Dort wird spekuliert, was Corbyn wohl nach der zu erwartenden Niederlage machen wird. Üblich wäre wohl ein Rücktritt, meint der Economist. Es gäbe aber wohl Anzeichen, dass Corbyn weitermachen wolle. Ein besonders pikantes Detail nennt der Economist:
Für eine (Wieder)Wahl als Labour-Partei-Chef muss man von mindestens 15% der Labour-Abgeordneten vorgeschlagen werden. Was für Corbyn eine Hürde wäre, weil er in der eigenen Fraktion unbeliebt ist (und sicher nicht populärer wird, wenn er die Jobs der Abgeordneten gefährdet). Corbyn hat nun den Antrag gestellt, dass statt 15% in Zukunft 5% der Abgeordneten ausreichen sollen...
Das zeugt einerseits von einer realistischen Selbsteinschätzung der eigenen Popularität. Und zugleich von der Bereitschaft, dennoch weitermachen zu wollen.
PS: Der Economist hat eine Bezahlschranke und erlaubt nur eine Handvoll kostenfreie Artikel pro Monat. Aber es gibt einen Trick: Die Facebook-Seite des Economist enthält einen großen Teil der Economist-Artikel. Und hat keine Bezahlschranke. Das nur als kleiner Tip für alle, die (wie ich) den Economist für die beste Zeitschrift der Welt halten.
Zitat von Florian im Beitrag #176 PS: Der Economist hat eine Bezahlschranke und erlaubt nur eine Handvoll kostenfreie Artikel pro Monat. Aber es gibt einen Trick: Die Facebook-Seite des Economist enthält einen großen Teil der Economist-Artikel. Und hat keine Bezahlschranke. Das nur als kleiner Tip für alle, die (wie ich) den Economist für die beste Zeitschrift der Welt halten.
Dann muss ich ja noch mal darüber nachdenken, eventuell doch ein Facebook-Konto zu eröffnen. Danke für den Hinweis.
Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.
Zitat Tony Blair refuses to back Jeremy Corbyn for prime minister (...) Blair (argued) that people should vote for candidates keeping an open mind on stopping a hard Brexit. “What I’m advocating may mean that. It may mean voting Labour. It may mean, by the way, that they vote Tory, for candidates who are prepared to give this commitment,” he said.
Etwas verklausuliert formuliert. Auf deutsch meint er: "Ich empfehle, Kandidaten zu wählen, die einen "harten Brexit" vermeiden wollen. Und wenn Labour sich hierzu nicht klar bekennt, dann muss man halt Tory wählen".
Aber auch ganz normale Labour-Abgeordnete gehen von der Fahne. Im gleichen Artikel wird ein Labour-MP zitiert:
Zitat “I will not countenance ever voting to make Jeremy Corbyn Britain’s prime minister. (...) I cannot countenance endorsing him for a role which I think even he, although he may say different in front of the cameras, does not think he is fit to carry out.”
Übersetzung: "Ich würde niemals auch nur in Erwägung ziehen, Corbyn zum Premierminister zu wählen. Corbyn glaubt doch selbst nicht, dass er dieser Aufgabe gewachsen wäre - auch wenn er das vor den Kameras behauptet."
Hat man jemals in einem Wahlkampf eine vernichtendere Kritik am eigenen Spitzenkandidaten gehört? Unglaublich, wie sich Labour gerade selbst zerlegt.
Zitat von Martin im Beitrag #181Die Briten müssen halt notfalls die City of London zum Steuerparadies erklären. Das freut die Steuerflüchtlinge von Resteuropa
Steuerflucht (klingt irgendwie wie Republikflucht) braucht entweder Kapitalverkehrsfreiheit oder Reisefreiheit (wenn man Geldkoffer schmuggeln will). Zu der Zeit, als es diese Freiheiten noch nicht so wie heute gab, gab es auch weniger Möglichkeiten zur Steuervermeidung.
