Damit wäre auch meine von Doeding bezweifelte These aus #76 bestätigt. Es geht ihm um die Ehre. Wenn es um Politik gehen würde, wäre das Verfahren nach 103 allein viel besser geeignet.
Gruß Petz
Analog zu Döpfners Klappentext würde ich Dir zugestehen, daß Erdogan zumindest auch seine Vorstellung von Ehre im Blick haben könnte.
Zitat Dann haben wir gelernt, dass Erdogan ein rechter Prozesshansel ist: In der Türkei sind eintausendachthundert Verfahren wegen Beleidigung anhängig. 1.800!
Es scheint also nur der Fall 1801 zu sein, und Erdogan scheint Beleidigungen magisch anzuziehen. Also nichts, worüber man sich tiefere Gedanken machen müsste. Der Rest dürfte wohl gute juristische Beratung über Prozessmöglichkeiten in Deutschland zu sein.
Damit wäre auch meine von Doeding bezweifelte These aus #76 bestätigt. Es geht ihm um die Ehre. Wenn es um Politik gehen würde, wäre das Verfahren nach 103 allein viel besser geeignet.
Gruß Petz
Analog zu Döpfners Klappentext würde ich Dir zugestehen, daß Erdogan zumindest auch seine Vorstellung von Ehre im Blick haben könnte.
Zitat Dann haben wir gelernt, dass Erdogan ein rechter Prozesshansel ist: In der Türkei sind eintausendachthundert Verfahren wegen Beleidigung anhängig. 1.800!
Es scheint also nur der Fall 1801 zu sein, und Erdogan scheint Beleidigungen magisch anzuziehen. Also nichts, worüber man sich tiefere Gedanken machen müsste. Der Rest dürfte wohl gute juristische Beratung über Prozessmöglichkeiten in Deutschland zu sein.
Gruß, Martin
Erdogan ruft Beleidigung und meint Kritik, lieber Martin. Ich denke immer noch, daß es dem Sultan eher nicht um ein ehrlich empfundendes, brennendes Kränkungsgefühl geht, das sein Zwerchfell beim morgendlichen Erwachen erschüttert. Er überzieht sein Land mit solchen Prozessen, um auf diesem Weg die Schwelle für jegliche Kritik zu erhöhen und letztlich mundtot zu machen. Er malträtiert die Presse, die mehrheitlich erwartbar verstummen wird, v. a. wenn auch die Gerichte die gewünschten drakonischen Strafen verhängen werden (weil andernfalls die Richter selbst dran sind). Und nun versucht er es halt hier. Daß ausgerechnet das Würstchen Böhmermann der "Held" wird, ist natürlich reiner Zufall. V. a. Wird er ja nicht zum "Helden": die Chance, hier ein unmißverständliches Zeichen zu setzen, hat Merkel längst verstreichen lassen (und es wäre ihre Sache gewesen!). Ich bin ferner sicher, daß Erdogans Kalkül bereits aufgegangen ist (oder noch aufgehen wird), indem man sich bereits jetzt in den Redaktionen zweimal überlegen wird, wie weit man bei Veröffentlichungen zu Erdogan geht. Da braucht es gar keine Unruhen wie seinerzeit bei Jyllands Posten. In vielen Redaktionsräumen regiert die vorauseilende Feigheit, maskiert als "kulturelle Sensibilität".
Nachtrag. Nochmal zur Erinnerung: der deutsche Botschafter ist von der Türkei in den Wochen vor Böhmermann drei(!)* Mal wegen Presseerzeugnissen einbestellt worden. Mir soll keiner erzählen, daß es das Gossenniveau ist, das hier das Problem ist. https://www.tagesschau.de/ausland/tuerke...hafter-103.html
* plus extra3-Beitrag macht vier Mal.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Die Grundidee, der ich ich anzunähern versuchte ('n bissle dilettantisch, danke für die Hinweise, lieber Petz) scheint den einen oder anderen Liebhaber zu gewinnen. Die Ecken, um die man rumdenken kann, nehmen jedenfalls kein Ende.
Das ganz große Asset dabei: Das ist so schön pazifizierend——— okay, leider dann auch irgendwie langweilig , wenn jeder was davon hat, zum Beispiel auch Advokaten Kohle machen .
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #125Ich als Medienaverser hätte mich ja glatt auf solche Quisquilien kapriziert wie die Frage, wie ein Deal mit einem Land "das europäischer ist als manche Europas", der monatelang bekakelt wird & "endlich die europäische Lösung bringt", nach nicht mal 24h beerdigt wird, ohne daß es jemanden juckt; was aus den 6€ Mrd & der Visumsfreiheit wird; wie es mit der hartnäckig kolportierten Unterstützung des IS durch Ankara steht; ob sich der Einsatz gegen die Kurden zu einem 1915 2.0 ausweiten könnte & denen, die zuhauf bei uns stranden, wie angedroht die Staatsbürgerschaft entzogen wird, auf daß sie die Rückehr vergessen können. Stattdessen die Frage, ob ein Tyrann (demnächst: der Liebe Führer) den Medien eines immer noch unabhängigen Staates mit verfassungsgarantierter Meinungsfreiheit nach $ 103 oder 185 reingrätschen kann. Schön, daß die Prioritäten gerade gerückt sind. PS. Das ist keineswegs Sarkasmus (gewissermaßen invertierter Böhmermann). Die Regierung dieses Landes ist, erwiesenermaßen, nicht mehr ansatzweise zu einem staatlichem Handeln imstande, das über das wahllose Verteilen von Blankoschecks hinausgeht. Fernsehinterviews/Talkshows & das Bekakeln solcher Formate ist die einzig verbliebene Handlungsoption.
