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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Paul Offline




Beiträge: 1.285

15.10.2014 12:50
#226 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Habe ich gerade gefunden.
Gehört zwar nur mittelbar zum Thema.
Man sollte es aber, zum bessern Verständnis des IS und seiner Pläne, gelesen haben.
http://kath.net/news/47937

Herzlich, Paul

___________________________
In dubio, pro reo.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.10.2014 13:05
#227 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #225

Der Euro-Islam wird, sofern es sich nicht nur um ein trojanisches Pferd handelt, bestenfalls eine weitere islamische Sekte sein, die die anderen als Apostasie betrachten. Der Dialog zwischen ihnen wird voraussichtlich auf einen Meinungsausgleich assueto modo, d.h. mit Waffengewalt, hinauslaufen, der diesmal mitten in Europa stattfindet. Die jüngeren Geschehnisse in deutschen Städten sind möglicherweise ein Vorgeschmack darauf.

Das braucht Zeit. Und wie gesagt, ich hatte von einem Anfang geredet. Ich war, und bin, der Ansicht, auch mal anzuerkennen, dass sich bei den Funktionärsmuslimen etwas bewegt. Wenn auch nur bei einigen und wenn auch nur wenig.
Das tue ich zum ersten Mal. Noch bei der letzten Diskussion hier habe ich gegenüber dem der damals noch Rayson hieß im Großen und Ganzen den Kontrapunkt zu meinem Artikel vertreten.
Von Hr. Mazyek fühle ich mich angesprochen, wenn er von Islamkritikern redet. Ich lese was in GB passiert an Schulen und Universitäten und bin entsetzt. Auf der Achse wurde eine Diskussion verlinkt die nach Widerstand ruft und nicht nach Dialog.
Ich bin dafür zu Beidem bereit zu sein: zum Dialog, aber auch zum Grenzen setzen. Das eine geht nicht ohne das andere.
Nur wollte ich hier mal einen Schwerpunkt setzen. Den des Versuchs zu verstehen. Weil es eine wichtige Vorraussetzung ist - für Beides.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

15.10.2014 22:04
#228 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #224
Was ist mit den israelischen Kibbuzim? Die basieren auf einem freiwilligen Kommunismus, dem man auch recht einfach entgehen kann, sobald man genug hat.

Ich würde das nicht als klassischen Kommunismus sehen wollen. Die meisten Kibbuzim gehen im Wesentlichen auf die Nachwirkungen der Shoa zurück. Und umso mehr das in Vergessenheit gerät, umso mehr gehen die Kibbuzim verloren. Bei der derzeitigen Entwicklung wird es sie bald nicht mehr geben. Das Konzept hat sich weltweit auch nicht getragen, es ist schon sehr speziell. Aber ich sehe den Punkt, es gibt Menschen, die das gemeinschaftliche Wirtschaften für sinnvoll halten. Es sind nur nicht viele. Wieviele Opfer des Kommunismus kommen auf ein Kibbuz ?

Zitat
Den Menschen muss ich zugestehen, dass sie vielleicht aus ihren Fehlern und Verbrechen gelernt haben.


Muss man ? Ich finde nicht. Man kann, aber man muss nicht. Es geht ja nicht darum Kommunisten einzusperren oder ihnen ihre Grundrechte zu nehmen. Aber ihnen das passive Wahlrecht zu entziehen habe ich überhaupt kein Problem mit. Wer ein Verbrechen wie die DDR auf sich lädt hat nach meinem Dafürhalten keine Chance verdient je wieder ein solches zu begehen. Das ist eine generelle Frage (keine rein politische): Man kann jemandem die Chance einräumen seine Fehler zu begreifen. Aber das heisst nicht ihm die Möglichkeit zu geben, sie zu wiederholen. Wenn jemand beispielsweise ein Kind ermordet, dann ist es selbstredend ihm das "Recht" einzuräumen das zu bereuen. Aber es bedeutet nicht ihm die Möglichkeit zu geben das zu wiederholen.

Zitat
Sind wir die Nazis wirklich "losgeworden"? Zum einen gibt es noch genug Leute (im Inland, aber besonders im Ausland), die Hakenkreuzfahnen in ihren Wohnungen präsentieren, Armbinden tragen, den Hitlergruß zeigen, etc. pp.


Zum einen glaube ich: Das sind nicht viele. Es sind sogar sehr, sehr wenige. Ich habe nun schon einige Menschen in meinem Leben kennengelernt und mir sind bisher ingesamt zwei ganze Personen untergekommen, denen man wirklich eine Nähe zu echten Nazi-Ideen unterstellen muss. Das erscheint mir ein Gespenst zu sein. Und selbst so es sie gibt sind es ziemlich "säkularisierte Nazis". Sie treten eher selten öffentlich als solche auf, sie bringen normalerweise niemanden um (und jetzt komme mir keiner mit den Spinnern von der NSU) und man sieht nix von Ihnen. Wen juckts dann, ob die sich zuhause eine Flagge übers Bett hängen und pausenlos Marschmusik hören? Ich glaube es ist durchaus fair zu sagen: Nationalsozialismus gilt weltweit als ziemlich unbeliebt.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

15.10.2014 22:18
#229 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber Erling Plaethe,

es ist wirklich so, dass ich Ihrer Position, für die Sie werben möchten, verstandesmäsig folgen kann. Ich kann ihr sogar etwas abegewinnen: Die Hoffnung. Aber meine Empathie argumentiert dagegen. Immer diese lästige Schnittstelle zwischen Emotion und Verstand, die Konflikte innerhalb des eigenen Denkens, der eigenen Person aufbrechen läßt, welche man nicht befrieden kann.

In meinem eigenen Widerstreit möchte ich daher nochmals zwei Ihrer Zitate kommentieren:

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #212
Ja, könnte sein. Vielleicht ist auch mehr guter Wille im Spiel als Du ihm zugestehen willst.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #211
Er sagt ja gar nicht "den Islam zu kritisieren" sondern "die Muslime" und "für dies und jenes". Das ist ein großer Unterschied. Denn es geht vermutlich um ihr Verhalten, also eigentlich um ihr Verständnis ihrer Religion.

Wie heißt es so schön: "Gut meinen ist das Gegenteil von gut machen." Bei Herrn Mazyek habe ich das Gefühl, dass dies eine gute Beschreibung sein könnte. An einer Stelle unterscheidet er, wie Sie beschreiben möglicherweise sehr bedacht, zwischem Islam und Muslimen. Aber gleichzeitig vermischt er beides wieder in fahrlässiger Weise: Mit dem Zitat des Phropheten und seiner zugehörigen Interpretarion und mit seiner Feststellung, der richtige Glaube immunisiere im Sinne der FDGO.

Ich habe, je mehr ich darüber nachdenke, immer mehr das Gefühl, dass Herr Mazyek das Problem des Radikalisierungspotenzials des Islams als Ideologie nicht begreifen kann, weil es nicht seiner eigenen empfundenen Wirklichkeit entspricht. Möglicherweise schließt er von sich aus auf andere und kommt damit zu einem fatalen Fehlschluss.
Er ist daher zwar durchaus in der Lage Islam und Muslime (also Kollektiv/Ideologie und Individuum) zu unterscheiden, wo es darum geht die von ihm vertretenen Individuen vor "Übergriffen" zu schützen. Er ist aber anscheinend nicht in der Lage den Islam, der ihm als Individuum innezuwohnen scheint, vom Kollektiv / der Ideologie zu trennen, bzw zu erkennen, dass sein Islamverständnis zu ihm als Individuum "gehört" und keine Allgemeingültigkeit als religiöse Wahrheit hat.

"Gebt mir einen Punkt ausserhalb der Welt und ich hebe sie aus den Angeln."

Diesen Punkt scheint Mazyek nicht zu haben. Er kann, wie Fluminist schon anmerkte, nicht über die Wahrheit reflektieren, an die er glaubt. Er ist für mich daher ausserstande die Gefahr zu erkennen, die der Islam als radikalisierende Ideologie für unsere Gesellschaft darstellt.

In diesem Fall hülfe es nicht ihm guten Willen zu unterstellen und auch nicht ihm entgegen zu kommen. Er wäre einfach der Falsche dafür den Dialog voranzubringen, so wie das alle sind, die aus ihrer individuellen Vorstellung heraus, der Islam können nichts schlechtes hervorbringen, die tatsächliche Gefahr nicht erkennen können.

So, jetzt habe ich die gärenden Zweifel wieder einmal ausgebreitet. Ich harre gerne einer Widerlegung.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

16.10.2014 05:57
#230 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber n_s_n, Hr. Mazyek sieht in der Tat nicht das Ideologisierende am Islam. Er hält ihn sogar für ideologiefrei. Er sieht seine Aufgabe darin, dafür Sorge zu tragen, dass dies die Imame in "seinen" Moscheen vermitteln. Wer einen ideologisierten Islam predigt bringt, so habe ich ihn verstanden, seine Ideologie erst in den Islam hinein, eben so wie AKP, Muslimbrüder usw.
Von Hr. Mazyek wird wohl an dieser Stelle auch nicht mehr kommen. Keine Kritik am Islam.

Wir sind jetzt wieder am Anfang. Mein Ausgangspunkt war, diese Haltung versuchen zu verstehen.
Eine Ansicht, die nicht meine ist und auch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht meine werden wird.

Viele Grüße, Erling Plaethe

adder Offline




Beiträge: 1.073

16.10.2014 07:16
#231 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #228
Zitat von adder im Beitrag #224
Was ist mit den israelischen Kibbuzim? Die basieren auf einem freiwilligen Kommunismus, dem man auch recht einfach entgehen kann, sobald man genug hat.

Ich würde das nicht als klassischen Kommunismus sehen wollen. Die meisten Kibbuzim gehen im Wesentlichen auf die Nachwirkungen der Shoa zurück. Und umso mehr das in Vergessenheit gerät, umso mehr gehen die Kibbuzim verloren. Bei der derzeitigen Entwicklung wird es sie bald nicht mehr geben. Das Konzept hat sich weltweit auch nicht getragen, es ist schon sehr speziell. Aber ich sehe den Punkt, es gibt Menschen, die das gemeinschaftliche Wirtschaften für sinnvoll halten. Es sind nur nicht viele. Wieviele Opfer des Kommunismus kommen auf ein Kibbuz ?


Natürlich sind die Kibbuzim nicht auf einem aufsteigenden Ast, es gibt aber sicherlich auch noch andere, freiwillige Beispiele. Solange diese kommunistischen Experimente absolut freiwillig ablaufen, und keiner zur Teilnahme oder zur Fortsetzung seiner Teilnahme gezwungen wird, spricht in meinen Augen auch nichts dagegen, diese zu tolerieren. Man kann das dumm finden, aber damit tut man den Menschen dort unrecht.
Sie haben allerdings - und das wollte ich auch nicht in Frage stellen - recht damit, dass jedes größere kommunistische Experiment, die eben auch immer mit Zwang einhergingen, mit Verbrechen einherging.

Zitat

Zitat
Den Menschen muss ich zugestehen, dass sie vielleicht aus ihren Fehlern und Verbrechen gelernt haben.


Muss man ? Ich finde nicht. Man kann, aber man muss nicht. Es geht ja nicht darum Kommunisten einzusperren oder ihnen ihre Grundrechte zu nehmen. Aber ihnen das passive Wahlrecht zu entziehen habe ich überhaupt kein Problem mit. Wer ein Verbrechen wie die DDR auf sich lädt hat nach meinem Dafürhalten keine Chance verdient je wieder ein solches zu begehen. Das ist eine generelle Frage (keine rein politische): Man kann jemandem die Chance einräumen seine Fehler zu begreifen. Aber das heisst nicht ihm die Möglichkeit zu geben, sie zu wiederholen. Wenn jemand beispielsweise ein Kind ermordet, dann ist es selbstredend ihm das "Recht" einzuräumen das zu bereuen. Aber es bedeutet nicht ihm die Möglichkeit zu geben das zu wiederholen.




Nein, der Entzug von Rechten ist in einem liberalen Rechtsstaat nur zulässig, wenn höher zu bewertende Rechte ansonsten geschmälert werden. Das Wahlrecht entziehen ist ein recht brachialer Eingriff, der durchaus schlimmer zu bewerten ist als einfacher Freiheitsentzug. Auf diesen Pfad sollten wir nicht gehen.
Natürlich sollte der Wähler ganz genau hinsehen, ob diese Menschen tatsächlich aus ihren Fehlern gelernt haben, auch ist ein Verbot einer verfassungswidrigen* Partei meiner Ansicht nach absolut gerechtfertigt. Einem Bürger aber Wahlrecht (selbst wenn es nur das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, gewählt zu werden, ist) zu entziehen, weil er in der Vergangenheit Verbrechen begangen hat?
Um in ihrem Beispiel zu bleiben: darf ich jemanden bis zu seinem Tod einsperren, nur weil eine Möglichkeit besteht, dass er (erneut) ein Verbrechen begeht? Natürlich schließt diese Frage nicht den Fall ein, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht: bei einem Straftäter, bei dem echte Wiederholungsgefahr aufgrund seiner individuellen Gegebenheiten besteht, bei dem verbietet sich dieses Vorgehen nicht. Aber nur die Möglichkeit? Angenommen, eine Mutter hat ihr Kind getötet (sie war jung, das erste Kind, der Vater des Kindes verschwunden, kein Geld, nicht fähig, das Unrecht zu sehen) - nach Verbüßen der Haftstrafe ist sie noch gebährfähig: soll diese Straftäterin jetzt bis zur Menopause oder bis zum Tod eingesperrt bleiben, obwohl sich ihre Lebensumstände mittlerweile geändert haben und sie durch eine abgeschlossene Ausbildung während der Haft und psychologische Betreuung mittlerweile genau weiss und auch akzeptiert hat, dass sie Unrecht begangen hat?
Und wo zieht man die Grenze? Soll Uli Hoeneß jetzt bis zum Tod eingesperrt bleiben, weil bei ihm Wiederholungsgefahr besteht?
Soll ein früheres Mitglied der SED sein Leben lang nicht mehr kandidieren dürfen, obwohl es vielleicht richtig aus den Fehlern und dem Unrecht gelernt hat und heute für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung eintritt?

