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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 1.564 Antworten
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Kallias Offline




Beiträge: 2.339

22.02.2025 09:46
#1501 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #1494
Wir bekommen also entweder eine Schwampel mit einem von SPD und Grünen geschriebenen Koalitionsvertrag, oder gleich eine linke Minderheitsregierung unter Scholz oder Habeck.

So oder so sehe ich nicht, wie die Grenzen geschlossen werden.

Können Sie uns Ihre Gedankengänge erläutern?
Eine Stimme für die AfD ist eine Stimme für die Schwampel, da sind wir uns ja einig, und in der Schwampel würde die Union wenig durchsetzen können.

Daher ist der Verweis darauf, dass eine Stimme für die Union eine Stimme für rote Politik ist, kaum ein Argument fürs AfD-Wählen. Im Gegenteil, gegen die SPD alleine hat die Union eine bessere Chance, ihre Politik durchzusetzen als gegen SPD und Grüne zusammen.

Egal was man tut, es hilft den linken Parteien. Ist die Lage also trostlos? Bis zum All-In-Stunt von Merz schien es so. Seitdem aber sehe ich die (kleine) Chance, dass wenigstens bei der Migrationsfrage etwas vorankommt.

Folgende Motive könnten die SPD veranlassen, eine Koalition mit der Union inkl. deren Migrationsplan einzugehen:

1. Die Union könnte der SPD schöne Zugeständnisse machen (Schuldenbremse, Mindestlohn, ...)
2. Ein großer Teil der SPD-Wählerschaft erwartet die Bildung einer Groko.
3. Die sozialdemokratischen Länderfürsten wollen den Ärger mit den überforderten Gemeinden loswerden.
4. Die SPD hat kein Interesse an einem weiteren Erstarken der AfD, die zu befürchten ist, wenn man die Migrationslage nicht in Griff bekommt.
5. Die SPD pflegt (sehr im Unterschied zu den Grünen) das Selbstverständnis von gesamtstaatlicher Verantwortungsbereitschaft.
6. Die SPD fährt wahrscheinlich das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten ein. Das wird sie in eine Krise stürzen, die zu einem Kurswechsel führen kann.
Zitat von Gorgasal im Beitrag #1494
Und natürlich werden SPD und Grüne bei der Migration keine Zugeständnisse an die Union machen.
Bei den Grünen stimmt das wohl, bei der SPD vielleicht auch, aber bei ihr ist das keineswegs „natürlich“.
Zitat von Gorgasal im Beitrag #1494
SPD und Grüne können sich zurücklehnen, sich gegebenenfalls auf einen Kanzler Scholz oder Habeck einigen und sich dann mit den Stimmen von linksaussen nach Art. 63(4) GG wählen lassen, Details bei Eugyppius.
Ich versuche mir vorzustellen, wie Woidke, Pistorius, Rehlinger oder Weil auf einer Vorstandssitzung der SPD die Idee kommentieren, im dritten Wahlgang zusammen mit den Van-Aken-Kommunisten Robert Habeck zum Bundeskanzler ohne Mehrheit zu wählen. („Ihr habt ja wohl’n Vogel!“)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.222

22.02.2025 10:28
#1502 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Ach je. Natürlich haben Sie in einer Hinsicht recht: wenn das Wahlergebnis so ausfällt, dass die Union mit der SPD oder den Grünen (oder der AfD...) koalieren könnte, dann hätte sie eine stärkere Verhandlungsposition, und bei der SPD könnte sie da sicher mehr bewegen. (Mit dem Ergebnis, dass die Grünen bei der nächsten Wahl an der SPD vorbeiziehen würden...)

Aber gegenwärtig sieht das ja alles unrealistisch aus. Insofern werden wir da nie herausfinden, wer von uns recht hat.

Und ob die CDU ihre Rhetorik bezüglich Migration ernst meint, worauf Ihr Argument ja beruht. (Täte sie das, dann hätte sie dazu schon seit Wochen mit der AfD zusammen einiges auf die Beine stellen können. Hat sie nicht getan, denn die Brandmauer scheint noch immer wichtiger zu sein als die Migrationspolitik. Insofern tue ich mir schwer zu glauben, dass sie nach der Wahl diesbezüglich plötzlich hart verhandelt, nachdem sie ihr bestes Argument - eine mögliche Koalition mit der AfD - gerade im Klo runtergespült hat.)

--
Non delectent verba nostra, sed prosint. - Seneca, Epistulae morales ad Lucilium, 75, 3

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.023

22.02.2025 10:40
#1503 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #1501
Daher ist der Verweis darauf, dass eine Stimme für die Union eine Stimme für rote Politik ist, kaum ein Argument fürs AfD-Wählen.

Das stimmt meines Ermessens natürlich offensichtlich für die kommende Legislatur.

Ich schaue allerdings nicht mehr auf die nächste Legislatur. Die habe ich persönlich abgeschrieben. Die einzige Frage, die aus meiner Sicht im nächsten Parlament entschieden wird ist, wie schnell wir auf den Abgrund zufahren. Dabei bin ich mir ganz ehrlich nicht darüber im Klaren ob schneller oder langsamer am Ende zu weniger absolutem Schaden für unsere Gesellschaft führt.

Daher ist für mich die Wahl der AfD in der aktuellen Situation das Senden des Signals, dass ich persönlich als Wähler nicht mehr bereit bin die Politik der letzten 15 Jahre in allen wesentlichen Politikfeldern mitzutragen. Was mit diesem Signal geschieht, hängt natürlich von der Signalstärke ab. Der Spieletheoretiker Rieck hat kürzlich übrigens einmal gesagt, wenn er die aktuelle politische Situation in Deutschland modellieren müßte würde er mit drei Modellteilen arbeiten: Nicht Wähler, Wähler aller Parteien ex AfD, AfD Wähler.



Mich würde, lieber Kallias, aber auch noch etwas anderes interessieren: Wir sprachen vor Jahren einmal hier im Forum über das Schwinden des Mehltaus.

Aktuell habe ich selbst folgende Wahrnehmung:

Eine Inneministerin verbietet Presseorgane über das Vereinsrecht, die Polizei führt im Morgengrauen Hausdurchsuchung für Bagatellen durch, führende Politiker und Minister zeigen Bürger zu tausenden wegen Bagatellen an. Der Chef des Inlandgeheimdienstes will laut eigener Aussage in die Köpfe der Menschen kommen, den politischen Gegner bekämpfen und sieht Staatslegitimierung unterhalb der Strafbarkeitsgrenze als Problem. Die CDU hält freie Rede unterhalb der Strafbarkeit und die undefinierten Begriffe von Hass und Hetze, sowie Desinformation (Ist die Behauptung, Planwirtschaft löse ökonomische Probleme eigentlich Desinformation?) für eine Gefährdung der Demokratie (Worte des Vorsitzenden Merz). Die CDU installiert Meldestellen für sozial geächtete Rede in NRW und das Land Hessen, CDU regiert, richtet Polizeieinheiten ein, die freie Rede überwachen sollen. Selbst in der CDU existieren Stimmen, die eine 20% Partei verbieten möchten.

Ich empfinde das mit unserer Verfassung als nicht vereinbar. Mindestens autoritär, eigentlich sogar offen totalitär. Übertreibe ich hier in meiner Wahrnehmung? Wie siehst du das? Hälst du es für einen Auswuchs, der sich wieder einfängt oder machst auch du dir Sorgen? Spielt es für dich eine Rolle, wenn du CSU wählst? Hast du dabei Bauchschmerzen? Hälst du es für relevant oder irrelevant?