Und nein: auch das "handlungsunfähig" ist wörtlich zu nehmen. Monatelang hat diese Regierung apodiktisch erklärt, "Grenzen seien nicht zu sichern" & sich damit jeglichen Handlungsansatzes entschlagen. Die Grenzen sind dicht; alleiniges Verdienst von Ungarn, Mazedonien, pp. Die einzige Reaktion aus Berlin waren wüste Beschimpfungen. EADS (= Airbus) baut in Saudi-Arabien die modernste High-Tech-Grenze der Welt; da hängt ein gewichtiger deutscher Anteil mit drin. Weder hat man es geschafft, in mehr als 9 Monaten ein bundesweit einheitliches Registrierungssystem einzurichten, noch eine EINZIGE der wolkig ventilierten "Lösungen" von Hotspots bis "europäische Lösung."
Das führt immer wieder auf die Frage zurück: warum machen die das? Und wenn man die große Verschwörung und/oder geheime Erpressung als Erklärung ausschließt, dann paßt es zu dem Verdacht, den ich seit Jahren habe, daß nämlich Schlamassl Nº n als schnelle Lösung für das Problem angerührt wird, von Schlamassl Nº 1 bis n-1 abzulenken. Bei häufigerem Regierungswechsel ist das Verfahren nachhaltig, weil man unter den Scherbenhaufen der Vorgängerregierung einen hämischen Schlußstrich ziehen und von vorn anfangen kann; aber bei einer Dauerkanzlerin, die das Prinzip allzu gut verinnerlicht hat, kommt über die Jahre eine ganz schöne Kette zusammen.
Zitat von Doeding im Beitrag #123 Mir soll keiner erzählen, daß es das Gossenniveau ist, das hier das Problem ist.
Nee. Dir nicht und eigentlich niemandem. Denn der Zweck heiligt offenbar, wie eh und dem, die Mittel. Die Ziegenficker-Kunst ist ja weg. Geschwärzt, gelöscht und getilgt. Aus den Augen aus dem Sinn. Nun können wir wieder anderen erzählen was Kultur ist und Kunst und Freiheit. Kunststück bei Erdogan der unsere Werte auch gar nicht schätzt und sie auch nicht anstrebt. Also führen wir eine Diskussion über ihn. Dass er uns erpresst, erniedrigen will und von seinen Menschenrechtsverbrechen ablenkt. Alles richtig. Und ich gebe Dir recht, lieber Andreas, natürlich geht es Erdogan nicht nur um die Beleidigung. Allerdings hat ein Mensch mit Paranoia und Größenwahn auch ein andetes Bild von Ehre.
Nur solche Staatsoberhäupter bilden die Mehrheit auf der Welt, wie soll man mit denen ein erträgliches Auskommen erzielen, wenn in Deutschlands Staatsfunk Regierungschefs als Ziegenficker, Schafficker und Kinderficker bezeichnet werden? Die ganze Nation sich noch dazu hinter den Schmierfink stellt und solchen Rassismus zur Kunst erhebt? Im Land der Kultur?
Ein Problem, vielleicht nicht das wichtigste aber auch nicht unwesentlich. Wollen wir so etwas wirklich adeln? Wollen wir das in unseren kulturellen Rahmen aufnehmen? Warum etwas verteidigen das es nicht wert ist verteidigt zu werden? Das noch nicht mal ohne Risiko zitiert werden kann? Ich mach das nicht mit. Da kann die Meute noch so sehr im Einklang heulen. Ich mach mir mein Bild. Als ich las was der Böhmermann (im Hintergrund die Flagge der Türkei) vorlas, machte ich mir mein Bild und meine Meinung. Während dieser Meinungsbildung sah ich auf das übelste rassistischste Elaborat was mir seit langem zu Gesicht gekommen ist. Darum soll es nun nicht mehr gehen? Hier fehlt die unvoreingenommene Sachlichkeit. Nicht die Meinungsfreiheit oder Kunstfreiheit.
Danke - sehr interessant. Dann brauchen wir diesen Paragraphen im Prinzip schon. Auch wenn die praktische Anwendung offenbar schwierig ist ...
Schutzgut ist aber wohl nicht das Persönlichkeitsrecht des ausländischen Staatsoberhaupts, sondern die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik. Was dann auch die Beteiligung der Bundesregierung am Verfahren plausibel macht.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #131Nur solche Staatsoberhäupter bilden die Mehrheit auf der Welt, wie soll man mit denen ein erträgliches Auskommen erzielen, wenn in Deutschlands Staatsfunk Regierungschefs als Ziegenficker, Schafficker und Kinderficker bezeichnet werden? Die ganze Nation sich noch dazu hinter den Schmierfink stellt und solchen Rassismus zur Kunst erhebt? Im Land der Kultur?
Ein Problem, vielleicht nicht das wichtigste aber auch nicht unwesentlich. Wollen wir so etwas wirklich adeln? Wollen wir das in unseren kulturellen Rahmen aufnehmen? Warum etwas verteidigen das es nicht wert ist verteidigt zu werden? Das noch nicht mal ohne Risiko zitiert werden kann?
Das Problem ist doch, dass wir Deutschen nur alles oder nichts können. Was nicht verboten ist, wird geadelt.
Ich finde abgesehen von allem Getröte und Getöse läuft es doch nicht schlecht. Die Löschung in der Mediathek war vertretbar und auch konsequent, weil Böhmermann selbst gesagt hat, dass es nicht erlaubt ist. Er hatte seinen Punkt, und der hat auch funktioniert, ohne dass das Elaborat vom Staatsfunk für die Nachwelt bereitgestellt werden muss. Den Rest erledigen ordentliche Gerichte. Wenn die finden, dass der Disclaimer ausreicht, hat Böhmermann recht; wenn nicht, hat Erdogan recht. Keine Apokalypse, nirgends. Außer man beschwört sie herauf.