Zitat

Zitat
Sind wir die Nazis wirklich "losgeworden"? Zum einen gibt es noch genug Leute (im Inland, aber besonders im Ausland), die Hakenkreuzfahnen in ihren Wohnungen präsentieren, Armbinden tragen, den Hitlergruß zeigen, etc. pp.


Zum einen glaube ich: Das sind nicht viele. Es sind sogar sehr, sehr wenige. Ich habe nun schon einige Menschen in meinem Leben kennengelernt und mir sind bisher ingesamt zwei ganze Personen untergekommen, denen man wirklich eine Nähe zu echten Nazi-Ideen unterstellen muss. Das erscheint mir ein Gespenst zu sein. Und selbst so es sie gibt sind es ziemlich "säkularisierte Nazis". Sie treten eher selten öffentlich als solche auf, sie bringen normalerweise niemanden um (und jetzt komme mir keiner mit den Spinnern von der NSU) und man sieht nix von Ihnen. Wen juckts dann, ob die sich zuhause eine Flagge übers Bett hängen und pausenlos Marschmusik hören? Ich glaube es ist durchaus fair zu sagen: Nationalsozialismus gilt weltweit als ziemlich unbeliebt.




Das ist wohl so. Aber losgeworden sind wir weder Kommunisten noch Nationalsozialisten, die ja ohnehin nur zwei Seiten derselben Münze (einer sozialistischen Spielart) waren/sind. Bei anderen totalitären Ideologien ist diese Unbeliebtheit leider nicht ganz so. Seien es Faschismus (Ungarn ist da recht weit vorn im Wenig-Unbeliebt-Rating: die Jobbik-Partei ist offen faschistisch), sei es Sozialismus (selbst in westlichen EU-Staaten ist Sozialismus eine ganz normale Strömung, so wie bei uns z.B. Sozialdemokratie oder im UK Liberalismus).

Nola Offline



Beiträge: 1.719

16.10.2014 12:05
#232 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat
Zitat adder
Nein, der Entzug von Rechten ist in einem liberalen Rechtsstaat nur zulässig, wenn höher zu bewertende Rechte ansonsten geschmälert werden. Das Wahlrecht entziehen ist ein recht brachialer Eingriff, der durchaus schlimmer zu bewerten ist als einfacher Freiheitsentzug. Auf diesen Pfad sollten wir nicht gehen.
Natürlich sollte der Wähler ganz genau hinsehen, ob diese Menschen tatsächlich aus ihren Fehlern gelernt haben, auch ist ein Verbot einer verfassungswidrigen* Partei meiner Ansicht nach absolut gerechtfertigt. Einem Bürger aber Wahlrecht (selbst wenn es nur das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, gewählt zu werden, ist) zu entziehen, weil er in der Vergangenheit Verbrechen begangen hat? (...)



Ist dann nicht auch ein Wahlrecht zu erhalten, ein ebenso kostbares Gut? Und müßte dann in Anbetracht der durchaus zu recht von Ihnen, lieber adder, geschilderten Kostbarkeit des Wahlrechts dieses auch sehr "bedächtig" vergeben werden? Hier geben Sie dem Wahlrecht eine Bedeutung, die leider von der Politik nicht mehr so eindeutig gesehen wird.

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

adder Offline




Beiträge: 1.073

16.10.2014 14:18
#233 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #232

Zitat
Zitat adder
Nein, der Entzug von Rechten ist in einem liberalen Rechtsstaat nur zulässig, wenn höher zu bewertende Rechte ansonsten geschmälert werden. Das Wahlrecht entziehen ist ein recht brachialer Eingriff, der durchaus schlimmer zu bewerten ist als einfacher Freiheitsentzug. Auf diesen Pfad sollten wir nicht gehen.
Natürlich sollte der Wähler ganz genau hinsehen, ob diese Menschen tatsächlich aus ihren Fehlern gelernt haben, auch ist ein Verbot einer verfassungswidrigen* Partei meiner Ansicht nach absolut gerechtfertigt. Einem Bürger aber Wahlrecht (selbst wenn es nur das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, gewählt zu werden, ist) zu entziehen, weil er in der Vergangenheit Verbrechen begangen hat? (...)


Ist dann nicht auch ein Wahlrecht zu erhalten, ein ebenso kostbares Gut? Und müßte dann in Anbetracht der durchaus zu recht von Ihnen, lieber adder, geschilderten Kostbarkeit des Wahlrechts dieses auch sehr "bedächtig" vergeben werden? Hier geben Sie dem Wahlrecht eine Bedeutung, die leider von der Politik nicht mehr so eindeutig gesehen wird.



Liebe Nola, es mag sein, dass "die Politik" diesen Wert des Wahlrechts nicht sieht. Ich versichere Ihnen aber, dass es nur das allgemeine, freie, geheime und gleiche Wahlrecht (aktiv und passiv) war, das es unseren westlichen Demokratien ermöglichte, die von uns geschätzten Errungenschaften einzuführen. Wenn wir das Wahlrecht einschränken oder entwerten, schaden wir uns damit nur selbst.
Als liberale Bürger hingegen ist es aber auch unsere Pflicht, dafür zu einzutreten, dass andere ihr Wahlrecht nicht ohne sehr guten Grund verlieren.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

16.10.2014 15:48
#234 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #228
Ich glaube es ist durchaus fair zu sagen: Nationalsozialismus gilt weltweit als ziemlich unbeliebt.


Na ja, lieber Llarian, ich weiß nicht?

http://de.wikipedia.org/wiki/Neonazismus

Zitat
In fast allen europäischen Ländern und den USA gibt es Gruppierungen, die dem Neo-Nationalsozialismus zuzuordnen sind. Die fremdenfeindlichen, antisemitischen und sozialdarwinistischen Ansichten dieser Neonazis entsprechen in jeweils abgewandelter Form denen der deutschen Gruppierungen. So sind US-amerikanische Neonazis in der Regel durch Hass auf Schwarze, Latinos, Asiaten und Juden gekennzeichnet und vertreten die Ansicht, die „weiße Rasse“ der „Arier“ müsse „rein“ erhalten werden.[6]



Die Palästinenser haben, das ist bekannt und daraus machen sie auch kein Geheimnis eine extreme Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut.
So sehr unbeliebt scheinen sie in der Welt auch nicht zu sein.
Der Artikel von Matthias Küntzel zeigt deutlich die Kontinuität des palästinensischen Nationalsozialismus seit den 30er Jahren bis heute.
http://www.matthiaskuentzel.de/contents/...s-in-palaestina

Herzlich, Paul

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In dubio, pro reo.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

16.10.2014 18:38
#235 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #231
Nein, der Entzug von Rechten ist in einem liberalen Rechtsstaat nur zulässig, wenn höher zu bewertende Rechte ansonsten geschmälert werden. Das Wahlrecht entziehen ist ein recht brachialer Eingriff, der durchaus schlimmer zu bewerten ist als einfacher Freiheitsentzug. Auf diesen Pfad sollten wir nicht gehen.

Ich kann keinem der drei Sätze zustimmen. Ersterem nicht weil man Straftäter auch ohne direkte Wiederholungsgefahr einsperrt, und das ohne das unbedingt Rechte von Lebenden geschmälert werden. Zweiteres teile ich nicht, weil ich Unfreiheit für den deutlich stärkeren Eingriff halte. Und drittes nicht, weil ich es für einen verheerenden Fehler halte diesen Weg nicht zu gehen, denn genau das passiert ja gerade.

Zitat
Einem Bürger aber Wahlrecht (selbst wenn es nur das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, gewählt zu werden, ist) zu entziehen, weil er in der Vergangenheit Verbrechen begangen hat?


Aber selbstverständlich. Es gibt Dinge und Sichtweisen, die sind so falsch, dass man niemandem eine Chance einräumen sollte, diese ein zweites mal umzusetzen. Das schuldet man den Opfern aber auch den potentiell neuen Opfern. Die SED hat Millionen Menschen eingesperrt, tausende gefoltert, hunderte ermordet und einen Unrechtsstaat auf deutschem Boden geschaffen, der nur deshalb ein bischen glänzen kann, weil das dritte Reich ihn doch überragt. Und das war so falsch das man keinem, der sich daran beteiligt hat, auch nur die geringste Chance geben sollte, das zu wiederholen. Natürlich geht es um Verhältnismäßigkeit. Einen Dieb muss man nicht ein Leben lang einsperren. Einen Mörder dagegen würde ich wenigstens so lange hinter Gitter sehen wollen, bis er nie wieder die Chance hat jemanden zu ermorden. Jeder von uns hat die faire Chance sich ehrlich und anständig zu verhalten. Niemand, naja fast niemand, ist gezwungen einen Mord zu begehen. Und es war auch niemand gezwungen ein Funktionär in der DDR zu sein.

Zitat
Angenommen, eine Mutter hat ihr Kind getötet (sie war jung, das erste Kind, der Vater des Kindes verschwunden, kein Geld, nicht fähig, das Unrecht zu sehen) - nach Verbüßen der Haftstrafe ist sie noch gebährfähig: soll diese Straftäterin jetzt bis zur Menopause oder bis zum Tod eingesperrt bleiben, obwohl sich ihre Lebensumstände mittlerweile geändert haben und sie durch eine abgeschlossene Ausbildung während der Haft und psychologische Betreuung mittlerweile genau weiss und auch akzeptiert hat, dass sie Unrecht begangen hat?


Jetzt muss ich irgendwie an Tookie Williams denken, der ja in der Todeszelle anfing Kinderbücher zu schreiben. Ich glaube das es tatsächlich Dinge gibt, die nie entschuldigt werden können, die auch nie verziehen werden können. Man schafft sie nicht aus der Welt indem man sie bereut, sie sind Teil von einem und werden das immer bleiben. Eine Kindermörderin bleibt eine Kindermörderin, auch wenn sie noch so sehr das Unrecht einsieht, was sie getan hat.

Zitat
Und wo zieht man die Grenze?


Bei der Verhältnismäßigkeit natürlich. Es gibt Dinge, die lassen sich begrenzt rückgängig machen und damit auch verzeihen. Ein Dieb kann das Diebesgut zurück geben. Eine geschlagene Wunde kann heilen. Ein Betrüger kann sein Opfer entschädigen. Aber ein Mörder kann sein Opfer nicht wieder lebendig machen. Und die SED kann die Ermordeten von der Mauer nicht wiederbeleben. Sie kann nicht die Jahre in Bautzen zurückgeben. Sie kann den Menschen ihr Leben nicht zurückgeben. Nicht das sie irgendwas davon wollte, doch das nur am Rande.

Zitat
Soll ein früheres Mitglied der SED sein Leben lang nicht mehr kandidieren dürfen, obwohl es vielleicht richtig aus den Fehlern und dem Unrecht gelernt hat und heute für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung eintritt?


Ja. Man muss mit seinen Fehlern wie auch den Konsequenzen daraus leben. Genauso wie ein Mörder im Knast verbleibt, auch wenn er schon bei der Verhandlung alles bereut. Ich denke, das man heute sogar sehr moderat damit liegen würde nur das passive Wahlrecht zu entziehen. Die Nazis hat man aufgeknüpft.

Zitat
Das ist wohl so. Aber losgeworden sind wir weder Kommunisten noch Nationalsozialisten, die ja ohnehin nur zwei Seiten derselben Münze (einer sozialistischen Spielart) waren/sind.


Die Kommunisten tatsächlich nicht. Die Nazis doch eher schon. Wieviele Nazis gibt es denn heute noch ? Wieviele bekennen sich offen dazu ? Das waren vor 80 Jahren etliche Millionen. Ich denke das ist schon ziemlich auf dem absteigenden Ast. Ich betrachte jedenfalls die Nazis, mal abgesehen von ihrer Tauglichkeit als Schreckgespenst (siehe NSU) als politisch nicht vorhandene Kraft.

adder Offline




Beiträge: 1.073

17.10.2014 08:04
#236 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #235
Zitat von adder im Beitrag #231
Nein, der Entzug von Rechten ist in einem liberalen Rechtsstaat nur zulässig, wenn höher zu bewertende Rechte ansonsten geschmälert werden. Das Wahlrecht entziehen ist ein recht brachialer Eingriff, der durchaus schlimmer zu bewerten ist als einfacher Freiheitsentzug. Auf diesen Pfad sollten wir nicht gehen.

Ich kann keinem der drei Sätze zustimmen. Ersterem nicht weil man Straftäter auch ohne direkte Wiederholungsgefahr einsperrt, und das ohne das unbedingt Rechte von Lebenden geschmälert werden. Zweiteres teile ich nicht, weil ich Unfreiheit für den deutlich stärkeren Eingriff halte. Und drittes nicht, weil ich es für einen verheerenden Fehler halte diesen Weg nicht zu gehen, denn genau das passiert ja gerade.


