werwohlf, und ganz herzlich willkommen im kleinen Zimmer.
Ich kann nur sagen: Danke.
Und mir denken: Wenigstens Einer.

Viele Grüße, Erling Plaethe

ungelt Offline



Beiträge: 119

05.10.2014 14:34
#114 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #111
Ein sehr kluger Kopf.... warf die Frage auf, ob es gut wäre, wenn sich die Auffassung der IS sei unislamisch durchsetzen würde und es würde sich später herausstellen, dass dies nicht zutreffend ist.

Da verstehe ich den sehr klugen Kopf nicht: Daß sich in einer Glaubensrichtung irgend etwas mehrheitlich durchsetzt, ist normal. Herausstellen kann sich hierbei aber überhaupt nichts. Höchstens kann sich mehrheitlich mal eine andere Auffassung durchsetzen. "Herausstellen" suggeriert eine wissenschaftliche Objektivität, die es in Glaubenssachen doch niemals geben kann. Das ist auch der Grund dafür, warum es niemals eine Sicherheit bezüglich einem spontan ausbrechendem Irrsinn geben kann, wenn ein irgendwie passender Glaube im Spiel ist.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #111
Und jetzt weiß ich, wie sich wohlmeinende Muslime fühlen müssen und ihre Klagen haben nun einen ganz realen Grund für mich.

Die Lage von Minderheiten, die von einem Tei der Mehrheitsbevölkerung schief angeschaut werden, ist mir hinreichend bekannt. Das ist der Preis, den jede Minderheit zahlen muß. Er unterscheidet sich auch nicht gravierend davon, wenn man sich selber zu einer Minderheit stylisiert, als Punker z.B. Für mich sind das die normalen und unvermeidlichen Auswirkungen die durchaus auch positiv sein können, und die man in Grenzen auch durchaus steuern kann. Das private Umfeld ist das wichtigste, und die Äußerungen von Politikern haben da nichts zu suchen.

AldiOn Offline




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05.10.2014 14:46
#115 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #112
Ich weiß nicht, was die Hardcore-Islamkritiker sich so als Alternativstrategie vorstellen (gut, ich weiß es von den PIssnelken - "Grenzen dicht! Rest abschieben!"), aber ich fürchte, alles in dieser Richtung Gedachte würde nur zu einer Eskalation führen, von der man sich, analog zur heutigen Sicht auf den WK I, dann mal fragen würde, wie es überhaupt zu diesen sinnlosen Kämpfen kommen konnte.


Zunächst mal erscheint unklar ob es sie überhaupt interessiert was die von Ihnen sog.

Zitat
Hardcore-Islamkritiker

tatsächlich vorstellen.
Man hat ja den Eindruck, daß diejenigen die den Islam für eine faschistische und grenzenlos gewalttätige Gesellschaftsauffassung halten in eine Zone der Illegitimät verschoben werden sollen wo sie beliebig - eben nach Scharia-Richtlinien - kriminalisiert werden können. Auf diesem Weg sind wir ja in Europa und gewöhnlich nennt man so was Islamisierung.

Nach meinem Dafürhalten würde es völlig ausreichen, wenn man Menschen als Individueen sehen würde die man ggfls auch auf den verbrecherischen Hintergrund ihres übernommenen Glaubens aufmerksam machen sollte und sicherstellen würde, daß das Verlassen dieses Glaubens für sie kein Nachteil ist. Ich denke sogar, daß man damit in großem Umfang offene Türen einrennen würde.
Und man sollte auch deutlich sehen, daß die Hardcore-Muslime gar nicht von Mazyek sondern viel eher von den in deutschen Talkshows häufiger auftretenden Nachthemdenträgern vertreten werden.

In diesem Sinn sind dann nämlich nicht die

Zitat
Hardcore-Islamkritiker

das Problem sondern die Hardcore-Muslime. Und bei denen würde es vermutlich reichen ihnen deutlich zu sagen das man sie gar nicht mag und sie sich hier NIE werden wohlfühlen können. Insofern sind die allfälligen Abreisen von entsprechenden Kandidaten nach Syrien/Irak ein gutes und kein schlechtes Zeichen - Viele werden nämlich nicht wiederkommen....
Ich würde in so einem Fall dieser Gruppe die 15€ Billigflüge Richtung Antalaya anbieten...und suggerieren, daß es diese nur noch kurze Zeit gibt.
Ich halte auf jeden Fall diesen Ruf nach "ausreiseverhindernden Maßnahmen" für völlig verfehlt und kontraproduktiv.