Alternativ könnte man natürlich den Brexit abblasen und die gesparten Brexit-Kosten ins NHS stecken.
habe bisher nur eine Agenturmeldung und einen kurzen ORF- Bericht zu den Juncker Aussagen gefunden. Es ist doch eine unglaubliche Aussage:
"Mit launigen Worten hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seinem Ärger über den „Brexit“ Luft gemacht. „Ich habe in meinem Leben zwei große Zerstörer kennengelernt: (Michail) Gorbatschow, der die Sowjetunion zerstört hat, und David Cameron“, sagte Juncker gestern in Rumänien bei einem Gespräch mit Bürgern im Bukarester Nationalen Kunstmuseum. Auf die Frage, ob er befürchte, dass andere EU-Staaten nach dem Vorbild Großbritanniens aus der EU austreten würden, sagte Juncker: „Nein. Denn sie werden bei der Autopsie (der ‚Leiche Großbritannien‘) sehen, dass es sich nicht lohnt.“
Zitat von Kane im Beitrag #184Es ist doch eine unglaubliche Aussage
Finde ich nicht. Es ist wenig schmeichelhaft für Gorbatschow, mit einem Dilettanten wie Cameron verglichen zu werden, aber vom Ergebnis her gesehen paßt es schon.
Zitat von Florian im Beitrag #179Hat man jemals in einem Wahlkampf eine vernichtendere Kritik am eigenen Spitzenkandidaten gehört? Unglaublich, wie sich Labour gerade selbst zerlegt.
Das nennt man Erfolgsrezept! In der Zwischenzeit ist es 1½ Wochen bis zur Wahl und der 18%-Vorsprung der Conservatives vor Labour ist in Umfragen auf 6% zusammengeschmolzen. UKIPs Stimmenanteile haben sich von ca. 18% zur Zeit des Brexit-Referendums auf 4-5% gedrittelt; sicher ist das ein Erfolg vom May, zumindest diese Stimmen mit ihren Verhandlungsankündigungen zu sich zu ziehen. Die Liberaldemokraten haben auch verloren, allerdings nur wenig.
Zitat von Florian im Beitrag #133 Durch die jetztigen Neuwahlen führt May ihr Land aber nun endgültig ins Chaos.
Scheint sich nun zu bewahrheiten. Nach den derzeitigen Hochrechnungen steuert Großbritannien auf ein "Hung Parliament" zu. (D.h. ein Parlament, in dem keine Partei eine absolute Mehrheit hat).
Die Koalitionssuche dürfte spassig werden. Die letzte Koalition mit den Tories ist den LibDem ja nicht gut bekommen. Aber wenn sie es doch noch mal versuchen sollten: Die LibDem waren die einzige Partei, die sich im Wahlkampf klar GEGEN Brexit positioniert haben. Wenn nun May ihre eigene Aussage ernst nimmt, dass die Wahl ihr ein Mandat für die Brexit-Verhandlung geben sollte: wie ist dieses Mandat eigentlich zu interpretieren, wenn sie nun eine Partei zum Weiterregieren braucht, die den Brexit gerade nicht wollte?
So oder so: ziemlich chaotisch.
Und weil es vielleicht wieder aktuell wird: Für Wahlrecht-Afficanados habe ich vor ein paar Jahren mal einen Beitrag verfasst, was im UK passiert, falls ein Parlament KEINEN Premierminister mit absoluter Mehrheit wählt. (siehe hier: Wahl im UK: Die Last der Vergangenheit (2) ). Zur Auswahl stehen: (a) bei mehreren PM-Kandidaten ist derjenige mit den MEISTEN STIMMEN im Unterhaus von der Queen zu ernennen (selbst wenn er keine absolute Mehrheit hat). (b) es ist in diesem Fall der Kandidat der stärksten Parlamentspartei zu ernennen (was durchaus nicht der gleiche sein muss wie bei (a) ) (c) der amtierende PM amtiert weiter, bis das Parlament einen Nachfolger mit absoluter Mehrheit wählt. Die Kurzfassung: dieser Fall ist letztlich nicht geklärt und es gibt auch völlig konträre Rechtsauffassungen. Und wie es sich für Großbritannien gehört sind die Rechtsquellen ohnehin sehr speziell. Ich zitiere mich selbst:
Zitat Einen besonders überraschenden Einblick in die sehr spezielle britische Verfassungswirklichkeit gibt es in dem Dokument übrigens auf S. 18. Dort wird die These aufgestellt, dass ein von einem Verfassungsrechtler vor 60 Jahren anonym (!) in einer Tageszeitung (!) veröffentlichter Leserbrief (!) ein "constitutional document that now guides us" sei. Ganz offensichtlich hat dieser Brief keinen "verfassungsgebenden" Prozess durchlaufen, wie wir das in Deutschland anerkennen würden. Sein Verfassungsrang wird viel mehr daraus gezogen, dass seine Argumentation schlüssig ist und dass ihr von gewichtiger Seite nie deutlich widersprochen wurde.