Wenn ich einen Straftäter in Haft nehme, beraube ich ihn seiner Freiheit, meist als Strafe für das Vergehen, in besonderen Fällen zum Schutz der Allgemeinheit. Wenn ich einem Straftäter das Wahlrecht nehme, nehme ich ihm auch die Möglichkeit, sich angemessen in unserem Staat zu vertreten - und damit seine Freiheit (eben auch andere Grundrechte/Grundfreiheiten) zu verteidigen. Ich halte letzteres für deutlich schlimmer. Zudem, lieber Llarian, sehen Sie bitte auch das, was aus dem Entzug des Wahlrechts für ehemalige SED-Mitglieder werden kann, wenn sich aus welchem Grund auch immer eine bestimmte Gruppierung an der Macht befindet: dann werden halt aktive (und ehemalige) FDP-Mitglieder zu "Unwählbaren", oder Mitglieder einer anderen Partei - ob für echte oder imaginierte "Verbrechen", das wird in gewissen Konstellationen egal sein. Über kurz oder lang schützt der Schutz vor dem Verlust des (passiven) Wahlrechts eben auch liberale Politiker.

Zitat

Zitat
Einem Bürger aber Wahlrecht (selbst wenn es nur das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, gewählt zu werden, ist) zu entziehen, weil er in der Vergangenheit Verbrechen begangen hat?


Aber selbstverständlich. Es gibt Dinge und Sichtweisen, die sind so falsch, dass man niemandem eine Chance einräumen sollte, diese ein zweites mal umzusetzen. Das schuldet man den Opfern aber auch den potentiell neuen Opfern. Die SED hat Millionen Menschen eingesperrt, tausende gefoltert, hunderte ermordet und einen Unrechtsstaat auf deutschem Boden geschaffen, der nur deshalb ein bischen glänzen kann, weil das dritte Reich ihn doch überragt. Und das war so falsch das man keinem, der sich daran beteiligt hat, auch nur die geringste Chance geben sollte, das zu wiederholen. Natürlich geht es um Verhältnismäßigkeit. Einen Dieb muss man nicht ein Leben lang einsperren. Einen Mörder dagegen würde ich wenigstens so lange hinter Gitter sehen wollen, bis er nie wieder die Chance hat jemanden zu ermorden. Jeder von uns hat die faire Chance sich ehrlich und anständig zu verhalten. Niemand, naja fast niemand, ist gezwungen einen Mord zu begehen. Und es war auch niemand gezwungen ein Funktionär in der DDR zu sein.




Sie mißverstehen den Hintergrund unseres Strafrechts. Das Strafrecht soll vor allem durch Abschreckung die Allgemeinheit vor Verbrechen (nicht vor Verbrechern) schützen, und tut dies durch der Tat angemessene Strafen, die allesamt vorübergehender Natur sind. Ein Mörder wird nach Verbüßen seiner Haftstrafe - wenn nicht in seiner Person und seiner geistigen Verfassung liegende Gründe dagegen sprechen, nämlich die Wiederholungswahrscheinlichkeit, nciht -möglichkeit - auf freien Fuss gesetzt. Dass Sie gerne Mörder solange einsperren wollen, "bis er nie wieder die Chance hat jemanden zu ermorden" - also bis er bettlägerig ist? oder tot? - ist dabei ohne Belang. Der Gesetzgeber hat eine Verbüßung von 25 Jahren, bei einer wahrscheinlichen Wiederholung mit anschließender Sicherheitsverwahrung, vorgesehen. Wohlgemerkt, dabei geht es nicht um die bloße Möglichkeit, wieder straffällig zu werden, sondern um eine halbwegs gesicherte Wahrscheinlichkeit.

Zitat

Zitat
Angenommen, eine Mutter hat ihr Kind getötet (sie war jung, das erste Kind, der Vater des Kindes verschwunden, kein Geld, nicht fähig, das Unrecht zu sehen) - nach Verbüßen der Haftstrafe ist sie noch gebährfähig: soll diese Straftäterin jetzt bis zur Menopause oder bis zum Tod eingesperrt bleiben, obwohl sich ihre Lebensumstände mittlerweile geändert haben und sie durch eine abgeschlossene Ausbildung während der Haft und psychologische Betreuung mittlerweile genau weiss und auch akzeptiert hat, dass sie Unrecht begangen hat?


Jetzt muss ich irgendwie an Tookie Williams denken, der ja in der Todeszelle anfing Kinderbücher zu schreiben. Ich glaube das es tatsächlich Dinge gibt, die nie entschuldigt werden können, die auch nie verziehen werden können. Man schafft sie nicht aus der Welt indem man sie bereut, sie sind Teil von einem und werden das immer bleiben. Eine Kindermörderin bleibt eine Kindermörderin, auch wenn sie noch so sehr das Unrecht einsieht, was sie getan hat.




Zum einen gibt es in Deutschland - vor allem aufgrund der Geschichte im Dritten Reich - keine Todesstrafe, was ich im Übrigen für absolut richtig halte. Zum anderen: vor dem Gesetz ist die Kindsmörderin aus meinem Beispiel nach Verbüßen der Haftstrafe - und bei Vorliegen eines entsprechenden psychologischen Profils, das ihr bestätigt, dass sie nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder morden wird - freizulassen. Sie darf auch - falls sie noch dazu in der Lage ist - Kinder bekommen. Ich halte auch das für absolut richtig, da sie aus ihren Fehlern gelernt haben wird und sicherlich nicht noch einmal diese Straftat begehen wird - und die Gesellschaft ihr ihre zweite Chance nicht nehmen darf.

Um wieder den Bogen zur politischen Strafe des Wahlrechtsentzuges zu bekommen:
Wäre es anders, dann hätte eine ganze Menge deutscher Bürger, die in der Bundesrepublik viel für ihr Land getan haben, keine Ämter bekleiden dürfen, weil sie sich als Mitglieder der NSdAP, als Soldaten in der Wehrmacht oder als Mitglieder der verbotenen linken Parteien, oder in welcher Form auch immer schuldig gemacht hätten. Ein Helmut Schmidt wäre als Wehrmachtsoffizier niemals Senator oder gar Bundeskanzler geworden; Rolf Dahlgrün (FDP), Nicolaus Dreyer (CDU, FDP), Erhard Eppler, Hans-Dietrich Genscher (FDP), Wilhelm Grewe, Walter Scheel, Hanns-Martin Schleyer ... sie alle waren waren mehr oder weniger lange NSdAP-Mitglieder (Genscher nur wenige Monate, Schleyer immerhin seit 37).

Zitat

Zitat
Und wo zieht man die Grenze?


Bei der Verhältnismäßigkeit natürlich. Es gibt Dinge, die lassen sich begrenzt rückgängig machen und damit auch verzeihen. Ein Dieb kann das Diebesgut zurück geben. Eine geschlagene Wunde kann heilen. Ein Betrüger kann sein Opfer entschädigen. Aber ein Mörder kann sein Opfer nicht wieder lebendig machen. Und die SED kann die Ermordeten von der Mauer nicht wiederbeleben. Sie kann nicht die Jahre in Bautzen zurückgeben. Sie kann den Menschen ihr Leben nicht zurückgeben. Nicht das sie irgendwas davon wollte, doch das nur am Rande.




Also sollte jemand, der ein unbezahlbares Unikat zerstört, auch endgültig bestraft werden, da er es ja auch nicht rückgängig machen kann? Ein Arzt, dessen Patient aufgrund eines Kunstfehlers stirbt?
Natürlich kann man das nicht vergleichen, und natürlich hat die SED sehr große Schuld auf sich geladen. Daher wäre die richtige Antwort auf die Problematik natürlich auch ein Parteiverbot gewesen. Aber der einzelne Mensch kann aus der Vergangenheit lernen. Oder wollen Sie auch allen ehemaligen DDR-Bürgern, die sich einfach nur arrangiert haben und um ihre Ruhe zu haben, in eine der Parteien eingetreten sind, das Wahlrecht entziehen?

Zitat

Zitat
Soll ein früheres Mitglied der SED sein Leben lang nicht mehr kandidieren dürfen, obwohl es vielleicht richtig aus den Fehlern und dem Unrecht gelernt hat und heute für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung eintritt?


Ja. Man muss mit seinen Fehlern wie auch den Konsequenzen daraus leben. Genauso wie ein Mörder im Knast verbleibt, auch wenn er schon bei der Verhandlung alles bereut. Ich denke, das man heute sogar sehr moderat damit liegen würde nur das passive Wahlrecht zu entziehen. Die Nazis hat man aufgeknüpft.




Der Mörder verbüßt seine Strafe. Viele könnten sicher mit einem temporären (und kurzen, 1-2 Legislaturperioden) Entzug des passiven Wahlrechts für Mitglieder verbotener Parteien durchaus leben, aber solange die PDS/SED/Linke eine zugelassene Partei ist, stellt sich diese Frage ja nicht. Ich halte es zwar für falsch, würde aber eine solche Regelung auch nicht verfassungswidrig halten. Und wenn Sie bei der "einmal dabei, immer bestraft"-Fassung verbleiben wollen, bitte ich Sie zu bemerken, dass ich in meiner Jugend zwar nie Mitglied einer linken Partei war, aber durchaus solche Positionen vertreten habe. Ich habe aus meinen Fehlern damals gelernt, schnell gelernt, denn diese Phase betrug nur wenige Monate, aber "einmal dabei" war ich auch. Das geht wahrscheinlich den meisten Bürgern so. Genscher war auch "einmal dabei" in 1945. Stauffenberg war von Hitler begeistert, bevor er zum Widerständler wurde, ein Wolfgang Harich war SED-Mitglied und wurde für seine politischen Ideen mit 10 Jahren Zuchthaus in der DDR bestraft, einige Mitglieder des "Neuen Forums" waren ehemalige SED-Mitglieder. Sie alle waren "einmal dabei", und haben nachher vernünftige Positionen oder Politik vertreten oder gemacht.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




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17.10.2014 10:26
#237 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #140

Zitat
Hierzu meint Ferid Heider, der in Berlin aufgewachsen und Imam an zwei Berliner Moscheen ist: "Jeder Muslim kann selbst entscheiden, wen er sich als Autorität nimmt."

Und dann hat man so etwas zur Kenntnis zu nehmen.

Zitat von Spiegel Online
Für Asia Bibi hat sich die Hoffnung auf eine Rücknahme ihres Todesurteils vorerst nicht erfüllt: Die in Pakistan wegen angeblicher Gotteslästerung verurteilte Christin ist mit einem Berufungsantrag gescheitert.
[...]
Der Imam Qari Saleem, der die Mutter von fünf Kindern im Jahr 2009 vor Gericht gebracht hatte, bezeichnete das Urteil als einen "Sieg für den Islam".

Für mich muß es auch zu solchen Dingen eine klare Positionierung von Leuten wie Mazyek geben, damit ich sie als etwas anderes als "rein absichtsgetriebene Lobbyisten" wahrnehmen kann.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Werwohlf Offline




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17.10.2014 23:50
#238 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #227
Ich bin dafür zu Beidem bereit zu sein: zum Dialog, aber auch zum Grenzen setzen. Das eine geht nicht ohne das andere.
Nur wollte ich hier mal einen Schwerpunkt setzen. Den des Versuchs zu verstehen. Weil es eine wichtige Vorraussetzung ist - für Beides.
So sehe ich das auch.

Ich hatte leider inzwischen keine Zeit, zu anderen Aspekten der Diskussion nach meinem Kommentar Stellung zu nehmen, und inzwischen ist mir die Diskussion ehrlich gesagt auch zu sehr zerfasert, und die Mühe, das alles nachträglich auseinander zu klabüstern, will ich mir - auch wieder ehrlich gesagt - nicht machen. Deswegen bitte ich an dieser Stelle alle, die vielleicht auf eine Antwort von mir gewartet haben, um Entschuldigung.

Aber eins muss ich noch loswerden: Man wird keine Religion als solche massiv kritisieren können, ohne ihre Anhänger mitzumeinen. Denn entweder hält man ihnen damit automatisch vor, eine verwerfliche Religion gut zu finden, oder man zeiht sie der Dummheit, nicht zu wissen, was ihre Religion wirklich aussagt. Was geht, ist sich auf eine bestimmte Spielart oder Auslegung zu beziehen, denn das lässt jedem Gläubigen eine Chance, seinen Glauben weiter zu leben - eben in einer anderen Spielart oder Auslegung. Zumal es nicht nur "den Islam" nicht gibt, sondern auch nicht "das Christentum". Einen Bible-Belt-Fundi unterscheidet z.B. so ziemlich alles von einem deutschen Kirchentags-Evangelen. Es ist ja auch nicht so, dass es in der Geschichte keine Versuche gegeben hätte, den Islam auf eine vernunftbezogene Basis zu stellen - sie sind dann zwar gescheitert, aber dumm und theologisch ungebildet waren diejenigen, die das versuchten, sicher nicht. Was den Islam von einer Kompatibilität mit der Moderne abhält, sind menschengemachte Axiome, die sich auch ändern ließen. In den arabischen Ländern scheitert das an der Machtfrage, aber in Deutschland zB hätte das vielleicht eine Chance.

Fluminist Offline




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18.10.2014 00:16
#239 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #238
Was den Islam von einer Kompatibilität mit der Moderne abhält, sind menschengemachte Axiome, die sich auch ändern ließen. In den arabischen Ländern scheitert das an der Machtfrage, aber in Deutschland zB hätte das vielleicht eine Chance.

Wenn Sie mit den "menschengemachten Axiomen" den Islam meinen: genau das sind sie eben nicht. Sie sind von Gott durch den Erzengel Gabriel dem Propheten offenbarte göttliche Axiome, an denen nichts geändert werden kann. Daran zu glauben ist unwandelbarer Kern des Islam.

Die Moderne hingegen, die ist menschengemacht und ließe sich ändern. Sie ändert sich ja auch selbst dauernd, und gerade deshalb ist sie mir sympathischer.