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.447

22.02.2025 11:08
#1504 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #1501
1. Die Union könnte der SPD schöne Zugeständnisse machen (Schuldenbremse, Mindestlohn, ...)


Wunderbare Aussichten... wir lösen ein Problem (möglicherweise, ein bisschen) indem wir zwölf neue erschaffen...

Johanes Offline




Beiträge: 2.781

22.02.2025 13:13
#1505 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #1488
Es gibt keine "Klimagerechtigkeit" gegenüber zukünftigen Generationen. Es gibt Abwehrrechte gegen den Staat und nur diese.


Ich denke, dass das hier der Kern der eigentliche Kontroverse ist.

Sie machen hier eine Existenzaussage. Bestimmte Dinge -- Normen! -- existieren, während andere das einfach nicht tun.
Das ist ungefähr eine Aussage wie "das Loch Ness-Monster existiert nicht" oder "es gibt (keine) Außeriridischen Lebensformen".

Doch woher will man das wissen, wie will man das beweisen?

Und das ist in dem Fall keine philosophische Frage aus dem Elfenbeinturm, sondern ganz konkret. Wir haben hier auf der einen Seite Leute, die (offenbar) behaupten, dass sowas wie Klimagerechtigkeit existiert und andere, die behaupten, es sei nicht so. Um diesen Streit logisch/vernünftig zu entscheiden müsste man einen allgemeingültigen Weg haben, eine der beiden Behauptungen zu verifizieren.

Wenn wir jetzt den Streit begrenzen wollen, indem wir uns darauf einigen zumindest so zu tun als würden genau die Normen existieren, die im Grundgesetz aufgeführt sind (also "naturrechtliche" oder rein ethische Überlegungen verwerfen!) oder sich daraus ergeben, dann verschieden wir den Streit auf die Interpretation. Es ist nun aber so, dass das Grundgesetz weder einen Artikel über Klimagerechtigkeit kennt, noch die Aussage "alle Grundrechte sind Abwehrrechte" enthält.

Zitat
Jeder Bürger wird mit diesen Rechten geboren und es ist kein Anspruch an jemand anderen sondern eine Verpflichtung des Staates bestimmte Dinge zu unterlassen.



Was, nebenbei, auch impliziert, dass Menschen mit den Anspruch an den Staat, etwas zu unterlassen, geboren werden, die überhaupt keinen Staat in dem Sinne vor sich haben. Beispielsweise irgendwelche unkontaktierten Stämme oder die Bewohner des alten Zweistromlandes.

Ein Linker könnte jetzt frage, wieso es, wenn es solche "latenten Abwehrrechte" gibt, nicht auch andere latente Rechte gibt? Beispielsweise einen Anspruch des Arbeites gegen seinen Arbeitgeber, alles zu unterlassen was seinen Streik unterminiert oder einen Anspruch der Anwohner einer Fabrik, dass der Fluss aus dem sie Trinkwasser beziehen nicht vergiftet wird. Diese Rechte wurden nur grade erst entdeckt, weil sie vorher nur latent da waren. Die Adressaten des Unterlassensanspruches waren zufällig noch nicht historisch gegenwärtig, genauso wie für einen Germanen der Völkerwanderungszeit ein Staat zufällig nicht gegenwärtig war, weil Rom grade weg und sein Verhältnis zum Stammesoberen eines von persönlicher Loyalität war.

Wäre dieser Linke so offensichtlich unplausibel?

Zitat
Es ist auch nicht Sache von Grundrechten das Verhältnis der Bürger untereinander zu regeln.



Was impliziert, dass es "Bürger" und "Staat" als sinnvolle Konzepte in der Gesellschaft gibt, was aber nicht für alle historische Gesellschaften gelten muss. Die alten Ägypter zum Beispiel könnten ein ganz anderes Verhältnis zu ihrem System gehabt haben.

Johanes Offline




Beiträge: 2.781

22.02.2025 14:09
#1506 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1487
Bitte verzeihen Sie, dass auch ich gerne meinen Gedankengang dazu erläutern würde.


Wie kommen Sie, werter @nachdenken_schmerzt_nicht, auf die Idee, dass das mir nicht willkommen sei?

Verwechseln Sie mein Infragestellen und meine Zweifel bitte nicht mit einem Angriff.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1487
Wenn ich selbst hier im Forum wahrnehme, wie wenig das Konzept der Grundrechte als individuelle Abwehrrechte vor Augen zu sein scheint, macht sich bei mir einen gewisse Verzweiflung breit.


Es ist nun mal ein Fakt, dass viele Juristen, Philosophen und politische Aktivisten dieses Konzept (Grund- oder Menschenrechte ausschließlich als Abwehrrechte) nicht teilen.

Ihre Aussage liest sich so als lägen diese Leute offensichtlich falsch. Falls dem so ist, wie kann man das denn zeigen?

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1487
Wenn man den Menschen als Ebenbild Gottes erschaffen sieht, leiten sich daraus unveräußerliche Grundrechte ab.


und
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1487
Sinne eines Ebenbildes von Gott ein Mensch ist und er damit die unveräußerlichen Grundrechte besitzt, z. B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit


Auf Basis dieses Glaubens kommt die katholische Soziallehre zum Beispiel zum Konzept der Subsidiarität.
(Was meines Erachtens auch daher kommt, dass der Liberalismus und die katholische Soziallehre einen Ausgangspunkt teilen...)

Dieses Konzept geht auch vom Individuum als Basis aus, aber delegiert einige Aufgaben auch von ihn weg. Allerdings hierarchisch: Das Individuum löst Probleme, die es selbst lösen kann, dann kommt jeweils Familie/private Gruppen, Gemeinde usw.usf.

Zitat von Llarian im Beitrag #1489
Bei der Afd, bei der SED und bei ihrem neuen Ableger.


Wobei ich mir insbesondere bei der "blutroten Partei" nicht sicher bin, ob sie nicht ebenfalls tief drinnen ist und, sollte sie aus der bequemen Position der Fundamentalopposition rauskommen, ebenfalls strukturkonservativ agieren.

Zitat von Kallias im Beitrag #1501
[...]


Sie übersehen hier aber, dass es innerhalb der CDU immer noch mächtige Netzwerke von Merkelianern zu geben scheint und das diese sich eindeutig positioniert haben. Genauso innerhalb der SPD. Es gab sein, dass die eine oder andere Gemeinde aus dem letzten Loch pfeifft und die Leute Sturmlaufen, aber es gibt genauso Lobbyorganisationen für das Gegenteil.

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #1504
Zitat von Kallias im Beitrag #1501
1. Die Union könnte der SPD schöne Zugeständnisse machen (Schuldenbremse, Mindestlohn, ...)


Wunderbare Aussichten... wir lösen ein Problem (möglicherweise, ein bisschen) indem wir zwölf neue erschaffen...


Mindestlohn gibt es auch in den USA. Das Problem, dass einige Arbeitnehmer dann den Wert des Mindestlohnes nicht mehr als Arbeitskraft einbringen wird in der Regel per Inflation gelöst. Wir befinden uns sowieso in so einer Spirale.

Was die Schulenbremse angeht, so gehört die ebenfalls sowieso weg. Wichtig ist nur, die Schulden auf die EU abzuwälzen.