Zitat von Doeding im Beitrag #127Daß ausgerechnet das Würstchen Böhmermann der "Held" wird, ist natürlich reiner Zufall. V. a. Wird er ja nicht zum "Helden": die Chance, hier ein unmißverständliches Zeichen zu setzen, hat Merkel längst verstreichen lassen (und es wäre ihre Sache gewesen!).
Ich finde, ja sie hätte gar nix sagen sollen. Aber "ein unmissverständliches Zeichen", wie hätte das denn aussehen sollen, lieber Andreas? Eine Erklärung in dem Sinne [raute]Also ganz ehrlich, beim EU-Türkei-Gipfel bin ich ja am Buffet neben ihm gestanden, und ein bisschen riecht er ja wirklich nach Döner.[/raute]?
Zitat von Doeding im Beitrag #127Ich bin ferner sicher, daß Erdogans Kalkül bereits aufgegangen ist (oder noch aufgehen wird), indem man sich bereits jetzt in den Redaktionen zweimal überlegen wird, wie weit man bei Veröffentlichungen zu Erdogan geht. Da braucht es gar keine Unruhen wie seinerzeit bei Jyllands Posten. In vielen Redaktionsräumen regiert die vorauseilende Feigheit, maskiert als "kulturelle Sensibilität".
Philologische Räuberleiter: Die Gattung heißt Pasquill; definitionsgemäß
Zitat von Wikipediaeine Schmäh- oder Spottschrift, die verfasst wird, um eine bestimmte Person zu verleumden oder in ihrer Ehre zu verletzen
Erste Hochblüte id ital. Renaissance mit Aretino, ansonsten bis ins 18. Jh. höchst beliebt. Id Regel anonym, auf verständlichen Gründen; es ist da durchaus zur "Wahl der Waffen" gekommen (könnte man dem Sultan ja nahelegen). Théophile de Viau hat der Band Le parnasse satyrique 1623 das Urteil "lebendig auf den Scheiterhaufen" eingetragen, weil er die Jesuiten angegangen ist; bei uns ging das weniger hefftig zu: Johann Matthias Dreyer hat das 1761 die Verbannung aus Hamburg beschert. Bei Heine ist das letzter Ausläufer. Kann übrigens durchaus S-paaß machen:
Christian Weise (1642-1708), "Ein Abriß der Schönheit selber"
Ich weiß ein Liebes Schätzgen, Ein artig Kammer-Kätzgen, Darüber muß ich mich bemühn, Und sie auff meinen Schauplatz ziehn.
Das Mädgen muß in allen Den Leuthen wohlgefallen, Und hat auch nicht ein eintzig Glied, Daß nicht der Schöhnheit ähnlich sieht.
Die Haare stehn ihr nette, Gleich wie mein Stroh im Bette, Und sind so naturell und krauß, Wie einer krancken Wasser-Mauß.
Sie stutzet mit dem Zopffe Auff ihrem kleinen Kopffe: Du lieber Kopff, bist du nicht rund, Wie meiner Grossemutter Hund.
Die auserlesene Stirne Sieht fast wie eine Birne, Die draussen auff dem Miste liegt, Und hier und da ein Fleckgen kriegt.
Die Ohren haben Läppgen, Als wie die Käse-Näppgen, Die sind voll Ruß biß oben an, Daß man sie bald wegschauffeln kan.
Die Nase steckt im Quarge, Gleich wie in einem Sarge, Sonst ist das Leder zart und keusch, Wie angebrantes Schöpsen-Fleisch.
Das Maul lacht ihr von forne, Gleich wie der Hund im Borne, Und wie ein Bauer in der Stadt, Wann er ein Eisen funden hat
Die Armen sind wie Priegel, Und wie die Hölle-Riegel, Die gucken zu den Ermeln rauß, Und sehn wie eine Blut-Wurst auß.
Mehr hab ich nicht gesehen, Es soll auch nicht geschehen, Dann wo sie sich nackt sehen läst, So sterb ich warlich an der Pest.
Drum wil ich nur beschliessen, Weil ich nicht mehr kan wissen, Doch dieses sey zu guter Letzt Ihr als ein Wunsch hinzu gesetzt:
Bestecket sie mit Raute, Spickt sie mit sauer Kraute, Und schicket sie mit Haut und Haar Dem Hencker zu dem Neuen-Jahr. (1668)
Vielleicht sollte man C.W. doch mal lesen (auch wenn dt. Barock-Literatur eher nicht der Hit ist). Zwei seiner Romane haben die Tituli "Der politische Näscher" (1678) & "Die drey ärgsten Ertz-Narren Jn der gantzen Welt" (1672).
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Doeding im Beitrag #127Daß ausgerechnet das Würstchen Böhmermann der "Held" wird, ist natürlich reiner Zufall. V. a. Wird er ja nicht zum "Helden": die Chance, hier ein unmißverständliches Zeichen zu setzen, hat Merkel längst verstreichen lassen (und es wäre ihre Sache gewesen!).
Ich finde, ja sie hätte gar nix sagen sollen. Aber "ein unmissverständliches Zeichen", wie hätte das denn aussehen sollen, lieber Andreas? Eine Erklärung in dem Sinne [raute]Also ganz ehrlich, beim EU-Türkei-Gipfel bin ich ja am Buffet neben ihm gestanden, und ein bisschen riecht er ja wirklich nach Döner.[/raute]?