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Werwohlf Offline




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18.10.2014 00:29
#240 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #239
Sie sind von Gott durch den Erzengel Gabriel dem Propheten offenbarte göttliche Axiome, an denen nichts geändert werden kann. Daran zu glauben ist unwandelbarer Kern des Islam.
Nein, denn genau das, nämlich die wortwörtliche Offenbarung, ist selbst eins der Axiome. Ein unhaltbares dazu, siehe die "satanischen Verse".

Fluminist Offline




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18.10.2014 01:00
#241 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #240
Zitat von Fluminist im Beitrag #239
Sie sind von Gott durch den Erzengel Gabriel dem Propheten offenbarte göttliche Axiome, an denen nichts geändert werden kann. Daran zu glauben ist unwandelbarer Kern des Islam.
Nein, denn genau das, nämlich die wortwörtliche Offenbarung, ist selbst eins der Axiome. Ein unhaltbares dazu, siehe die "satanischen Verse".

Eben, alles eine Frage der Perspektive. Wie verhandelbar dieses Axiom ist, konnte man ja am Fall Rushdie deutlich erkennen.

Sehen Sie, während jeder Außenstehende das "Book of Mormon" für ein offensichtliches Machwerk hält, ist es für einen Mormonen die wahre göttliche Offenbarung. Er kann aufhören das zu glauben, aber damit hört er gleichzeitig auch auf Mormone zu sein.



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Werwohlf Offline




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18.10.2014 01:10
#242 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #241
Eben, alles eine Frage der Perspektive. Wie verhandelbar dieses Axiom ist, konnte man ja am Fall Rushdie deutlich erkennen.
Beide Sätze bestätigen meine Ansicht ja. Der erste sagt, dass die Perspektive wechseln kann. Und der zweite stellt die Machtfrage. Islamische Fatwas kann jede Sau erlassen. Aber nicht jede davon verfügt über einen Staatsapparat, und vor allem das war bedrohlich für Rushdie.
Zitat von Fluminist im Beitrag #241
Sehen Sie, während jeder Außenstehende das "Book of Mormon" für ein offensichtliches Machwerk hält, ist es für einen Mormonen die wahre göttliche Offenbarung. Er kann aufhören das zu glauben, aber damit hört er gleichzeitig auch auf Mormone zu sein.
Niemand muss den Koran für ein "offensichtliches Machwerk" halten, um ein friedfertiger Mensch zu sein. Tatsächlich ist das auch die Haltung, die die meisten Muslime in Deutschland einnehmen. Und danke für die Bestätigung, dass fundamentale Kritik an der Religion immer auch den Gläubigen in seinem Selbstverständnis angreift.

Llarian Offline



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18.10.2014 01:12
#243 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #236
Zudem, lieber Llarian, sehen Sie bitte auch das, was aus dem Entzug des Wahlrechts für ehemalige SED-Mitglieder werden kann, wenn sich aus welchem Grund auch immer eine bestimmte Gruppierung an der Macht befindet: dann werden halt aktive (und ehemalige) FDP-Mitglieder zu "Unwählbaren", oder Mitglieder einer anderen Partei - ob für echte oder imaginierte "Verbrechen", das wird in gewissen Konstellationen egal sein. Über kurz oder lang schützt der Schutz vor dem Verlust des (passiven) Wahlrechts eben auch liberale Politiker.

Das denke ich nicht. Diejenigen, die FDP Mitgliedern oder auch Liberalen generell das Wahlrecht nehmen wollen, lassen sich überhaupt nicht davon beeinflussen ob heute jemand anderem das Wahlrecht genommen wird oder nicht. Wenn es mehrheitsfähig ist für imaginierte Verbrechen das Wahlrecht zu nehmen, wird nichts was wir heute tun, einen Schutz vor dieser Mehrheit bieten. Im Gegenteil, Kommunisten, die schon einmal eine solche Diktatur errichtet haben, dass passive Wahlrecht zu belassen, ist der beste Weg genau dahin zu kommen.

Zitat
Sie mißverstehen den Hintergrund unseres Strafrechts.


Und Sie mißverstehen den Unterschied zwischen dem, was Juristen heute daraus gemacht haben und dem was es mal war und wo anders ist. Den Sinn von Strafrecht kann jeder von uns privat für sich definieren. Und ist dieser Sinn mehrheitsfähig findet dieser irgendwann einen Niederschlag in einer Demokratie. Meine Sicht, das man Mörder einsperrt und dann den Schlüssel wegwirft, ist durchaus in vielen Ländern der Welt gängige Praxis. Durchaus in Rechtsstaaten. Es war auch in Deutschland mal Praxis und da war es auch ein Rechtsstaat. Die Idee das man auch Massenmördern die Möglichkeit geben muss irgendwann auf Freiheit zu hoffen, ist erst deutlich später vom Verfassungsgericht aus Artikel 1 abgeleitet worden. Das ist keine zwingende Notwendigkeit. Der Gesetzgeber ist abgesehen vom Grundgesetz an nichts gebunden. Und in diesem Fall ist meine Meinung dazu nicht von weniger Belang als die ihre. Es geht ja nicht um den Jetzt-Zustand.

Zitat
Wohlgemerkt, dabei geht es nicht um die bloße Möglichkeit, wieder straffällig zu werden, sondern um eine halbwegs gesicherte Wahrscheinlichkeit.


Das sind dann immer die Sprüche von den Psychiatern, die, nachdem ihre Schäfchen wieder rückfällig werden, darauf hinweisen, dass das ja ganz unwahrscheinlich war. Super. Die Wahrscheinlichkeiten, die dort angenommen werden, sind bestenfalls schwammig. Und das ist am Ende eine Frage der Einschätzung und auch Bewertung. Wieviel Risiko man bereit ist einzugehen, ist individuell sehr verschieden.

Zitat
Zum anderen: vor dem Gesetz ist die Kindsmörderin aus meinem Beispiel nach Verbüßen der Haftstrafe - und bei Vorliegen eines entsprechenden psychologischen Profils, das ihr bestätigt, dass sie nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder morden wird - freizulassen.


Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie hoch ist diese Strafe anzusetzen. Wenn die Haftstrafe 100 Jahre beträgt ist alles danach gesagte hinfällig. Zumindest derzeit.

Zitat
Ich halte auch das für absolut richtig, da sie aus ihren Fehlern gelernt haben wird und sicherlich nicht noch einmal diese Straftat begehen wird - und die Gesellschaft ihr ihre zweite Chance nicht nehmen darf.


Aber natürlich darf sie das. Die Gesellschaft entscheidet am Ende immer ob jemand eine zweite Chance bekommt. Und sie kann das selbstverständlich verweigern. Und ich möchte eben nicht erleben, wie diese Frau dann das zweite Kind umbringt, weil, ohje, die Wahrscheinlichkeit dann doch irgendwie die Realität nicht getroffen hat.

Zitat
Wäre es anders, dann hätte eine ganze Menge deutscher Bürger, die in der Bundesrepublik viel für ihr Land getan haben, keine Ämter bekleiden dürfen, weil sie sich als Mitglieder der NSdAP, als Soldaten in der Wehrmacht oder als Mitglieder der verbotenen linken Parteien, oder in welcher Form auch immer schuldig gemacht hätten. Ein Helmut Schmidt wäre als Wehrmachtsoffizier niemals Senator oder gar Bundeskanzler geworden; Rolf Dahlgrün (FDP), Nicolaus Dreyer (CDU, FDP), Erhard Eppler, Hans-Dietrich Genscher (FDP), Wilhelm Grewe, Walter Scheel, Hanns-Martin Schleyer ... sie alle waren waren mehr oder weniger lange NSdAP-Mitglieder (Genscher nur wenige Monate, Schleyer immerhin seit 37).


Nun würde ich schon die Wehrmacht von der NSDAP unterscheiden wollen, in die NSDAP musste man nicht eintreten, in die Wehrmacht wurde man gezogen. Und wenn die NSDAP Mitglieder das passive Wahlrecht verloren hätten, so what ? Ich sehe nicht, dass das der BRD so einen Schaden zugefügt hätte. Hätte es eben keinen Aussenminister Genscher gegeben, na und ?

Zitat
Also sollte jemand, der ein unbezahlbares Unikat zerstört, auch endgültig bestraft werden, da er es ja auch nicht rückgängig machen kann?


Was heisst endgültig bestraft ? Ein ausgeschlagenen Zahn können Sie auch nicht rückgängig machen, aber Sie können schon einiges entschädigen. Das ist dann eben die Verhältnismäßigkeit. Aber sie können niemandem das Leben zurückgeben. Wenn jemand ihr Kunstwerk zerstört, kann es nicht gerettet werden. Aber man kann Sie entschädigen. Wenn jemand Sie umbringt, dann ist es schwer Sie zu entschädigen. Ich denke der Unterschied sollte klar sein.

Zitat
Ein Arzt, dessen Patient aufgrund eines Kunstfehlers stirbt?


Müssen wir jetzt wirklich den Unterschied zwischen Mord und Fahrlässigkeit diskutieren ? Hier wäre eher zu diskutieren, ob man einem Arzt der mit einem (grob fahrlässigen) Kunstfehler einen Patienten tötet jemals die Aprobation zurück gegeben werden sollte.

Zitat
Natürlich kann man das nicht vergleichen, und natürlich hat die SED sehr große Schuld auf sich geladen. Daher wäre die richtige Antwort auf die Problematik natürlich auch ein Parteiverbot gewesen. Aber der einzelne Mensch kann aus der Vergangenheit lernen. Oder wollen Sie auch allen ehemaligen DDR-Bürgern, die sich einfach nur arrangiert haben und um ihre Ruhe zu haben, in eine der Parteien eingetreten sind, das Wahlrecht entziehen?


Im Zweifelsfall ja. Denn in diese Partei einzutreten ist eben nicht einfach nur "sich arrangieren". Es ist Teil des Verbrechens zu werden. Die Morde der SED sind weder die Morde von Einzeltätern noch von einer leblosen Partei, es sind die Morde eines Kollektivs. Und wenn ich Teil dieses Kollektivs werde, was bin ich denn dann ? Opfer oder Täter ? Ich bin da immer ein bischen kritisch wenn es darum geht, dass jemand nur "ein Mitläufer" gewesen ist. Auch Mitläufer richten Schaden an. Ohne Mitläufer gäbe es die Verbrechen nicht. Der Mitläufer nimmt das Verbrechen durchaus aktiv hin und in Kauf.
Zudem teile ich ihre Einschätzung mit dem Parteiverbot auch nicht. Die Partei zu verbieten ist am Ende nicht zielführend, denn eine Partei ist ein lebloser Gegenstand. Es sind die Menschen die handeln. Was ist gewonnen, wenn die sich einen neuen Namen geben und ein zweites Verbrechen vorbereiten ?

Zitat
Und wenn Sie bei der "einmal dabei, immer bestraft"-Fassung verbleiben wollen, bitte ich Sie zu bemerken, dass ich in meiner Jugend zwar nie Mitglied einer linken Partei war, aber durchaus solche Positionen vertreten habe. Ich habe aus meinen Fehlern damals gelernt, schnell gelernt, denn diese Phase betrug nur wenige Monate, aber "einmal dabei" war ich auch. Das geht wahrscheinlich den meisten Bürgern so.


Das mag wohl sein. Wie war das noch ? Wer mit 18 kein Kommunist ist, hat kein Herz, und wer es mit 30 noch ist, kein Hirn. Scherz beiseite: Etwas denken, etwas fühlen sind andere Dinge als handeln. Sie waren nie Mitglied einer linken Partei. Sie waren nicht Teil der SED. Sie haben keine Mauer gebaut. Sie haben keine Stasi betrieben. Sie haben niemanden eingesperrt. Sie haben nicht gehandelt. Denken kann man vieles, aber die Grenze ist da, wo das Handeln beginnt. Die Vorstellung jemanden umzubringen macht einen nicht zum Mörder. Und so lange Sie kein Verbrechen begangen haben, sehe ich nicht, wie ich Ihnen was wollte. Sie hätten auch Mitglied der KPD werden können, denn auch die ist erstmal keine verbrecherische Partei. Wären Sie dagegen der RAF beigetreten, so würde ich Ihnen auch kein Wahlrecht zugestehen wollen.

Zitat
Genscher war auch "einmal dabei" in 1945. Stauffenberg war von Hitler begeistert, bevor er zum Widerständler wurde, ein Wolfgang Harich war SED-Mitglied und wurde für seine politischen Ideen mit 10 Jahren Zuchthaus in der DDR bestraft, einige Mitglieder des "Neuen Forums" waren ehemalige SED-Mitglieder. Sie alle waren "einmal dabei", und haben nachher vernünftige Positionen oder Politik vertreten oder gemacht.


Ich bestreite nicht, dass sich Menschen ändern können. Ich meine nur nicht, dass man das Risiko eingehen muss. Es werden auch die meisten Sexualstraftäter nicht rückfällig. Das nützt Ihnen nur nix, wenn Sie an einen geraten, der leider nicht dazu gehört.
Übrigens weiss ich nicht, ob Wolfgang Harich sich als besonders guter Kronzeuge anbietet, denn er gehört wohl zu den Leuten, die, wenn man sie gelassen hätte, in Deutschland eine neue Diktatur ("Ökodiktatur") nur zu gerne errichtet hätten.

Fluminist Offline




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18.10.2014 01:36
#244 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #242
Islamische Fatwas kann jede Sau erlassen. Aber nicht jede davon verfügt über einen Staatsapparat, und vor allem das war bedrohlich für Rushdie.

Stimmt so nicht ganz. Die Fatwa wurde im Iran ausgesprochen, aber Rushdie hatte mit dem Iran als Staat überhaupt nichts zu tun. Vogelfrei war er weltweit und mußte sich selbst in England längere Zeit verstecken. Die Bedrohung ging nicht vom iranischen Staatsapparat aus, sondern von den möglicherweise existierenden Glaubensbrüdern in aller Welt, die den Ayatollah als Quell der Weisheit ansehen und seiner Aufforderung Folge zu leisten gewillt wären.
Zitat von Werwohlf im Beitrag #242
Niemand muss den Koran für ein "offensichtliches Machwerk" halten, um ein friedfertiger Mensch zu sein.