Alles Gute und startet wohl in das Jahr 2025

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.023

22.02.2025 15:35
#1507 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #1506
Ihre Aussage liest sich so als lägen diese Leute offensichtlich falsch.
Ich habe nirgendwo von richtig und falsch gesprochen, sondern völlig ohne Wertung folgende drei Dinge angemerkt:

1) Wie Grundrechte konzipiert sein müssen: Als Abwehrrechte gegen den Staat.

2) Wie sich Grundrechte begründen lassen: Durch den Mensch als Ebenbild Gottes.

3) Was folgt wenn man Grundrechte zur Verhandlungsmasse erklärt: Es gibt keine konsistente Abgrenzung zu autoritärem Handeln des Staates.


Ich persönlich denke: Ja es muß unveräußerliche Grundrechte geben, wenn man nicht in einer Welt leben will in der autoritäre Herrschaft angelegt ist. Dass es genügend Menschen gibt, die gerne unter autoritärer Herrschaft leben zeigt die Empirie ebenso, wie den Umstand, dass Menschen eine autoritäre Herrschaft für Freiheit halten, solange das geschieht, was sie wollen.

Und das gilt auch für diesen ganzen Klimakappes. Man kann das für richtig halten. Und man kann auch in der festen Überzeugung leben, dass alles was man für richtig hält getan werden muß, um irgendwelchen Menschen in der Zukunft irgendwas zu garantieren, was irgendwer für Grundrechte hält. Das ist ok. Das ist aber nicht vereinbar mit dem Konzept der Grundrechte als Abwehrechte gegen den Staat im Rahmen eines liberalen Rechtsstaates.

Jetzt kann jeder entscheiden, ob er in einem solchen leben mag oder nicht. Ich persönlich möchte das, nehme aber auch zur Kenntnis, dass viele das nicht zu wollen scheinen und natürlich kann man in keinem solchen Leben, wenn es die Gesellschaft (in Mehrheit) nicht möchte. - Allerdings erlaube ich mir die verwegene Vermutung, dass (zumindest in Deutschland) die meißten solcher Grundrechtsrelativierer laut nach ihren unveräußerlichen Grundrechten rufen würden, wenn man in ebendiese auf eine Art und weise eingreift, die sie selbst nicht goutieren.

Ich würde zum Beispiel vermuten, dass es zwischen den Klimaurteilbefürwortern und den Impfgegnern gewisse Schnittmengen geben könnte.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Kallias Offline




Beiträge: 2.339

22.02.2025 23:11
#1508 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1503
Ich empfinde das mit unserer Verfassung als nicht vereinbar. Mindestens autoritär, eigentlich sogar offen totalitär. Übertreibe ich hier in meiner Wahrnehmung? Wie siehst du das?
Ganz genauso.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1503
Hälst du es für einen Auswuchs, der sich wieder einfängt oder machst auch du dir Sorgen? Spielt es für dich eine Rolle, wenn du CSU wählst? Hast du dabei Bauchschmerzen?
Kaum. Die Welt ist in ständiger Bewegung, und wenn die Unionsparteien, wie ich hoffe, sich von der Gefangenschaft im linken „Lager“ zu emanzipieren beginnen, gehe ich als Wähler gerne mit und trage ihnen nicht viel nach. Sollte ich mich damit als naives Stimmviech blamieren, ist mir das auch recht. Immer noch besser als zu lange in vorgefassten Meinungen steckenzubleiben.

Llarian Offline



Beiträge: 7.210

23.02.2025 00:03
#1509 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #1505
Sie machen hier eine Existenzaussage. Bestimmte Dinge -- Normen! -- existieren, während andere das einfach nicht tun.

Das ist keine Existenzfrage sondern eine Definitionsfrage. Die Grundrechte sind mit der BRD verfasst worden, das ist eine Tatsache. Und sie sind definiert als Abwehrrechte gegen den Staat. Das ist wirklich trivial. Die Postulation von "Klimagerechtigkeit" (oder diversem anderen woken Unsinn) ist NICHT TZeil dieser Definition. Es ist nicht Teil dessen was die BRD verfasst. Man kann das alles richtig oder falsch finden, es ist auch keine Frage ob so etwas in den Köpfen mancher Menschen existiert oder nicht, entscheidend ist, es ist nicht Teil unseres Gesellschaftsvertrages. Da ist auch nix zu beweisen oder zu widerlegen.

Zitat
Wir haben hier auf der einen Seite Leute, die (offenbar) behaupten, dass sowas wie Klimagerechtigkeit existiert und andere, die behaupten, es sei nicht so. Um diesen Streit logisch/vernünftig zu entscheiden müsste man einen allgemeingültigen Weg haben, eine der beiden Behauptungen zu verifizieren.


Nein, das muss man nicht. Die Frage der Existenz stellt sich nicht. Ob so etwas existiert ist für den Gesellschaftsvertrag BRD völlig irrelevant. Ich kann mit zwei Quadrillionen Dinge ausdenken, die ich für vernünftig und richtig halte. Und vielleicht finde ich Menschen die das teilen. Aber deswegen wird es nicht Teil unseres Gesellschaftsvertrages. Die Frage ist nicht ob etwas existiert, richtig wäre, sinnvoll wäre, dumm oder blöd wäre. Entscheidend ist was wir vereinbart haben. Und wir haben die Verfassung vereinbart (auch wenn wir sie Grundgesetz nennen). Wir haben keine "Klimagerechtigkeit" vereinbart.

Zitat
Wenn wir jetzt den Streit begrenzen wollen, indem wir uns darauf einigen zumindest so zu tun als würden genau die Normen existieren, die im Grundgesetz aufgeführt sind (also "naturrechtliche" oder rein ethische Überlegungen verwerfen!) oder sich daraus ergeben, dann verschieden wir den Streit auf die Interpretation.


Und genau hier beginnt die Mogelpackung. Die Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat, sonst wären es keine Grundrechte. Es gibt nur einen Grundrechtsverpflichteten und das ist der Staat. Grundrechte begründen keine Ansprüche gegen Dritte. Der Versuch so etwas wie "Klimagerechtigkeit" ins Grundrecht einzuschmuggeln ist nichts weiter als der betrügerische Versuch sich über die Normen des Grundgesetzes hinwegzusetzen. Und es ist auch ziemlich klar warum. Normale Gesetze können Ansprüche gegen Dritte begründen. Beispielsweise das man niemandem etwas stehlen darf oder ihn nicht verletzten darf. Aber genau diese Gesetze und Ansprüche finden ihre Grenzen(!) widerum im Grundgesetz. Der Staat darf dafür sorgen, dass Bürger A Büger B nichts tut, aber er darf das nicht in einer Weise tun, die die Grundrechte von Bürger A außer Kraft setzen. Genau das ist der Kern einer Verfassung. Wenn "Klimagerechtigkeit" als normales Gesetz käme (genauso wie der Corona-Irrsinn nebenbei) dann würde er seine Grenzen an der Verfassung finden. Denn das Gesetz kann und darf kein Grundrecht aushebeln. Mit dem Versuch die Klimagerechtigkeit auf Verfassungsrang zu heben, wird genau dieser Mechanismus zerstört. Das hat man auch bei Corona getan. Und genau da endet der Rechtsstaat. Bzw. ist geendet.

Zitat
Es ist nun aber so, dass das Grundgesetz weder einen Artikel über Klimagerechtigkeit kennt, noch die Aussage "alle Grundrechte sind Abwehrrechte" enthält.