__________________________________________
Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren

dirk Offline



Beiträge: 1.538

05.10.2014 14:57
#116 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #111

Ein sehr kluger Kopf, der sich hier leider nicht zu Wort gemeldet hat, warf die Frage auf, ob es gut wäre wenn sich die Auffassung der IS sei unislamisch durchsetzen würde und es würde sich später herausstellen, dass dies nicht zutreffend ist. Möglicherweise nicht. Oder doch. Auch ich weiß es nicht - so wie der kluge Kopf.


Das bringt letzrtlich die ganze Diskussion hier auf den Punkt. Es gibt zwei Ebenen: 1) Die Analyse der Situation und 2) die der daraus zu ziehenden praktischen Konsequenzen. Und der Hauptunterschied bestehet darin auf welcher gerade argumentiert wird. Die Frage, ob der IS islamisch ist oder nciht gehört zu 1), die Frage wie damit und den Distanzierugen umzugehen sei zu 2). Und letztlich kann man - unterscheidet man diese Ebenen - der Meinung von Llarian und der von Erling Plaethe zugleich sein.

Übrigens wird gerade in der Poltik diese Unterscheidung nie getroffen. Man befindet sich immer auf der Ebene der Handlungen (also 2)).Deswgen wird jemand, der lediglich analytisch die Sachlage schildert (Ich denke da an Sarrazin oder zu Teilen auch Bernd Lucke) missverstanden und ausgregenzt. Gar als gefährlich angesehen, denn wenn man die Konsequenzen zunächst offen lässt, dann sind sie gewissermaßen ausser Kontrolle. Der Politiker hingegen denkt gern von Hinten. Welche Story passt zu der Maßname, die er anstrebt.

Fluminist Offline




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05.10.2014 16:50
#117 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #111
Ein Muslim in Deutschland hat keine Chance der Kollektivverantwortung zu entfliehen. Geradezu unerbittlich wird ihm die Möglichkeit Muslim bleiben und die FDGO vertreten zu wollen, abgesprochen. Er könnte ja als Muslim irgendwann mal entdecken, dass der IS den wahren Islam repräsentiert. Und dann wäre er genauso eine Gefahr wie ein Extremist. Damit stellt jeder Muslim, egal was er sagt oder tut, eine Gefahr dar.
Muslime müssten mit dem Klammerbeutel gepudert worden sein, würden sie auch noch den IS als islamisch akzeptieren. Dann verlören sie auch noch ihren "Schläferstatus".
Wohlwollender als eine tickende Zeitbombe wird ihnen nach meiner Erfahrung der Diskussion hier nicht gegenübergetreten.
[...]
Und jetzt weiß ich, wie sich wohlmeinende Muslime fühlen müssen und ihre Klagen haben nun einen ganz realen Grund für mich.
An dieser Stelle war der Versuch ein voller Erfolg.
Ich verstehe sie jetzt besser, als je zuvor.

Als im Ausland lebender Deutscher ist mir die Problematik, öfters mit einer Kollektivverantwortung konfrontiert zu werden, die mit meinem persönlichen Verhalten und meinen Ansichten nicht das geringste zu tun hat, nebst implizitem Schläferstatus (z.B. wenn man vorgestellt wird "He is German, but he isn't a racist") wohlvertraut, um das nachzufühlen brauche ich keine Diskussion im kleinen Zimmer. Meine Reaktion darauf ist, daß ich dem jeweiligen dankbar dafür bin, meine Individualität und Verschiedenheit vom Kollektiv anzuerkennen.