Ach was, ich meinte das viel zu schwachbrüstige und zögerliche Bekenntnis Merkels zur Presse- und Kunstfreiheit nach Erdogans diplomatischer "Initiative" zur extra3-Sendung. Da hätte mehr und schnelleres kommen müssen. Anschließend hätte man bei Böhmermann meinetwegen auf bereits Gesagtes verweisen können. Oder meinetwegen auch eine Zustimmung zu Ermittlungen geben können, aber so müffelt doch alles bei Merkel nur noch nach Kotau.
Zitat
Zitat von Doeding im Beitrag #127Ich bin ferner sicher, daß Erdogans Kalkül bereits aufgegangen ist (oder noch aufgehen wird), indem man sich bereits jetzt in den Redaktionen zweimal überlegen wird, wie weit man bei Veröffentlichungen zu Erdogan geht. Da braucht es gar keine Unruhen wie seinerzeit bei Jyllands Posten. In vielen Redaktionsräumen regiert die vorauseilende Feigheit, maskiert als "kulturelle Sensibilität".
Auch das sehe ich nicht als zentralen Punkt. Aber Du glaubst doch nicht, daß eine, zumal öffentlich-rechtliche, Redaktionsstube nicht auf die gegenwärtigen Geschehnisse reagiert, die der Kanzlerin solche Kalamitäten eingebrockt haben? Ich meine ja nicht das Ende der Pressefreiheit. Es reicht völlig, wenn man z. B. bei der ARD künftig "den einen oder anderen zusätzlichen Gedanken" auf die Wirkung von Berichterstattung zu Erdogan und die Türkei aufwendet, um es nicht auf "diplomatische Verwicklungen" ankommen zu lassen, die "niemandem nützen" sondern nur "allen schaden", insbesondere der Kanzlerin mit ihren "Verdiensten in der Flüchtlingskrise". Davon geht doch schließlich "die Pressefreiheit nicht unter", gell?
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #131 Ein Problem, vielleicht nicht das wichtigste aber auch nicht unwesentlich. Wollen wir so etwas wirklich adeln? Wollen wir das in unseren kulturellen Rahmen aufnehmen? Warum etwas verteidigen das es nicht wert ist verteidigt zu werden? Das noch nicht mal ohne Risiko zitiert werden kann?
Vielleicht irre ich mich, aber ich sehe die Gefahr nicht. Wenn Böhmermann nächste Woche so ein Schundgedicht, sagen wir, über Königin Elisabeth von England schriebe, würden wir sehen, daß hier kein Präzedenzfall und auch kein genereller Kulturverlust vorgelegen hat. Die öffentliche Meinung schriebe Böhmermann innerhalb von drei Tagen weg, der Sender distanzierte sich zuerst und feuerte ihn dann und der Staatsanwalt meldete sich vermutlich ruckzuck, weil die Regierung keine Sekunde zu zögern bräuchte, ihn zum Abschuß freizugeben.
Mir scheint, du betrachtest sein "Gedicht" eher isoliert vom Kontext seiner Entstehung, den vorangegangenen und nachfolgenden Bedingungen, sozusagen seinen künstlerischen "Wert" und die Beleidigungen darin an sich. Da spricht auch nix gegen, und so kommt man fast zwangsläufig zu Deiner Beurteilung. Ich betrachte in diesem Fall dagegen, glaube ich, sehr viel stärker den politischen Kontext und nehme in diesem konkreten Fall eine andere Prioritätensetzung vor. Es macht für mich eben einen Riesenunterschied, ob er das über Königin Beatrix, den Papst oder -nach seinen diplomatischen Interventionen- mit Erdogan macht. Rein rechtsstaatlich gesehen ist das vermutlich das gleiche, aber politisch ist es das überhaupt nicht.
Ich finde es schlicht wichtiger, einem solchen Despoten mit Ambitionen auf die deutsche Presse- und Kunstfreiheit, die selbst vor Schulbüchern nicht halt machen, die Stirn zu bieten. Und ja, auch um diesen Preis, daß Böhmermann diesmal(!) mit solchem Schweinkram durchkommt. Für Erdogan ist jedes Entgegenkommen Schwäche, und so sollte man ihn auch behandeln; übrigens noch eine Parallele zu Putin. Jetzt mal kurz empathisch pro Merkel argumentiert: sie hat über Bande Davutoglu alles diplomatisch mögliche gemacht, um ein "sorry" rüberzuschicken ohne der Meinungsfreiheit in Deutschland in den Rücken zu fallen. Das hätte er auch so aufnehmen und sogar in der Türkei medial zelebrieren können. Und alles wäre gut gewesen. Aber so etwas, der Kompromiß, geht mit ihm nicht. Und deshalb bin ich dafür, ihm keinen Fußbreit in dieser Frage mehr entgegen zu kommen.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Doeding im Beitrag #137Rein rechtsstaatlich gesehen ist das vermutlich das gleiche, aber politisch ist es das überhaupt nicht.
Tja, das ist schon eine recht verworrene Reaktion.
Da haben wir einerseits die rein juristische Ebene. Nach der ist Beleidigung allgemein strafbar und die von bestimmten ausländischen Würdenträgern noch einmal extra. Ersteres sollte wohl so bleiben. Und Letzteres schien mir zuerst obsolet, aber so ganz abschaffen kann man das doch wohl noch nicht.
In der Praxis hat sich der 103 ziemlich überholt, weil die meisten Betroffenen um den Streisand-Effekt wissen und im Zweifelsfall einfach auf eine Ausübung verzichten. Es war auf jeden Fall auch nicht geschickt von Erdogan, diese Karte zu spielen - für jede Maßnahme seinerseits fängt er sich einen Sack neuer "Beleidigungen" ein.
