Zitat von Llarian im Beitrag #1773
Zitat von Johanes im Beitrag #1772
Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass das passiert. Von allen unter-5%-Parteien erreichen nur sehr wenige irgendwann die 5%.
Wenn man der Argumentation folgen würde, dann hätten wir heute noch ein zwei oder drei Parteien System. Übrigens fast überall auf der Welt.
Das mag sein und wäre wiederum unerwünscht, weil es ja sein kann, dass man seine Ziele in beiden Parteien nicht wiederfindet.
Aber ich habe auch nicht behauptet, dass die Wähler gewöhnlicherweise rational in ihrem besten Interesse agieren. Die Vielfalt der Parteien ist das Ergebnis von Wählern, schätze ich, die sich im gesamten Parteiensystem nicht repräsentiert sahen.
Nur, die Mehrheit der Wähler, die eine Partei unter 5% gewählt haben, haben damit ihre Stimme praktisch weggeworfen.
Abgesehen davon, dass Länder wie Japan, Australien oder UK eben keine Parteien, sondern Personen zur Wahl stellen. Da ist die Prozent der Partei irrelevant.
Wenn man in den USA schafft, z.B. einen libertären oder grünen Kandidaten in den Vorwahlen zu platzieren und/oder bei den regulären Wahlen tatsächlich zu wählen, dann ist der im Kongress oder in der state legislative.
Zitat von Llarian
Ich glaube dieses Argument können wir für die allermeisten Leser von Zettels Raum inzwischen beruhigt ausschliessen.
Ich denke, dass es mit Rot-Rot-Grün noch schlimmer hätte kommen können.
Zitat von Llarian
Das ist nur eine Wiederholung des Eingangsarguments.
Es ist unwiderlegt.
Zitat von Llarian
Dieses Risiko ist vollkommen unabhängig von der Größe einer Partei.
Das ist vor allen Dingen auch deshalb wahr, weil die Wahlversprechen vor der Wahl getroffen werden. Nach der Wahl kommen erst Mal die Koalitionsverhandlungen, in denen dann häufig zu ganz anderen Bedienungen gestritten wird.
Es ist quasi wie in amerikanischen Filmen: Guter Cop, böser Cop.
Der gute Cop sind die Parteien, die man selbst wählt -- also die Grünen, SPD, die FDP oder die CDU -- und der böse Cop sind die Koalitionspartner, die einfach nicht einsehen, dass der gute Cop das Beste für alle will.
In Wahrheit weiß der gute Cop natürlich, dass er zum Teil das Blaue vom Himmel verspricht und ist dankbar, dem bösen Cop die Schuld in die Schuhe schieben zu dürfen.
Das mag in der Zeit, in der die FDP das Zünglein an der Waage war, anders gewesen sein. Aber spätestens mit dem Aufstieg der Grünen ist das Realität.
Zitat von Llarian
Jede Wahlstimme entscheidet anteilig über 33.000 Euro.
Das ist eine Milchmädchenrechnung.
Nehmen wir an, wir würde jeden Wähler sagen: "So, lieber Wähler, Sie können jetzt frei entscheiden, wie Sie 33.000 EUR aus dem Bundeshaushalt verteilen wollen. Egal wie Sie das Geld aufteilen und wohin Sie es schicken, es wird so transferiert werden".
Was würde in diesem Szenario dann mutmaßlich passieren?
Ich denke, ich würde mein Geld komplett an lokale Krankenhäuser und dergleichen spenden. Das wäre, schätze ich, ein allgemeines Muster. Lokale Krankenhäuer, Kindergärten, Schulen, auch Obdachlosenunterkünfte usw. würden von diesem Geld profitieren.
Hier und da würde ein guter Mensch vielleicht auch an irgendwelche Hilfsorganisationen spenden, aber das wäre insgesamt geringer als die Entwicklungshilfe jetzt. Was viele auch übersehen: Kirchen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden religiöse Einrichtungen unter den großen Profiteuren sein.
Was würde dabei auf der Strecke bleiben?
Polizei und Militär. Viele Leute sehen zwar ein, dass zumindest Polizei notwendig ist, aber mit den 33.000 EUR macht man doch lieber etwas, das weniger mit negativen Dingen wie Strafe oder den Einsatz von Gewalt zu tun hat.
Die Wahrheit ist natürlich, dass der Wähler anteilsmäßig am gesamten Bundeshaushalt mitentscheidet. Und da ist die reale Wirksamkeit seiner Stimme eben praktisch nicht vorhanden.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #1774
Mittlerweile denke ich, dass die westlichen Demokratien bzw Parteidemokratien wie unserer, langfristig zum Scheitern verurteilt sind, da die Strukturen von Parteien zumindest in großen Staaten auf Dauer zu einer Schlechtestenauslese führen.
Das mag noch hinzukommen, aber das Hauptproblem scheint mir zu sein, dass die Wirksamkeit der einzelnen Stimme eben so gering ist, dass es sich rational kaum lohnt, viel in sie zu investieren.
Eine rationale Wahlentscheidung scheitert damit nicht nur an irgendwelchen psychologischen Faktoren. Selbst wenn wir uns den Menschen als perfekt rationales Wesen, eine Art Engel oder Roboter, vorstellen, würden wir immer noch ähnliche Muster sehen. Mit Ausnahme solcher Leute, für die die Beschäftigung mit Politik selbst eine Art Hobby ist. Für die Person, auf die das nicht zutrifft, ist es eine ungeheure Zeitverschwendung, sich lange politische Reden oder Argumente anzuhören.
Zitat von Llarian im Beitrag #1775
Wenn die wirklich ihre Stimme für unwichtig halten würden, oder meinen vor sich selber glänzen zu können, dann könnten die alle die Grünen wählen.
Die Wertvorstellungen, die die Grünen vertreten, sind nun nicht universell in der Bevölkerung.
Auch wenn man sagen muss, dass viele Konservative wirklich so denken
"eigentlich hat XY ja recht, aber er versteht die knallharte Realität nicht". Ich selbst kann mich von diesem Gedanken nicht freisprechen.
Zitat
Genau das erleben wird gerade. Weil vielen, Millionen sogar, inzwischen bewusst wird, was sie da getan haben oder eben noch tun.
Für einen Grünenwähler gibt es nichts leichteres als das wegzuerklären:
Die Energiewende hat nicht funktioniert, weil die CDU die Energiekonzerne schonen wollte und deshalb nicht konsequent genug war. Deshalb wurden wir abhängig vom Russengas. Deshalb konnte der Krieg in der Ukraine uns so hart treffen.
Diese Argumentation ist nicht mal völlig irrational.