Stimmt, aber darum ging es ja nicht. Man muß ihn für ein Menschenwerk halten, um Ihre Prämisse von den "menschengemachten Axiomen" zu akzeptieren.
Zitat von Werwohlf im Beitrag #242
Und danke für die Bestätigung, dass fundamentale Kritik an der Religion immer auch den Gläubigen in seinem Selbstverständnis angreift.

In diesem Punkt sind wir uns einig, s. auch meinen Kommentar #213 oben.



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adder Offline




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18.10.2014 09:41
#245 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #243
Zitat von adder im Beitrag #236
Zudem, lieber Llarian, sehen Sie bitte auch das, was aus dem Entzug des Wahlrechts für ehemalige SED-Mitglieder werden kann, wenn sich aus welchem Grund auch immer eine bestimmte Gruppierung an der Macht befindet: dann werden halt aktive (und ehemalige) FDP-Mitglieder zu "Unwählbaren", oder Mitglieder einer anderen Partei - ob für echte oder imaginierte "Verbrechen", das wird in gewissen Konstellationen egal sein. Über kurz oder lang schützt der Schutz vor dem Verlust des (passiven) Wahlrechts eben auch liberale Politiker.

Das denke ich nicht. Diejenigen, die FDP Mitgliedern oder auch Liberalen generell das Wahlrecht nehmen wollen, lassen sich überhaupt nicht davon beeinflussen ob heute jemand anderem das Wahlrecht genommen wird oder nicht. Wenn es mehrheitsfähig ist für imaginierte Verbrechen das Wahlrecht zu nehmen, wird nichts was wir heute tun, einen Schutz vor dieser Mehrheit bieten. Im Gegenteil, Kommunisten, die schon einmal eine solche Diktatur errichtet haben, dass passive Wahlrecht zu belassen, ist der beste Weg genau dahin zu kommen.


Da muss ich Ihnen widersprechen. Wenn der liberal geprägte Rechtsstaat einen Entzug des Wahlrechts billigte, dann unterschiede ihn etwas weniger als heute vom zu erwartenden Ergebnis einer Machtübernahme der Nichtdemokraten.
Die liberale Demokratie muss so etwas aushalten. Wohl gemerkt: ich rede hier nicht einer zahnlosen Duldung das Wort. Demokratische Politiker müssen sich mit den Nichtdemokraten auseinandersetzen und (-wie auch wir Bürger) den Wählern klarmachen, was diese wollen und dass der liberale, demokratische Rechtsstaat der bessere Weg ist. Ein Entzug des Wahlrechts hingegen ist doch genau das, was diese Nichtdemokraten wollen. Die hören ja nicht auf, Antidemokratische Ansichten zu vertreten und zu propagieren, nur weil sie nicht mehr gewählt werden dürfen - sondern gehen dann einen alternativen Weg zur Macht. Die Wähler hingegen von der Überlegenheit der liberalen Position zu überzeugen und die Bevölkerung gegen die antidemokratischen Agitatoren damit zu immunisieren, das verspricht auch Schutz im Falle eines gewaltsamen Übernahmeversuches durch die Antidemokraten.

Zitat

Zitat
Sie mißverstehen den Hintergrund unseres Strafrechts.


Und Sie mißverstehen den Unterschied zwischen dem, was Juristen heute daraus gemacht haben und dem was es mal war und wo anders ist. Den Sinn von Strafrecht kann jeder von uns privat für sich definieren. Und ist dieser Sinn mehrheitsfähig findet dieser irgendwann einen Niederschlag in einer Demokratie. Meine Sicht, das man Mörder einsperrt und dann den Schlüssel wegwirft, ist durchaus in vielen Ländern der Welt gängige Praxis. Durchaus in Rechtsstaaten. Es war auch in Deutschland mal Praxis und da war es auch ein Rechtsstaat. Die Idee das man auch Massenmördern die Möglichkeit geben muss irgendwann auf Freiheit zu hoffen, ist erst deutlich später vom Verfassungsgericht aus Artikel 1 abgeleitet worden. Das ist keine zwingende Notwendigkeit. Der Gesetzgeber ist abgesehen vom Grundgesetz an nichts gebunden. Und in diesem Fall ist meine Meinung dazu nicht von weniger Belang als die ihre. Es geht ja nicht um den Jetzt-Zustand.

Zitat
Wohlgemerkt, dabei geht es nicht um die bloße Möglichkeit, wieder straffällig zu werden, sondern um eine halbwegs gesicherte Wahrscheinlichkeit.


Das sind dann immer die Sprüche von den Psychiatern, die, nachdem ihre Schäfchen wieder rückfällig werden, darauf hinweisen, dass das ja ganz unwahrscheinlich war. Super. Die Wahrscheinlichkeiten, die dort angenommen werden, sind bestenfalls schwammig. Und das ist am Ende eine Frage der Einschätzung und auch Bewertung. Wieviel Risiko man bereit ist einzugehen, ist individuell sehr verschieden.

Zitat
Zum anderen: vor dem Gesetz ist die Kindsmörderin aus meinem Beispiel nach Verbüßen der Haftstrafe - und bei Vorliegen eines entsprechenden psychologischen Profils, das ihr bestätigt, dass sie nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder morden wird - freizulassen.


Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie hoch ist diese Strafe anzusetzen. Wenn die Haftstrafe 100 Jahre beträgt ist alles danach gesagte hinfällig. Zumindest derzeit.

Zitat
Ich halte auch das für absolut richtig, da sie aus ihren Fehlern gelernt haben wird und sicherlich nicht noch einmal diese Straftat begehen wird - und die Gesellschaft ihr ihre zweite Chance nicht nehmen darf.


Aber natürlich darf sie das. Die Gesellschaft entscheidet am Ende immer ob jemand eine zweite Chance bekommt. Und sie kann das selbstverständlich verweigern. Und ich möchte eben nicht erleben, wie diese Frau dann das zweite Kind umbringt, weil, ohje, die Wahrscheinlichkeit dann doch irgendwie die Realität nicht getroffen hat.




Ich kann Ihrer Ansicht nichts abgewinnen. Insbesondere, weil Sie einen Satz wie diesen benutzen:

Zitat

Zitat
Zum anderen: vor dem Gesetz ist die Kindsmörderin aus meinem Beispiel nach Verbüßen der Haftstrafe - und bei Vorliegen eines entsprechenden psychologischen Profils, das ihr bestätigt, dass sie nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder morden wird - freizulassen.


Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie hoch ist diese Strafe anzusetzen. Wenn die Haftstrafe 100 Jahre beträgt ist alles danach gesagte hinfällig. Zumindest derzeit.




Sie weichen hier einer Positionierung aus. Meinen Hinweis auf die Notwendigkeit, nach Verbüßen der Haftstrafe einen Straftäter freizulassen, umgehen Sie, indem Sie eine irrational hohe Haftstrafe wählen. Dann sagen Sie doch gleich, dass Sie ein Einsperren bis zum Tod wünschen. Ich halte das zwar für falsch, aber mir ist jemand, der klare Positionen vertritt, lieber als dieses Ausweichen.
Aber auch da möchte darauf hinweisen, dass es nicht sinnvoll ist, diese quasi endgültigen Strafen vorzusehen. Die Gesellschaft schützen Sie damit nicht. In 99% der Fälle schützen Sie auch kein Invididuum damit. Das eine Prozent besteht im Moment aus Straftätern, die trotz einer Rückfallwahrscheinlichkeit freigelassen werden und wieder straffällig werden. Hier könnte man ansetzen und die Gefängnispsychologen besser schulen und sie direkt dafür verantwortlich machen. Leider passiert das nämlich nicht.
Um Ihnen noch einmal zu verdeutlichen, was ich mit Rückfallwahrscheinlichkeit meine: ein Vater, der den Vergewaltiger seiner Tochter erschießt, hat mit sehr großer Wahrscheinlichkeit keinen Rückfall nach Verbüßen seiner Haftstrafe. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass wieder einmal ein Mann seine Tochter vergewaltigt und dieser Vater dann wieder "durchdreht" und zu Selbstjustiz greift, ist enorm gering - es sei denn, bei ihm liegen gewisse Persönlichkeitsmerkmale vor, die sein "Ausrasten" begünstigt haben.
Ebenso die Kindsmörderin aus meinem Beispiel, wenn sie denn nicht bestimmte Persönlichkeitsstörungen oder -merkmale hat.
Ein Straftäter, der aus Lust oder Trieb mordet, hat dagegen eine sehr hohe Wiederholungsgefahr (und sollte eigentlich auch heute schon nicht wieder auf freien Fuss kommen).

Zitat

Zitat
Wäre es anders, dann hätte eine ganze Menge deutscher Bürger, die in der Bundesrepublik viel für ihr Land getan haben, keine Ämter bekleiden dürfen, weil sie sich als Mitglieder der NSdAP, als Soldaten in der Wehrmacht oder als Mitglieder der verbotenen linken Parteien, oder in welcher Form auch immer schuldig gemacht hätten. Ein Helmut Schmidt wäre als Wehrmachtsoffizier niemals Senator oder gar Bundeskanzler geworden; Rolf Dahlgrün (FDP), Nicolaus Dreyer (CDU, FDP), Erhard Eppler, Hans-Dietrich Genscher (FDP), Wilhelm Grewe, Walter Scheel, Hanns-Martin Schleyer ... sie alle waren waren mehr oder weniger lange NSdAP-Mitglieder (Genscher nur wenige Monate, Schleyer immerhin seit 37).


Nun würde ich schon die Wehrmacht von der NSDAP unterscheiden wollen, in die NSDAP musste man nicht eintreten, in die Wehrmacht wurde man gezogen. Und wenn die NSDAP Mitglieder das passive Wahlrecht verloren hätten, so what ? Ich sehe nicht, dass das der BRD so einen Schaden zugefügt hätte. Hätte es eben keinen Aussenminister Genscher gegeben, na und ?



Einige dieser ehemaligen NSdAP-Mitglieder haben die Bundesrepublik maßgeblich geprägt. Viel wichtiger erscheint mir jedoch, dass diese Beispiele deutlich belegen, dass die Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei, die - als Partei - große Schuld auf sich geladen hat, nichts über die späteren Taten dieser Menschen aussagen kann.
Ich glaube übrigens, dass wir hier die falsche Diskussion führen (nicht nur wegen des Off-Topics, aber da Sie der Besitzer dieses Fadens sind, scheint mir das auch nicht so schlimm zu sein): ich hielte es für viel dringender, die tatsächlich Verantwortlichen für die Übeltaten zu bestrafen, und die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Linken zu suchen, und deren Wähler für eine demokratische Rechtsordnung zu gewinnen.

Zitat

Zitat
Natürlich kann man das nicht vergleichen, und natürlich hat die SED sehr große Schuld auf sich geladen. Daher wäre die richtige Antwort auf die Problematik natürlich auch ein Parteiverbot gewesen. Aber der einzelne Mensch kann aus der Vergangenheit lernen. Oder wollen Sie auch allen ehemaligen DDR-Bürgern, die sich einfach nur arrangiert haben und um ihre Ruhe zu haben, in eine der Parteien eingetreten sind, das Wahlrecht entziehen?


Im Zweifelsfall ja. Denn in diese Partei einzutreten ist eben nicht einfach nur "sich arrangieren". Es ist Teil des Verbrechens zu werden.




Haben Sie in der DDR gelebt? Ich nicht - aber ich bin mit einer Ostdeutschen verheiratet und habe den größten Teil der Zeit nach der Wende in Ostdeutschland verbracht. Ich habe aus den Erzählungen der Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, zu denen sowohl ehemalige Oppositionelle als auch ehemalige Stasi-IMs gehörten, etwas zu diesem speziellen Thema gelernt: in die Partei einzutreten, war für einige der einzige Weg, endlich Ruhe zu haben. Die Stasi-Anwerbung zu unterschreiben, war für eine Bekannte der einzige Weg, endlich studieren zu dürfen. In breiten Teilen der Bevölkerung wurden alle Hinweise auf Verbrechen der SED schon aus Selbstschutz ignoriert - und die Blockparteien hatten keinen besseren Ruf als die SED selbst.

Zitat
Die Morde der SED sind weder die Morde von Einzeltätern noch von einer leblosen Partei, es sind die Morde eines Kollektivs.



Die Verbrechen der SED (zu denen ja nicht nur Mord gehört) sind die Taten von direkt Verantwortlichen, von einer Regierung und von einem Parteikollektiv. Glauben Sie, dass die anderen Parteien der Nationalen Front nicht dem ganzen zugestimmt hätten? Glauben Sie, dass jedes kleine Mitglied einer dieser Parteien direkt verantwortlich sein kann? Ich halte von dieser Gesinnungsjustiz nichts - denn sie verallgemeinert und trifft im Zweifel tatsächlich Unschuldige.

Zitat
Und wenn ich Teil dieses Kollektivs werde, was bin ich denn dann ? Opfer oder Täter ? Ich bin da immer ein bischen kritisch wenn es darum geht, dass jemand nur "ein Mitläufer" gewesen ist. Auch Mitläufer richten Schaden an. Ohne Mitläufer gäbe es die Verbrechen nicht. Der Mitläufer nimmt das Verbrechen durchaus aktiv hin und in Kauf.
Zudem teile ich ihre Einschätzung mit dem Parteiverbot auch nicht. Die Partei zu verbieten ist am Ende nicht zielführend, denn eine Partei ist ein lebloser Gegenstand. Es sind die Menschen die handeln. Was ist gewonnen, wenn die sich einen neuen Namen geben und ein zweites Verbrechen vorbereiten?



