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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

28.10.2014 12:40
#276 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #275
Letzterer ist tauglich für einen Vergleich, ersterer eher nicht.
Lieber Erling Plaethe,

von Henrik Broder stammt sinngemäß der schöne Satz: "Man kann alles mit jedem vergleichen, weil der Ziel des Vergleiches ist, Gemeinsamkeiten und Unterscheide herauszuarbeiten." Ein Vergleich heißt nicht gleich setzen.

Der Artikel in der Welt ist in meinen Augen eine durchaus wichtige Facette, weil er Parallelen aufzeigt, die nicht offensichtlich sind. In meinen Augen gibt es aber auch Unterschiede.

Das Menschenbild unserer westlichen Zivilisation und das des Islam ist zum Beispiel in wesentlichen Punkten nicht kompatibel. Vor allem die Freiheit des Individuums, das Kernstück des westlichen Selbstverständnisses, ist im Islam auch nicht annähernd akzeptiert. In keinem einzigen Lebensbereich und das gilt nach meiner Empirie auch für viele (nicht alle) der moderaten Muslime.


Das Kernproblem des Umgangs mit dem Islam liegt meines Erachtens allerdings in der positiven Diskriminierung, die er in unserer Gesellschaft, zumindest in der medialen Öffentlichkeit, viel zu oft erfährt. Menschen, die man gegen alles in Schutz und aus der Verantwortung nimmt, werden kein Gefühl für Verantwortung entwickeln. Wer in Watte gepackt wird, muß die Realität nicht akzeptieren. Das kennt jeder der Kindern erziehen muß aus persönlicher Erfahrung.


Solange solch moraline Verständnisorgien, wie die des Herrn Prof. Dr. Klaus J. Bade den öffentlichen Diskurs wesentlich beeinflussen, wird sich der Islam nicht emanzipieren. Das schließe ich aus meiner persönlichen empirischen Erfahrung mit der Reaktion von Menschen auf entsprechende äußere Einflüsse.
Da werden von Herrn Bade Witze über Religion, die an Harmlosigkeit nicht zu überbieten sind (man vergleiche allgegenwärtige Geschmacklosigkeiten gegen christliche Kirchen und Gottheit) zur Diffamierung und dem kreiren von Schreckensbildern umgedeutet.

Wenn man den Islam mit derselben Selbstverständlichkeit hierzulande behandeln würde, wie das Christentum oder jede andere Religionsgruppe, würden sich viele Facetten des Problems, wie sich der "hierzulande gelebte Islam" in unserer freiheitliche Gesellschaft wieder findet, wohl mittelfristig von selbst erledigen.


Herr Mazyek hat sich im Zusammenhang mit der „Nuhr Affäre“ laut dieses Artikels übrigens verärgert über Nuhrs Aussagen gezeigt, empfiehlt aber dennoch Ruhe zu bewahren.

Er ist verärgert über harmlose Witze, und hält es für angezeigt zur Besonnenheit aufzurufen. – Den ersten Teil dieses Sachverhalts deute ich so, dass Herr Mazyek nicht versteht, was für viele der Mehrheitsgesellschaft ein Problem darstellt. Den zweiten Teil des Sachverhalts deute ich so, dass er aber durchaus eine Meinung dazu zu haben scheint, wie eine nicht zu vernachlässigende Minderheit seiner Glaubensbrüder hierzulande „ticken“ könnten. Eine Meinung, die bei mir ein Vorurteil bestätigt.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

28.10.2014 13:12
#277 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Solange solch moraline Verständnisorgien, wie die des Herrn Prof. Dr. Klaus J. Bade den öffentlichen Diskurs wesentlich beeinflussen, wird sich der Islam nicht emanzipieren.

Zur Ergänzung: Die Welt bietet nun allerdings andererseits auch diesen bedenkenswerten Gedanken:

Zitat von Oliver Jeges: Wir nennen es Aufklärung
Ist es wirklich islamophob, diese Zustände zu kritisieren, ohne jedes Mal auf die friedliche Mehrheit der Muslime zu verweisen? Man muss Fluggesellschaften nicht dafür loben, dass sie ihre Jumbojets oben halten können. Genauso wenig muss man Muslimen applaudieren, wenn sie sich an das Grundgesetz halten. Es ist schlichtweg eine Selbstverständlichkeit.
Es muss in einer modernen Gesellschaft ohne Einschränkung erlaubt sein, Ideen und Ideologien schlecht zu finden und zu kritisieren. Ob Kommunismus oder Kapitalismus, Vegetarismus oder Feminismus, ob Christentum oder eben Islam. Hunderte von Jahren gingen unsere Vorfahren sprichwörtlich durch die Hölle, damit wir heute dieses Recht der freien Meinungsäußerung genießen. Und nun sollen wir es revidieren? Weil Muslime sich beleidigt fühlen?



McEvil: Mir ist die Religion ein eitles Kinderspiel / Und keine Sünde kenn ich als die Ignoranz. - C. Marlowe, The Jew of Malta

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

28.10.2014 15:19
#278 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #272
Natürlich in erster Linie für mich und die anderen Drei als Bestätigung.

Eine Zustimmung sicher, aber ganz sicher keine Bestätigung, lieber Erling. Es ist die, wie ich meine ausgesprochen schlecht begründete, ja teilweise geradezu abwegige, Meinung von Hannes Stein. Und nicht mehr als das. Das fängt damit an, dass die eigentliche Entwicklung seines Kronzeugen Jay Lovestone völlig aussen vor geht. Der Mann hat als Kommunist angefangen (in der "Jugend" sind ja nun manche Leute noch etwas denkfaul), aber er hat das dann lange bevor er wirklich eine Wirkung erzielte, abgelegt. Zu seiner eigentlichen Wirkphase war er überzeugter Antikommunist, sozusagen vom Saulus zum Paulus geworden. Ihn in seinem späteren Leben als Kommunist zu bezeichnen wäre ihm als schwere Beleidigung erschienen. Insofern war der Satz der CDU durchaus korrekt: Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau. Nur war Lovestone eben schon lange kein Marxist mehr.
Würde man das auf unseren Diskussionsgegendstand anwenden würden wir über Leute wie Hirsi Ali, Abdel-Samad oder Ahadi reden. Und keiner davon würde sich vermutlich als überzeugter Muslim bezeichnen. Mazyek ist mit Lovestone nicht im Ansatz vergleichbar, Lovestone hat sich im größten und wichtigsten Teil deines Lebens gegen den Kommunismus eingesetzt. Somit wären "unsere Verbündeten" gerade nicht die moderaten Muslime, sondern die Muslimkritiker, die sich aus dem System verabschiedet haben. Das wäre sogar eine Position, die ich teilen würde, die ich aber nicht mit der "Haltung der Vier" bisher assoziiert habe.

Und, bei aller Ehrenrettung für Lovestone: Es waren nicht die "moderaten Kommunisten" oder Sozialdemokraten, die den Kommunismus zu Fall brachten (egal ob er dazu gehörte oder nicht), es waren die (in der deutschen Presse so verspotteten) "kompromisslosen kalten Krieger" wie Ronald Reagan. Genausowenig wie Chamberlain die Nazis besiegt hat sondern Churchill.

adder Offline




Beiträge: 1.073

28.10.2014 17:22
#279 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #275
Lieber adder,

wie viel Kommunismus steckt in einem durchschnittlichen Sozialdemokraten? Einem der August Bebel ehrt, Karl Marx und Lassalle. Und wenn es um den Sozialismus deutscher Prägung geht, waren es nicht die Sozialdemokraten die ihn eingeführt haben, sondern die deutschen Konservativen unter Bismarck.


Jemand, der Bebel, Marx und Lassalle "ehrt", der ist im Geiste ein Sozialist. Mises hat das sehr schön ausgeführt, aber auch ohne Mises sollte uns klar sein, dass jeder Versuch einer Staatsintervention immer und zwingend im Sozialismus endet, wenn er nicht vorher abgebrochen wird. Nicht die "soziale Marktwirtschaft" ist der Grund für unseren Wohlstand, sondern die "Marktwirtschaft". Und nicht der Sozialismus alleine will Staatsintervention nach seiner Maßgabe, sondern schon die Sozialdemokratie; ja und auch die deutschen Konservativen wollen ihn.
Mises hatte auch dafür nur einen Ausspruch übrig (den er übrigens gegen die Chicagoer Schule verwendete): "You are a bunch of socialists"

Zitat
Der Krieg gegen Hitler war ein anderer als der gegen die Sowjets. Letzterer ist tauglich für einen Vergleich, ersterer eher nicht.



