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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Tristram Shandy Offline



Beiträge: 46

07.03.2022 19:37
#126 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #121
Wo ist denn Ihr Problem mit der NATO-Osterweiterung?
Die Frage ist ernst gemeint. Denn zusammengeschlossen ist die NATO klar stärker als Russland und wenn diese es nun in die Schranken weisen wollen, wäre das ja nach dem selben Recht legitim.

Ich habe gar kein Problem mit der NATO-Osterweiterung. Aber Russland hat ein Problem damit, und das auch mehr als deutlich gemacht. Und Russland ist stark genug, um den Preis für alle, die ihm auf die Füße treten wollen, in sehr unangenehme Höhen zu treiben.
Womit ich ein Problem habe, sind Politiker, die das nicht sehen können oder wollen und dadurch solch ein Fiasko wie jetzt anrichten, das mit Leichtigkeit hätte verhindert werden können. Und zwar zum Vorteil aller(!) Beteiligten.

Kurze Expedition ins Tierreich: Ein Wolf, der den Igel fressen will, ist auch der Stärkere. Aber nach ein paar Stacheln in der Nase wird er einen Rückzieher machen, wenn er klug ist und sich nicht selbst schaden will. Das, was ich das Recht des Stärkeren" genannt habe, ist ja kein binäres Konzept.

Zitat von Johanes im Beitrag #121
Dann hätte ich eine andere Frage:
Wieso betrachte Sie das auf Eben der Staaten, nicht auf Ebene der einzelnen Menschen?

Auch wiederum ernst gemeint.

Auf der zwischenmenschlichen Ebene gilt das ebenso, idealerweise aber deutlich eingeschränkt durch einen funktionierenden Rechtsstaat.
Großmächten ist mit juristischen Mitteln viel weniger beizukommen als Einzelpersonen.



Heute gehört uns Deutschland, und morgen der ganzen Welt...

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.559

07.03.2022 21:37
#127 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Es geht los.

Zitat von 07. März 2022
Der Ölkonzern Shell hat wegen der angespannten Marktlage den Verkauf von Heizöl, Diesel und anderen Produkten an einige Großkunden in Deutschland vorerst eingeschränkt. Das geht aus einem Schreiben von Shell Deutschland vom Montag hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Als Grund werden darin „massive Verwerfungen und Verknappungen auf den Energiemärkten“ infolge des Kriegsausbruchs in der Ukraine, der folgenden Sanktionen und der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemieflaute genannt. Zunächst hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet.

Um weiterhin vertraglich zugesagte Verpflichtungen erfüllen zu können, schränke man den sogenannten Spotverkauf ein – also den aktuellen Verkauf von Öl, Diesel und anderen Produkten ohne vorherige Vereinbarungen. Man setze alle Hebel in Bewegung, „die Lieferketten bestmöglich zu stabilisieren“, es sei jedoch schwer absehbar, wie sich die Lage entwickle, hieß es. Eine Sprecherin des Unternehmens wollte die Entwicklung auf Anfrage zunächst nicht kommentieren.“



https://www.wiwo.de/unternehmen/industri...n/28140060.html

PS.

Zitat
Vize-Regierungschef im TV - Russland droht uns mit Gas-Lieferstopp

07.03.2022 - 21:40 Uhr

Russland hat nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine erstmals offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht.

„Wir haben das volle Recht, eine „spiegelgerechte“ Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1, die heute maximal mit 100 Prozent ausgelastet ist“, sagte der russische Vize-Regierungschef Alexander Nowak in einer am Montagabend ausgestrahlten Rede im Staatsfernsehen.

„Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei“, sagte Nowak. Allerdings sehe sich Russland inzwischen durch die europäischen Politiker und ihre Anschuldigungen in diese Richtung gestoßen.






https://www.bild.de/politik/2022/politik...t=1646685469989



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Johanes Offline




Beiträge: 2.639

07.03.2022 23:03
#128 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #124
1. Der Umfang. Ein oder zwei Kontinente beherrschend? Oder tatsächlich die ganze Welt ordnend? In Anspruch genommen haben das auch Rom und China. Aber die dachten ihr Teil des Erdkreises sei das Zentrum der Welt. Wirklich den ganzen Planeten umspannend ist sowieso erst mit heutiger Technik und Wissen vorstellbar und erst heute tatsächlich realistisch geworden.