Sie wollen also die Partei nicht verbieten, aber die Politikbeteiligung der Mitglieder? Und wo ziehen Sie da die Grenze? Sind bereits die Mitglieder, die aus der zwangsvereinigten SPD kamen und später vielleicht sogar unter großen persönlichen Gefahren ausgetreten sind, für alle Zeiten von der Politik auszuschließen? Was ist mit Mitgliedern, die sich nach kurzer Mitgliedschaft von der Partei abgewendet haben und im Neuen Forum aktiv für die Demokratisierung der DDR gekämpft haben? (Oder Mitglieder, die nie einen Antrag unterschrieben haben, sondern aufgrund von gesetzlichen Regelungen automatisch Mitglied wurden - gut, das ist kein Beispiel aus Deutschland - aber immerhin hypothetisch relevant)

Zitat

Zitat
Genscher war auch "einmal dabei" in 1945. Stauffenberg war von Hitler begeistert, bevor er zum Widerständler wurde, ein Wolfgang Harich war SED-Mitglied und wurde für seine politischen Ideen mit 10 Jahren Zuchthaus in der DDR bestraft, einige Mitglieder des "Neuen Forums" waren ehemalige SED-Mitglieder. Sie alle waren "einmal dabei", und haben nachher vernünftige Positionen oder Politik vertreten oder gemacht.


Ich bestreite nicht, dass sich Menschen ändern können. Ich meine nur nicht, dass man das Risiko eingehen muss. Es werden auch die meisten Sexualstraftäter nicht rückfällig. Das nützt Ihnen nur nix, wenn Sie an einen geraten, der leider nicht dazu gehört.




100%ige Sicherheit bekommen Sie nicht. Menschen können sich ändern, und wenn sie sich ändern können, dann darf ich ihnen die Chance nicht nehmen, dies zu tun und weiterhin am gesellschaftlichen Sein teilzuhaben. Alles andere wäre mit meinem liberalen Selbstverständnis nicht zu vereinbaren. Natürlich beobachte ich ehemalige SED-Mitglieder sehr kritisch, wenn sie weiterhin politisch tätig sind - und was ich in der Linkspartei sehe, gefällt mir nicht. Ich rede mit meinen ostdeutschen Freunden und Familienmitgliedern übrigens viel über Politik, und diese multiplizieren hoffentlich meine Aussagen, denen sie zustimmen können. Ich glaube, dass ich damit zumindest meinen Teil beitrage, dass nicht noch mehr Menschen auf diese Blender hereinfallen - und ich glaube, dass dieser Beitrag besser ist, als 70% der Parteimitglieder der Linken unwählbar zu machen, damit aber zu riskieren, dass die 30%, die nicht ehemalige SED-Mitglieder sind und damit weiterhin passives Wahlrecht besitzen, von noch mehr Menschen gewählt werden, weil diese die Zwangsmaßnahme eher mit der DDR verbinden als mit der BRD.

Zitat
Übrigens weiss ich nicht, ob Wolfgang Harich sich als besonders guter Kronzeuge anbietet, denn er gehört wohl zu den Leuten, die, wenn man sie gelassen hätte, in Deutschland eine neue Diktatur ("Ökodiktatur") nur zu gerne errichtet hätten.


Ich glaube, Sie mißverstehen Harich: Harich hat sich für eine weitgehende Demokratisierung eingesetzt, weil er glaubte, dass der Ökologismus die Menschen freiwillig dazu bringen würde, die "Ökodiktatur" zu leben. Das tat er nicht aus altruistischen Motiven - insofern ist er in meiner Liste völlig falsch, da gebe ich Ihnen recht - sondern nur weil er um die Macht (seine und die der Partei) besorgt war. Und diese geringen Abweichungen waren der Regierung und Justiz der DDR genug, ihn mit 10 Jahren Zuchthaus zu bestrafen. Ich glaube, dass macht ziemlich deutlich, welche persönlichen Gefährdungen die ehemaligen SED-Mitglieder des Neuen Forums auf sich nahmen.

Hier auch noch einmal: es ist die falsche Diskussion, die wir führen: wir diskutieren hier ein Mittel, nicht ein Ziel. Das Ziel, keine Diktatur zu ermöglichen, teile ich. Das Mittel ist meiner Ansicht nach nicht mit liberalen Ideen kompatibel. Der Liberale muss den demokratischen Weg über die Gewinnung der Wähler für seine Ideen gehen. Auch das ist eine Grundforderung, die Ludwig von Mises gestellt hat.

Paul Offline




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18.10.2014 13:07
#246 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber adder,
das hat mich aus der Fülle der Themen, die Sie hier auf den "Tisch" gelegt haben besonders angesprochen:

Zitat von adder im Beitrag #245
Haben Sie in der DDR gelebt? Ich nicht - aber ich bin mit einer Ostdeutschen verheiratet und habe den größten Teil der Zeit nach der Wende in Ostdeutschland verbracht. Ich habe aus den Erzählungen der Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, zu denen sowohl ehemalige Oppositionelle als auch ehemalige Stasi-IMs gehörten, etwas zu diesem speziellen Thema gelernt: in die Partei einzutreten, war für einige der einzige Weg, endlich Ruhe zu haben. Die Stasi-Anwerbung zu unterschreiben, war für eine Bekannte der einzige Weg, endlich studieren zu dürfen. In breiten Teilen der Bevölkerung wurden alle Hinweise auf Verbrechen der SED schon aus Selbstschutz ignoriert - und die Blockparteien hatten keinen besseren Ruf als die SED selbst.



Die Frage ist nicht an mich gerichtet, aber ich mische mich mal ein.

Wenn Sie Erzählungen von Menschen, die in das System DDR verstrickt waren, hören, dann müssen Sie immer besonders kritisch sein.
Als Bestandteil dieses Systems, das war zwangsläufig jeder DDR -Bürger, auch der in der Nische, weiß ich wovon ich spreche, weil ich das "Während" und das "Danach" selber erlebt habe, immer noch erlebe. (Übrigens ähnliche Verhaltensweisen Verstrickter hat es nach dem 3. Reich auch gegeben.)

Zitat
Ich habe aus den Erzählungen der Menschen, die ich dort kennenlernen durfte,...etwas zu diesem speziellen Thema gelernt: in die Partei einzutreten, war für einige der einzige Weg, endlich Ruhe zu haben.


Das sagen sie jetzt. Ist eine nachträgliche Rechtfertigung für ihr Verhalten.
Ich bin nicht in die Partei eingetreten und hatte in meiner Nische auch meine Ruhe. Mein Preis dafür: Ich durfte nicht studieren. Meine Kinder durften kein Abi machen. Ich hatte einen relativ schlecht bezahlten Job bei der Kirche, keine Karrierechancen, aber meine Ruhe.
Nein, ich war kein Märtyrer.
Nein, ich verurteile das Verhalten der Anderen nicht.
Nein, die nachträgliche Rechtfertigung kann ich nicht ertragen.

Zitat
Die Stasi-Anwerbung zu unterschreiben, war für eine Bekannte der einzige Weg, endlich studieren zu dürfen.


Das ist ja nun mal eine stichhaltige und sehr ehrenwerte und auch durchaus akzeptable Begründung dafür, sein Umfeld meistens Freunde und Bekannte, wenn nicht den eigenen Eheparter, zu bespitzeln. (Ironie und Sarkasmus aus.)

Da bin ich schon erstaunt und auch ein bischen enttäuscht, dass Sie, lieber adder, diese Rechtfertigung hier so wiedergeben wie Sie es getan haben.

Ach so, wenn ich in die Partei eingetreten wäre, IM geworden wäre, dann hätte auch ich in der DDR eine Karriere machen können. Intelligent genug war ich dafür. Ich möchte nicht missverstanden werden. Das erwähne ich hier nicht um mich zu glorifizieren. Nein ich war kein Held.
Aber die Rechtfertigung derer, die "mit den Wölfen geheult haben" kann ich nicht anerkennen, nicht ertrage. Diese Anpassung rechfertige ich deshalb nicht.

Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.
Nur jeder muss auch zu seiner Vergangenheit stehen. Gerade jetzt.

Herzlich, Paul

PS:
Lieber adder, wie war das mit dem Experten?
Nur mit einer ehemaligen Ostdeutschen verheiratet zu sein, einige Jahre im Nachwendedeutschland gelebt zu haben, mit einigen ostdeutschen Angepassten und Oppositionellen gesprochen zu haben, reicht aus um ein Experte zu sein?

Ich habe mein ganzes Leben dort verbracht. Deshalb bin ich der Experte - bei aller Bescheidenheit.
Aber trotzdem, lieber adder:

___________________________
In dubio, pro reo.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

18.10.2014 19:24
#247 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #244
Die Bedrohung ging nicht vom iranischen Staatsapparat aus, sondern von den möglicherweise existierenden Glaubensbrüdern in aller Welt, die den Ayatollah als Quell der Weisheit ansehen und seiner Aufforderung Folge zu leisten gewillt wären.
Auch, aber (zumindest in meiner Erinnerung) weniger. Man fürchtete insbesondere um die Möglichkeiten des iranischen Geheimdienstes, Rushdie aufzuspüren bzw. einzelne Fanatiker anzuwerben. Im Gegensatz zu irgendwelchen in Europa lebenden Schiiten (von denen es wohl nicht allzu viele gibt, die muslimische Einwanderung nach Europa ist überwiegend sunnitisch), auf deren Freiwilligkeit man setzen musste, waren die iranischen Behörden ja direkt weisungsgebunden und im Grunde zur Durchsetzung der Fatwa verpflichtet.
Zitat von Fluminist im Beitrag #244
Man muß ihn für ein Menschenwerk halten, um Ihre Prämisse von den "menschengemachten Axiomen" zu akzeptieren.
Dass er kein Menschenwerk sei und sich einer geschichtlichen Einordnung verweigern müsse, ist ja bereits ein menschengemachtes Axiom.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

19.10.2014 01:50
#248 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #245
Die hören ja nicht auf, Antidemokratische Ansichten zu vertreten und zu propagieren, nur weil sie nicht mehr gewählt werden dürfen - sondern gehen dann einen alternativen Weg zur Macht.

Das tun die ohnehin, das ist nur eine andere Strategie, die diese dennoch verfolgen. Man muss es ihnen aber nicht noch einfacher machen den Staat für ihre Zwecke einzuspannen. Die SED kann heute sehr, sehr viel Propaganda treiben, weil sie Vertreter hat die den Staat für sich nutzen können, von Regierungsbeteiligungen über Kostenerstattung bis zur Möglichkeit aktiv Gesetze zu beeinflussen. Ob diese das passive Wahlrecht haben oder nicht ändert nichts daran, dass sie eine andere (verbrecherische) Ordnung wollen und betreiben. Ich denke nicht, dass man sie dabei unterstützen muss.

Zitat
Meinen Hinweis auf die Notwendigkeit, nach Verbüßen der Haftstrafe einen Straftäter freizulassen, umgehen Sie, indem Sie eine irrational hohe Haftstrafe wählen. Dann sagen Sie doch gleich, dass Sie ein Einsperren bis zum Tod wünschen. Ich halte das zwar für falsch, aber mir ist jemand, der klare Positionen vertritt, lieber als dieses Ausweichen.


Ich dachte das wäre deutlich geworden. Denn darum geht es tatsächlich. Ich brauche keine Kindermörder die eine zweite Chance bekommen. Und auch brauche auch keine Mörder von der RAF, die das bekommen. Sie sprechen von einer Notwendigkeit (!) die als solche gar nicht existiert, sondern erst vom Verfassungsgericht als solche aus einem gänzlich anderen Grundrecht abgeleitet wurde. Sprich: Das Verfassungsgericht hat sich, was es eigentlich nicht sollte, als Gesetzgeber betätigt. Aber diese Entscheidung kommt am Ende nur dem Souverän zu. Und der Souverän anderer Länder hat tatsächlich teilweise entschieden bestimmte Verbrecher nie wieder auf die Strasse zu lassen.

Zitat
Aber auch da möchte darauf hinweisen, dass es nicht sinnvoll ist, diese quasi endgültigen Strafen vorzusehen. Die Gesellschaft schützen Sie damit nicht. In 99% der Fälle schützen Sie auch kein Invididuum damit. Das eine Prozent besteht im Moment aus Straftätern, die trotz einer Rückfallwahrscheinlichkeit freigelassen werden und wieder straffällig werden.


1% ? Really ? Davon mal ab das ich die Zahl für geradezu absurd halte, wäre das eine Prozent schon deutlich zu viel. Und natürlich wird das Individuum damit geschützt. Ein eingesperrter Mörder kann keinen Mord begehen. Zumindest praktisch nicht. Ein eingesperrter Vergewaltiger kann niemanden vergewaltigen. Und ein eingesperrter Terrorist kann auch niemanden umbringen. Wie könnte ein besserer Schutz aussehen ?

Zitat
Hier könnte man ansetzen und die Gefängnispsychologen besser schulen und sie direkt dafür verantwortlich machen. Leider passiert das nämlich nicht.


:) Das wird auch in Zukunft nicht passieren. Oder glauben Sie ernsthaft irgendein Psychologe hängt sich persönlich in die Haftung für die Psyche eines anderen Menschen ? Das würde in der Konsequenz auf meinen Ansatz hinauslaufen, man würde bevor jemand alt und grau ist niemanden aus dem Gefängnis lassen. Oder man baut neue Gefängnisse für Psychologen. Die Sie nicht finden werden.