Das muss es auch nicht, weil es offensichtlich ist und jahrzehntelanger Praxis entspricht. Erst durch die Politisierung des GG, vor allem durch Harbarth, wurde das entstellt. Ich bezweifele ja nicht dass die Politik die Verfassung und das Verfassungsgericht gekapert hat. Nur hat eben im selben Zug die BRD aufgehört ein verfasster Rechtsstaat zu sein. Bei aller Liebe, wir sind nicht mehr das, was wir vor 5 oder 10 Jahren waren. Der Schaden ist irreparabel.

Zitat
Was, nebenbei, auch impliziert, dass Menschen mit den Anspruch an den Staat, etwas zu unterlassen, geboren werden, die überhaupt keinen Staat in dem Sinne vor sich haben. Beispielsweise irgendwelche unkontaktierten Stämme oder die Bewohner des alten Zweistromlandes.


Das ist grob abwegig. Die Verfassung bezieht sich auf das deutsche Volk innerhalb der deutschen Staatsgrenzen.

Zitat
Ein Linker könnte jetzt frage, wieso es, wenn es solche "latenten Abwehrrechte" gibt, nicht auch andere latente Rechte gibt? Beispielsweise einen Anspruch des Arbeites gegen seinen Arbeitgeber, alles zu unterlassen was seinen Streik unterminiert oder einen Anspruch der Anwohner einer Fabrik, dass der Fluss aus dem sie Trinkwasser beziehen nicht vergiftet wird.


Weil Linke das Wesen einer Verfassung nicht verstehen, bzw. eher nicht verstehen wollen. Die Verfassung bindet den Arbeitgeber nicht. Sie bindet den Staat. Der Arbeitgeber hat das Vergiften des Flußes zu unterlassen, weil es ein Gesetz dagegen gibt. Nicht das Grundgesetz.

Zitat
Wäre dieser Linke so offensichtlich unplausibel?


Für jemanden der die Konstruktion eines verfassten Rechtsstaates verstanden hat ja. Deswegen hassen Linke ja auch Verfassungen. Weil sie ihre Macht begrenzen. Es gibt kaum etwas unlinkeres als eine Verfassung. Was man sehr gut daran sehen kann, dass da wo linke Machtübernahmen stattgefunden haben, die Verfassung, so eine existiert hat, mit Füßen getreten wurde.

Zitat
Was impliziert, dass es "Bürger" und "Staat" als sinnvolle Konzepte in der Gesellschaft gibt, was aber nicht für alle historische Gesellschaften gelten muss. Die alten Ägypter zum Beispiel könnten ein ganz anderes Verhältnis zu ihrem System gehabt haben.


Auch das ist irrelevant. Die alten Ägypter lebten nicht in einem verfassten Rechtsstaat. Wir haben das aber fast 70 Jahre lang getan. Der verfasste Rechtsstaat ist eine gewaltige(!) zivilisatorische Leistung und vermutlich der wichtigste Faktor überhaupt für die Überlegenheit des westlichen Systems über die restliche Welt in den letzten Jahrhunderten. Und das man diesen zivilisatorischen Wert jetzt zerstört hat, ist so irre, da kann man kaum Worte für finden.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.023

23.02.2025 10:50
#1510 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #1508
und wenn die Unionsparteien, wie ich hoffe, sich von der Gefangenschaft im linken „Lager“ zu emanzipieren beginnen,

Darf ich noch einmal nachfragen, woran du diese Hoffnung festmachst?

Wie stimmen ja überein, wenn ich dich richtig verstehe, dass meine Aufzählung verfassungsrechtlich äußerst Bedenkliches enthält. Nicht weniges davon, Meldestellen, Taskforce in Hessen, Inlandsgeheimdiest ist dabei erst seit kurzem von der CDU vorangetrieben worden. Auch eine Aussage, wie die von Merz, Stimmen für die AfD seien nach der Wahl wertlos, ist obektiv falsch und zeugt von einem Demokratieverständnis, welches ich nicht teile.

Siehst du diese "Umstände" auf dem Rückzug, hälst du sie für unerheblich? Wie geht deine Hoffnung auf eine Emanzipation der CDU/CSU von der (autoritären!) Linken mit diesen Beobachtunegen zusammen?

Meine Befürchtung ist, dass sich der autoritäre Politikstil mittlerweile bereits fest etabliert hat, unabhängig von den Parteien. Damit darf man natürlich auch keine allzugroßen Hoffnungen in die AfD hegen, wenn man das nicht goutiert - so wie ich. Immerhin die Hoffnung auf ein Einhegen von Kräften durch Gegenkräftte mag man erhoffen können.

Mir scheint es manchmal so, als habe die immer autoritärer werdende Politik durch Angela Merkel den deutschen Hang zum Untertan wieder erfasst, wie die Flasche Schnaps den trockenen Alkoholiker.

Herzlich


n_s_n

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.516

23.02.2025 11:29
#1511 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

In Bezug auf die Wechselwähler - denn nur die kommen ernsthaft für strategisches Wählen in Frage, die Stammwähler ja nicht - ist von entscheidender Bedeutung, wie man "Mitte" definiert.

Nach klassischen Modellen sollte ja der "Medianwähler" die Politik setzen. Sollte sich die "Mitte" durchsetzen.

1. "Mitte" als politische Ziele des arithmetischen Mittels aller Wähler. Ich bin ZUTIEFST überzeugt davon, dass der Durchschnittswähler weder woke will, noch Verbrennerverbot, Vergemeinschaftung der Schulden, Trans"männer" im Frauensport, 200 Genderprofessuren, Abschaltung modernster Kraftwerke, massenhafte illegale Migration, Sonderprivilgien für den Islam und und und. In dem Sinne ist die Politik der letzten 20 Jahre eindeutig KEINE Politik für den Medianwähler, sondern radikal links. So definiere ich für mich "Mitte" und deswegen kommt für mich eine Wahl von CDU oder FDP nicht in Frage. Es gibt kein richtig im Falschen; wenn man mit Höchstgeschwindigkeit auf einen Abgrund zurast, dann ist es völlig witzlos, ein "bischen nach Rechts" zu lenken und den Abgrund trotzdem zu treffen. Da hilft nur die Vollbremsung.

2. "Mitte" als das, was halt im gewählten Bundestag im Mittel als Politik exekutiert wird. Diese Definition liegt letztlich Kallias Empfehlung zugrunde; wenn man halt als gegeben hinnimmt, dass im BT am Ende überwiegend linke Politik gemacht wird, dann wird eine Stimme für CDU oder FDP diese "Realmitte" etwas weiter nach rechts schieben und damit wirksam sein.
Diese Strategie bzw Philosophie liegt natürlich letztlich die Idee von "es ist noch immer gut gegangen" zugrunde; dass also die "Realmitte" auch schon irgendwie funktionieren wird und deswegen radikale Korrekturen nicht erforderlich sind.

___________________
Verbote sind Freiheit. Meinungen sind Terror. Quoten sind Leistung. Linke Regierung ist Familie. (c) Rot-Grüne Allianz
Prophezeiung: 2022, das Jahr in dem in Deutschland der Schleier für alle eingeführt wird. Nennt sich dann "Maske".
"Warum halten sie Begriffe wie 'Zigeunersoße' für rassistisch, aber 'Schei** Juden' für harmlos?", Hamed Abdel-Samad

Kallias Offline




Beiträge: 2.339

23.02.2025 11:59
#1512 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1510
Zitat von Kallias im Beitrag #1508
und wenn die Unionsparteien, wie ich hoffe, sich von der Gefangenschaft im linken „Lager“ zu emanzipieren beginnen,

Darf ich noch einmal nachfragen, woran du diese Hoffnung festmachst?
An dem mutigen Schritt der Unionsfraktion vor vier Wochen, gefolgt vom lehrreichen Spektakel, das die linke Szene anschließend aufgeführt hat. Da ist - vielleicht - etwas in Bewegung geraten, das nun nicht mehr zu stoppen ist.