Ist das so? Mal ganz davon abgesehen, dass sich Churchill zum damaligen Zeitpunkt einer möglichen Allianz aus Hitlers Nationalsozialismus und Stalins Kommunismus gegenüber sah, mal auch ganz abgesehen davon, dass Churchill Stalin immer als den nächsten großen Feind sah, den das Commonwealth zu bekämpfen hatte, mal ganz davon abgesehen, dass Churchill sogar Stalin für den größeren Feind hielt, weswegen er auch zuerst Hitler bekämpfen wollte, mal von all dem abgesehen, fällt mir immer noch kein Grund ein, warum der Zusammenstoß zwischen liberaler Denkart und westlicher Zivilisation auf der einen und islamischer Unterdrückung auf der anderen Seite nicht mit dem einen, sondern nur mit dem anderen vergleichbar sein soll. Beide großen totalitären Ideologien des 20. Jhd. und die große totalitäre Ideologie des 21. Jhd haben sehr ähnliche Merkmale im Detail und im Großen. Alle drei sind totalitär und absolut diesseitig ausgerichtet (allem Mystizismus, mit dem die Nazis sich umhüllten, zum Trotz, denn der war nur für das Fußvolk da), alle drei sind unnachgiebig und grausam gegenüber Minderheiten und alle drei sind anti-westlich, anti-jüdisch und anti-liberal.

Zitat
Denn im Krieg gegen den islamischen Terrorismus kämpfen wir bereits mit muslimischen Verbündeten und das nicht erst seit der Existenz des IS. Es ist kein Krieg gegen einen Staat.
Im Inneren stehen wir nicht in einem Bürgerkrieg sondern vor der Herausforderung diesen nicht aufkommen zu lassen.
Da helfen uns keine Strategien aus den offenen Kriegen der Vergangenheit weiter, sondern die, die im kalten Krieg angewandt wurden. Und die, die sich btw. auch im Irak bewährt haben.



Beide Strategien müssen zusammengreifen. Reagan wußte das und hat die Konfrontation gewählt wo sie angebracht war und die Zusammenarbeit mit gemäßigten, wo nötig. Nie aber mit Kommunisten, oder anderen, die in der Kommunistischen Internationale ihre Scherflein sahen. Churchill war das auch bereits bewusst. Churchill hat zwar den Krieg gegen Hitler geführt, er hat aber bereits - desillusioniert vom Vorgehen Roosevelts, welches er als "Verrat" empfand - gegen Ende des Krieges gegen Hitler den Krieg gegen Stalin geführt. Die späten Luftangriffe in 1945 waren nicht gegen Deutschland gerichtet, sondern gegen die Moral der Sowjets, die sehen sollten, welches militärische Mittel dem Westen zur Verfügung steht. Eisenhower, Patton, sie unterstützten die Briten darin, indem sie eben bereits den Sowjets zugesagte Bereiche befreiten.
Letztlich hat den Kalten Krieg aber ebenfalls ein Mann entschieden: Ronald Reagan. Gorbatschow muss man allerdings zugute halten, dass er die Niederlage der Sowjets schnell erkannt und entsprechend gehandelt hat.
Willi Brandt hat den Kalten Krieg kaum beeinflusst.

Zitat
Darum geht es in dem verlinkten Artikel von Hannes Stein.



Ich stimme hier Llarian zu. Das ist die Meinung von Hannes Stein, die ich aber - eventuell im Gegensatz zu Llarian - in keiner Weise teile.

Zitat von Llarian im Beitrag #278
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #272
Natürlich in erster Linie für mich und die anderen Drei als Bestätigung.

Eine Zustimmung sicher, aber ganz sicher keine Bestätigung, lieber Erling. Es ist die, wie ich meine ausgesprochen schlecht begründete, ja teilweise geradezu abwegige, Meinung von Hannes Stein. Und nicht mehr als das. Das fängt damit an, dass die eigentliche Entwicklung seines Kronzeugen Jay Lovestone völlig aussen vor geht. Der Mann hat als Kommunist angefangen (in der "Jugend" sind ja nun manche Leute noch etwas denkfaul), aber er hat das dann lange bevor er wirklich eine Wirkung erzielte, abgelegt. Zu seiner eigentlichen Wirkphase war er überzeugter Antikommunist, sozusagen vom Saulus zum Paulus geworden. Ihn in seinem späteren Leben als Kommunist zu bezeichnen wäre ihm als schwere Beleidigung erschienen. Insofern war der Satz der CDU durchaus korrekt: Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau. Nur war Lovestone eben schon lange kein Marxist mehr.


Genau das ist der Punkt. Lovestone war, als es darauf ankam, kein Kommunist mehr. Genauso wie Stauffenberg kein Nazi mehr war, als er in den Widerstand ging. Genauso, wie Japan und die Bundesrepublik, als sie anfingen, mit den Alliierten zu kooperieren, schon lange keine Nazis oder Imperialisten mehr an der Macht hatte, sondern westlich orientierte Demokraten.
Wenn wir mit "gemäßigten" Muslims kooperieren - womit denn bitte? Mit Abdel Samad, Kelek oder Pirincci? Die sind Kritiker, haben sich vom Islam abgewandt - und ihnen droht die Todesstrafe, sobald die Islamisten sie vollstrecken könnten. Diese Leute würden vielleicht einem aufgeklärten Islam angehören wollen, der sich komplett entkernt und jenseitig mystisch wäre - vielleicht aber auch nicht. Sie sind gute Verbündete, um zu erkennen, wo das Problem überhaupt liegt. Und natürlich sind es gute Verbündete, weil sie der westlichen liberalen Gesellschaft angehören wollen.

Zitat
Würde man das auf unseren Diskussionsgegendstand anwenden würden wir über Leute wie Hirsi Ali, Abdel-Samad oder Ahadi reden. Und keiner davon würde sich vermutlich als überzeugter Muslim bezeichnen. Mazyek ist mit Lovestone nicht im Ansatz vergleichbar, Lovestone hat sich im größten und wichtigsten Teil deines Lebens gegen den Kommunismus eingesetzt. Somit wären "unsere Verbündeten" gerade nicht die moderaten Muslime, sondern die Muslimkritiker, die sich aus dem System verabschiedet haben.



Ich halte diese Kooperation für selbstverständlich, eben weil die Kritiker im Allgemeinen die jeweilige Staatsbürgerschaft des Gastlandes haben und sich der liberalen Gesellschaft zugehörig fühlen. Allerdings sehe ich nicht, wie man mit "gemäßigten" Muslims, die eben nicht die Trennung von Religion und Staat/Politik/Gesellschaft/Gesetzen nachvollzogen haben (und das - siehe die Kontroversen um die Weltlichkeit der Suren und Haddithen - auch gar nicht glaubhaft könnten), zusammenarbeiten könnte - und vor allem nicht, zu welchem Ziel.
Wenn ein Muslim sich der liberalen, westlichen Gesellschaft zugehörig fühlen möchte, dann werde ich ihm sicher keine Steine in den Weg legen. Die Frage ist nur: kann er vor seinem Gewissen dann noch Muslim sein?
Abdel Samad und andere Kritiker würden da klar antworten: Nein, das geht leider nicht. Denn Islam und weltliche Politik der Muslims sind nicht zu trennen, da der Koran und die Scharia unfehlbar sind und Handlungsanweisungen für den Muslim in jeder Lebenslage geben. Das mag auch die Position der Islamisten sein - aber die Schlussfolgerungen sind unterschiedlich.

Zitat
Und, bei aller Ehrenrettung für Lovestone: Es waren nicht die "moderaten Kommunisten" oder Sozialdemokraten, die den Kommunismus zu Fall brachten (egal ob er dazu gehörte oder nicht), es waren die (in der deutschen Presse so verspotteten) "kompromisslosen kalten Krieger" wie Ronald Reagan. Genausowenig wie Chamberlain die Nazis besiegt hat sondern Churchill.