Aber um den Einzelnen geht es doch in dieser Diskussion gar nicht, lieber Erling Plaethe (ich greife hier auch Aspekte dessen, was der geschätzte Werwohlf geschrieben hat, auf). In dem Text, der die Grundlage der Debatte darstellt, tritt Aiman Mazyek als Apologet des Islam und islamischer Institutionen auf, wie es seiner Rolle als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland entspricht, nicht einzelner Muslime. (Daß wir uns alle darüber einig sind, daß ein einzelner Mensch, der sich nichts zuschulden hat kommen lassen, unabhängig von seinem religiösen Bekenntnis vor Anfeindungen zu schützen ist, wie es ja auch der Rechtslage entspricht, hatte ich stillschweigend als selbstverständlich vorausgesetzt.) Mazyek handelt hier nicht in Einzelpersonen, sondern in Kollektiven, und entsprechend ist die Diskussion.

Er spricht sich offen für religiöse Toleranz aus; das ist zu begrüßen, wenngleich, wie ja schon mehrfach erwähnt, nicht völlig klar ist, wie mehrheitsfähig dieser Ansatz ist. Er versucht für das freundliche Antlitz des Islam zu werben, und tut sich damit derzeit nicht leicht; er ist nicht zu beneiden. Ohne inhaltliche Gleichsetzung implizieren zu wollen, erinnert mich seine Situation etwas an Thomas Robb, der sich bemüht, die humane Seite des Ku Klux Klan zu betonen:

Zitat von wikipedia
Thomas Robb, also known as Thom Robb, (born 1946) is the national director of the Knights of the Ku Klux Klan, and a pastor at the Christian Revival Center.[…]
Robb defends the Klan as a harmless organization, claiming that it is "gentle, upbeat, and friendly". When featured in the PBS documentary Banished, Robb compared a Klan hood to a businessman's tie, claiming that "it's just tradition." Robb is a pastor who believes in creationism, "or as some call it intelligent design," and rejects evolution as "an attack upon our faith."


Bei ideologisch orientierten Gesellschaften - und dazu zähle ich mit Verlaub alle religiösen Organisationen -, insbesondere wenn sie eine längere Geschichte haben, ist eben leider die Grenzlinie zwischen Folklore und Fanatismus nicht immer leicht zu ziehen.



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Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

05.10.2014 16:53
#118 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #113
Zitat von Werwohlf im Beitrag #112
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #96
Deshalb klinke ich mich mit einem agree to disagree aus dieser Diskussion aus.

Aber vielleicht reicht es ja noch, um diese meine weitgehende Zustimmung zu Deinem Beitrag mitzunehmen

Der Schlüsselsatz darin lautet meiner Meinung nach:

Zitat
Optionen müssen eröffnet, nicht geschlossen werden.


Es ist im Grunde völlig gleichgültig, ob Herr Mazyek hundertprozentig glaubwürdig ist, alles Wünschenswerte gesagt oder zuviele Dinge unerwähnt gelassen hat, ob er radikale Muslime überzeugen kann oder wieviele Muslime er denn nun konkret vertritt. Wichtig sind vor allem die Sätze, die er gesagt hat und wie sie von Dir zitiert wurden. Wir können jetzt viel spekulieren, was nach Mazyeks Meinung dem Islam alles erlaubt sein sollte, aber wir wissen jetzt, was nach seiner Meinung nicht dazu gehört. Und das sollten wir aufgreifen.

Ich weiß nicht, was die Hardcore-Islamkritiker sich so als Alternativstrategie vorstellen (gut, ich weiß es von den PIssnelken - "Grenzen dicht! Rest abschieben!"), aber ich fürchte, alles in dieser Richtung Gedachte würde nur zu einer Eskalation führen, von der man sich, analog zur heutigen Sicht auf den WK I, dann mal fragen würde, wie es überhaupt zu diesen sinnlosen Kämpfen kommen konnte. Als Endzeitgestimmter, der sich für die letzte Schlacht rüstet, mag man dies anders sehen. Aber das ist dann nur logisch: Die Endzeitkrieger begegnen den Islamisten schließlich auch im Zeitalter auf Augenhöhe - so dachte man ja im Mittelalter. Und wenn wir Deutschen eh schon aussterben, dann doch wenigstens heroisch im Kampf, auch wenn die jenseitige Belohnung weniger den Unterleib anspricht. Für alle anderen, die merken, dass man so nur das, was man angeblich zu verteidigen gedenkt, letztlich zerstören würde, nämlich die offene, moderne Gesellschaft, kann diese Alternative aber nicht in Frage kommen.