Politisch wäre die Sache wohl auch einfach. Die Bundesregierung hat m. E. aus rein außenpolitischer Sicht (und so ist m. E. der 103 gedacht) jedes Recht, die Sache an ein Gericht weiterzuleiten. Und was dieses daraus macht, dafür ist die Regierung nicht verantwortlich.
Und vor Gericht werden wohl diverse Ausreden nicht ziehen. So kann ich mir nicht vorstellen, daß diese primitive Anreihung von Beschimpfungen als "Kunst" durchgeht noch daß Böhmermann mit seinem mageren Disclaimer davon kommt. Aber ein Gericht müßte m. E. sehr wohl differenzieren, wen die Beleidigung trifft. Wäre Erdogan nur ein ganz harmloser normaler Türke, wären die Beleidigungen wohl völlig unangemessen. Aber einen Tyrann und Massenmörder kann man wohl anders angehen, auch mit Delikten, die er vielleicht nicht begangen hat.
Merkel sitzt dabei ziemlich in der Patsche. Die Vorwürfe gegen sie sind m. E. ziemlich substanzlos. Es geht hier nicht um "Zensur" und Böhmermanns Suada muß nicht wg. "Meinungsfreiheit" geschützt werden. Merkel könnte das einfach ans Gericht durchreichen und diesem die inhaltliche Bewertung überlassen.
Aber genau mit so einer inhaltlichen Bewertung hat sie sich unnötigerweise aus dem Fenster gehängt. Und sich dann noch verkalkuliert in der Reaktion Erdogans. Sie bekommt jetzt den Shitstorm ab, den sie sich eigentlich für ihre Türkei-Politik vorher verdient hätte. Eine verfahrene Situation und eigentlich auch ungerecht. Aber mein Mitleid ist begrenzt.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #131 Ein Problem, vielleicht nicht das wichtigste aber auch nicht unwesentlich. Wollen wir so etwas wirklich adeln? Wollen wir das in unseren kulturellen Rahmen aufnehmen? Warum etwas verteidigen das es nicht wert ist verteidigt zu werden? Das noch nicht mal ohne Risiko zitiert werden kann?
Vielleicht irre ich mich, aber ich sehe die Gefahr nicht. Wenn Böhmermann nächste Woche so ein Schundgedicht, sagen wir, über Königin Elisabeth von England schriebe, würden wir sehen, daß hier kein Präzedenzfall und auch kein genereller Kulturverlust vorgelegen hat. Die öffentliche Meinung schriebe Böhmermann innerhalb von drei Tagen weg, der Sender distanzierte sich zuerst und feuerte ihn dann und der Staatsanwalt meldete sich vermutlich ruckzuck, weil die Regierung keine Sekunde zu zögern bräuchte, ihn zum Abschuß freizugeben.
Mir scheint, du betrachtest sein "Gedicht" eher isoliert vom Kontext seiner Entstehung, den vorangegangenen und nachfolgenden Bedingungen. Da spricht auch nix gegen, und so kommt man fast zwangsläufig zu Deiner Beurteilung. Ich betrachte dagegen, glaube ich, sehr viel stärker den politischen Kontext und nehme in diesem konkreten Fall eine andere Prioritätensetzung vor. Es macht für mich eben einen Riesenunterschied, ob er das über Königin Beatrix, den Papst oder -nach seinen diplomatischen Interventionen- mit Erdogan macht. Rein rechtsstaatlich gesehen ist das vermutlich das gleiche, aber politisch ist es das überhaupt nicht.
Ich finde es schlicht wichtiger, einem solchen Despoten mit Ambitionen auf die deutsche Presse- und Kunstfreiheit, die selbst vor Schulbüchern nicht halt machen, die Stirn zu bieten. Und ja, auch um diesen Preis, daß Böhmermann diesmal(!) mit solchem Schweinkram durchkommt. Für Erdogan ist jedes Entgegenkommen Schwäche, und so sollte man ihn auch behandeln; übrigens noch eine Parallele zu Putin. Jetzt mal kurz empathisch pro Merkel argumentiert: sie hat über Bande Davutoglu alles diplomatisch mögliche gemacht, um ein "sorry" rüberzuschicken ohne der Meinungsfreiheit in Deutschland in den Rücken zu fallen. Das hätte er auch so aufnehmen und sogar in der Türkei medial zelebrieren können. Und alles wäre gut gewesen. Aber so etwas, der Kompromiß, geht mit ihm nicht. Und deshalb bin ich dafür, ihm keinen Fußbreit in dieser Frage mehr entgegen zu kommen.
Herzliche Grüße, Andreas
Schon klar, das ist sicher auch die Sicht Döpfners, Broders und vielen anderen. Aber ich bin doppelmoralgeschädigt wenn ich das mal so offen zugeben darf. Mit zweierlei Maß messen ist nicht meine Sache weil ich solches verachten gelernt habe. Integrität bedeutet mir viel. Vor allem wenn es um eine politische Ansicht geht. Ich hinterfrage mich jedesmal wenn ich mal wieder über Putin herziehe ob ich nicht zuweit gehe. Ich will so was unbedingt vermeiden. Bei dem jetzigen Thema spielt sicher eine Rolle dass ich davon überzeugt bin, links schlummert Rassismus. Manchmal bricht er hervor und immer dann wenn er von links kommt wird er salonfähig. Es fing an mit dem Antiamerikanismus von Schröder, dann kamen die Gehässigkeiten gegenüber den Polen als die Kaczynski-Brüder in Polen Macht hatten und der Israel-Hass steigerte sich auch. Alles von links. Was von dort kommt, habe ich gelernt, bleibt.