Ich weiß nicht, wieso das so relevant sein sollte. Wenn der Wirkungskreis der Menschen um das Jahr 0 () eh das römische Weltreich war, wo ist da effektiv der Unterschied?

Zitat von Techniknörgler
Der Nationalstaatsgedanke mit seinem Ideal der nationalen Souveränitiät und dem Selbstbestimmungsrecht der Nationen ist viel, viel jünger.



Ds hat man mir auch beigebracht. Die Frage ist, ob es sowas ähnliches nicht auch schon früher gab. Die Römer haben den unterworfenen Völkern das römische Recht nicht direkt aufgedrängt. Viele Gebiete Roms blieben soweit ich weiß Clientelstaaten, bis es in der Spätantike oder Byzanz irgendwann einfach selbst von den Bewohnern selbst vergessen wurde.

Und es gibt ja anscheinend einige Zitate z. B. von Augustinus, die da eine kritische Haltung erkennen lassen.

Zitat von Techniknörgler
Aber der akademisch-progressive Kosmopolit denkt gar nicht, dass Amerika im besonderen oder Europa im besonderen oder der Westen als ganzes die zivilisatorische Krone darstellen.



Richtig, er glaubt nur, dass die Werte, die hier vorherrschen (und deren Genese man historisch hier zurückverfolgen kann), zufällig auch die allgemeingültigen Werte für alle sind.

Im Ernst: Diese Debatte hatten wir doch zu NeoCon-Bush-Zeiten ebenfalls.
Seltsamerweise waren es da grade die Kosmopoliten, die einerseits den Universalismus der Bush-Administration ablehnten, die Menschenrechte (zumindest offiziell) vor Völkerrecht stellten, andererseits aber grade im Sinne dieser Menschenrechte argumentierten.
Der Bruch kam meines Erachtens erst später.
Ich kann selbst hier im kleinen Zimmer alte Threads raussuchen, wo über den afghanischen Frühling geschrieben wurde. Aus heutiger Sicht eine epochuale Fehleinschätzung. Vielleicht auch nur Pech.

Und: Viele Menschen aus dem Milieu sind Kulturrelativisten oder stehen diesen Denkmodell zumindest nahe.

Zitat von Techniknörgler
Er meint über solchen Dingen zu stehen und abstrakte, nicht-kulturelle universelle Werte erkannt zu haben und zu vertreten.



Gibt es da keine Subtypen?

Zitat von Techniknörgler
Und jeder der guten Willens ist und nicht Dumm, der kann das auch und würde das auch. Nicht unbedingt von selber, aber zumindest sobald jemand diese Werte von jemandem erklärt (oder sollte ich sagen offenbart?) bekommt, der sie schon verinnerlicht hat. Klappt das nicht, na dann ist jemand nicht guten Willens oder Dumm - oder beides. Oder zu alt. Dann muss man sich an die jungen Menschen wenden. Möglichst früh. Am besten über das Bildungssystem. Das dieses Weltbild de-facto im Westen besser Fuß fassen kann als in anderen Kulturkreisen ficht da nicht an. Es stört auch nicht, ein evt. "Amerikanisches Imperium" ist da nur das Werkzeug um sich in einem dialektischen Prozess selber zu überwinden - zugunsten eine supra- und postnationalen Weltordnung (denn der alte, angebliche "Amerikanische Imperialismus" wird wiederum mit Nationalismus in einen Topf geworfen und dann auch so genannt, entsprechend gilt dessen Überwindung als "postnational" und nicht "postimperial").



Ihre Erklärung ist interessant und lesenswert.
Das erinnert mich an so manche zurückliegende Debatte, sowohl mit Linksliberalen Antiwestlern als auch mit Kulturrelativisten.