Zitat von Florian im Beitrag #187Wenn nun May ihre eigene Aussage ernst nimmt, dass die Wahl ihr ein Mandat für die Brexit-Verhandlung geben sollte
Dann wäre jetzt festzustellen, daß der Brexit gescheitert ist. Die Anti-Brexit-Parteien haben die Mehrheit im Parlament - auch wenn sie sich in keinem anderen Punkt einig sind. Schon gar nicht bei der Frage, ob man einen Spinner wie Corbyn zum PM wählen sollte. Der ja auch beim Brexit rumeiert und eigentlich lieber den Beitritt zu einer Sowjetrepublik hätte.
Es ist eigentlich unfaßbar, daß May es geschafft hat gegen Corbyn Stimmen zu verlieren. Die völlig chaotische Art, mit der sie im letzten Jahr die Brexit-Frage gemanaged hat, scheint doch Schleifspuren hinterlassen zu haben.
Zitat von R.A. im Beitrag #189Dann wäre jetzt festzustellen, daß der Brexit gescheitert ist. Die Anti-Brexit-Parteien haben die Mehrheit im Parlament - auch wenn sie sich in keinem anderen Punkt einig sind.
Mooment! Hier steht momentan: Conservatives + DUP 325 Labour + SNP + LibDem + Green + Plaid Cymry + Other (vielleicht kein Euroskeptiker) 314 Sinn Féin (nehmen ihre Sitze gewöhnlich nicht ein, zählen also nicht mit.) 7 noch vakant 4
Und Labour unter Corbyn hat bekanntlich der Vorlage, Art. 50 EUV anzuwenden, zugestimmt, kann also auch als Pro-Brexit-Partei durchgehen. Spannend ist lediglich die Frage, ob ein harter Brexit eine Mehrheit hat.
Zitat von R.A. im Beitrag #189Dann wäre jetzt festzustellen, daß der Brexit gescheitert ist. Die Anti-Brexit-Parteien haben die Mehrheit im Parlament...
Ganz so einfach ist die Sache leider nicht - die Labour-Führung hat sich ja ebenfalls pro-Brexit erklärt, wenn auch die Unterstützung hierfür bei den Labour-Abgeordneten und -Wählern gemischt ist.
Und dann kommt Nordirland ins Spiel. Die DUP ist Partner der Conservative Party und eigenartigerweise pro-Brexit, und zusammen bringen sie (mit einem Stimmenanteil von 43,3%) im Moment 327 Abgeordnete zusammen, eine rechnerische Mehrheit. Wenn sich die Regierung auf die DUP stützen muß, ist es allerdings etwas weniger wahrscheinlich, daß sie das Nordirland-Problem beim Brexit weiterhin einfach ignorieren kann.
Zitat von Fluminist im Beitrag #191die Labour-Führung hat sich ja ebenfalls pro-Brexit erklärt
Jein. Inhaltlich hält Labour den Brexit nach wie vor für falsch, sie haben nur erklärt, das Referendums-Ergebnis zu respektieren. Was natürlich offen läßt, ein weiteres Referendum über ein mögliches Verhandlungsergebnis durchzuführen.