Die Feinde der offenen Gesellschaft sind nun einmal die Kollektivisten. Typen, die alle Menschen in Gruppen einteilen und Einzelne nur nach deren Gruppenzugehörigkeit bewerten. Diese seltsame Koalition vereint die unterschiedlichsten Ideologien, vom Kommunismus über einige Relgionen bis hin zum Antisemitismus - der Quotenfeminismus zählt auch dazu. Nun wenden diese Ideologen jeweils unterschiedliche Strategien an: Die einen üben in ihren Netzwerke staatliche Macht über die soziale Stellung Anderer aus, die anderen sind in ihren Methoden über die Frühzeit noch nicht hínausgekommen. Medienwirksam zu erschrecken vermag uns nur Letzteres, da funktionieren noch jahrtausendealte Reflexe, während ersteres viel zu wenig greifbar ist, jedenfalls als Sekundärerfahrung. Dennoch: alle diese Ideologien sind eine Bedrohung. Einmal zu dieser Erkenntnis gelangt, kann dann auch die reziproke Anwendung keine Lösung sein, indem also die angeblichen Verteidiger der offenen Gesellschaft selbst zu Kollektivisten werden und z.B. einen Menschen vor allem in seiner Eigenschaft als Muslim bewerten und ihn deshalb besonders behandeln. Nur wer dieser Versuchung widersteht, kann dann auch selbst Ansprüche zurückweisen, die ein Muslim nur deswegen erhebt, weil er Muslim ist - und nicht etwa, weil er dabei von einem Recht Gebrauch macht, das auch anderen Bürgern selbstverständlich zusteht.

Letztlich muss es uns bei seiner Verurteilung und der Bemessung der Konsequenzen im Wesentlichen egal sein, woher die Motivation zu einem antisozialen Verhalten stammt - das Verhalten ist als solches zu beurteilen und zu verwerfen. Es gibt in Deutschland nicht nur das Grundgesetz, sondern darüber hinaus noch viele Gesetze (leider viel zu viele, aber das ist ein anderes Thema), die jeder hier lebende Mensch zu beachten hat, egal ob Muslim, Christ, Jude oder Atheist. Und für keine dieser oder aller anderen Gruppen kann es im gesellschaftlichen Zusammenleben Vorrechte geben, die von einem Bürger aus einer der anderen Gruppen nicht wahrgenommen werden können (mit gewissen Toleranzen im internen Klub). Für meinen Geschmack lassen wir uns den Gegensatz Muslim-Nichtmuslim zu sehr von den Radikalen beider Lager aufdrücken. Selbst wenn die gemeinsame ideologische Quelle im Hintergrund klar ist - verurteilt bzw. ein Sonderrecht versagt wird nicht, weil jemand Muslim ist, sondern weil jeder andere auch so behandelt worden wäre. Wenn mehrere Menschen eine gemeinsame ideologische Basis teilen, die sie immer wieder in solche Konflikte mit der übrigen Gesellschaft führt (sch...egal übrigens, ob Mehrheitsgesellschaft oder nicht), ist das deren Problem, nicht das der Anderen. In diesem Herangehen müssten "wir", müsste also die deutsche Gesellschaft, müsste der deutsche Staat klar und konsequent sein. Leider ist er das nicht immer, was dann aben auch daran liegt, dass die einen Feinde der offenen Gesellschaft gerne von den anderen in einer Art informeller Koalition instrumentalisiert werden.