Ja. Churchill alleine verdanken wir, dass die westliche Welt die Nazis überlebt hat (und ein großer Teil derselben nicht von Kommunisten übernommen wurde), und Reagan verdanken wir, dass wir auch später nicht von den Kommunisten geschluckt wurden. Wie schade, dass heutige Politikergenerationen in ganz Europa dieses nicht zu schätzen wissen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.10.2014 17:27
#280 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #275
Letzterer ist tauglich für einen Vergleich, ersterer eher nicht.
Lieber Erling Plaethe,

von Henrik Broder stammt sinngemäß der schöne Satz: "Man kann alles mit jedem vergleichen, weil der Ziel des Vergleiches ist, Gemeinsamkeiten und Unterscheide herauszuarbeiten." Ein Vergleich heißt nicht gleich setzen.

Wenn das Ziel eines Vergleiches die Begründung einer Reaktion sein soll, spielt es keine große Rolle ob ich den Vergleich für untauglich halte um die gleiche Reaktion zu begründen oder die gleiche Reaktion für untauglich, weil die Vorraussetzung eine andere ist.
Wer mit einem Vergleich argumentiert, sollte in Erwägung ziehen, auf Widerspruch zu stoßen, wenn das was er als Gemeinsamkeit erachtet, von einem Anderen als Unterschied wahrgenommen wird. Und wenn nur der Unterschied bleibt, ist für diesen der Vergleich nutzlos.
Es kommt also darauf an, welches Ziel der Vergleich verfolgt. Zielt er auf eine Gemeinsamkeit, sollte sie als solche eine hinreichende Standfestigkeit aufweisen. Andernfalls wird ein Unterschied deutlich. Ist es aber gar nicht das Ziel einen Unterschied mit dem Vergleich aufzeigen zu wollen, ist dieser Vergleich mit dem Ziel eine Gemeinsamkeit darzustellen - untauglich.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Der Artikel in der Welt ist in meinen Augen eine durchaus wichtige Facette, weil er Parallelen aufzeigt, die nicht offensichtlich sind. In meinen Augen gibt es aber auch Unterschiede.

Das Menschenbild unserer westlichen Zivilisation und das des Islam ist zum Beispiel in wesentlichen Punkten nicht kompatibel. Vor allem die Freiheit des Individuums, das Kernstück des westlichen Selbstverständnisses, ist im Islam auch nicht annähernd akzeptiert. In keinem einzigen Lebensbereich und das gilt nach meiner Empirie auch für viele (nicht alle) der moderaten Muslime.

Der Artikel zieht eine Gemeinsamkeit, auf die Sie, lieber n_s_n, in Ihrer Argumentation nicht eingehen. Stattdessen wiederholen Sie ein Argument (der Islam ist mit westlichen Werten nicht kompatibel) welches durch den Artikel mit einem Vergleich widerlegt wird.
Jetzt ist mir nicht ganz klar warum Sie den Vergleich nicht ablehnen, so wie ich oben meinerseits einen Vergleich für untauglich gehalten habe. Denn wenn Sie ihn zulassen, würden Sie auch dem Kommunismus die Inkompatibilität mit dem Menschenbild der westlichen Zivilisation attestieren und müssten nun eigentlich begründen warum der Islam innerhalb der westlichen Zivilisation nicht die gleiche Rolle spielen kann wie der Kommunismus.
Und eben auch die Anhänger seiner Propheten. Von denen es einige gibt, vor allem bei den Sozialdemokraten, die gar keinen Kommunismus wollen, aber trotzdem seine Propheten ehren.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Das Kernproblem des Umgangs mit dem Islam liegt meines Erachtens allerdings in der positiven Diskriminierung, die er in unserer Gesellschaft, zumindest in der medialen Öffentlichkeit, viel zu oft erfährt. Menschen, die man gegen alles in Schutz und aus der Verantwortung nimmt, werden kein Gefühl für Verantwortung entwickeln. Wer in Watte gepackt wird, muß die Realität nicht akzeptieren. Das kennt jeder der Kindern erziehen muß aus persönlicher Erfahrung.

Wie wahr. Da bin ich ganz ihrer Meinung. Übrigens zähle ich auch dazu, als Nichtmuslim Muslimen ihre Religion erklären zu wollen.
Ich überlasse das den Muslimen und denen unter ihnen, die ihre eigene Religion kritisieren. Auch wenn mir es nicht in den Kopf will, warum der IS nichts mit dem Islam zu tun haben soll.
Ich sehe überhaupt keine Notwendigkeit in dieser Frage ein Urteil zu fällen. Mir geht es nebenbei auch nicht in den Kopf, warum die Hinwendung zum Islam einen zum Barbaren werden lässt. Das deckt sich nicht mit meiner Erfahrung die ich mit vielen Moslems auf der Welt gemacht habe.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Solange solch moraline Verständnisorgien, wie die des Herrn Prof. Dr. Klaus J. Bade den öffentlichen Diskurs wesentlich beeinflussen, wird sich der Islam nicht emanzipieren. Das schließe ich aus meiner persönlichen empirischen Erfahrung mit der Reaktion von Menschen auf entsprechende äußere Einflüsse.
Da werden von Herrn Bade Witze über Religion, die an Harmlosigkeit nicht zu überbieten sind (man vergleiche allgegenwärtige Geschmacklosigkeiten gegen christliche Kirchen und Gottheit) zur Diffamierung und dem kreiren von Schreckensbildern umgedeutet.

Auch hier gebe ich Ihnen vollkommen recht. Das ist der gleiche Paternalismus der mir ganz gewaltig auf die Nerven geht und den ich als Anmaßung empfinde. Ein Großteil meiner Mitmenschen allerdings überhaupt nicht spürt.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Wenn man den Islam mit derselben Selbstverständlichkeit hierzulande behandeln würde, wie das Christentum oder jede andere Religionsgruppe, würden sich viele Facetten des Problems, wie sich der "hierzulande gelebte Islam" in unserer freiheitliche Gesellschaft wieder findet, wohl mittelfristig von selbst erledigen.
Wenn das so wäre, hätten wir ein weitaus größeres Problem. Wie es läuft wenn der Islam behandelt wird wie das Christentum ist derzeit in GB zu beobachten.
Es wird noch in Deutschland gerungen um die Stellung des Islam, aber eine Gleichberechtigung mit dem Christentum sollte auf gar keinen Fall angestrebt werden. Und wird es ja auch nicht.
Genau hier liegt der Grund für diese aufgesetzte Fürsorglichkeit.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #276
Herr Mazyek hat sich im Zusammenhang mit der „Nuhr Affäre“ laut dieses Artikels übrigens verärgert über Nuhrs Aussagen gezeigt, empfiehlt aber dennoch Ruhe zu bewahren.

Er ist verärgert über harmlose Witze, und hält es für angezeigt zur Besonnenheit aufzurufen. – Den ersten Teil dieses Sachverhalts deute ich so, dass Herr Mazyek nicht versteht, was für viele der Mehrheitsgesellschaft ein Problem darstellt. Den zweiten Teil des Sachverhalts deute ich so, dass er aber durchaus eine Meinung dazu zu haben scheint, wie eine nicht zu vernachlässigende Minderheit seiner Glaubensbrüder hierzulande „ticken“ könnten. Eine Meinung, die bei mir ein Vorurteil bestätigt.


Es gibt keinen Grund für hohe Erwartungen und keinen ihn zu verdammen. Immerhin kann er auch auf die wahren Islamversteher mäßigend einwirken.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

28.10.2014 18:11
#281 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #279
Wenn ein Muslim sich der liberalen, westlichen Gesellschaft zugehörig fühlen möchte, dann werde ich ihm sicher keine Steine in den Weg legen. Die Frage ist nur: kann er vor seinem Gewissen dann noch Muslim sein?

Die Frage, die ich mir dabei stelle ist auch die: Was bleibt eigentlich ? Der Islam hat im Unterschied zu Judentum und Christentum ein ganz zentrales Problem (oder einen Vorteil, je nach Perspektive): Er hat wenig Budenzauber. 90% (niedrig angesetzt) von dem was sich in Koran und Hadithen befindet bezieht sich auf ganz konkretes Zusammenleben. Und das allerwenigste davon ist mit einer liberalen, westlichen Gesellschaft vereinbar. Und von den 10% Budenzauber widerum ist ein Großteil den anderen beiden Buchreligionen entliehen. Da ist ganz ernsthaft nicht mehr viel, vor allem nicht viel was man als "Alleinstellungsmerkmal" darstellen kann. Die größte Anziehungskraft des Islam, man könnte auch sagen, seine Erfolges, beruht auf klaren Regeln für das Diesseits. Nimmt man das alles weg, was bleibt dann noch ?