Richtig ist natürlich, daß die Tories mit der DUP eine minimale Mehrheit im Parlament hätten (nicht bei der Wählerschaft, aber das ist in GB ja zweitrangig). Aber ob das reicht, um einen hard-brexit durchzuziehen halte ich für zweifelhaft. Denn es sind ja auch viele Tory-MPs wiedergewählt worden, die zwar zähneknirschend der Parteilinie nach dem Referendum gefolgt sind, aber inhaltlich weiterhin für die EU-Mitgliedschaft sind.
Die Situation ist eigentlich maximal verworren. May hatte eine deutliche Mehrheit, wollte eine noch höhere Mehrheit und damit ein "Mandat" für den Brexit - und ist fulminant gescheitert. Eine Alternative ist aber auch nicht da.
Wie sie jetzt eigentlich noch vernünftig etwas verhandeln soll bliebt unklar.
Zitat von Fluminist im Beitrag #191die Labour-Führung hat sich ja ebenfalls pro-Brexit erklärt
Jein. Inhaltlich hält Labour den Brexit nach wie vor für falsch, sie haben nur erklärt, das Referendums-Ergebnis zu respektieren.
Traditionell sind eigentlich beide Parteien bezüglich der Europa-Fragen jeweils ein Gemischtwarenladen. Wilson mußte seinerzeit seine Partei mit derselben etwas unfeinen (die Parlamentssouveränität locker beiseite schiebend) Methode erfolgreich auf Line bringen, die auch Cameron vorhatte - in diesem Fall leider nitt so erfolgreich.
Möglicherweise ist May wesentlich an ihrem linkischen und vielfach verpatzten Auftreten gescheitert bzw. fast gescheitert, während Cobryn überraschend souverän rüberkam. Solche "weichen" Aspekte sind bei vielen Leuten, die sich nur am Rande für Politik interessieren und sich um Details nicht kümmern, womöglich wichtiger als man sich das als etwas ernsthafter Interessierter so denkt.
Ferner könnte es sein, dass bei vielen Leuten - nachdem das Brexit-Getöse erstmal durch ist - wieder die "normalen" Themen im Vordergrund des Interesses standen, wie der Dauerbrenner National Health Service und dgl., zumal es in Sachen Brexit wiederum hauptsächlich um Emigranten-fernhalten sowie allgemein um Die-da-draußen-nehmen-uns-was-weg geht, was auch in klassischen Labour-Milieus eine attraktive Sicht der Dinge sein kann. Alles Weitere ist abstrakt und was für Politik-Junkies.
Jedenfalls gut, dass ich auf den Wahlausgang keine Wetten abgeschlossen habe. Wäre teuer geworden . Wähler sind halt auch nur Lottokugeln. lich Dennis
Zitat von R.A. im Beitrag #192 Richtig ist natürlich, daß die Tories mit der DUP eine minimale Mehrheit im Parlament hätten (nicht bei der Wählerschaft, aber das ist in GB ja zweitrangig). Aber ob das reicht, um einen hard-brexit durchzuziehen halte ich für zweifelhaft. Denn es sind ja auch viele Tory-MPs wiedergewählt worden, die zwar zähneknirschend der Parteilinie nach dem Referendum gefolgt sind, aber inhaltlich weiterhin für die EU-Mitgliedschaft sind.
Es gibt im Parlament 650 Sitze. Traditionell treten die Sinn Fein-Vertreter die Wahl nicht an, so dass die effektive Zahl auf 643 sinkt. Für eine Mehrheit braucht man also 322 Sitze. Tories + DUP haben 328. Davon muss man noch einen Sitz für den Speaker abziehen (der sich bei Abstimmungen traditionell enthält). Bleiben also 327 Sitze. Das sind 5 über den Durst. Was extrem knapp ist.
Zum einen aufgrund des Personen-Wahlrechts: Wenn ein Abgeordneter ausscheidet, dann rückt nicht ein Listenkandidat nach (wie in Deutschland). Sondern es gibt im jeweiligen Stimmkreis eine Neuwahl. In den letzten 7 Jahren gab es z.B. 31 Nachwahlen, von denen bei 6 ein Abgeordneter einer anderen Partei gewählt wurde. Wenn das in den nächsten 5 Jahren auch nur 3 mal zu Lasten der Regierungsparteien passiert, wäre die Mehrheit futsch.