Es ist auch ziemlich sinnfrei, nach Gedankenverbrechen zu forschen. Wir haben Meinungsfreiheit, und wenn es nach mir ginge, sollte hierzulande jeder jeden Blödsinn behaupten dürfen - für alles andere sind die Strafgesetze da, die m.E. die Redefreiheit eher zu sehr als zu wenig einschränken. Finstere Gesinnung ist wenig justitiabel, und obwohl sich bei uns ein Muster herausgebildet hat, wonach Anhänger einer von der herrschenden Meinung als unzulässig bewerteten Meinung gesellschaftlich nach Herzenslust und unter Ignorieren bestehender Gesetze ausgegrenzt werden dürfen, ist dies doch keinesfalls einer freien Gesellschaft würdig. Da mag noch einer noch sehr vom Kalifat schwärmen, in dem wir anderen als Dhimmis unser Leben zu fristen hätten - solange der keine Straftaten vorbereitet oder begeht, muss das dem Staat genau so egal sein wie das Schwärmen von der Revolution, in der alle Wohlhabenden endlich exekutiert würden. Oder der Traum von einem "befreiten Deutschland", in dem nur noch Menschen mit Ariernachweis leben dürfen. Man darf und sollte solchen Typen zwar heftig widersprechen, sobald sie den Mund aufmachen, aber darüber hinaus kommt keine gruppenbezogene "Therapie" in Frage.

Ja, es ärgert auch mich manchmal, wenn ich Vertreter irgendwelcher islamischer Organisationen meine beim Herumdrucksen zu ertappen. Aber ist das verwunderlich? Welcher Vertreter irgendeiner Gruppe, auf die er seine Existenzberechtigung stützt, wird dieser Gruppe selbst am Zeug flicken? Diese Art gruppenbezogener Masochismus, den wir anscheinend für angemessen und völlig normal halten, ist in Wirklichkeit eine Besonderheit aller Organisationen, die in irgendeine Verbindung mit dem Dritten Reich gebracht werden könnten - und sei es nur aufgrund eines nationalen Bezuges. Nein, es ist völlig normal, dass Vertreter von Islamverbänden ihre Ansprüche vor allem nach außen und nicht nach innen richten.

Das berücksichtigend, ist die Stellungnahme Mazyeks schon eine Menge wert. Sie wird keinen Radikalen überzeugen, aber vielleicht so manchen "Normalo-Muslim" in seinem Weg bestärken. Und darauf kommt es doch schließlich an: Millionen Muslime leben ohne den Wunsch, Andersgläubige abzumurksen oder ein blutiges Scharia-System in dem Land einzuführen, in dem sie leben. Für die Untaten von Terroristen und radikalen Spinnern dieselbe Religion verantwortlich zu machen, der Millionen Menschen friedlich folgen, klingt nicht nach einer erfolgversprechenden Strategie, sondern dürfte vor allem Solidarisierungseffekte zeigen. Und auch der Versuch Nicht- oder Andersgläubiger, aus einer Position der Überlegenheit Gläubigen ihre eigene Religion zu erklären, führt mehr zu Widerstand als zu allem anderen. Wir müssen uns auch überlegen, warum denn dieselbe Religion aus den Eltern noch friedliche Mitbürger gemacht hat, die Kinder aber radikalisiert. Offensichtlich gibt es da keine unmittelbare Ursache-Wirkungs-Beziehung.

Der Islam ist existent. Wir werden mit ihm leben müssen, innerhalb und außerhalb Deutschlands. Wer das anders sieht, sage dann auch bitte, wie er sein Ziel der Ausmerzung dieser Religion zu erreichen gedenkt. Und wie er diese Maßnahmen mit dem Ideal einer offenen Gesellschaft vereinbaren kann. Wenn er es denn will.

Deswegen ist der Satz mit den zu nutzenden Optionen völlig richtig: Türen zuzuschlagen, ist die völlig falsche Strategie. Vielmehr sollte sofort in jeden Spalt, der sich irgendwo auftut, ein Fuß hineingestellt werden. Der Beitrag von Mazyek ist so ein Spalt. Damit ist die Tür noch nicht aufgestoßen, aber nur so kann es beginnen.


Vielen Dank, lieber Werwohlf, und ganz herzlich willkommen im kleinen Zimmer.
Ich kann nur sagen: Danke.
Und mir denken: Wenigstens Einer.



Nicht nur einer: Zwei. Hier auch.

Vielen Dank für ihren Artikel.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.10.2014 17:10
#119 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #117

Als im Ausland lebender Deutscher ist mir die Problematik, öfters mit einer Kollektivverantwortung konfrontiert zu werden, die mit meinem persönlichen Verhalten und meinen Ansichten nicht das geringste zu tun hat, nebst implizitem Schläferstatus (z.B. wenn man vorgestellt wird "He is German, but he isn't a racist") wohlvertraut, um das nachzufühlen brauche ich keine Diskussion im kleinen Zimmer.