Hieraus ergab sich übrigens noch ein weiterer Grund für die SPD, mit der Union (auch zu deren Bedingungen) zu koalieren: nur mit einem Koalitionsvertrag lässt sich zukünftig verhindern, dass Union und AfD gemeinsam Gesetze verabschieden.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1510
Siehst du diese "Umstände" auf dem Rückzug, hälst du sie für unerheblich? Wie geht deine Hoffnung auf eine Emanzipation der CDU/CSU von der (autoritären!) Linken mit diesen Beobachtunegen zusammen?
Das geht bestens zusammen. Emanzipation ist ein Prozess, ein Kampf, keine abrupte Kehrtwende mit maximaler Durchschlagskraft. Ich hoffe nicht auf ein politisches Wunder, sondern auf eine Dynamik, die vom wachsenden Problemdruck angetrieben wird.

Johanes Offline




Beiträge: 2.781

23.02.2025 14:37
#1513 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #1509
Das ist keine Existenzfrage sondern eine Definitionsfrage. Die Grundrechte sind mit der BRD verfasst worden, das ist eine Tatsache. Und sie sind definiert als Abwehrrechte gegen den Staat. Das ist wirklich trivial.


Das ist eben nicht trivial. Das ist die Streitfragt.

Wie kommen Sie darauf, dass das trivial sein soll?

Und es gibt Gesetzgebung, schon sehr früh in der Geschichte der Bundesrepublik, die Ihre gesamte Argumentation über den Haufen wirft.

Zitat
Grundrechte begründen keine Ansprüche gegen Dritte.



Diese Rechtsauffassung stimmt eben nicht mit der Rechtssprechung und seiner Weiterentwicklung durch Gerichte überein.
Beispielsweise hat das BVerfG aufgrund von Artikel 1 GG geurteilt, dass es ein bestimmtes Existenzminimum gibt, das auch bei HartzIV-Sanktionen nicht unterschritten werden darf.

Das, was ich hier sage, ist auch nicht irgendwie eine politische Meinung oder so, sondern ein rechtshistorisches Faktum. Es lässt sich sogar in Standardquellen nachvollziehen.

Sie können jetzt der Meinung sein, dass die Grundrechte nur und ausschließlich Abwehrrechte sein sollten, aber das ist dann wiederum eine politische Meinung. Eine liberale Meinung. Ein Linker dagegen wird mit dem selben Recht seine Meinung vertreten, demzufolgen z. B. soziale Teilhabe teil des Grundrechtskanon sein sollte.

Zitat
Das muss es auch nicht, weil es offensichtlich ist und jahrzehntelanger Praxis entspricht.



Ich nehme mal an mit "jahrzehntelanger Praxis" meinen Sie historisch, also aus Sicht des Parlamentarischen Rates.

Werfe ich einen Blick in die Weimarer Reichsverfassung kommen mir da Zweifel. Artikel 118 beispielsweise scheint mir einen Rechtsanspruch gegenüber den Arbeitgeber zu begründen, der sich aus der Meinungsfreiheit ergibt. Artikel 119 erwähnt explizit Ansprüche kinderreicher Familien, sowie Schutz der Mutter; Artikel 127 verleiht ein Recht nicht den Individuen, sondern Gemeinden oder Gemeindeverbänden; Artikel 132 begründet gar eine Pflicht der Staatsbürger!

Die Aussage, dass es aus dem historischen Kontext klar sei, dass Grundrechte nur und ausschließlich Abwehrrechte seien, scheint mir damit nicht plausibel.

Und schon in den 1950er Jahren gab es unter Juristen eine Diskussion über mittelbare und unmittelbare Drittwirkung. Sollten die alle das Grundgesetz falsch verstanden haben?

Zitat
Erst durch die Politisierung des GG, vor allem durch Harbarth, wurde das entstellt.[...]Bei aller Liebe, wir sind nicht mehr das, was wir vor 5 oder 10 Jahren waren.



Sie hängen sich hier sehr an einer einzelnen Personalie auf.

Schon Artikel 3 (2) Satz 2 GG lässt sich mit dem Bild von Abwehrrechten eigentlich nicht mehr vereinbaren. Hier steht die explizite Aufforderung an den Staat, tatsächliche (also eben keine rein rechtliche) Gleichberechtigung durchzusetzen.

Zitat
Das ist grob abwegig. Die Verfassung bezieht sich auf das deutsche Volk innerhalb der deutschen Staatsgrenzen.



Ich bin davon ausgegangen, dass wir an dieser Stelle über naturrechtliche und/oder ethische Rechte sprechen.
Wenn es um Verfassungsdogmatik des GG geht, haben Sie meines Erachtens die Debatte schon verloren und stehen auf einer letztlich unhaltbaren Position. Es ließe sich allenfalls noch diskutieren, ob man die Grundrechte nicht besser nur als Abwehrrechte auffassen sollte.

In dieser Diskussion wird ein Linker (Arbeitnehmerrechte, Recht auf Daseinsfürsorge etc.) oder auch zum Beispiel ein Katholik, mit seinen Subsidiaritätsprinzip, Ihnen eben widersprechen. ("Katholik" meint hier einen Anhänger der katholischen Soziallehre. Mir ist klar, dass nicht alle Katholiken diese Auffassung teilen.)

Johanes Offline




Beiträge: 2.781

23.02.2025 14:54
#1514 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1507
Ja es muß unveräußerliche Grundrechte geben, wenn man nicht in einer Welt leben will in der autoritäre Herrschaft angelegt ist.


Es geht jetzt in der Diskussion doch eher darüber, ob (a) Grundrechte nur Abwehrrechte sind und ob (b) sowas wie der Schutz der späteren Generationen vor den Klimawandel dazugehört.

Zitat
Dass es genügend Menschen gibt, die gerne unter autoritärer Herrschaft leben zeigt die Empirie ebenso, wie den Umstand, dass Menschen eine autoritäre Herrschaft für Freiheit halten, solange das geschieht, was sie wollen.



Dass die Leute wenig Probleme mit der Freiheitseinschränkung eines anderen haben, solange sie davon profitieren, ist wahr.

Macht das aber nicht auch Zweifel? Wenn man die Grundrechte genauso konzipiert, dass im Großen und Ganzen das dabei rauskommen muss, was man selbst gene hätte, ist das nicht nur eine reflektiertere Art das selbe zu tun?

Zitat
Das ist aber nicht vereinbar mit dem Konzept der Grundrechte als Abwehrechte gegen den Staat im Rahmen eines liberalen Rechtsstaates.



Siehe oben für die Argumentation.

Bezüglich Klimawandel habe ich länger nachgedacht und müsste meine Position heute vorsichtiger vortragen.

Dennoch scheint mir die Beobachtung richtig, dass wir im Alltagsleben die Mehrheitsmeinung der Experten als Richtschnur akzeptieren. Und vor Gericht wird auch nicht z. B. darüber gestritten, ob die statistischen oder tatsächlichen Grundannahmen zum Beispiel der Identifikation von Menschen mittels Fingerabdruck richtig oder falsch sind. Zumeist verlässt man sich auf Sachverständige.