Zitat
Um Ihnen noch einmal zu verdeutlichen, was ich mit Rückfallwahrscheinlichkeit meine: ein Vater, der den Vergewaltiger seiner Tochter erschießt, hat mit sehr großer Wahrscheinlichkeit keinen Rückfall nach Verbüßen seiner Haftstrafe. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass wieder einmal ein Mann seine Tochter vergewaltigt und dieser Vater dann wieder "durchdreht" und zu Selbstjustiz greift, ist enorm gering - es sei denn, bei ihm liegen gewisse Persönlichkeitsmerkmale vor, die sein "Ausrasten" begünstigt haben. Ebenso die Kindsmörderin aus meinem Beispiel, wenn sie denn nicht bestimmte Persönlichkeitsstörungen oder -merkmale hat. Ein Straftäter, der aus Lust oder Trieb mordet, hat dagegen eine sehr hohe Wiederholungsgefahr (und sollte eigentlich auch heute schon nicht wieder auf freien Fuss kommen).


Das ist für sich richtig, birgt aber ein gewaltiges rechtsstaatliches Problem. Es ist genau das selbe Problem, dass unser Mordparagraph heute hat. Es bedeutet das Strafrecht am Täter auszurichten, am besten noch an seiner Motivlage. Scheusslich. Und am Ende willkürlich und unglaublich fehlerhaft. Eine Tat ist relativ klar nachzuweisen und eine Strafe ist recht genau für eine bestimmte Tat festzulegen. Das ist auch das Fairste für das oder die Opfer. Aber Exegese am Täter und seinen Motiven zu treiben führt am Ende zu furchtbar viel Ungerechtigkeit. Ungerechtigkeit die heute auch empfunden wird. Wenn beispielsweise wieder Richter jugendliche Mörder nach wenigen Jahren wieder auf die Strasse lassen.

Bevor ein falscher Eindruck ensteht: Es geht nicht darum jeden kleinen Dieb für 25 Jahre einzusperren. Es geht eher darum das Gewicht wieder dahin zu schieben wo es einmal gewesen ist, und zwar orientiert am Opfer, an der Tat und am Schutz der Allgemeinheit. Heute orientieren wir uns am Täter und das ist m.E. falsch. Er ist der, der die gesellschaftliche Regel bewusst verletzt hat. Er ist der, der sich selber bewusst ausserhalb gestellt hat. Und damit sind seine Rechte erst einmal die, die hinten anstehen. Er ist nicht rechtlos, darum gehts nicht, aber er steht eben hinten. Und es gibt Verbrechen, bei weitem nicht viele, bei dem ein Vergeben eben nicht möglich ist.

Zitat
Einige dieser ehemaligen NSdAP-Mitglieder haben die Bundesrepublik maßgeblich geprägt. Viel wichtiger erscheint mir jedoch, dass diese Beispiele deutlich belegen, dass die Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei, die - als Partei - große Schuld auf sich geladen hat, nichts über die späteren Taten dieser Menschen aussagen kann.


Natürlich sagt das etwas aus, und zwar eine Disposition. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der einmal gestohlen hat, noch einmal stiehlt, ist deutlich erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der einen anderen körperlich angreift, dass noch einmal tut ist deutlich höher als bei jemandem, der das noch nie getan hat. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ein ehemaliger Nazi eine Gesellschaft nach Ordnung des dritten Reiches anstrebt, ist deutlich höher als bei jemandem, der nicht in der Partei war. Das muss nicht ausbrechen. Und am Ende ist es auch nicht passiert. Aber das ist nur ein möglicher Gang der Geschichte. In einem anderen wäre es ein verheerender Fehler gewesen solche Leute wieder in Amt und Würden zu lassen.

Zitat
ich hielte es für viel dringender, die tatsächlich Verantwortlichen für die Übeltaten zu bestrafen, und die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Linken zu suchen, und deren Wähler für eine demokratische Rechtsordnung zu gewinnen.


Das wiederum empfinde ich als Ausweichen. Denn nichts spricht dagegen beides zu tun, wir haben ja hier keine beschränkten Ressourcen.

Zitat
Haben Sie in der DDR gelebt? Ich nicht - aber ich bin mit einer Ostdeutschen verheiratet und habe den größten Teil der Zeit nach der Wende in Ostdeutschland verbracht. Ich habe aus den Erzählungen der Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, zu denen sowohl ehemalige Oppositionelle als auch ehemalige Stasi-IMs gehörten, etwas zu diesem speziellen Thema gelernt: in die Partei einzutreten, war für einige der einzige Weg, endlich Ruhe zu haben. Die Stasi-Anwerbung zu unterschreiben, war für eine Bekannte der einzige Weg, endlich studieren zu dürfen.


Mit dem letzten Satz treffen Sie doch den Nagel auf den Kopf: Man trägt ein Unrecht mit zum eigenen Vorteil. Was könnte denn am Ende schlimmer sein ? Die allermeisten Leute haben sich an den Verbrecherregimen der SED und der NSDAP aus eigenem Vorteilsstreben angeschlossen. Aber das macht doch nicht weniger schuldig, eher im Gegenteil. Jeder Dieb stiehlt um sich zu verbessern. Selbst jeder Mörder mordet in aller Regel um sich einen Vorteil zu verschaffen. Wie sollte das denn entlasten ? Das belastet.
Was mich persönlich angeht, so bin ich -glücklicherweise- nicht in der DDR aufgewachsen. Aber ich bin familiär stark verbunden. Zum Beispiel durch meine Mutter, die sich geweigert hat in die FDJ einzutreten, obschon man sie jahrelang dazu genötigt hat. Mit allen Konsequenzen, die das bedeutet hat, Stasi-Termin inklusive. Das hat am Ende meine Familie zerrissen. Oder durch meinen Onkel, der zwar aufgrund seiner Ehefrau in der DDR geblieben ist, aber sich Zeit seines Lebens geweigert hat diesem Staat auch nur ein Kind zu schenken. Was für ihn und seine Frau ein verdammt hoher Preis war, vermutlich deutlich höher als auf Studium zu verzichten. Paul hat gerade seine persönlichen Konsequenzen aufgezeigt (danke dafür).
Und das sind nicht einzelne Schicksale, das sind nur drei von Millionen. Selbstschutz ist eben nicht das selbe wie sich zu beteiligen. Die Nazis haben niemanden gezwungen in die NSDAP einzutreten. Ebensowenig hat die DDR ihre Bürger gezwungen in die SED einzutreten. Oder ihre Nachbarn zu bespitzeln. Wer das getan hat, hat dies in aller Regel freiwillig getan. Und zwar ebenso in der Regel zum eigenen, persönlichen Vorteil. Nun bin ich, wenn auch nicht durch die "Gnade der späten Geburt" aber doch durch die "Gnade der fernen Geburt" nie in einer solchen Situation gewesen. Aber ich könnte mit mir nicht leben, wenn ich den Preis für mein Studium mit der Unterdrückung und Bespitzelung meiner Mitbürger bezahlt hätte. Ich lege Wert darauf mich morgens im Spiegel ansehen zu können. Und das ist mehr Wert als ein Studium. Ich bin so erzogen worden.
Und um die Größe zurecht zu rücken, die DDR hatte je nach Jahr so um die 17 Millionen Einwohner. Davon waren vielleicht 300.000 offizielle oder inoffizielle Mitarbeier der Stasi. Ebenso hatte die SED wohl etwas über 2 Millionen Mitglieder. Die heute so typisch genannte "DDR Karriere" war auch zu Zeiten der DDR nicht typisch.

Zitat
Glauben Sie, dass jedes kleine Mitglied einer dieser Parteien direkt verantwortlich sein kann?


Wenn sie sich an einem Verbrechen beteiligt, dann ja. Wer in einer Partei ist (und da spreche ich wenigstens aus eigener Erfahrung) ist auch für das verantwortlich was die Partei tut und bewirkt. Und wenn man das nicht mittragen kann, dann muss man austreten oder gar nicht erst eintreten. Ich habe genau das hinter mir. Ich konnte das, was die FDP im Bezug auf die Energiewende und den ESM mitgetragen hat, nicht mehr mitragen (und das sind nichtmal Verbrechen sondern nur Riesendummheiten). Und entsprechend bin ich ausgetreten. Aber bis dahin bin ich selbstverständlich verantwortlich für das, was ich tue und unterstütze. Ich halte überhaupt nichts vom Abtreten von Verantwortung. Ich bin schon der Meinung das man Verantwortung für das trägt was man wählt. Umso mehr für den Verein in dem man Mitglied ist.

Zitat
Sie wollen also die Partei nicht verbieten, aber die Politikbeteiligung der Mitglieder? Und wo ziehen Sie da die Grenze? Sind bereits die Mitglieder, die aus der zwangsvereinigten SPD kamen und später vielleicht sogar unter großen persönlichen Gefahren ausgetreten sind, für alle Zeiten von der Politik auszuschließen? Was ist mit Mitgliedern, die sich nach kurzer Mitgliedschaft von der Partei abgewendet haben und im Neuen Forum aktiv für die Demokratisierung der DDR gekämpft haben? (Oder Mitglieder, die nie einen Antrag unterschrieben haben, sondern aufgrund von gesetzlichen Regelungen automatisch Mitglied wurden - gut, das ist kein Beispiel aus Deutschland - aber immerhin hypothetisch relevant)


Das ist tatsächlich eine Frage der Einzellfallbeurteilung. Und eine solche Grenze hat immer etwas geringfügig willkürliches. Aber das ist ein generelles Problem im Strafrecht, da können Sie auch nie eine exakte Grenze ziehen sondern nur Richtwerte vorgeben. Für die allermeisten, die heute in der SED Rang und Namen haben, stellt sich das allerdings sehr einfach da.

Zitat
100%ige Sicherheit bekommen Sie nicht. Menschen können sich ändern, und wenn sie sich ändern können, dann darf ich ihnen die Chance nicht nehmen, dies zu tun und weiterhin am gesellschaftlichen Sein teilzuhaben. Alles andere wäre mit meinem liberalen Selbstverständnis nicht zu vereinbaren.


Sagen wir eher mit ihrem Selbstverständnis. Denn mit liberal oder nicht hat das wenig zu tun. Natürlich bekommen Sie 100%. Wenn Sie eben jemandem keine zweite Chance geben. Das Sie das wollen habe ich wohl verstanden, aber es ist nicht zwangsnotwendig richtig. Oder liberal. Liberal ist die Freiheit des Einzelnen und der hat auch das Recht vor SED und Konsorten geschützt zu werden.

Zitat
Natürlich beobachte ich ehemalige SED-Mitglieder sehr kritisch, wenn sie weiterhin politisch tätig sind - und was ich in der Linkspartei sehe, gefällt mir nicht. Ich rede mit meinen ostdeutschen Freunden und Familienmitgliedern übrigens viel über Politik, und diese multiplizieren hoffentlich meine Aussagen, denen sie zustimmen können. Ich glaube, dass ich damit zumindest meinen Teil beitrage, dass nicht noch mehr Menschen auf diese Blender hereinfallen - und ich glaube, dass dieser Beitrag besser ist, als 70% der Parteimitglieder der Linken unwählbar zu machen, damit aber zu riskieren, dass die 30%, die nicht ehemalige SED-Mitglieder sind und damit weiterhin passives Wahlrecht besitzen, von noch mehr Menschen gewählt werden, weil diese die Zwangsmaßnahme eher mit der DDR verbinden als mit der BRD.


Was immer Sie tun, es funktioniert nicht. Die Bundesrepublik driftet seit 1989 beständig nach links, die DDR wird immer stärker verklärt und die SED ist heute stärker als je zuvor in den letzten 25 Jahren. Ich kann zwar nicht beweisen, dass mein Weg der bessere ist, aber ihrer funktioniert derzeit nicht. Wie ich schon sagte, ich bin kein direktes Opfer der SED. Aber es muss den tatsächlichen Opfern, und das sind ja immernoch Millionen, grausen, wenn sie sehen wo sich die SED heute hinbewegt. Wie wird sich wohl heute jemand fühlen, der jahrelang in Bautzen gesessen hat, wenn sich heute die SED anschickt Ministerpräsidenten zu stellen ?

Solus Offline



Beiträge: 384

19.10.2014 02:41
#249 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #248
1% ? Really ? Davon mal ab das ich die Zahl für geradezu absurd halte, wäre das eine Prozent schon deutlich zu viel. Und natürlich wird das Individuum damit geschützt. Ein eingesperrter Mörder kann keinen Mord begehen. Zumindest praktisch nicht. Ein eingesperrter Vergewaltiger kann niemanden vergewaltigen. Und ein eingesperrter Terrorist kann auch niemanden umbringen. Wie könnte ein besserer Schutz aussehen ?

Die Frage ist halt, ob man einen Verbrecher grundsätzlich anders behandeln will als einen anderen Bürger. Womit ich praktisch die Frage meine, ob man die Unschuldsvermutung hier auch bei der Prognose anwendet oder nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wergeld
Sind halt zwei sehr verschiedene grundsätzliche Ansätze.

adder Offline




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19.10.2014 09:46
#250 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #248
Zitat von adder im Beitrag #245
Die hören ja nicht auf, Antidemokratische Ansichten zu vertreten und zu propagieren, nur weil sie nicht mehr gewählt werden dürfen - sondern gehen dann einen alternativen Weg zur Macht.

Das tun die ohnehin, das ist nur eine andere Strategie, die diese dennoch verfolgen. Man muss es ihnen aber nicht noch einfacher machen den Staat für ihre Zwecke einzuspannen. Die SED kann heute sehr, sehr viel Propaganda treiben, weil sie Vertreter hat die den Staat für sich nutzen können, von Regierungsbeteiligungen über Kostenerstattung bis zur Möglichkeit aktiv Gesetze zu beeinflussen. Ob diese das passive Wahlrecht haben oder nicht ändert nichts daran, dass sie eine andere (verbrecherische) Ordnung wollen und betreiben. Ich denke nicht, dass man sie dabei unterstützen muss.