Für mich läuft das unter britischem Humor.*) Ich kenn das auch und hab mir dann schlagfertige Antworten zurechtgelegt. Nach meiner Erfahrung wurde ein Heimzahlen mit gleicher Münze immer sehr geschätzt. In Australien wo es in dieser Richtung noch viel gröber zugeht, gewinnt man dadurch sogar Freunde.
Zitat von Fluminist im Beitrag #117
Aber um den Einzelnen geht es doch in dieser Diskussion gar nicht, lieber Erling Plaethe (ich greife hier auch Aspekte dessen, was der geschätzte Werwohlf geschrieben hat, auf).

Natürlich geht es hier auch um den Einzelnen, lieber Fluminist, weil es um die Differenzierungen innerhalb der Muslime in Deutschland geht. Mein ganzer Artikel dreht sich darum - nur darum. Jede kollektive Betrachtung wurde von mir zurückgewiesen oder ignoriert.

Nachtrag: *) und m.E. als Kompliment gemeint.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

05.10.2014 17:29
#120 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #119
Für mich läuft das unter britischem Humor.*) Ich kenn das auch und hab mir dann schlagfertige Antworten zurechtgelegt. Nach meiner Erfahrung wurde ein Heimzahlen mit gleicher Münze immer sehr geschätzt. In Australien wo es in dieser Richtung noch viel gröber zugeht, gewinnt man dadurch sogar Freunde.

Ich nehme das auch mit Humor und würde das jedem in analoger Situation ebenfalls empfehlen. Aber gerade daran scheint's manchmal zu hapern...
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #119
Zitat von Fluminist im Beitrag #117
Aber um den Einzelnen geht es doch in dieser Diskussion gar nicht, lieber Erling Plaethe (ich greife hier auch Aspekte dessen, was der geschätzte Werwohlf geschrieben hat, auf).

Natürlich geht es hier auch um den Einzelnen, lieber Fluminist, weil es um die Differenzierungen innerhalb der Muslime in Deutschland geht. Mein ganzer Artikel dreht sich darum - nur darum. Jede kollektive Betrachtung wurde von mir zurückgewiesen oder ignoriert.

Ach, ich dachte, die Differenzierungen beträfen immer noch Gruppen von Muslimen und Einzelne nur in ihrer Eigenschaft als Muslim. Da hatte ich dann wohl alles mißverstanden; kein Wunder, daß wir uns nicht einigen können…



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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

05.10.2014 20:29
#121 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #111
Wohlwollender als eine tickende Zeitbombe wird ihnen nach meiner Erfahrung der Diskussion hier nicht gegenübergetreten.
Lieber Erling,

eigentlich wollte ich es für meine Person mit Wortmeldungen in diesem Beitrag belassen. Zu groß ist das Feld für Mißverständnisse und das liegt anscheinend daran, da nehme ich auch mich nicht aus, dass man nicht bereit ist seine eigene Terminologie, Vorraussetzungen und Gedankenbgebilde zu verlassen, um den Gegenüber versuchen zu verstehen.

Trotzdem muß ich mich auf diesen Satz hin hier nochmals einklinken, denn zumindest ich persönlich fühle mich durch diesen Satz (möglicherweise auch stellvertretend für andere Mitforisten) leichtfertig mißverstanden.

Ich habe bereits Eingangs unterschieden zwischen offizieller Kirche und Individuen. Von Individuen brauche ich keine Distanzierung. Sie kenne ich entweder persönlich, dann weiß ich woran ich bin. Oder ich kenne sie nicht, dann kann ich nichts über sie wissen. Ich persönlich und ich habe auch durchaus den Eindruck, dass dies für die Mehrzahl der Mitforisten gilt, sehe keine tickenden Zeitbomben in Individuen. Das möchte ich klar festgehalten wissen.

Etwas völlig anderes ist die Amtskirche, denn in ihr sehe ich den Orientierungspunkt für die Individuen und Herr Mazyek ist einer ihrer Vertreter. Da braucht es öffentliche Distanzierung.