Zitat von Kallias im Beitrag #1508
Die Welt ist in ständiger Bewegung, und wenn die Unionsparteien, wie ich hoffe, sich von der Gefangenschaft im linken „Lager“ zu emanzipieren beginnen, gehe ich als Wähler gerne mit und trage ihnen nicht viel nach


Sie gehen da eine ganz schöne Wette ein. Ich hoffe mit Ihnen, dass Sie da recht behalten werden.

Zitat von Frank2000 im Beitrag #1511
Ich bin ZUTIEFST überzeugt davon, dass der Durchschnittswähler weder woke will, noch


Ich glaube aber ebenfalls nicht, dass der Durchschnittswähler tiefe liberale Überzeugungen hat.
Der Durchschnittswähler interessiert sich eher oberflächlich für Politik und sieht politische Probleme nur als etwas lästiges an, vermute ich. Wobei das mit zunehmender Polarisierung möglicherweise nicht mehr stimmt.

Alles Gute und startet wohl in das Jahr 2025

Ulrich Elkmann Offline




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23.02.2025 15:36
#1515 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #1514

Bezüglich Klimawandel ... Identifikation von Menschen mittels Fingerabdruck richtig oder falsch sind. Zumeist verlässt man sich auf Sachverständige.


Wenn sich nachträglich durch Indizienbeweise oder Geständnisse erweisen würde, daß 100 Prozent (!) der mittels Daktyloskopie "überführten" Täter tatsächlich unschuldig waren (jedenfalls in bezug auf den Gegenstand des Gerichtsprozesses), dann wären Fingerabdrücke spätestens seit 1900 als Indiz kategorisch nicht mehr vor Gericht zugelassen. Nun liegt die Trefferquote (je nach Gutachter) dabei irgendwo zwischen 85% als oberer und 78% als unterer Marge, und ein rein darüber gefälltes Urteil hat immer noch drei Fragezeichen am Rand stehen. Und hier geht es noch um ziemlich schlichte und eindeutig dingfest zu machende Sachverhalte. Die "Klimawissenschaft" liegt uns seit jetzt exakt 55 Jahren mit dem kommenden Kollaps in den Ohren (der erste Earth Day fand im April 1970 statt), in all dieser Zeit ist NICHT EINE EINZIGE ihrer Voraussagen eingetroffen, ihre Szenarien existieren allein in den Computermodellen, stimmen nicht überein und lassen die wichtigsten Einflußfaktoren im Wettergeschehen außen vor, obwohl es sich bei "Klima" um reine rein statistische Angelegenheit handelt. Ihre Agenda ist zu 100% politisch motiviert und dient einzig dem Zweck der Ausplünderung und Zerstörung der westlichen Marktwirtschaft. Es ist, als würden Fingerabdrücke nur im Fall weißer Verdächtiger zugelassen, aber bei anderen Ethnien nicht, weil "Schwarze keine Papillarleisten auf den Fingerkuppen haben", sie das nach Wunsch ändern können oder es sie diskriminiert (letztes vor allem)*. Es hat, außer von skeptischer, "klimaleugnender" Seite, in diesen 55 Jahren keine Evaluierung dieser Daueralarmierung gegeben, die Stephen Schneider, Pachauris, Gores, Rahmstorfs sind nur nach ihrer Emeritierung durch ihre Nachfolger ersetzt worden. Es ist nie ernsthaft gefragt worden, ob eine Erwärmung, FALLS sie denn eintreten sollte, denn a. sich im positiver Weise auswirken könnte und b. ob die Ursachen davon natürliche Schwankungen (Erwärmung nach dem Ende der Kleinen Eiszeit) oder in gravierendem Maß auf anthropogene Einflüsse zurückgehen. Im ersten Fall können wir uns unsere Bemühungen schenken.

* Das ist jetzt nicht hypothetisch. Im Mordfall O.J. Simpson ist so der genetische Fingerabdruck vom Tisch gewischt worden.

Und das letzte Mal, als uns eine Kamarilla von Verbrechern und Lügner in der Maske der "Sachverständigen" geschurigelt hat, lief das unter der Bezeichnung "Corona."



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




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23.02.2025 19:17
#1516 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #1514
Wenn man die Grundrechte genauso konzipiert, dass im Großen und Ganzen das dabei rauskommen muss, was man selbst gene hätte,

Das ist was ich in meinem ersten Beitrag meinte, wie wenig die Grundrechte verstanden zu sein scheinen.

Die Grundrechte werden nicht so konzipiert, das irgendetwas herauskommt. Die Grundrechte legen einen Schutzraum fest, der dem Kollektiv für die Festlegung seines Gesellschaftsvertrag entzogen ist und er fußt meines Ermessens in unserer Kultur auf der Vorstellung eines Menschenbildes als Ebenbild Gottes.

Ich kann daran glauben, dass die Welt am CO2 untergeht, ich kann glauben dass es morgen Katzen regnen wird, dass man Hexen besser verbrennen sollte, dass das Corona Virus ausgerottet werden muss, dass die Zahl PI bei 5 liegt und alle Kreisumfänge neu berechnet werden müssen. Ich kann auch mit diesen Vorstellungen in die politische Arena ziehen, nicht aber mit dem Hinweis auf meine Überzeugung in den Schutzraum anderer Individuen eindringen.

Sie können mich in einem liberalen Rechtsstaat eben nicht dazu zwingen mich den Vorstellung einer Klimalehre zu unterwerfen. Genauso wie sie mich nicht zwingen können, an ihren Gott zu glauben und mich ihren religiösen Riten zu unterwerfen. Keiner hindert sie aber daran, ihre Überzeugungen selbst zu leben, solange sie das möchten. Die Möglichkeit falsch zu liegen ist immer gegeben, und die schonenste Art damit umzugehen, ist in Form der Grundrechte integraler Bestandteil einer freiheitlichen Verfassung.

In einer Diktatur können sie mich natürlich zwingen. Im ÖRR habe ich das wörtlich auch schon mehrfach von verschiedenen Personen gehört: Ein bisschen mehr Diktatur wagen, um die Welt vor Klima oder Corona zu retten.

Herzlich


n_s_n

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F.Alfonzo Offline



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23.02.2025 19:47
#1517 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1516
er fußt meines Ermessens in unserer Kultur auf der Vorstellung eines Menschenbildes als Ebenbild Gottes


Mal ein kurzer Gedanke zu der Aussage: Durchaus möglich, dass dieser theologische Hintergrund in manchen, westlichen Kulturen (ich habe dabei vor allem die protestantischen, angelsächsischen im Sinne, da passt diese These nämlich perfekt) der Ursprung der Idee universell geltender Grundrechte ist.

Die spannende Frage dabei ist für mich, ob das tatsächlich "unsere" Kultur ist, oder eher die der westlichen Siegermächte, die Deutschland nach Kriegsende letztendlich aufgezwungen wurde. Ich traue mich nämlich zu wetten, dass ein evolutionär entwickelter Rechtsstaat (ohne die Kriege dazwischen) in Deutschland ganz anders aussehen würde, und zwar deutlich eher so wie in Russland statt so wie in den USA, sprich: Mit von der Obrigkeit erteilten Gnadenrechten im Sinne Bismarcks.