Die Idee mit der Dialektik ist übrigens rundheraus genial.
Ich verstehe diese Denkschule zwar nicht, aber ich habe eine etwaige Vorstellung, wohin das führen könnte. Man muss sozusagen den Widerspruch verarbeiten, dass man die weltweit einzige Macht hat, die formal universelle Werte vertritt.

Zitat von Tristram Shandy im Beitrag #125
Und wenn Sie schon nichts Substantielles beizutragen haben, verschonen Sie mich wenigstens mit Ihrer plumpen Rabulistik.


Ich möchte mich auch entschuldigen, wenn ich den Ton angezeizt habe. ich bin nur ein Mensch...

Zitat von Tristram Shandy im Beitrag #126
Aber Russland hat ein Problem damit, und das auch mehr als deutlich gemacht. Und Russland ist stark genug, um den Preis für alle, die ihm auf die Füße treten wollen, in sehr unangenehme Höhen zu treiben.


Um das noch mal zu sagen: Mit der verantwortungsethischen Position habe ich verständnis.
Ich finde auch, dass wir die so handeln sollten, um einen Atomkrieg zu vermeiden. Das mag zwar sein, dass man da rein Werteorientiert anders handeln würde. Die Anwesenheit von A-Bomben relativiert das aber.

Zitat von Tristram Shandy
Auf der zwischenmenschlichen Ebene gilt das ebenso, idealerweise aber deutlich eingeschränkt durch einen funktionierenden Rechtsstaat.
Großmächten ist mit juristischen Mitteln viel weniger beizukommen als Einzelpersonen.



Das meinte ich eigentlich nicht.

Ich meinte, wieso kalkulieren Sie nicht aus Sicht eines Russen oder eines Deutschen, also eines einfachen Bürgers, diese Situation?



"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12)
"Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

07.03.2022 23:42
#129 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #128
Ich weiß nicht, wieso das so relevant sein sollte. Wenn der Wirkungskreis der Menschen um das Jahr 0 () eh das römische Weltreich war, wo ist da effektiv der Unterschied?


In der Tat, für die Menschen die in oder um das römische Reich herum lebten, so gut wie keiner. Genauso bzgl. China und seinen Einflussbereich. Es gab aber durchaus Länder dazwischen, die von beiden Reichen wussten und mit beiden (Fern-)Handel betrieben. Und für die offenbarte sich das ganze als multipolare Welt.

Es stimmt aber, für die meisten Menschen in einem der unmittelbaren Einflussgebiete gab es so gut wie keinen Unterschied mit den damaligen technischen Reise- und Kommunikationsmöglichkeiten.

Daher habe ich ja auch mit dem schwächsten Unterscheidungskriterium begonnen

Das bessere Kriterium finde ich in der Tat das dritte (die weltanschauliche/ideologische Perspektive).

Zitat von Johanes im Beitrag #128
Ds hat man mir auch beigebracht. Die Frage ist, ob es sowas ähnliches nicht auch schon früher gab. Die Römer haben den unterworfenen Völkern das römische Recht nicht direkt aufgedrängt. Viele Gebiete Roms blieben soweit ich weiß Clientelstaaten, bis es in der Spätantike oder Byzanz irgendwann einfach selbst von den Bewohnern selbst vergessen wurde.



Eben, typisch Imperium. Die Clientstaaten sind ja nicht Souverän. Sie dürfen ihre eigenen Gebräuche, Traditionen und Gesetz pflegen und sich größtenteils Selbstverwalten - solange es nicht den Interessen des römischen Reiches zuwieder läuft. Also keine Allianzen mit Feinden der Römer, keine ungenehmigten Allianzen untereinander, welche Rom gefährlich werden konnten, Beachtung des von Rom gesetzten "Völkerrechtes" zur geordneten Regulierung des Interaktionen zwischen den Vasallenstaaten (im Interesse des römischen Reiches für einen prosperierenden Handel), Steuer- und Tributzahlungen und Respekt für die besondere Rechtsstellung römische Bürger (unterlagen natürlich nicht der örtlichen Gerichtsbarkeit).