Nun habe ich in folgenden beiden Punkten Konsens, zumindest sehe ich es so, mit Ihnen lieber Erling:

1) Es ist zu begrüßen, dass es endlich eine offizielle Distanzierung der "Amtskirche" gab. Vor allem weil man erwarten darf, dass es weitere Klärung zu anderen "Akten des Zivilisationsbruchs" geben könnte, ja geben muß.

2) Es ist grundsätzlich wichtig Optionen zu öffnen und nicht zu schließen.


Darüber hinaus halte ich für mich ganz persönlich fest, dass mich die fehlende klare Distanzierung der Amtskirche (nicht von Individuen) zu Dingen wie der Fatwa gegen Rushdie, die Vorkommnisse um die Karrikaturen, das Treiben der Hamas, verübte Ehrenmorde o. ä. bisher sehr befremden. Für mich beginnt der Bruch mit der Zivilisation bereits da und meine Frage, warum in diesen Fällen Vertreter der Amtskirche es nicht für notwendig befinden sich distanzierend zu äußern, bleibt mir bisher unbeantwortet.

Ich möchte daraus gar keinen Schluß ableiten, nur festellen, dass daher für mich unklar ist wie die Amtskirche den Islam versteht, wie sie beabsichtigt weiterhin dem Individuum Orientierung zu geben und was die einzelnen Motive sind, wenn sie sich einmal distanziert von Zivilisationsbrüchen. -- und daraus abgeleitet, was wir im Weiteren von ihr zu erwarten haben. Des Weiteren gehe ich aber auch mit R.A. konform, dass es letztendlich auf die Ergebnisse eines Prozesses ankommt, nicht auf die Motive, welche ihn auslösten.

Was für mich am Ende bleibt ist Unklarheit gegenüber der Amtskirche, aus dargelegten Gründen, und daher begegne ich ihrem Agieren mit Vorsicht. Das heißt aber auch, dass man natürlich die Optionen öffnen, nicht schließen muß. Nur hier gibt es ein sehr faktisches Problem. Teil dieser Option wäre auch, dass man die Amtskirche und auch Herrn Mazyek in Zunkunft an seiner Distanzierung messen muß und messen darf. In unserer Gesellschaft wird dies m. E. aber überaus schwierig werden, da dies in der öffentlich Debatte auch sehr schnell wieder in das Fahrwasser der "ausgeübten Islamophobie" umschlagen kann. Ich will nicht beurteilen, was Kalkül und was ehrenhafte Absichten sind. Ich kann das nicht. Aber skeptisch bin und bleibe ich, wenn elementare Fragen für mich noch nicht beantwortet sind.

Das aber heißt auch ganz klar:
Ich erwarte keine öffentliche Distanzierung von Individuen. Ich sehe keine tickenden Zeitbombem in Individuen. Und ich sehe keine Kollektivverantwortung der Muslime (der sie dann auch nicht entkommen müssen).

Aber ich sehe eine Verantwortung bei der Amtskirche. Sie hat einen allerersten Schritt getan. Es wird essentiell sein, sie auch in Zukunft an diesem Schritt zu messen und ich bin etwas skeptisch in wie weit das in dem Sentiment unserer aktuellen öffentlichen Meinungs- und Medienlandschaft gelingen kann.

Dieser Standpunkt ist etwas anderes als "Kollektivhaft". Ich hoffe, ich konnte dies zum Ausdruck bringen.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Ulrich Elkmann Online




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05.10.2014 21:25
#122 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #121
Etwas völlig anderes ist die Amtskirche, denn in ihr sehe ich den Orientierungspunkt für die Individuen und Herr Mazyek ist einer ihrer Vertreter. Da braucht es öffentliche Distanzierung.