Und da kommen wir dann schnell zu dem Problem, das auch Llarian öfter anspricht: Wenn es in der Bevölkerung nicht den überwältigenden Willen gibt, das Grundgesetz in seiner ursprünglichen Form zu bewahren, dann ist es letztendlich auch nicht viel wert und mutiert im Laufe der Zeit zu etwas, was eher dem deutschen Untertanencharakter entspricht. Sie hatten ja selbst geschrieben, wie erstaunt sie darüber sind dass so viele Leute überhaupt nicht wissen welche ursprüngliche Idee hinter dem GG steckt...

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




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23.02.2025 20:16
#1518 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #1517
Wenn es in der Bevölkerung nicht den überwältigenden Willen gibt, das Grundgesetz in seiner ursprünglichen Form zu bewahren, dann ist es letztendlich auch nicht viel wert
Absolut. Habe ich auch weiter oben geschrieben:

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1507
natürlich kann man in keinem solchen Leben, wenn es die Gesellschaft (in Mehrheit) nicht möchte
Letzen Endes ist ja genau das das Böckenförde Paradoxon, das besagt dass der liberale Rechtsstaat auf Voraussetzung gründet, die er nicht selbst garantieren kann, nämlich: Den diesbezüglichen Wertekonsens der Gesellschaft.

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #1517
Durchaus möglich, dass dieser theologische Hintergrund in manchen, westlichen Kulturen (ich habe dabei vor allem die protestantischen, angelsächsischen im Sinne) der Ursprung der Idee universell geltender Grundrechte ist.
Ich habe lange darüber nachgedacht, wie man Grundrechte konsistent begründen kann. Außer der Prämisse dass der Mensch als Ebenbild Gottes erschaffen wurde, scheint mir das nicht zu gehen. Was entgegen Sie einem Tierrechtler, der Grundrechte für Kühe fordert? Wenn Sie nicht den Menschen als Ebenbild Gottes sehen, können Sie ihm meines Ermessen nur sagen, dass seine Forderung richtig ist.

Was in Deutschland geschehen wäre, ohne die Einflüsse der vorliegenden geschichtlichen Entwicklung ist schwer zu sagen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es zwei Diktaturen auf deutschem Boden gab im letzten Jahrhundert. Eine gewisse Affinität scheint es da durchaus zu geben. Meine Rede seit langem.

Es ging mir aber nicht darum, warum Deutschland einen liberalen Rechtsstaat hatte die letzten 80 Jahre, nur darum worauf er sich inhatlich gründet und dass ich persönlich in einem leben möchte: Ich denke er gründet auf den Ideen des jüdisch/christlich Menschenbildes, römischem Recht und griechisch, antiker Staatsverfasstheit.

Herzlich


n_s_n

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F.Alfonzo Offline



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23.02.2025 20:43
#1519 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1518
Was entgegen Sie einem Tierrechtler, der Grundrechte für Kühe fordert?


Trivialerweise vielleicht die Tatsache, dass Kühe keine opponierenden Daumen haben und deshalb nicht dazu in der Lage sind, den Machthabern mit Fackeln und Mistgabeln auf den Pelz zu rücken? Macht ist doch letztenendes immer in irgendeiner Form von Gewalt begründet, auch die Macht des Volkes. Und wenn man schon eine Diktatur mit Gewalt beendet, ist es doch auch naheliegend die gesamte Verfasstheit des Staates mitzuändern, damit man nicht nur einen Diktator gegen den nächsten austauscht (zumal der oberste Revolutionär dann auch gleich der erste wäre, der selbst auf dem Schafott landet, die Franzosen haben ja Erfahrung in diesem politischen Trial & Error-Prozess).

Könnte also gut sein, dass die Religion hier nicht der dominante Faktor ist (Gegenbeispiele gibt es zur Genüge), auch wenn die Annahme natürlich naheliegend ist. Naheliegend vor alle deshalb, weil die Umstände der Entstehung der Rechsstaatlichkeit in den westlichen Ländern auch sehr unterschiedlich waren. Nur mal der Blick auf Europa: Spanien, Frankreich und Deutschland sind freie, demokratische Länder mit sehr ähnlichem Wertesystem, die aber unter völlig unterschiedlichen Bedingungen und zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind.

Llarian Offline



Beiträge: 7.210

23.02.2025 20:48
#1520 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #1513
Wie kommen Sie darauf, dass das trivial sein soll?

Weil es da steht. Weil es von den Siegermächten, allen voran den Amis, so angelegt wurde. Weil es jahrzehntelang so gelebt wurde. Ich halte das Grundgesetz nicht für besonders kompliziert und das sollte es auch nicht sein. Es ist einfach genug, dass es ohne große Rechtsauslegung oder "Fortentwicklung" (anderes Wort für Verbiegung) auskommt.

Zitat
Und es gibt Gesetzgebung, schon sehr früh in der Geschichte der Bundesrepublik, die Ihre gesamte Argumentation über den Haufen wirft.


Wesegen Sie sie auch nicht zitieren können. Was vor dem Grundgesetz war ist in dem Zusammenhang nicht relevant und bis vor knapp 30 Jahren war die Auslegung des Grundgesetzes als Abwehrrecht gegen den Staat auch nicht strittig.

Zitat
Diese Rechtsauffassung stimmt eben nicht mit der Rechtssprechung und seiner Weiterentwicklung durch Gerichte überein.


Wenn ich das Wort "Weiterentwicklung" schon höre kriege ich das kalten Grausen (und Grausen ist nicht das eigentliche Wort, dass hierhier gehört). Man kann einen Gesellschaftsvertrag schlechterdings "weiterentwickeln", genauso wenig wie man einen Vertrag "weiterentwickeln" kann. Das im Laufe von Jahrzehnten aus der linken Ecke (manchmal auch aus der rechten, wenn auch deutlich seltener) versucht wurde das Grundgesetz zu entstellen, müssen wir nicht diskutieren. Entscheidend ist als was das Grundgesetz mal "geboren" wurde.
Man kann sich dazu entscheiden einen neuen Gesellschaftsvetrag zu machen. Aber den alten durch "Neuinterpretation" verändern zu wollen ist schlicht Vertragsbruch.

Zitat
Ich nehme mal an mit "jahrzehntelanger Praxis" meinen Sie historisch, also aus Sicht des Parlamentarischen Rates.


Aus Sicht der funktionierenden(!) Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung bis ungefähr zur Jahrtausendwende. Was Sie nicht verstehen aber ganz essentiell ist, ist das folgende: Der Rechtsvertrag "Verfassung", die den liberalen(!), demokratischen(!) Rechtsstaat(!) begründet wurde nach dem Krieg in Deutschland Gesetz. Und er hat so hervorragend funktioniert, dass das selbe Land von einer zerbombten Trümmerwüste in zwei Generationen zur weltweiten Führung aufstieg. Es war genau so erfolgreich wie es damals(!) gemeint war und verstanden wurde. Aber die Dekadenz eben diesen Erfolges sorgte dafür, dass dieser Rechtsstaat mehr und mehr verbeult wurde und 2020 dann endgültig gebrochen wurde. Mit den bekannten Folgen. Es ist weniger eine Frage was richtig ist oder falsch (darüber hat jeder seine eigene Meinung) sondern was funktioniert und was nicht. Und diese Verdrehung der ursprünglichen Verfassung, wie wir sie heute erleben, hat eben genau die Früchte, die dem zukommen. Einen zunehmend totalitären, wenigstens massiv autoritären Überstaat, dessen Bürger jedes Jahr in größerer Bedrohung, Unfreiheit und Armut leben. DAS ist ihre Weiterentwicklung.