Deswegen erlaube ich mir ihre Frage noch zu erweitern: Wer wird dann noch Muslim sein ? Religionen ohne Heilsversprechen sind in aller Regel nicht sehr erfolgreich. Nimmt man das diesseitige weg und das jehenseitige ist nicht da, was dann ?

Zitat
Ja. Churchill alleine verdanken wir, dass die westliche Welt die Nazis überlebt hat (und ein großer Teil derselben nicht von Kommunisten übernommen wurde), und Reagan verdanken wir, dass wir auch später nicht von den Kommunisten geschluckt wurden. Wie schade, dass heutige Politikergenerationen in ganz Europa dieses nicht zu schätzen wissen.


Das stimmt, aber das Problem sehe ich nicht in ersten Linie in der Politik. Es ist ein Medienproblem. In den USA wird Reagan durchaus geschätzt, genauso wie Churchill in Großbritannien. In Deutschland findet man eher Carter und Chamberlain toll, die, wenn sie sich durchgesetzt hätten, dafür gesorgt hätten, dass wir (frei nach "Ein Fisch namens Wanda") heute permanent Sauerkraut fressen und pausenlos Marschmusik hören müssten. Je nachdem unter verschiedenen roten Flaggen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.10.2014 18:31
#282 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber Llarian,

das ist ja gerade der Punkt, dass Lovestone vom Kommunisten zum Sozialdemokraten wurde.
Und gegen den Kommunismus vorging. Ob er Marx deswegen ebenfalls hinter sich ließ müsste ich noch recherchieren.
Um auf unseren Diskussionsgegenstand abzustellen ist es ja gerade von Interesse Muslime und Kommunisten in einem Spektrum zu vergleichen.
Karl Marx selbst hat seinerzeit keinen Unterschied zwischen Kommunisten und Sozialisten gemacht und um zu differenzieren wo es interessant wird, halte ich eine solche zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten für zielführend.
Solch eine Unterscheidung ist bei Muslimen schwierig. Sagen wir mal der Einfachheit halber ein Salafist entspricht einem Stalinisten oder eingefleischten Kommunisten und ein Sozialdemokrat einem gemäßigten Muslim.
Obwohl der Sozialdemokrat kein Kommunist mehr ist, und mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar ein Antikommunist sein könnte, so wie Lovestone einer geworden ist, lässt er Karl Marx nicht fallen. Die Sozialdemokraten in Deutschland tun dies jedenfalls nicht.
Sie stehen also zu ihrem kommunistischen Propheten, sind aber gegen den erlebten oder historisch angewandten Kommunismus.

Das ist der Vergleich. Er will aussagen, dass dieser Widerspruch möglich ist und zur Kompatibilität mit der FDGO führen kann.
Und das hat mir an dem Artikel sehr gut gefallen. Ich sehe das Beispiel Lovestone als recht passend an, lieber Llarian.

Und zu Reagan: Natürlich hat der sich mit einem Kommunisten an einen Tisch gesetzt, mit Gorbatschow nämlich.
Nicht nur das, beide bezeichneten sich als Freunde.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

28.10.2014 20:24
#283 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber adder,

ich kann nicht in dem gewollten Umfang zitieren, weil ich den Text auf meinem Smartphone schreiben muss.

Zunächst möchte ich wie auch schon Llarian sagen, dass m.E. eine Unterscheidung von Sozialist und Kommunist müßig ist, finden Sie nicht?
Karl Marx gilt Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten gleichermaßen als Prophet. Ich denke das ist nicht zu viel der Vereinfachung.

Um den Vergleich von Hannes Stein wirksam werden zu lassen, sollte, ja muss man einen Unterschied machen, zwischer staatlicher Intervention und Abschaffung der FDGO.
Kommunisten wie ein Großteil der umbenannten SED wollen dies, Sozialdemokraten größtenteils nicht.

Der kalte Krieg war einer der Eindämmung, der erfolgreiche Versuch den kommunistischen Ostblock zu spalten und zu schwächen. Dazu hat der Westen, insbesondere die USA immer auch Verbündete auf der Seite derer gesucht die sich dem Kommunismus abwandten, weil sie ihn erneuern, verändern wollten.
Auch bei den Bürgerrechtlern in der DDR wurde eine Gesellschaft favorisiert die mit den Vorstellungen Ludwig von Mieses nicht viel bis gar nichts gemein hatte.
Es waren sozialistische Ideen, ein weiterer Versuch einen Sozialismus mit dem berühmten menschlichen Antlitz.
Es gab im Ostblock sehr unterschiedliche Partner, aber es waren immer auch moderate Kommunisten/Sozialisten und Sozialdemokraten dabei.
Zum Beispiel der Solidarnosc Mitbegründer Jacek Kuron.
Ohne diese Spaltung unter den Kommunisten aktiv zu unterstützen und sich letzten Endes mit ihnen zu arrangieren wäre der kalte Krieg nicht kalt gewonnen worden.
Das war der Unterschied und der der mir in meiner Antwort an Sie, lieber adder, vor Augen war.

Viele Grüße, Erling Plaethe

HR ( gelöscht )
Beiträge:

28.10.2014 21:40
#284 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #270
Zitat von HR im Beitrag #268

Der Salafismus ist politisch.Die Scharia das islamische Recht, das er hier durchsetzen will. Ihrer Argumentation folgend hätten diese Organisationen nicht verboten werden dürfen.
http://www.verfassungsschutz.de/de/arbei...chtsextremismus

Ich denke Llarians Argumentation bekräftigt ganz klar das Verbot der genannten rechtsextremen Organisationen. Und auch dieser salafistischen Organisationen:
http://www.verfassungsschutz.de/de/arbei...onen-islamismus
Warum haben Sie, lieber HR, diese eigentlich nicht verlinkt? Die waren auf der gleichen Seite! Zwei Klicks entfernt! Wegen ihrer Argumentation?
Diese Widerlegung hätten Sie sich sehr leicht ersparen können aber vielleicht haben Sie meine letzte Antwort an Sie gar nicht gelesen ...
Zitat von HR im Beitrag #268
Ich würde kein Buch verbieten wollen, sondern die salafistischen Organisationen und Vereinigungen, die dieses als Vehikel für ihre rechtsstaatswidrige Propaganda nutzen.
Aktionen zur "ideologische Indoktrinierung" der Bevölkerung durch Salafisten wären demnach Straftaten und somit Verbrechen.Hierbei Nulltoleranz.


Sie wurden verboten und werden verboten. Siehe oben.



Ich habe versehentlich den falschen Link gepostet, nachdem ich gezielt nach verbotenen salafistischen Organisationen gesucht hatte.
Der Link widerlegt Llarians Argument, daß eine religiöse/ideologische Grundhaltung nicht verboten werde könne.Kann eben doch,
sofern sie "organisiert" ist und ihr "Zweck der FDGO" zuwiderläüft.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

28.10.2014 21:50
#285 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von HR im Beitrag #284
Der Link widerlegt Llarians Argument, daß eine religiöse/ideologische Grundhaltung nicht verboten werde könne.Kann eben doch,
sofern sie "organisiert" ist und ihr "Zweck der FDGO" zuwiderläüft.

Eine konkrete Organisation, die sich auf eine Idee beruft, kann immer verboten werden, aber die Idee den Salafismus zu verbieten ist genauso sinnfrei wie den Rechtsradikalismus verbieten zu wollen. Das ist kein Argument sondern eine Frage der Definition von Wort und Sprache. Insofern widerlegt sich da überhaupt nichts, so lange Sie nicht belegen wollen, dass der Verfassungsschutz an irgendeiner Stelle eine Grundhaltung verboten hätte oder verbieten könnte. Ihre Beispiele sind an dieser Stelle wenig hilfreich (TM), da sie eben gerade keine Grundhaltung sondern immer nur konkrete Organisationen zum Ziel haben.

Was man auch simpel sehen kann, denn warum sollte der Verfassungsschutz diverse rechtsradikale Organisationen verbieten, obschon diese einer gemeinsamen Grundhaltung fröhnen ? Dann müsste doch nach ihrer Logik schon das erste Verbot für alle gegriffen haben. Hats aber nicht.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

28.10.2014 22:01
#286 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #282
Karl Marx selbst hat seinerzeit keinen Unterschied zwischen Kommunisten und Sozialisten gemacht und um zu differenzieren wo es interessant wird, halte ich eine solche zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten für zielführend.