Zweitens aufgrund der aktuell sehr hitzigen politischen Stimmung in UK. Letztlich hat May ja die Neuwahl angesetzt, weil ihr die bestehende Mehrheit zu schmal erschien, um damit auch schwierige Abstimmungen zum Brexit bestehen zu können. Jetzt ist die Mehrheit noch dünner. Praktisch jeder einzelne Hinterbänkler kann nun die Mehrheit kippen. Sowohl das "Hard-Brexit"-Lager als auch die Brexit-Gegner können nun mit Veto drohen. Und die politisch geschwächte Premierministerin hat dagegen kein gutes Disziplinierungsinstrument mehr. Wie man in dieser Situation die extrem schwierigen Brexit-Abstimmungen durchs Parlament bringen will, ist mir schleierhaft.
Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass eine Tories/DUP-Koalition komplett unerprobt ist. Und speziell die DUP könnte ein komplizierter Partner werden: Einerseits wird der Brexit von DUP wohl unterstützt. Andererseits ist Nord-Irland von den Brexit-Verhandlungen ganz besonders betroffen. Sollte es irgendwelche Anzeichen geben, dass ein Brexit die Unabhängigkeits-Bestrebungen in Nordirland befeuern sollte (bzw. den Wunsch an eine politische Annäherung an die Republik Irland), wird die DUP das sicher nicht mitmachen wollen.
Noch ein anderes interessantes Ergebnis der Wahl: Größter Verlierer ist SNP (von 56 auf 31 Sitze abgestürzt). Damit dürfte zumindest einmal das Thema "erneute Schottland-Abstimmung" vorläufig vom Tisch sein.
Und stimmenmäßig größter Verlierer ist UKIP. (von 12,6% auf 1,8% der Stimmen.). Auch das dürfte zumindest etwas Druck vom Kessel nehmen, was Forderungen nach einem "Harten Brexit" betrifft.
Und noch eine Detail-Anmerkung: Bei den Wählerstimmen haben die Tories ja sogar deutlich zugelegt (von 36,9% auf 42,4%). Dass dies trotzdem zu einem Verlust an Sitzen führte liegt halt auch am britischen Wahlrecht. Und wohl auch an einer total verkorksten Wahlkampf-Strategie. Im Economist habe ich heute gelesen, dass May praktisch ausschließlich in bisherigen Labour-Wahlkreisen Wahlkampf-Auftritte hatte (in der Erwartung, dort Sitze zu holen, was aber nicht funktionierte). Und dabei bestehende Tory-Wahlkreise komplett ignorierte. Selbst sehr knappe Wahlkreise, die dann eben z.T. auch verloren gingen.
Zitat von R.A. im Beitrag #192 Jein. Inhaltlich hält Labour den Brexit nach wie vor für falsch, sie haben nur erklärt, das Referendums-Ergebnis zu respektieren. Was natürlich offen läßt, ein weiteres Referendum über ein mögliches Verhandlungsergebnis durchzuführen.
Man kann natürlich einfach so lange rumreferendieren bis einem das Ergebnis halt irgendwann passt. Täusche ich mich, oder gilt diese Argumentationsweise in Deutschland nicht als wenig demokratisch?
Zitat Aber ob das reicht, um einen hard-brexit durchzuziehen halte ich für zweifelhaft.
Die Frage ist eher, ob es reicht einen(!) Brexit durchzuführen. Eine Alternative zum harten Brexit gibt es nicht, dass hat die EU nun inzwischen mehr als deutlich gemacht. Das kann sich Juncker nun auch beim schlechtesten Willen nicht leisten. Die Briten haben sich nie einen harten Brexit gewünscht, sie haben nur keinerlei Kontrolle darüber etwas daran zu ändern. Hatten sie auch nie.