Sie haben Unrecht. Die SED/PDS/Linke kann heute deswegen soviel Propaganda betreiben, weil die anderen Parteien aufgehört haben, sich aktiv inhaltlich mit ihr auseinanderzusetzen, und angefangen haben, mit ihr zusammenzuarbeiten. Und zudem, weil die Medienschaffenden in diesem Land leider auch immer häufiger mit ihr sympathisieren. Mit einem - ohnehin nicht mehr durchsetzbaren* - Wahlrechtsentzug für ehemalige SED-Mitglieder können Sie daran auch nichts mehr ändern, sondern verschlimmern die mediale Situation noch zusätzlich. (*denn die notwendige Mehrheit in Bundestag und Bundesrat wird nicht mehr zustandekommen - wäre sie wahrscheinlich sogar in 1990 nicht)
Genau aus diesem Grund ist es ja so wichtig, dass mehr Bürger und mehr Politiker sich an der Linken abarbeiten. Sie muss bloßgestellt werden, ihre Verbrechen müssen immer und immer wieder öffentlich gemacht werden. Vera Lengsfeld macht das in vorbildlicher Weise. Übrigens bin ich ja im Ziel ganz nah bei Ihnen: diese Leute sollen nicht gewählt werden. Nur das Mittel Wahlrechtentzug ist nicht richtig. Denn dann haben Sie doch immer noch das gleiche Wählerpotential und auch zusätzlich immer noch eine Partei, die diesem Wählerpotential entgegenkommt. Oder möchten Sie dann in 4 Jahren auch noch den Wählern der Linkspartei das aktive Wahlrecht entziehen?

Zitat
Ich dachte das wäre deutlich geworden. Denn darum geht es tatsächlich. Ich brauche keine Kindermörder die eine zweite Chance bekommen. Und auch brauche auch keine Mörder von der RAF, die das bekommen. Sie sprechen von einer Notwendigkeit (!) die als solche gar nicht existiert, sondern erst vom Verfassungsgericht als solche aus einem gänzlich anderen Grundrecht abgeleitet wurde. Sprich: Das Verfassungsgericht hat sich, was es eigentlich nicht sollte, als Gesetzgeber betätigt. Aber diese Entscheidung kommt am Ende nur dem Souverän zu. Und der Souverän anderer Länder hat tatsächlich teilweise entschieden bestimmte Verbrecher nie wieder auf die Strasse zu lassen.
1% ? Really ? Davon mal ab das ich die Zahl für geradezu absurd halte, wäre das eine Prozent schon deutlich zu viel. Und natürlich wird das Individuum damit geschützt. Ein eingesperrter Mörder kann keinen Mord begehen. Zumindest praktisch nicht. Ein eingesperrter Vergewaltiger kann niemanden vergewaltigen. Und ein eingesperrter Terrorist kann auch niemanden umbringen. Wie könnte ein besserer Schutz aussehen ?
:) Das wird auch in Zukunft nicht passieren. Oder glauben Sie ernsthaft irgendein Psychologe hängt sich persönlich in die Haftung für die Psyche eines anderen Menschen ? Das würde in der Konsequenz auf meinen Ansatz hinauslaufen, man würde bevor jemand alt und grau ist niemanden aus dem Gefängnis lassen. Oder man baut neue Gefängnisse für Psychologen. Die Sie nicht finden werden.
Das ist für sich richtig, birgt aber ein gewaltiges rechtsstaatliches Problem. Es ist genau das selbe Problem, dass unser Mordparagraph heute hat. Es bedeutet das Strafrecht am Täter auszurichten, am besten noch an seiner Motivlage. Scheusslich. Und am Ende willkürlich und unglaublich fehlerhaft. Eine Tat ist relativ klar nachzuweisen und eine Strafe ist recht genau für eine bestimmte Tat festzulegen. Das ist auch das Fairste für das oder die Opfer. Aber Exegese am Täter und seinen Motiven zu treiben führt am Ende zu furchtbar viel Ungerechtigkeit. Ungerechtigkeit die heute auch empfunden wird. Wenn beispielsweise wieder Richter jugendliche Mörder nach wenigen Jahren wieder auf die Strasse lassen.
Bevor ein falscher Eindruck ensteht: Es geht nicht darum jeden kleinen Dieb für 25 Jahre einzusperren. Es geht eher darum das Gewicht wieder dahin zu schieben wo es einmal gewesen ist, und zwar orientiert am Opfer, an der Tat und am Schutz der Allgemeinheit. Heute orientieren wir uns am Täter und das ist m.E. falsch. Er ist der, der die gesellschaftliche Regel bewusst verletzt hat. Er ist der, der sich selber bewusst ausserhalb gestellt hat. Und damit sind seine Rechte erst einmal die, die hinten anstehen. Er ist nicht rechtlos, darum gehts nicht, aber er steht eben hinten. Und es gibt Verbrechen, bei weitem nicht viele, bei dem ein Vergeben eben nicht möglich ist.


Ich sehe schon, dass wir hier nicht zu einer Übereinstimmung kommen. Allerdings ist es meiner Ansicht nach nicht mit den Grundrechten und dem liberalen Selbstverständnis zu vereinbaren, einen Menschen rechtlich anders zu stellen, als einen anderen, nur weil er einmal ein Verbrechen begangen hat. Und Einsperren bis zum Tod - was nur einen einzigen Vorteil gegenüber der Todesstrafe, nämlich die Rückgängigmachbarkeit bei später erwiesener Unschuld, hat - ist eine Strafe, die weder ein vernünftiges Abschreckungspotential hat (weil diese endgültige Strafe sehr schnell kommt und Täter dann eher häufiger vor der Bestrafung wiederholt töten werden) noch eine angemessene Strafwirkung hat. Und sie hindert Menschen daran, sich zu bessern.

Zitat

Zitat
Einige dieser ehemaligen NSdAP-Mitglieder haben die Bundesrepublik maßgeblich geprägt. Viel wichtiger erscheint mir jedoch, dass diese Beispiele deutlich belegen, dass die Mitgliedschaft in einer verbotenen Partei, die - als Partei - große Schuld auf sich geladen hat, nichts über die späteren Taten dieser Menschen aussagen kann.


Natürlich sagt das etwas aus, und zwar eine Disposition. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der einmal gestohlen hat, noch einmal stiehlt, ist deutlich erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der einen anderen körperlich angreift, dass noch einmal tut ist deutlich höher als bei jemandem, der das noch nie getan hat. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ein ehemaliger Nazi eine Gesellschaft nach Ordnung des dritten Reiches anstrebt, ist deutlich höher als bei jemandem, der nicht in der Partei war. Das muss nicht ausbrechen. Und am Ende ist es auch nicht passiert. Aber das ist nur ein möglicher Gang der Geschichte. In einem anderen wäre es ein verheerender Fehler gewesen solche Leute wieder in Amt und Würden zu lassen.




Ich halte das für die falsche Konsequenz. Wenn unsere Gesellschaft dieses Begründung als Maßstab für den Entzug von Rechten nehmen würde, könnte man auch ganz andere Maßnahmen zur Prävention daraus ableiten. Immerhin gibt es auch andere Indikatoren, die die Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens ganz deutlich erhöhen. (siehe bitte auch nächsten Abschnitt)

Zitat

Zitat
ich hielte es für viel dringender, die tatsächlich Verantwortlichen für die Übeltaten zu bestrafen, und die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Linken zu suchen, und deren Wähler für eine demokratische Rechtsordnung zu gewinnen.


Das wiederum empfinde ich als Ausweichen. Denn nichts spricht dagegen beides zu tun, wir haben ja hier keine beschränkten Ressourcen.
(...)

Zitat
100%ige Sicherheit bekommen Sie nicht. Menschen können sich ändern, und wenn sie sich ändern können, dann darf ich ihnen die Chance nicht nehmen, dies zu tun und weiterhin am gesellschaftlichen Sein teilzuhaben. Alles andere wäre mit meinem liberalen Selbstverständnis nicht zu vereinbaren.


Sagen wir eher mit ihrem Selbstverständnis. Denn mit liberal oder nicht hat das wenig zu tun. Natürlich bekommen Sie 100%. Wenn Sie eben jemandem keine zweite Chance geben. Das Sie das wollen habe ich wohl verstanden, aber es ist nicht zwangsnotwendig richtig. Oder liberal. Liberal ist die Freiheit des Einzelnen und der hat auch das Recht vor SED und Konsorten geschützt zu werden.




Darf ich in diesem Zusammenhang Ludwig von Mises zitieren? [Die Gemeinwirtschaft]
"Er (Der Liberalismus, Anm. von mir) gibt die Hoffnung nicht auf, daß es der Philosophie durch Überredung gelingen könnte, die Tyrannen so zu erleuchten, daß sie auf ihre der gesellschaftlichen Entwicklung entgegenstehenden Rechte freiwillig verzichten". und
"In der inneren Politik verlangt der Liberalismus volle Freiheit der politischen Meinungsäußerung und Ausrichtung des Staates nach dem Willen der Mehrheit des Volkes" und
"Ihre (gemeint ist die demokratische Verfassungsform) Funktion ist Friedesstiftung, Vermeidung von gewaltsamen Umwälzungen."

Sie können natürlich Ludwig von Mises absprechen, einer der bedeutendsten liberalen Vordenker zu sein. Sie können auch mir absprechen, das richtige aus seinen Schriften gelernt zu haben.
Und der einzelne hat nicht das Recht, geschützt zu werden, sondern sich selbst aktiv zu schützen, indem er die Mehrheit der Wähler gewinnt. Alles andere ist in meinen Augen kein Liberalismus, sondern Paternalismus ("wir wissen, dass Du vor diesem oder jenem geschützt werden musst").

Zitat

Zitat
Natürlich beobachte ich ehemalige SED-Mitglieder sehr kritisch, wenn sie weiterhin politisch tätig sind - und was ich in der Linkspartei sehe, gefällt mir nicht. Ich rede mit meinen ostdeutschen Freunden und Familienmitgliedern übrigens viel über Politik, und diese multiplizieren hoffentlich meine Aussagen, denen sie zustimmen können. Ich glaube, dass ich damit zumindest meinen Teil beitrage, dass nicht noch mehr Menschen auf diese Blender hereinfallen - und ich glaube, dass dieser Beitrag besser ist, als 70% der Parteimitglieder der Linken unwählbar zu machen, damit aber zu riskieren, dass die 30%, die nicht ehemalige SED-Mitglieder sind und damit weiterhin passives Wahlrecht besitzen, von noch mehr Menschen gewählt werden, weil diese die Zwangsmaßnahme eher mit der DDR verbinden als mit der BRD.


Was immer Sie tun, es funktioniert nicht. Die Bundesrepublik driftet seit 1989 beständig nach links, die DDR wird immer stärker verklärt und die SED ist heute stärker als je zuvor in den letzten 25 Jahren. Ich kann zwar nicht beweisen, dass mein Weg der bessere ist, aber ihrer funktioniert derzeit nicht. Wie ich schon sagte, ich bin kein direktes Opfer der SED. Aber es muss den tatsächlichen Opfern, und das sind ja immernoch Millionen, grausen, wenn sie sehen wo sich die SED heute hinbewegt. Wie wird sich wohl heute jemand fühlen, der jahrelang in Bautzen gesessen hat, wenn sich heute die SED anschickt Ministerpräsidenten zu stellen ?




Ich sagte bereits, dass Ihr Weg heute nicht durchsetzbar wäre (und wohl auch 1990 nicht gewesen wäre). Fakt ist aber auch, dass nicht das passive Wahlrecht für SED-Mitglieder zu dieser Situation geführt hat, sondern vor allem vier Gründe:
1) Die 'Unterwanderung' der Medien durch "alte Seilschaften" und sozialistische Medienschaffende Sogar im NDR berichtet
2) Die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung in anderen Parteien hier ein Kommentar von 1998!
3) Die Unfähigkeit der (BRD-)Politik, die "besseren Ideen" zu den Bürgern zu transportieren
4) Die immer stärkere Zuspitzung der politischen Debatte auf "Gerechtigkeit", die sich aus dem politischen Einfluss der linken Parteien auf Medien und veröffentlichte Meinung ergibt.

Von diesen vier Punkten hätten Sie nicht einen durch den Entzug des passiven Wahlrechts ändern können. Immerhin aber 2 Punkte liessen sich durch meinen Weg beeinflussen, der nur deshalb scheiterte, weil er eben nicht von der breiten Masse der Bevölkerung und der Politik gegangen wurde.
Mit einem Wahlrechtsentzug zum jetzigen Zeitpunkt erreichen Sie folgendes: die parteinahen Medienschaffenden werden eine Schmutzkampagne gegen dieses Gesetz starten, und damit die Meinung der Wähler noch stärker nach links orientieren. Linke Parteien werden sich sowieso dagegen positionieren, die (konservative) AfD dafür, und damit kann dann noch mehr in den Medien geschmiert werden. Ich kann die Schlagzeilen schon fast sehen: "Ostdeutschen Politikern wird Wahlrecht entzogen!", "Wessis und Rechtspopulisten hetzen gegen Gysi" etc. pp.

@Paul Sie haben natürlich recht. Ich habe mich aber auch nicht als Experten zu positionieren versucht, sondern nur meinen Erfahrungsstand beleuchten wollen. Und ich muss Ihnen gegenüber ehrlich sein: mir wäre der Preis für meine persönliche Nichtverstricktheit mit dem Verlust bestmöglicher Schulbildung für meine Kinder zu hoch gewesen.

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