Sozialdemokraten und Kommunisten haben mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten, lieber Erling. Auch wenn ich die Spezialdemokraten im Allgemeinen nicht leiden kann, haben sie es kaum verdient in einen Topf mit den Kommunisten gesteckt zu werden. Und ich wüsste auch nicht, dass die Sozis Marx vereehren, auch wenn ich da nicht in der Tiefe drin stecke.
Wie dem aber auch genau sei, ist nicht einmal wichtig. Es brauchte auch nicht die Sozialdemokratie um den Kommunismus zu besiegen, im Gegenteil würde ich vermuten, gerade im innerdeutschen Fall hat die Sozialdemokratie die Mauer eher noch deutlich länger oben gehalten als die konservative Politik/Sichtweise. Die Sozialdemokratie hatte sich damit abgefunden. Da nützen auch einzelne Gegner nix, Lovestone ist ja auch nicht der varianzaufklärende Faktor.

Zitat
Solch eine Unterscheidung ist bei Muslimen schwierig. Sagen wir mal der Einfachheit halber ein Salafist entspricht einem Stalinisten oder eingefleischten Kommunisten und ein Sozialdemokrat einem gemäßigten Muslim.
Obwohl der Sozialdemokrat kein Kommunist mehr ist, und mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar ein Antikommunist sein könnte, so wie Lovestone einer geworden ist, lässt er Karl Marx nicht fallen. Die Sozialdemokraten in Deutschland tun dies jedenfalls nicht. Sie stehen also zu ihrem kommunistischen Propheten, sind aber gegen den erlebten oder historisch angewandten Kommunismus.


Würden wir die richtigen Propheten vergleichen wären wir wohl eher bei Stalin. Kennst Du einen Sozialdemokraten, der Stalin verehrt ?

Zitat
Und zu Reagan: Natürlich hat der sich mit einem Kommunisten an einen Tisch gesetzt, mit Gorbatschow nämlich. Nicht nur das, beide bezeichneten sich als Freunde.


Natürlich hat er das getan. Aber er hat keinen Fuß breit mit ihm darüber verhandelt, dass der Kommunismus ein gutes oder richtiges System sei. Reden kann ich mit jedem. Handeln auch. Und vielleicht kann ich denjenigen auch überzeugen, dass sein Weg der falsche ist. Bei Gorbatschow hat das wohl auch funktioniert.

HR ( gelöscht )
Beiträge:

28.10.2014 22:05
#287 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Llarian schrieb:

Dann haben Sie meine Argumentation nicht verstanden, lieber HR. Sie können eine konkrete Organisation verbieten (innerhalb recht enger Grenzen), aber deswegen können Sie keine Idee verbieten. Das sieht weder unsere Rechtsordnung vor, noch ist es in irgendeiner Form praktikabel. Daraus folgt ebenso, dass Sie selbstredend eine Organisation verbieten können, die sich selber als salafsitisch bezeichnet und konkrete Schritte gegen den Rechtsstaat unternimmt, aber Sie können nicht die Idee des Salafismus selber verbieten. Entsprechend ist in Deutschland die RAF verboten, nicht aber die Idee dahinter.

Ich kann selbstverständlich auch eine Organisation verbieten, die sich selbst als Micki Maus bezeichnet, ihrem Wesen nach aber salafistisch ist.


Wenn Sie eine Organisation verbieten wollen, die dazu aufruft, morgen das Wahlrecht für Frauen aufzuheben, dann kommen Sie damit weiter. Wenn jemand aber laut darüber nachdenkt, ob man die Scharia als Basis des Rechtes eines Staates verwenden sollte, dann ist das ad hoc kaum zu verbieten, jedenfalls nicht, wenn man von sich beansprucht eine freie Gesellschaft zu haben.


"Zu etwas Aufrufen" und "laut darüber nachdenken" Wo verläuft denn da genau die Grenze?

Erstens sind nicht alle Straftaten Verbrechen. Zweitens können Sie nicht ernsthaft davon ausgehen schwammige Begrifflichkeiten wie "ideologische Indoktinierung" als Grundlage für das Strafrecht hernehmen zu wollen.

Ich habe das zur Verdeutlichung in Anführungszeichen gesetzt.Die angeführten Verbotsgründe des Bundesamtes für Verfassungsschutz lauten z.B:

Vereinszweck gegen die verfassungs­mäßige Ordnung gerichtet

Ideologische Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen mit nationalsozialisti­schem Gedankengut

Beide Kriterien würde z.b die Stiftung "Lies" erfüllen.

HR ( gelöscht )
Beiträge:

28.10.2014 22:10
#288 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber Llarian,

ja, ich habe in meinem ersten Post von "Salafismus verbieten" gesprochen. Ja, mir ist klar, daß man eine Idee/Ideologie/Glauben nicht verbieten kann.
Ich hatte das aber längst erläutert und von Organisationen etc. gesprochen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

29.10.2014 01:33
#289 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von HR im Beitrag #287
Ich kann selbstverständlich auch eine Organisation verbieten, die sich selbst als Micki Maus bezeichnet, ihrem Wesen nach aber salafistisch ist.

Das hat nie einer bestritten. Was bestritten wurde ist, dass Sie den Salafismus verbieten können.

Zitat
"Zu etwas Aufrufen" und "laut darüber nachdenken" Wo verläuft denn da genau die Grenze?


In der konkreten Handlungsanweisung. Wir können beispielsweise gemeinsam darüber diskutieren, ob alle Bürger gleichberechtigt sein sollten, die Diskussion ist nicht illegal. Wenn ich aber konkret dazu aufrufe den Artikel 3 abzuschaffen, dann ist das illegal. Die Nuance ist nicht immer einfach, da ja auch Hassprediger gerne Formulierungen benutzen, die geschützt sind wie "ich wünschte mir, dass xyz getötet würde". Nur ist das, auch wenn die Intention klar ist, eben nicht verboten. Der Rechtsstaat ist nicht perfekt, aber er muss möglichst wenig Widersprüche umsetzen. Und der Rechtsstaat muss (!) es aushalten, dass über ihn selber diskutiert wird.

Zitat
Erstens sind nicht alle Straftaten Verbrechen. Zweitens können Sie nicht ernsthaft davon ausgehen schwammige Begrifflichkeiten wie "ideologische Indoktinierung" als Grundlage für das Strafrecht hernehmen zu wollen.

Ich habe das zur Verdeutlichung in Anführungszeichen gesetzt.Die angeführten Verbotsgründe des Bundesamtes für Verfassungsschutz lauten z.B:

Vereinszweck gegen die verfassungs­mäßige Ordnung gerichtet

Ideologische Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen mit nationalsozialisti­schem Gedankengut


Und wo ist jetzt die Strafnorm ? Im selben Begründungsfeld des Verfassungsschutz finden Sie auch "Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverstän­digung". Und Sie werden sich schwer tun, dazu eine passende Rechtsnorm zu finden. Das sind im Endeffekt Sprachregelungen, die der Verfassungsschutz für sich verwendet, die aber zum einen im Windschatten von tatsächlichen Strafnormen segeln ("Vereinszweck gegen die verfassungs­mäßige Ordnung gerichtet") und zum anderen ohnehin bei Organisationen findet, die keinen Rechtsstreit deswegen anfangen. Aber bleiben wir beim ersteren: Wo ist die Strafnorm ? Und wenn sie nicht existiert, wie stellen Sie sich diese vor ?
Die Frage hat auch einen Hintergrund: Einen Verein zu verbieten ist relativ einfach, vor allem wenn sich der Verein nicht wehrt (wie schwierig das ist, wenn der Verein sich wehrt, hat man bei der NPD gesehen, da braucht es ein bischen mehr Fleisch als den Vorwurf der Indoktrination). Aber wie stellen Sie sich eine haltbare, mit der Verfassung vereinbare, Strafvorschrift vor, die einem verbietet jemanden ausserhalb eines Vereins zu indoktrinieren ?

Zitat
Beide Kriterien würde z.b die Stiftung "Lies" erfüllen.