Man darf sich bei der ganzen Argumentation ja auch fragen: Was bitte ist denn ein "weicher" Brexit? Einseitiges Akzepztieren von allen Brüsseler Forderungen, gleichzeitiges Akzeptieren der Bedingungen für Freizügigkeit, weiteres Bezahlen der Eurokratie und am Ende noch für den Binnenmarkt betteln? Ist das das, was Du Dir vorstellst? Schonmal eine Scheidung gesehen?
Zitat Denn es sind ja auch viele Tory-MPs wiedergewählt worden, die zwar zähneknirschend der Parteilinie nach dem Referendum gefolgt sind, aber inhaltlich weiterhin für die EU-Mitgliedschaft sind.
So lange sie nicht im Wahlkampf klar gemacht haben, dass sie dagegen sind, können sie dann auch weiterhin die Klappe halten.
Zitat Wie sie jetzt eigentlich noch vernünftig etwas verhandeln soll bliebt unklar.
Genauso klar wie vorher auch schon. GB wird in den nächsten Wochen einen Premier wählen. Und dieser hat dann eben ein Verhandlungsmandat. Das der Premier stark oder schwach fundiert ist, ändert ja nichts an seinem Mandat. Laschet wird mit der FDP mit einer Stimme Mehrheit regieren. Deswegen hat er immernoch das Mandat für NRW Verhandlungen zu führen.
Zitat von Florian im Beitrag #194Traditionell treten die Sinn Fein-Vertreter die Wahl nicht an, ...
Ich bin mal gespannt, ob das so bleibt. Diese Tradition hat ja ihren inhaltlichen Sinn schon längst weitgehend verloren. Es gibt m. W. durchaus Diskussionen innerhalb von Sinn Fein, doch im Parlament mitzumachen (die gewählten Abgeordneten haben daran natürlich auch ein gewisses Eigeninteresse ...). Und jetzt wäre natürlich der ideale Zeitpunkt, um einen Kurswechsel zu begründen: Wenn die pöse DUP auf der Gegenseite in die Regierung geht, dann wäre es logisch, wenn Sinn Fein die Opposition verstärkt. Und wenn es bei den Brexit-Verhandlungen um das künftige Verhältnis zwischen Nordirland und Irland geht, sollte Sinn Fein eigentlich aktiv die Interessen ihrer Wähler vertreten.
Zitat Was extrem knapp ist.
Richtig. Man denke an die Regierung Major nach der Wahl 1992. Da war die Mehrheit mit 336 Sitzen viel sicherer als heute die von May, und doch viel zu knapp um die Legislaturperiode zu überstehen.
Zitat Wie man in dieser Situation die extrem schwierigen Brexit-Abstimmungen durchs Parlament bringen will, ist mir schleierhaft.
Das sehen wohl alle Beobachter so.
Zitat Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass eine Tories/DUP-Koalition komplett unerprobt ist.
Nicht ganz. Auch Major hat sich in seinen letzten Amtsmonaten auf die DUP stützen wollen, um noch eine Mehrheit zu haben. Und ist damit ins Desaster gefahren. Insofern gibt es schon Erfahrungen, die sind aber negativ für die Tories.
Zitat von Llarian im Beitrag #196Man kann natürlich einfach so lange rumreferendieren bis einem das Ergebnis halt irgendwann passt.
Wenn sich die Verhältnisse ändern, kann man ein Referendumsergebnis ähnlich durch ein neues Ergebnis ersetzen wie man ein Wahlergebnis durch ein neues ersetzt.
May hat gerade (trotz gegenteiliger Versprochen vorher) eine neue Parlamentswahl durchgeführt. Mit ähnlicher Berechtigung könnte man auch ein neues Referendum durchführen und die erzielten Verhandlungsergebnisse (oder das Fehlen derselben) zur Abstimmung stellen.
Zitat Eine Alternative zum harten Brexit gibt es nicht
Natürlich gibt es die, und die EU hat das auch angeboten. Der "hard brexit" steht eigentlich nur im Raum weil die Briten sich nicht entscheiden können, welche ihrer realitätsfernen Forderungen sie im Zweifelsfall nach hinten stellen. Als May den Schwenk zum Pro-Brexit-Lager machte hat sie sich eben nicht ehrlich gemacht und klargestellt, daß die von UKIP und Co. gemachten Versprechungen für die Tonne sind und ein realistischer Brexit anders aussehen würde.