Wenn da jemand "Römer, geht nach Hause!" aufs Aquädukt geschrieben hätte... Also mit Respekt vor "Nationaler Souveränität" war da nichts.

Eher ziemlich ähnlich zur Vision eines Russischen Imperiums mit mehreren Teilrepubliken und darum dann noch eine Einflussphäre mit Staaten, der "nationale Souvränität" durch imperiale Interessen Russlands eingeschränkt ist.

China dagegen hatte in seinen offiziellen Grenzen eine erstaunliche kulturelle Homogenität durchgesetzt, drum herum aber auch noch Vasallenstaaten mit ihrer eigenen Kultur zugelassen, die Tribut errichten und die chinesische Ordnungsmacht anerkennen mussten. Imperium halt.

Zitat von Johanes im Beitrag #128
Richtig, er glaubt nur, dass die Werte, die hier vorherrschen (und deren Genese man historisch hier zurückverfolgen kann), zufällig auch die allgemeingültigen Werte für alle sind.


Ja, das ist schon ein erstaunlicher Zufall...

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Llarian Offline



Beiträge: 7.121

08.03.2022 00:10
#130 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #121
Die "Putinversteher" versuche ja auch gar nicht unbedingt, die russische Version zu teilen, sondern denken sich "wahre Motive" hinter den Lügen aus. Damit stimmen sie stillschweigend zu, dass Russlands Begründung falsch ist.

Das Putin Märchen erzählt weiß glaube ich so ziemlich jeder. Ich glaube der Dissenz liegt nicht in der Wahrnehmung der Tatsachen sondern eher in deren Bewertung. Und da wird es auch etwas diffizil beim Begriff des "Putin-Verstehers". Denn eigentlich ist es ja löblich und sinnvoll einen mächtigen Menschen zu verstehen. Wenn man die Ursache versteht, dann kann man Handlungen besser vorhersagen. Genauso versucht man ja auch Serienkiller oder andere Diktatoren zu verstehen, ohne deswegen mit Ihnen Sympathie zu hegen. Das Problem besteht aber zumindest für mich darin, dass die meisten "Putin-Versteher" weniger von dem Streben nach Wissen sondern der anderen Seite, dem "Verständnis" im Sinne von Sympathie erlegen sind. Es ist ein Unterschied zwischen "Ich verstehe was ein Serienkiller tut" und "Ich habe Verständnis für das, was der Serienkiller tut". In Deutschland sind viele Leute mit einem recht gnadenlosen Hass auf die Amerikaner sozialisiert worden, gepaart mit einem großen Verständnis für die UDSSR. Sowas prägt. Vor allem im deutschen Osten. Und da ist es gar nicht mehr wichtig ob Putin Lügen erzählt oder Unrecht handelt: Er ist sozusagen "unser" Diktator, während die Amerikaner sich auf den Kopf stellen können, sie werden immer der Feind sein.

Zitat

Wie meinen Sie das?
- Wenn Sie jetzt aktuell nach Russland auswandern würden oder
- Wenn Sie direkt in Russland geboren worden wären?