Ich kenne den Verein nicht gut genug, um das zu beurteilen. Aber wenns so einfach ist, dann machen Sie doch heute noch eine Eingabe an den Verfassungsschutz. Mich würde es sicher nicht stören, wenn der verschwindet, nur, ich glaube nicht, dass es so einfach ist.

Zitat
ja, ich habe in meinem ersten Post von "Salafismus verbieten" gesprochen. Ja, mir ist klar, daß man eine Idee/Ideologie/Glauben nicht verbieten kann.
Ich hatte das aber längst erläutert und von Organisationen etc. gesprochen.


Seis drum, ich nicht. Aber wie dem auch sei, so kommen Sie damit nicht weit. Dann organisiert sich der Verein eben nicht mehr als Verein. Was haben Sie dann gewonnen ?

Dem Problem des Salafismus kommen Sie mit Verboten nicht bei. Verbieten Sie einen Verein, gründen die den nächsten oder arbeiten ohne. Das machen die Rechts- wie Linksextremisten nicht anders. Ich bin in der Zielsetzung ja absolut bei Ihnen, lieber HR, vermutlich wesentlich mehr als Sie glauben. Ich halte nur ihr Werkzeug für stumpf, im schlimmsten Fall für gefährlich. Dem Rechtsextremismus (dem kläglichen Haufen, den es noch gibt) versucht man seit 50 Jahren mit Verboten beizukommen. Ergebnis ist gleich null, es klappt schlicht nicht. Dem Linksextremismus genauso und es klappt noch schlechter. Es ist eine sehr traurige Erkenntnis, aber so lange Sie den Rechtsstaat wahren, kommen sie den Extremisten nicht mit dem Strafrecht bei. Radikale oder extreme Gedanken kann man nicht verbieten. Und ihre Verbreitung am Ende auch nicht, jedenfalls nicht ohne sich am Ende den Rechtsstaat zu verbiegen (wie man das leider beim §130 tut). Das ist nicht befriedigend, das ist mir absolut bewusst. Aber entweder muss man sich inhaltlich auseinandersetzen und damit den Extremismus bekämpfen (was nicht wirklich gut funktioniert) oder man muss damit leben, dass jede freie Gesellschaft auch einen Bodensatz hat.
(Oder man kann das Problem in diesem speziellen Falle abschieben. Letzteres halte ich für den Königsweg, denn dafür braucht es keine Strafnorm. Löst allerdings nicht das Problem der deutschen Extremisten. Oder deutschen Salafisten.)

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

29.10.2014 07:06
#290 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Lieber Llarian,

Kommunisten und Sozialdemokraten verbindet ihr gemeinsamer Prophet - Karl Marx.
Und es gibt keinen Anderen dem diese Rolle zugesprochen werden könnte.
Stalin ist ein Führer wie Pol Pot. Mao käme noch in Frage aber Marx ist nun mal der Begründer.
Er gilt als Urvater und da die Sozialdemokratie aus dem Kommunismus entstanden ist, gilt das auch für die Sozialdemokraten.

Die Verehrung für Karl Marx endet hier aber keinesfalls, sie reicht viel weiter. Karl Marx wird in Deutschland völlig kritiklos behandelt und als großer deutscher Philosoph geehrt.
Für diesen Vergleich mit Mohammed ist er m.E. einfach - wie soll ichs sagen - wie die Faust aufs Auge.

Die Berufung auf Lassalle ist in sofern Augenwischerei als das der nur einen Arbeiterverein gründete. Die sechs Jahre später von Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründete SAPD war marxistisch ausgerichtet. Die beiden könnten nach heutigen Maßstäben nie und nimmer als Sozialdemokraten bezeichnet werden, sie waren in der Wolle gefärbte Kommunisten.

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

29.10.2014 10:53
#291 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #290
Kommunisten und Sozialdemokraten verbindet ihr gemeinsamer Prophet - Karl Marx.

Nicht wirklich.
Selbstverständlich war die SPD ursprünglich eine marxistische Partei - damals gab es ja auch noch keine eigenständige kommunistische Partei.

Aber spätestens nach dem zweiten Weltkrieg haben sich die Wege eben getrennt. Und obwohl die SPD als größere Partei den Parteinamen behalten hat, ist sie eigentlich eine demokratische Abspaltung, während die Kommunisten an Marx festhielten.

Spätestens seit Godesberg ist Marx für die SPD im wesentlichen nur noch eine historische Referenz (wie Karl der Große für die Bundesrepublik Deutschland), aber kein Prophet mehr (oder nur noch in esoterischen Juso-Zirkeln).

Die SPD sieht Marx heute im wesentlichen so wie auch die bürgerlichen Parteien: Als bedeutenden Philosophen des 19. Jahrhunderts, der seinerzeit wichtige Ideen gehabt hat, der aber inhaltlich überholt ist und mit dem späteren Kommunismus nichts zu tun hat.
Dieses Bild ist zwar weitgehend falsch, aber das ist eben der übliche Mainstream-Fehler und kein Spezialproblem der SPD.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

29.10.2014 11:06
#292 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #291
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #290
Kommunisten und Sozialdemokraten verbindet ihr gemeinsamer Prophet - Karl Marx.

Nicht wirklich.
Selbstverständlich war die SPD ursprünglich eine marxistische Partei - damals gab es ja auch noch keine eigenständige kommunistische Partei.

Aber spätestens nach dem zweiten Weltkrieg haben sich die Wege eben getrennt. Und obwohl die SPD als größere Partei den Parteinamen behalten hat, ist sie eigentlich eine demokratische Abspaltung, während die Kommunisten an Marx festhielten.

Spätestens seit Godesberg ist Marx für die SPD im wesentlichen nur noch eine historische Referenz (wie Karl der Große für die Bundesrepublik Deutschland), aber kein Prophet mehr (oder nur noch in esoterischen Juso-Zirkeln).

Die SPD sieht Marx heute im wesentlichen so wie auch die bürgerlichen Parteien: Als bedeutenden Philosophen des 19. Jahrhunderts, der seinerzeit wichtige Ideen gehabt hat, der aber inhaltlich überholt ist und mit dem späteren Kommunismus nichts zu tun hat.
Dieses Bild ist zwar weitgehend falsch, aber das ist eben der übliche Mainstream-Fehler und kein Spezialproblem der SPD.


Das sehe ich alles genau so, lieber R.A. Aber die Verbindung Karl Marx ist da.
Dass die SPD sich vom Kommunismus gelöst hat, ist ja gerade Bestandteil des Vergleichs. Sonst hätte der ganze Artikel von Hannes Stein ja gar keine Bedeutung für meine eigene Argumentation.
Insofern verstehe ich Deine Antwort gar nicht.

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

29.10.2014 11:57
#293 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #292
Insofern verstehe ich Deine Antwort gar nicht.

Die ist wohl auch nur vor dem Hintergrund verständlich, daß ich den Kontext mit dem Hannes-Stein-Artikel vergessen hatte und mein Beitrag daher etwas überflüssig war ;-)

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

30.10.2014 16:25
#294 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #290
Kommunisten und Sozialdemokraten verbindet ihr gemeinsamer Prophet - Karl Marx.

Es liegt mir zwar überhaupt nicht die Spezialdemokraten zu verteidigen, aber das sehe ich ganz und gar nicht. Die heutige Sozialdemokratie hat allenfalls noch das Wort sozial in ihrem Namen, aber Marxisten gibt es da eigentlich nicht, die haben sich inzwischen alle zur SED verkrümelt. Es muss auch niemandem diese Rolle zufallen, es gibt ja auch keinen Gründer des Konservatismus. Und selbst der Liberalismus hat viele Väter, einige davon höchst unterschiedlicher Ausprägung.

Zitat
Die Verehrung für Karl Marx endet hier aber keinesfalls, sie reicht viel weiter. Karl Marx wird in Deutschland völlig kritiklos behandelt und als großer deutscher Philosoph geehrt.


Deutschland und die SPD sind nicht identisch. Und selbst wenn Marx kritiklos behandelt wird, so ist der Vergleich trotzdem mehr als hinkend, denn Mohammed war eben nicht nur ein Gründer (wie meinetwegen Jesus) sondern auch ein jahrzehntelanger Führer. Er hat mit Marx als Theoretiker damit so gut wie nichts gemein. Insofern trifft die Faust kaum die Person, geschweige denn das Auge.
Zur Ehrenrettung von Marx sei übrigens so fair gesagt, dass er die Folgen seiner Ideen nicht sehen konnte. Insofern war er tatsächlich Philosoph und was ihn von anderen Philosophen unterscheidet ist, dass man seine Theorie dann ausprobiert hat. Unsere Kritik am Kommunismus sollte sich daher nicht an Marx entzünden, sondern an denen, die die Folgen gesehen haben und das immer noch vertreten haben und bis heute vertreten.