Böhmermann hat eine Grenze überschritten und verteidigt wird nicht die Pressefreiheit sondern das man wohl noch sagen darf was er sagte. Und hinter diese geht keiner mehr. Von Döpfner geadelt als Meisterwerk und einer riesigen Mehrheit ist das jetzt der nächste Schritt. Erdogan vertritt einen nicht unerheblichen Teil des türkischen Volkes. Ihn rassistisch zu Beleidigen ist wohlwollend betrachtet, völlig bescheuert und schadet Deutschlands Ansehen. Am Ende geht natürlich Erdogan als Gewinner aus der Sache aber nicht wegen Merkel sondern weil die Schmähung immer auf den Beleidiger zurückfällt. Und mit der gigantischen Sympathiewelle auf alle Deutschen Ich denke Böhmermann selbst gehört zu den wenigen denen klar ist, das ein ganz tiefer Griff ins Klo war.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #139Aber ich bin doppelmoralgeschädigt wenn ich das mal so offen zugeben darf. Mit zweierlei Maß messen ist nicht meine Sache weil ich solches verachten gelernt habe.
Das ist ein wichtiger Aspekt. Bleibt man fair gegenüber einer Person, nur weil man sie politisch nicht mag? Andererseits: Gerade gegenüber Mächtigen bleibt Spott oft die einzige Gegenwehr. Da muß mehr möglich sein als gegenüber normalen Mitbürgern.
Zitat Es fing an mit dem Antiamerikanismus von Schröder, dann kamen die Gehässigkeiten gegenüber den Polen als die Kaczynski-Brüder in Polen Macht hatten und der Israel-Hass steigerte sich auch. Alles von links.
Schon richtig - ich sehe aber nicht wirklich eine Parallele zu Böhmermann/Erdogan.
Zitat Erdogan vertritt einen nicht unerheblichen Teil des türkischen Volkes.
Politisch natürlich schon. Aber das heißt umgekehrt nicht, daß die rein persönlichen Anwürfe des Böhmermann-Gedichts die Türken allgemein treffen würden.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #139Aber ich bin doppelmoralgeschädigt wenn ich das mal so offen zugeben darf. Mit zweierlei Maß messen ist nicht meine Sache weil ich solches verachten gelernt habe.
Das ist ein wichtiger Aspekt. Bleibt man fair gegenüber einer Person, nur weil man sie politisch nicht mag? Andererseits: Gerade gegenüber Mächtigen bleibt Spott oft die einzige Gegenwehr. Da muß mehr möglich sein als gegenüber normalen Mitbürgern.
Es geht ja nicht um mögen, sondern um die Abwehr von innenpolitischen Einflußnahmen, die m. E. ebenso beherzt vorgetragen werden sollte wie die Einflußversuche durch Erdogan selbst. Übrigens habe ich inzwischen auch gelesen, daß das Zwischenschalten der Bundesregierung bei §103 genau diesen Zweck hat: die Bundesregierung soll verhindern können, daß ausländische Staatsoberhäupter hier innenpolitisch rumagieren können. Es steht durch die Bundesregierung also eine rein politische Entscheidung an, ob man das hier will oder nicht, keine rechtliche Einschätzung.
Aber natürlich sticht Erlings Doppelstandardargument in diesem Fall; muß ich so nehmen und stehenlassen.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Doeding im Beitrag #141Es steht durch die Bundesregierung also eine rein politische Entscheidung an, ob man das hier will oder nicht, keine rechtliche Einschätzung. Aber natürlich sticht Erlings Doppelstandardargument in diesem Fall; muß ich so nehmen und stehenlassen.
Es kommt noch was anderes dazu, was man bedenken muss: Wenn Du schreibst
Zitat Es macht für mich eben einen Riesenunterschied, ob er das über Königin Beatrix, den Papst oder -nach seinen diplomatischen Interventionen- mit Erdogan macht. Rein rechtsstaatlich gesehen ist das vermutlich das gleiche, aber politisch ist es das überhaupt nicht.
Ich finde es schlicht wichtiger, einem solchen Despoten mit Ambitionen auf die deutsche Presse- und Kunstfreiheit, die selbst vor Schulbüchern nicht halt machen, die Stirn zu bieten. Und ja, auch um diesen Preis, daß Böhmermann diesmal(!) mit solchem Schweinkram durchkommt. Für Erdogan ist jedes Entgegenkommen Schwäche, und so sollte man ihn auch behandeln; übrigens noch eine Parallele zu Putin.
dann forderst Du quasi, dass eine Bundessatirekammer aus politischen Motiven und ohne juristische Prüfung entscheidet, wer beleidigungswürdig ist und wer nicht. Dafür bist Du jetzt bei Erdogan, weil es Deinem politischen Empfinden entspricht. Aber wenn nun eine Linke/AfD-Querfrontregierung dann - aus wasweißich Rücksichtnahme auf die Beziehungen zu Nordkorea - zulassen würde, dass Obama als "psychopathischer Cracknigger" bezeichnet wird, würdest Du dann nicht wieder das Ende des Rechtsstaats beschwören und nach einem unabhängigen Gericht rufen? Genauso, wenn dein Lieblingsminister mal - aus einer rein politischen Entscheidung, ob man das hier will oder nicht - in irgendwelche Entwicklungen eingreift?
Ich fand Omid Nouripours Ansatz gut:
Zitat Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, ergänzte: "Die Bundesregierung sollte den Fall unkommentiert der deutschen Justiz überlassen und damit Erdogan mit einem weiteren Prinzip demokratischer Staaten vertraut machen – der Gewaltenteilung."