Zitat Die Briten haben sich nie einen harten Brexit gewünscht ...
Was sie sich mit erster Priorität gewünscht haben, das war mit Johnsons Worten: "Our policy is having our cake and eating it." Und damit haben die Brexiteers auch das Referendum gewonnen.
Aber dieses Versprechen war natürlich völliger Unsinn. Und wenn sie das nicht kriegen, das war dann Mays Folgerung, wäre halt der hart brexit die nächste Option.
Zitat Was bitte ist denn ein "weicher" Brexit?
Zum Beispiel die Schweizer oder die Norweger Variante. Leicht unterschiedlich, aber mit vernünftigen und für beide Seiten akzeptablen Regelungen. Und eine dritte britische Variante ist auch jederzeit möglich (und immer noch mit der EU verhandelbar), aber halt nur mit einem fairen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung.
Zitat Das der Premier stark oder schwach fundiert ist, ändert ja nichts an seinem Mandat.
Kann man so sehen, hat May bisher anders gesehen. Sie hat ja die Neuwahlen explizit damit begründet, sie bräuchte ein klares Mandat.
Auf jeden Fall: Sie kann und wird jetzt versuchen zu verhandeln. Aber ob sie im Parlament jemals eine Mehrheit dafür bekommt, das ist ziemlich offen.
Zitat von Florian im Beitrag #187Wenn nun May ihre eigene Aussage ernst nimmt, dass die Wahl ihr ein Mandat für die Brexit-Verhandlung geben sollte
Es ist eigentlich unfaßbar, daß May es geschafft hat gegen Corbyn Stimmen zu verlieren.
Die Konservativen haben bei der Wahl über 2,3 Millionen Stimmen hinzugewonnen und ihren prozentualen Anteil um 4,5% gesteigert.
Zitat Die völlig chaotische Art, mit der sie im letzten Jahr die Brexit-Frage gemanaged hat, scheint doch Schleifspuren hinterlassen zu haben.
Das Problem war wohl eher, dass die Lady weder Wahlkampf noch PR kann (das legen die Ergebnisse in Schottland nahe), während Corbyn wohl das zu sein scheint, was man gemeinhin als "Rampensau" bezeichnet, attraktiv ist er ohnehin und seine Ausstrahlung ist wohl auch nicht gerade sonderlich unsympathisch.
Zitat Wesentlich für den Niedergang von Labour ist natürlich auch, dass sich deren frühere Hochburg Schottland, wo die Tories schon immer schwach waren, komplett erledigt hat und von der SNP übernommen wurde.
Was beim letzten Mal aber eher ein Zufall im Zusammenhang mit dem Schottland-Referendum war. Durch die Neuwahl jetzt wird das wohl zementiert - die Tories werden wohl keinen Sitz mehr außerhalb von England und Wales behalten und die SNP Schottland weitgehend übernehmen.
Dadurch forciert May die Spaltung des Vereinigten Königreichs. Es wird dann völlig klar, daß der Brexit ein rein englisches Projekt ist, daß nur mit englischen MPs gegen die übrigen Landesteile durchgedrückt wird.
13 Sitze für die Tories (+12), auch Labour erobert Sitze zurück, selbst die Liberaldemokraten erobern Sitze zurück.
Soviel zum "rein englische[m] Projekt Brexit" und zur weitgehenden Übernahme Schottlands durch die SNP.
Zitat von R. A.Schon komisch - gerade die Brexiteers haben sich so sehr über das "Versagen" der Auguren gefreut. Und jetzt sollen die doch wieder richtig liegen?
Werter R. A., da lagen die Auguren doch tatsächlich wieder mal voll daneben:
Statt den bis zu 12 Sitzen reichte es dann am Ende - wie oben schon erwähnt - sogar für 13 Sitze für die Tories.
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