Bleiben wir aber bei dem Ursprung des Disputes: Lovestone, der "Sozialdemokrat" auf den sich Stein beruft, war ein überzeugter Anti-Kommunist und damit auch ein klarer und erklärter Gegner von Marx. Ist zu erwarten, dass Mazyek demnächst zu einem erklärten Gegner des Propheten wird ? Ich denke doch eher nicht.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

30.10.2014 22:45
#295 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #294
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #290
Kommunisten und Sozialdemokraten verbindet ihr gemeinsamer Prophet - Karl Marx.

Es liegt mir zwar überhaupt nicht die Spezialdemokraten zu verteidigen, aber das sehe ich ganz und gar nicht. Die heutige Sozialdemokratie hat allenfalls noch das Wort sozial in ihrem Namen, aber Marxisten gibt es da eigentlich nicht, die haben sich inzwischen alle zur SED verkrümelt. Es muss auch niemandem diese Rolle zufallen, es gibt ja auch keinen Gründer des Konservatismus. Und selbst der Liberalismus hat viele Väter, einige davon höchst unterschiedlicher Ausprägung.

Ich habe gar nicht gesagt, dass es bei den Sozialdemokraten eine nennenswerte Anzahl an Marxisten gibt. Aber die Gründer der SPD sind klar benannt. Auf sie beruft sich die Partei, sie gehören zu ihrem Erbe und da findet auch keine Distanzierung statt. Für den von mir angesprochenen Vergleich Mohammed-Moslems/Karl Marx-Kommunisten+Sozialdemokraten ist dies von Bedeutung.
Natürlich ist auch die heutige Haltung der SPD von Bedeutung, aber da gibt es ja keinen Dissens, außer, in der Beurteilung ihrer Haltung Karl Marx betreffend.
Ich will hier nicht beweisen was mir durch Gespräche mit Sozialdemokraten geradezu selbstverständlich erscheint. Aber einen Beleg bringe ich hier mal auf die Schnelle:

Am 24.01.2011 zitiert die WAZ den SPD-Ratsherren von Witten, Klaus Wiegand, mit folgenden Worten:

Zitat von WAZ
Karl Marx war mit Ferdinand Lasalle einer der Väter der deutschen Sozialdemokratie.“

SPD fordert Bleiberecht für Karl Marx | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/staedte/witten/s...ml#plx270554551


Es ging um die Umbenennung des örtlichen Karl-Marx-Platzes in "Platz der deutschen Einheit". Das nur nebenbei.
Ferdinand Lassalle ist noch ein weiterer interessanter Punkt sozialdemokratischer Erblastgeschichte, den ich hier aber nicht ausbreiten will. Nur soviel: Lassalle ist ein weiterer Diktator, dessen Extremismus nicht Karl Marx abschreckte aber Bebel und Liebknecht.
Die deutsche Sozialdemokratie hat Väter, deren Namen geehrt werden. Und ihr Prophet ist Karl Marx. Er ist ihr Philosoph. Das Wort Prophet habe ich nur benutzt um die Analogie zu verdeutlichen.
Die Sie, lieber Llarian, nicht sehen. Aber ich.

Zitat von Llarian im Beitrag #294
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #290
Die Verehrung für Karl Marx endet hier aber keinesfalls, sie reicht viel weiter. Karl Marx wird in Deutschland völlig kritiklos behandelt und als großer deutscher Philosoph geehrt.

Deutschland und die SPD sind nicht identisch. Und selbst wenn Marx kritiklos behandelt wird, so ist der Vergleich trotzdem mehr als hinkend, denn Mohammed war eben nicht nur ein Gründer (wie meinetwegen Jesus) sondern auch ein jahrzehntelanger Führer. Er hat mit Marx als Theoretiker damit so gut wie nichts gemein. Insofern trifft die Faust kaum die Person, geschweige denn das Auge.
Zur Ehrenrettung von Marx sei übrigens so fair gesagt, dass er die Folgen seiner Ideen nicht sehen konnte. Insofern war er tatsächlich Philosoph und was ihn von anderen Philosophen unterscheidet ist, dass man seine Theorie dann ausprobiert hat. Unsere Kritik am Kommunismus sollte sich daher nicht an Marx entzünden, sondern an denen, die die Folgen gesehen haben und das immer noch vertreten haben und bis heute vertreten.

Karl Marx hat keine Ehre die zu retten wäre. Dieser Mensch war so unehrenhaft wie ich mir das nur vorstellen kann. Er hat seine Familie hungern lassen nur weil er zu faul war zu arbeiten und hat fast sein gesamtes Leben die Menschen die ihm wohlgesonnen waren, weil sie ihn für eine Art Messias hielten, verhöhnt und finanziell ausgesaugt. Diesen Eindruck hatte ich nach der Lektüre "Der rote Preuße" von Leopold Schwarzschild. Ein Buch welches einst Karl Popper empfahl, nachdem ihm aufgegangen war, dass Karl Marx in "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" selbst bei wohlwollender Betrachtung zu gut wegkam.
Und eines, dass ich unbedingt empfehlen kann: http://www.amazon.de/Der-rote-Preusse-Le...d/dp/B0000BNRTV
Die Folgen seiner Ideen hat Karl Marx erlebt und er hat sie befeuert. Er wollte mehr Blut und mehr Tote als es um die Pariser Kommune ging. Auch das ist aus dem Buch zu erfahren. Er war genau der Diktator und der Mann ohne Integrität, dem andere dann nacheiferten.
Eine Kritik am Kommunismus ist ohne die an seinem Begründer hohl. Sie verkennt, dass in der Idee der Hass von Karl Marx enthalten ist. Er, als Person, hat die Saat gesät.
Zitat von Llarian im Beitrag #294
Bleiben wir aber bei dem Ursprung des Disputes: Lovestone, der "Sozialdemokrat" auf den sich Stein beruft, war ein überzeugter Anti-Kommunist und damit auch ein klarer und erklärter Gegner von Marx.

Ein Schluss den zu ziehen auch bei anderen Personen sich leicht als Fehler herausstellen kann. Das ist ja gerade das Besondere an Marx. Deshalb ist auch der Vergleich zu Mohammed so treffend. Aber zurück zu Lovestone:
Ich zitiere aus "Labour in Capitalist America: Ideology, Bureaucracy, Insurgency" von Paul LeBlanc wie folgt:

Zitat
It is interesting to note that the "mature" Lovestone similarly was loath to condemn his bearded teacher. For years anti-Communists more conservative than Lovestone (from certain luminaries of the House Un-American Activities Committee to "top cop" J. Edgar Hoover's Federal Bureau of Investigation) harboured and expressed suspicions about his loyalty. "Only one thing they asked," a friend reported to him regarding some closed Congressional testimony in 1954, "if Lovestone ever renounced Marxism." Lovestone's response: "These formulas have lost their meaning. Marx analyzed eighteenth- and nineteenm-century capitalism brilliantly, but he didn't know a thing about the United States. And don't forget that Marx made the most powerful criticism of Russia. He warned against Russian reaction sweeping the world." Like Gompers, he seems to have seen himself as being closer to the method of Marx than were the Marxists whom he fought tooth and nail. Yet in all of this Lovestone and Gompers failed to give serious attention to the deeper workplace realities that such analysts as Glaberman and Faber insist are essential for comprehending both working-class life under capitalism and Marxism itself.


Zitat von Llarian im Beitrag #294
Ist zu erwarten, dass Mazyek demnächst zu einem erklärten Gegner des Propheten wird ? Ich denke doch eher nicht.