Zitat
Und schon in den 1950er Jahren gab es unter Juristen eine Diskussion über mittelbare und unmittelbare Drittwirkung. Sollten die alle das Grundgesetz falsch verstanden haben?


Diskutieren können die über vieles. Entscheidend ist was sie gelebt haben.

Zitat
Sie hängen sich hier sehr an einer einzelnen Personalie auf.


Harbarth ist nur die Kirsche auf der Torte. Aber sympthomatisch für das, was durch die letzten Jahrzehnte passiert ist.

Zitat
Schon Artikel 3 (2) Satz 2 GG lässt sich mit dem Bild von Abwehrrechten eigentlich nicht mehr vereinbaren. Hier steht die explizite Aufforderung an den Staat, tatsächliche (also eben keine rein rechtliche) Gleichberechtigung durchzusetzen.


Und genau dieser Punkt ist ein zentrales Eigentor. Das hat da nämlich bis 1994 nicht gestanden. Der ganze Irrsinn kam erst mit genau dieser "Fortentwicklung", sprich Verbiegung.

Zitat
Ich bin davon ausgegangen, dass wir an dieser Stelle über naturrechtliche und/oder ethische Rechte sprechen.


Das ist n_s_n's Punkt, nicht meiner. Meiner ist viel simpler. Die Verfassung hat früher funktioniert. Heute tut sie es nicht mehr, weil sie versaut und gebrochen wurde. Und die Folgen tragen wir alle.

Zitat
Wenn es um Verfassungsdogmatik des GG geht, haben Sie meines Erachtens die Debatte schon verloren und stehen auf einer letztlich unhaltbaren Position.


Ganz im Gegenteil: Sie haben schon verloren bevor Sie den ersten Satz geschrieben haben. Meine Position ist super trivial. Die Nachkriegszeit hat funktioniert. Heute funktioniert nicht. Ende des Vortrags.

Zitat
In dieser Diskussion wird ein Linker (Arbeitnehmerrechte, Recht auf Daseinsfürsorge etc.) oder auch zum Beispiel ein Katholik, mit seinen Subsidiaritätsprinzip, Ihnen eben widersprechen. ("Katholik" meint hier einen Anhänger der katholischen Soziallehre. Mir ist klar, dass nicht alle Katholiken diese Auffassung teilen.)


Und wie gut religiöse oder linke Staaten funktionieren wissen wir auch.

F.Alfonzo Offline



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23.02.2025 21:27
#1521 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1518
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es zwei Diktaturen auf deutschem Boden gab im letzten Jahrhundert


Korrektur:

Genaugenommen waren es drei, wenn man die Monarchie des Kaiserreichs dazurechnet. Der Michel war also durchaus fleissig dabei, jeden erdenklichen Diktaturholzweg zu beschreiten (was eine Erklärung dafür sein könnte, warum Deutsche so gerne Bergsteigen gehen - der Weg und der Tod sind die Ziele).

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.930

23.02.2025 22:01
#1522 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Das deutsche Kaiserreich war keine Diktatur, sondern eine konstitutionelle Monarchie, gemäß den Bestimmungen der am 1.1.1871 in Kraft getretenen Reichsverfassung. Daran ändert auch das Dreiklassenwahlrecht nichts und das fehlende Wahlrecht für Frauen. Das Dreiklassenwahlrecht bestand in strikter Form auch nur in Preußen und sollte von 1871 an reformiert werden (es ist dann aber nie dazu gekommen). In der Reichsverfassung wurde zwar dem Kaiser Richtlinienkompetenz in Sachen Reichspolitik zugestanden, aber die notwendige Regelung durch Gesetze und vor allem jede Budgetierung lag in der Zuständigkeit des Reichstags. Etwa mit den beiden Flottengesetzen von 1898 und 1900; ebenso die Finanzierung der Kolonien. Der Eintritt in den "Großen Krieg" Ende Juli 1914 wurde vom Auswärtigen Amt bestimmt und gesteuert von Reichkanzler Bethmann-Hollweg, und die Schritte der letzten Julitage (bis hin zur Ankündigung der Verletzung der belgischen Neutralität) erfolgten unter dem Eindruck der in Russland und Frankreich ausgerufenen Teilmobilisierung. Der ganz auf "S.M." zentrierte Hurrapatriotismus verstellt da den Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse leicht.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

F.Alfonzo Offline



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23.02.2025 22:18
#1523 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #1522
Das deutsche Kaiserreich war keine Diktatur, sondern eine konstitutionelle Monarchie, gemäß den Bestimmungen der am 1.1.1871 in Kraft getretenen Reichsverfassung.


Die Verfassung war ein Relikt des 19. Jahrhunderts, es ging aber explizit um das 20. Jahrhundert... was war von der Verfassung im Januar 1918 noch übrig? Kann man durchaus als "Volksversagen" werten, zumal der Michel dem bescheuerten Krieg anfangs nicht abgeneigt war.

Den kleinsten Vorwurf würde ich im Jahrhundert der Diktaturen übrigens den Ossis machen, weil sie ein Spielball im kalten Krieg waren und vermutlich nicht auf eigene Faust die Kommunisten hätten entfernen können ohne ein gigantisches Blutbad ohne geringste Erfolgsaussichten anzurichten.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




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24.02.2025 12:13
#1524 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #1519
Trivialerweise vielleicht die Tatsache, dass Kühe […] nicht dazu in der Lage sind, den Machthabern mit Fackeln und Mistgabeln auf den Pelz zu rücken? Macht ist doch letztenendes immer in irgendeiner Form von Gewalt begründet, auch die Macht des Volkes
Besitzen Menschen, welche keine Macht haben, ihr Leben zu ändern keine Grundrechte?

Macht kann eben genau nicht der begründende Ursprung von Grundrechten sein, obwohl man sie braucht um sie durchzusetzen. Das ist ja gerade das Paradoxon, welches Böckenförde beschrieb. Grundrechte sind der Schutz vor Macht, nicht deren Ausfluß.

Meines Erachtens können die Grundrechte eben nur aus dem Menschenbild resultieren und sie gelten dann auch eben nur aber auch unbedingt für den Menschen - unabhängig von seiner geistigen und körperlichen Verhasstheit.


Herzlich


n_s_n

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F.Alfonzo Offline



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24.02.2025 12:33
#1525 RE: Aus der Chronik des laufenden Wahnsinns Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #1524
Besitzen Menschen, welche keine Macht haben, ihr Leben zu ändern keine Grundrechte?


In der Regel nicht, nein. Selbst wenn sie noch so fleissig zu ihrem Herrgott beten und aus ihrem religiösen Verständnis heraus die Bürgerrechte ableiten. Macht muss man sich unter großem Opfer nehmen, man bekommt sie niemals geschenkt. Oder: fast niemals, wie oben schon angeschnitten gab es in der westlichen Geschichte durchaus auch Beispiele dafür, dass die Machthaber selbst ohne großen Druck die Bürgerrechte gestärkt haben, weil es vermutlich ihrem humanistischen Ideal entsprochen hat. Spanien wäre da für mich das Paradebeispiel eines Landes, das sich ohne Gewaltausübung des Volkes von einer faschistischen Diktatur zu einer liberalen Demokratie entwickelt hat. Aber die Regel dürfte das eher nicht sein...

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