Vielleicht ist es hilfreich, darauf hinzuweisen, daß es im Islam so etwas wie die "Amtskirche" oder ein sonstiges Äquivalent nicht gibt - keine zentrale Autorität, die in Namen des gesamten Islams (oder der sunnitischen / schiitischen Teilmengen) sich distanzieren könnte (am ehesten noch der Rat der Ayatollahs für die Schiiten). Die Großen Rechtsschulen werden durch die Medressen vertreten, zB die Al-Azhar-Universität, aber die Ausrichtung liegt auf der Auslegung & Anwendung des islamischen Rechts, nicht für das Sprechen für die eigene Glaubensgemeinschaft. Letztendlich gelten die Auslegungen, die Fatwas & dgl. zum einen für die Gläubigen im eigenen Wirkungsbereich, zum anderen für die Imame, die dort ausgebildet worden sind. Das führt zu der Situation, aß Zeloten & Eiferer sich darauf als wahre Auslegung der Glaubenspflichten berufen können; zum anderen ermöglicht es den "nicht direkt betroffenen" Muslimen, dies für eine irrelevante (letztlich "unislamische") abzutun.

Daß Herr Mayek sich distanziert und weiter Verbände in Europa & im Westen auch, ist aus den o.g. Gründen sehr berüßenswert; man sollte aber im Hinterkopf haben, welches Maß an geistlicher Autorität er & seine Kollegen haben: nämlich keinerlei.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

05.10.2014 21:52
#123 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #122
Vielleicht ist es hilfreich, darauf hinzuweisen, daß es im Islam so etwas wie die "Amtskirche" oder ein sonstiges Äquivalent nicht gibt - keine zentrale Autorität, die in Namen des gesamten Islams (oder der sunnitischen / schiitischen Teilmengen) sich distanzieren könnte (am ehesten noch der Rat der Ayatollahs für die Schiiten).
Mit "Amtskirche" meinte ich offizielle Vertreter des Glaubens, egal wieviele, mit unterschiedlichsten Glaubensauslegungen es davon gibt.

Dass dieser Umstand, dass es so viele verschiedene "offizielle Vertreter" gibt, die Sache mit Positionsbeziehung, Verantwortung und Distanzierung eher erschwert, ja mitunter sogar gerne auch als Nebelkerzenargument verwendet wird, um Verantwortung zu vermeiden, wo deren Übernahme angebracht wäre, ist mir leidvoll vor Augen.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Paul Offline




Beiträge: 1.285

05.10.2014 22:50
#124 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #123
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #122
Vielleicht ist es hilfreich, darauf hinzuweisen, daß es im Islam so etwas wie die "Amtskirche" oder ein sonstiges Äquivalent nicht gibt - keine zentrale Autorität, die in Namen des gesamten Islams (oder der sunnitischen / schiitischen Teilmengen) sich distanzieren könnte (am ehesten noch der Rat der Ayatollahs für die Schiiten).
Mit "Amtskirche" meinte ich offizielle Vertreter des Glaubens, egal wieviele, mit unterschiedlichsten Glaubensauslegungen es davon gibt.

Dass dieser Umstand, dass es so viele verschiedene "offizielle Vertreter" gibt, die Sache mit Positionsbeziehung, Verantwortung und Distanzierung eher erschwert, ja mitunter sogar gerne auch als Nebelkerzenargument verwendet wird, um Verantwortung zu vermeiden, wo deren Übernahme angebracht wäre, ist mir leidvoll vor Augen.



Auffällig ist schon, dass genau diejenigen Autoritätan schweigen, die ganz schnell dabei sind, gegen einen Schriftsteller oder Karrikaturisten eine Fatwa auszusprechen.

Gegen die Mörder der ISIS "höre" ich nur Stillschweigen. Eine Fatwa gegen den Führer dieser Organisation, Abu Bakr, wäre für mich ein Akt der Distanzierung. Alles andere ist nur Pillepalle.

LG, Paul

___________________________
In dubio, pro reo.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.10.2014 23:27
#125 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #124

Gegen die Mörder der ISIS "höre" ich nur Stillschweigen. Eine Fatwa gegen den Führer dieser Organisation, Abu Bakr, wäre für mich ein Akt der Distanzierung. Alles andere ist nur Pillepalle.

Lieber Paul, ich weiß nicht warum Sie nicht "hören":

Vom 01.09.14:
http://www.muk.uni-frankfurt.de/51855481/252?
Vom 03.09.14:
http://www.dw.de/eine-fatwa-gegen-den-is...taat/a-17897659
Vom 17.09.14:
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...n-13159307.html

Viele Grüße, Erling Plaethe

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