Zitat Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, ergänzte: "Die Bundesregierung sollte den Fall unkommentiert der deutschen Justiz überlassen und damit Erdogan mit einem weiteren Prinzip demokratischer Staaten vertraut machen – der Gewaltenteilung."
Bei einem Gegenspieler wie Erdogan und seinen lokalen Unterstützern haben dann die Richter den 'Affen', möglicherweise inkl. Personenschutz auf Dauer, abhängig von deren Urteil. Merkel hat das alles schon, kann mit einer einfachen Entscheidung andere aus der 'Schusslinie' halten.
Zitat von Doeding im Beitrag #141Es steht durch die Bundesregierung also eine rein politische Entscheidung an, ob man das hier will oder nicht, keine rechtliche Einschätzung. Aber natürlich sticht Erlings Doppelstandardargument in diesem Fall; muß ich so nehmen und stehenlassen.
Es kommt noch was anderes dazu, was man bedenken muss: Wenn Du schreibst
Zitat Es macht für mich eben einen Riesenunterschied, ob er das über Königin Beatrix, den Papst oder -nach seinen diplomatischen Interventionen- mit Erdogan macht. Rein rechtsstaatlich gesehen ist das vermutlich das gleiche, aber politisch ist es das überhaupt nicht.
Ich finde es schlicht wichtiger, einem solchen Despoten mit Ambitionen auf die deutsche Presse- und Kunstfreiheit, die selbst vor Schulbüchern nicht halt machen, die Stirn zu bieten. Und ja, auch um diesen Preis, daß Böhmermann diesmal(!) mit solchem Schweinkram durchkommt. Für Erdogan ist jedes Entgegenkommen Schwäche, und so sollte man ihn auch behandeln; übrigens noch eine Parallele zu Putin.
dann forderst Du quasi, dass eine Bundessatirekammer aus politischen Motiven und ohne juristische Prüfung entscheidet, wer beleidigungswürdig ist und wer nicht. Dafür bist Du jetzt bei Erdogan, weil es Deinem politischen Empfinden entspricht. Aber wenn nun eine Linke/AfD-Querfrontregierung dann - aus wasweißich Rücksichtnahme auf die Beziehungen zu Nordkorea - zulassen würde, dass Obama als "psychopathischer Cracknigger" bezeichnet wird, würdest Du dann nicht wieder das Ende des Rechtsstaats beschwören und nach einem unabhängigen Gericht rufen? Genauso, wenn dein Lieblingsminister mal - aus einer rein politischen Entscheidung, ob man das hier will oder nicht - in irgendwelche Entwicklungen eingreift?
Nein, lieber Petz. Ich bin in dieser konkreten Konstellation dafür, daß die Bundesregierung von ihrem Vorbehaltsrecht in dem Sinne Gebrauch macht, daß sie Erdogans Anliegen abschlägig bescheidet. Dieses Recht hat sie, und es wäre ein Signal an Erdogan, das ich unterstützte. Er hat ja noch seinen Plan B, den normalen Beleidigungsparagraphen. Soll er es halt darüber versuchen. Natürlich geht die Welt nicht unter, wenn die Regierung sich sensu Nouripour raushält, aber ich empfände das als ein Signal der politischen Schwäche gegenüber Erdogan. Mir ist klar, daß man das auch genau umgekehrt als Ausdruck von Souveränität seitens der Regierung interpretieren könnte. Täte ich aber nicht .
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Doeding im Beitrag #136Aber Du glaubst doch nicht, daß eine, zumal öffentlich-rechtliche, Redaktionsstube nicht auf die gegenwärtigen Geschehnisse reagiert, die der Kanzlerin solche Kalamitäten eingebrockt haben? Ich meine ja nicht das Ende der Pressefreiheit. Es reicht völlig, wenn man z. B. bei der ARD künftig "den einen oder anderen zusätzlichen Gedanken" auf die Wirkung von Berichterstattung zu Erdogan und die Türkei aufwendet, um es nicht auf "diplomatische Verwicklungen" ankommen zu lassen, die "niemandem nützen" sondern nur "allen schaden", insbesondere der Kanzlerin mit ihren "Verdiensten in der Flüchtlingskrise". Davon geht doch schließlich "die Pressefreiheit nicht unter", gell?
Nein, ich habe keine Veranlassung, das nicht zu glauben. Denn ein Teil der Medien (ähnlich wie Grüne und Linke) ist ohnehin kritisch gegenüber dem Türkeideal oder lehnt ihn ganz ab, warum soll sich das ändern? Zum anderen - wieso soll die Frage nach der Zulässigkeit einer offenkundig nicht der "Berichterstattung" zuzurechnenden Sendung darauf einen Einfluss haben?
Wenn Du jetzt jegliche Berichterstattung auf "Erdogantreue" prüfst, begehst Du denselben Fehler wie diejenigen, die bei jeder wirtschaftsfreundlichen Äußerung "von der Industrie gekauft" rufen.
Zitat von Martin im Beitrag #143Bei einem Gegenspieler wie Erdogan und seinen lokalen Unterstützern haben dann die Richter den 'Affen', möglicherweise inkl. Personenschutz auf Dauer, abhängig von deren Urteil. Merkel hat das alles schon, kann mit einer einfachen Entscheidung andere aus der 'Schusslinie' halten.
Mit dem selben Argument könnte man Merkel auch vorwerfen, dass sie das Gedicht nicht selber vorgelesen hat, falls Böhmermann Personenschutz braucht...