Nein, natürlich nicht. Ebenso wenig wie die Sozialdemokraten sich von Karl Marx abwenden werden.
Also, was ich hier abermals darlegen will, ist:
Wir sollten von den moderaten Muslimen nicht verlangen, was wir selbst nicht bereit sind zu tun! Deshalb sollten wir in Erwägung ziehen, das auch Moslems Mohammed ehren können ohne den Schlächter zu ehren. Ganz so wie auch der Großteil der Deutschen aus Karl Marx zwei Personen macht. Im günstigen Fall. Denn die meisten kennen nicht mal den verachtenswerten Karl Marx. Und wollen ihn nach meiner Erfahrung auch nicht kennenlernen.
Oder denken Sie, lieber Llarian, sie finden in irgendeiner Stadt in Deutschland eine Mehrheit für die Umbenennung einer Karl-Marx-Strasse? Oder in München für den Karl-Marx-Ring?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

30.10.2014 23:27
#296 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #295
Nein, natürlich nicht. Ebenso wenig wie die Sozialdemokraten sich von Karl Marx abwenden werden.

Aber das haben sie doch schon lange getan. Wenn Du 10 Sozialdemokraten fragst, wen sie jeweils für große Sozialdemokraten oder für den bedeutendsten sozialdemokratischen Denker halten, wird vermutlich nicht einmal einer Karl Marx einwerfen. Da kommen dann eher Namen wie Bebel, Schuhmacher oder vielleicht auch Schmidt. Fragen wir doch einfach die SPD selbst:
http://www.spd.de/partei/Personen/Groess...zialdemokratie/
Ich sehe da keinen Karl Marx, nicht einmal auf den Plätzen. Karl Marx ist eher SED, Sozialdemokraten haben andere Vorbilder.

Zitat
Wir sollten von den moderaten Muslimen nicht verlangen, was wir selbst nicht bereit sind zu tun! Deshalb sollten wir in Erwägung ziehen, das auch Moslems Mohammed ehren können ohne den Schlächter zu ehren.


Dazu müssten sie sich erst einmal damit auseinandersetzen, dass der Mensch eben nicht nur nicht perfekt war. Aber das verstösst schon gegen den elementaren Glauben. Ich bestreite nicht, dass das denkbar ist, aber Mazyek ist kein Vertreter dieser Idee. Diese Form von moderatem Muslim, der Dir da vorschwebt, gehört keinem der großen muslimischen Verbände an. Übrigens glaube ich, dass bei aller Folklore, die Verbrechen des Kommunismus einzig von der SED geleugnet werden. Ich wüsste keinen echten Sozialdemokraten, der die Verbrechen der Kommunisten schönredet.

Zitat
Oder denken Sie, lieber Llarian, sie finden in irgendeiner Stadt in Deutschland eine Mehrheit für die Umbenennung einer Karl-Marx-Strasse? Oder in München für den Karl-Marx-Ring?


Ich will mal so sagen: Ich kann mich noch erinnern, dass Chemnitz mehrere Jahrzehnte lang Karl-Marx-Stadt hiess.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

31.10.2014 00:41
#297 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #296
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #295
Nein, natürlich nicht. Ebenso wenig wie die Sozialdemokraten sich von Karl Marx abwenden werden.

Aber das haben sie doch schon lange getan. Wenn Du 10 Sozialdemokraten fragst, wen sie jeweils für große Sozialdemokraten oder für den bedeutendsten sozialdemokratischen Denker halten, wird vermutlich nicht einmal einer Karl Marx einwerfen.

Hab ich. Und so wie der Ratsherr von Willen stehen sie alle 10 zu Karl Marx. Wer durch die Flure der SPD wandelt, sieht auch überall Karl Marx. Vielleicht wird er nicht mehr an die Spitze gerückt, so wie das vor dem Godesberger Programm noch üblich war, aber als Philosoph gehört er zu ihnen.
Aber gut, hier haben wir eine andere Auffassung.
So einen ähnlichen Disput hatte ich mal mit Zettel über den Einfluss von Karl Marx auf die Volkswirtschafter im Land. Den hielt er für gering, ich dagegen für relativ groß.
Ich hatte Zettel dann immer wieder auf die entsprechende Verweise aufmerksam gemacht. Das hab ich dann aber schnell gelassen ...
Vielleicht komme ich mal bei Gelegenheit drauf zurück (die SPD und Karl Marx). Also nicht wundern, lieber Llarian.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.546

31.10.2014 15:40
#298 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Einer der formalen Unterschiede zwischen den "politischen Religionen" (E. -Voegelin) von Marx (ME/MEL) und Mohammed (PBUH) war ja auch, daß der Rekurs auf die Hl. Schriften im Handgemenge immer auf die der Systembegründer ging (am harmlosesten noch bei Reisenden Akademikern, in deren Referaten jeder 2. Satz mit "Lenin sagt..." losging): Mao, Kim, Enver, Tito - bis hin zu den Travestien bei Gaddafi & dem Turkmenbaschi. Das Breviare der 68er war ja das Kleine Rote Buch; vd der MEGA brauchte man allerhöchstens Bd.1-3 fürs Seminar; der Rest war Ausweis theologischer Beschlagenheit & Staubfänger; im Osten gern Schutzhülle für Ketzerschriften.

Wo allerdings Deckungsgleichheit herrscht, das ist der Tonfall gegenüber den Verdammten, Ungläubigen & Renegaten.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

31.10.2014 16:21
#299 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #298
Einer der formalen Unterschiede zwischen den "politischen Religionen" (E. -Voegelin) von Marx (ME/MEL) und Mohammed (PBUH) war ja auch, daß der Rekurs auf die Hl. Schriften im Handgemenge immer auf die der Systembegründer ging (am harmlosesten noch bei Reisenden Akademikern, in deren Referaten jeder 2. Satz mit "Lenin sagt..." losging): Mao, Kim, Enver, Tito - bis hin zu den Travestien bei Gaddafi & dem Turkmenbaschi. Das Breviare der 68er war ja das Kleine Rote Buch; vd der MEGA brauchte man allerhöchstens Bd.1-3 fürs Seminar; der Rest war Ausweis theologischer Beschlagenheit & Staubfänger; im Osten gern Schutzhülle für Ketzerschriften.

Wo allerdings Deckungsgleichheit herrscht, das ist der Tonfall gegenüber den Verdammten, Ungläubigen & Renegaten.

Inwiefern ist das nun ein Unterschied? Der Beweis aus Schrift und Erbauungsliteratur folgt auch dort jeder geistigen Regung auf Schritt und Tritt; wenn ich beispielsweise ein paar Highlights der von Paul andernorts dankenswerterweise verlinkten
Zitat von Paul im Beitrag Charta der Hamas
Charta der Hamas
zitieren darf:

Zitat
Die Grundstruktur der Islamischen Widerstandsbewegung besteht aus Muslimen, die sich Gott treu ergeben haben und ihn daher gebührend verehren, anbeten und ihm dienen. „Ich habe die Dschinn und die Menschen nur erschaffen, damit sie Mich anbeten.“ (51:56)
[...]
Unter dem Islam können die Anhänger aller Religionen in Sicherheit für sich, ihren Besitz und ihre Rechte zusammenleben. Ohne den Islam jedoch kommt es zu Konflikten, verbreiten sich Ungerechtigkeit und Korruption und brechen Streitigkeiten und Kriege aus.
Wie trefflich hat es doch der Dichter Muhammad Iqbal[14] formuliert:
Wenn der Glaube fehlt, gibt es keine Sicherheit.
Wer den Glauben nicht hat, hat auch das Leben nicht.
Wer sich mit einem Leben ohne Religion zufrieden gibt,
Dem ist der Tod wie der Begleiter des Lebens.


(Damit auch einmal klar ist (a) was von einem selbstbestimmten, freien Individualleben westlicher Bauart zu halten ist und (b) daß für Nichtmuslime nicht der geringste Grund zur Besorgnis besteht.)

Mutatis mutandis sehe ich da keinen großen Unterschied.



It is only by the collision of adverse opinions that the remainder of the truth has any chance of being supplied. - J. S. Mill

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.546

31.10.2014 16:48
#300 RE: Vom Versuch zu verstehen, dass der Islam nicht der Islam ist und einem Kommentar zu Distanzierungen Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #299
Inwiefern ist das nun ein Unterschied?


Ein, wie gesagt, formales & triviales Detail in der o.e. aufgeworfenen Frage, inwieweit Marx der Mohammed der SPD sei.

Zitat
Ohne den Islam jedoch kommt es zu Konflikten, verbreiten sich Ungerechtigkeit und Korruption und brechen Streitigkeiten und Kriege aus.



Interessant . Und wie ist es mit dem Islam?

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