Zitat von Doeding im Beitrag #136Aber Du glaubst doch nicht, daß eine, zumal öffentlich-rechtliche, Redaktionsstube nicht auf die gegenwärtigen Geschehnisse reagiert, die der Kanzlerin solche Kalamitäten eingebrockt haben? Ich meine ja nicht das Ende der Pressefreiheit. Es reicht völlig, wenn man z. B. bei der ARD künftig "den einen oder anderen zusätzlichen Gedanken" auf die Wirkung von Berichterstattung zu Erdogan und die Türkei aufwendet, um es nicht auf "diplomatische Verwicklungen" ankommen zu lassen, die "niemandem nützen" sondern nur "allen schaden", insbesondere der Kanzlerin mit ihren "Verdiensten in der Flüchtlingskrise". Davon geht doch schließlich "die Pressefreiheit nicht unter", gell?
Nein, ich habe keine Veranlassung, das nicht zu glauben. Denn ein Teil der Medien (ähnlich wie Grüne und Linke) ist ohnehin kritisch gegenüber dem Türkeideal oder lehnt ihn ganz ab, warum soll sich das ändern? Zum anderen - wieso soll die Frage nach der Zulässigkeit einer offenkundig nicht der "Berichterstattung" zuzurechnenden Sendung darauf einen Einfluss haben?
Komm, Petz, müssen wir jetzt wirklich wieder beim kleinen Einmaleins der problematischen Staatsnähe öffentlich-rechtlichen Rundfunks anfangen? Oder bei einfachsten sozialpsychologischen Gruppenprozessen? Oder bei der zutiefst im Menschen angelegten Neigung, Mißlichkeiten im Zweifel lieber zu vermeiden?
Zitat Wenn Du jetzt jegliche Berichterstattung auf "Erdogantreue" prüfst, begehst Du denselben Fehler wie diejenigen, die bei jeder wirtschaftsfreundlichen Äußerung "von der Industrie gekauft" rufen.
Ich käme gar nicht auf die Idee, sowas prüfen zu wollen; von der "Schere im Kopf" und wie sie entsteht berichten schon genügend Insider.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Doeding im Beitrag #147Komm, Petz, müssen wir jetzt wirklich wieder beim kleinen Einmaleins der problematischen Staatsnähe öffentlich-rechtlichen Rundfunks anfangen?
Also ich sehe z.B. in diesem Artikel im NDR eine geradezu verdächtige Doedingnähe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Zitat Aber Angela Merkel griff zum Telefonhörer. Die Frau ohne Plan B fürchtete offensichtlich, dass ihr Plan A, der Flüchtlingsdeal mit der Türkei, den Bach runter gehen könnte. Also schnell der türkischen Seite versichern, dass auch sie die Schmähkritik von Jan Böhmermann gar nicht lustig fand. Vorauseilender kann ein Gehorsam nicht sein.
Und schon deshalb ist Böhmermanns Gedicht fast schon verdienstvoll, weil im besten Sinne der Aufklärung verpflichtet: Wer bisher immer noch der Meinung war, dass das windelweiche Abkommen der EU mit der Türkei nicht eine Absage an die so gerne zitierten europäischen Werte ist, sollte es jetzt besser wissen.
Zitat von Welt online"Für eine spürbare Strafe scheint mir das deutsche Strafrecht aber zu schwach. Ich möchte Sie daher dazu ermutigen, nach einer Verurteilung dieses unverschämten Mannes ein Auslieferungsersuchen einzureichen", bittet Palmer.
"Angesichts Ihrer großen Verdienste in der Flüchtlingskrise können Sie von Deutschland eine bevorzugte Behandlung erwarten." Die EU habe bereits bewiesen, dass sie lieber moralisch zweifelhafte Arbeit der Türkei aufladen würde, als selbst die eigene Grenzen wirksam zu schützen. Es sei zu erwarten, dass daher die angemessen harte Strafe nur möglich sei, wenn sie in der Türkei erfolge.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Doeding im Beitrag #147Komm, Petz, müssen wir jetzt wirklich wieder beim kleinen Einmaleins der problematischen Staatsnähe öffentlich-rechtlichen Rundfunks anfangen?
Also ich sehe z.B. in diesem Artikel im NDR eine geradezu verdächtige Doedingnähe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Zitat Aber Angela Merkel griff zum Telefonhörer. Die Frau ohne Plan B fürchtete offensichtlich, dass ihr Plan A, der Flüchtlingsdeal mit der Türkei, den Bach runter gehen könnte. Also schnell der türkischen Seite versichern, dass auch sie die Schmähkritik von Jan Böhmermann gar nicht lustig fand. Vorauseilender kann ein Gehorsam nicht sein.
Und schon deshalb ist Böhmermanns Gedicht fast schon verdienstvoll, weil im besten Sinne der Aufklärung verpflichtet: Wer bisher immer noch der Meinung war, dass das windelweiche Abkommen der EU mit der Türkei nicht eine Absage an die so gerne zitierten europäischen Werte ist, sollte es jetzt besser wissen.
Das ist keine problematische Doedingnähe, sondern objektive und wahrhaftige Berichterstattung.
Zitat Ich käme gar nicht au die Idee, sowas prüfen zu wollen; von der "Schere im Kopf" und wie sie entsteht berichten schon genügend Insider. Und was ist Dein Gegenvorschlag? Doch auch nur eine Schere, nur im umgekehrten Sinne.
Da mißverstehst Du mich; es geht mir nicht um Zwang oder Druck in die eine oder andere Richtung nach innen, sondern um Gegendruck gegenüber Erdogan. Ich wünschte mir eine Regierung, die sich hier ohne weitere Vorbehalte gegen Beeinflussungsversuche seitens der Türkei verwahrt. (Daß es diese Beeinflussungsversuche gibt ist aber schon noch Konsens?). Bissl schwanger is halt nich.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
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