Beides wäre richtig, aber gemeint war das erste. Ich habe zu oft die Argumentation gehört: Ich könnte ja auch jederzeit da und dorthin gehen, da ginge es mir auch nicht schlechter. Das ist meistens falsch. Ich beschäftige mich ja nun nicht erst seit gestern mit dem Gedanken Deutschland zu verlassen. In mehr oder minder starker Ausprägung begleitet mich das seit fast zwei Jahrzehnten. Und da nimmt man so einige Ziele ins Auge: die USA, Neuseeland, Kanada, die Schweiz, aber eben auch Polen oder Litauen. Und ja, sogar Russland (hat was mit meiner Branche zu tun). Und man wägt da vieles ab, was man wo verdient, was das für die Kinder bedeutet, etc. pp.
Und jetzt speziell auf Russland runtergebrochen, so kann ich mit der russischen Lebensart sehr viel anfangen, ich habe auch mal ein halbes Jahr russisch angefangen (und das hat mir durchaus gelegen). In Russland ist kulturell die Welt noch in Ordnung. Männer sind noch Männer und Frauen sind noch Frauen. Die ganze eklige PC, die uns hier mehr und mehr die Gesellschaft vergiftet, existiert dort allenfalls in Randbereichen. Und dennoch würde ich Russland heute schnell aussortieren. Nicht wegen Putin, sondern ganz schnöde des Geldes wegen. Ich bin Ingenieur. Ich bin Informatiker. Und kein schlechter. Und trotzdem werde ich in Russland keinen Arbeitgeber finden, der mit mal eben das achtfache des Durchschnittlohns bezahlt. Wenn ich aber weniger annehme, dann verschlechtere ich mich deutlich. Und das gilt für die meisten östlichen Länder. Ich kann mir sehr gut vorstellen in Polen zu leben, aber ich stelle mir nur ungern vor von eine polnischen Gehaltsscheck zu leben. Ich würde meinen Lebensstandard einfach senken. Natürlich ist der Leidensdruck in Deutschland irgendwann so groß, dass man trotzdem geht. Das war aber bis heute eben noch nicht der Fall (aber die Regierung ist redlich bemüht. :) ).

Zitat
Mein Eindruck ist, dass die Osteuropäer sozusagen dafür "bestraft" werden, dass sie im Sozialismus lebten. Ebenso wie heute die Menschen aus Venezuela oder Kuba.


Aber hallo. Die meisten Leute realisieren kaum was für ein Glück sie haben in einem vergleichsweise(!) freien Land zu leben. Und sie vergessen noch lieber, wem sie das verdanken.

Zitat
Deshalb sollte man schon aus Eigeninteresse daran arbeiten, dass die eigene Umgebung nicht in Armut versinkt.


Schon. Aber der Zug ist für Deutschland zunehmend abgefahren. Ich glaube nicht, dass sich das noch verhindern lassen wird. Ist aber ein eigenes Thema.

Zitat
Ich frage mich, was das wohl für uns bedeuten wird.


Nix. :)
Bis China Deutschland überholen wird, wird es noch so gute 10 Jahre dauern, wenn wir Glück haben 20. Das wird dann natürlich Auswirkungen haben. Aber das Überholen von Russland ist ein rein statistischer Wert ohne große Folgen. Ich wollte damit nur klar machen, wovon wir hier reden. Russland ist das größte Land der Welt mit Bodenschätzen, die einzigartig sind (und einer unglaublichen(!) Schönheit, nur am Rande vermerkt). Aber es ist kein reiches Land. Und es wird furchtbar schlecht regiert.

Johanes Offline




Beiträge: 2.639

08.03.2022 00:58
#131 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #130
Das Putin Märchen erzählt weiß glaube ich so ziemlich jeder.


Das ist ehrlich gesagt auch das, was mich so stark irritiert. Bisher hatte ich den subjektiven Eindruck, dass Russlands Propaganda da einfach besser war.

Das erinnert mich immer ein wenig an diesen Beitrag hier:
Quo vadis EU?

Vorsicht, ist natürlich auch wieder ein Stück weit Propaganda.

Zitat von Llarian
In Deutschland sind viele Leute mit einem recht gnadenlosen Hass auf die Amerikaner sozialisiert worden, gepaart mit einem großen Verständnis für die UDSSR. Sowas prägt. Vor allem im deutschen Osten.



Das Problem des Anti-Amerikanismus, wie wir ihn haben, kommt eher aus den Westen. Meines Erachtens handelt es sich um einen US-Import. So absonderlich das vielleicht auch klingt.

Abgesehen davon kann ich eine gewisse Reserviertheit der Europäer gegenüber den Amerikaner inzwischen verstehen. Führt aber zu weit.

Zitat von Llarian
In Russland ist kulturell die Welt noch in Ordnung. Männer sind noch Männer und Frauen sind noch Frauen. Die ganze eklige PC, die uns hier mehr und mehr die Gesellschaft vergiftet, existiert dort allenfalls in Randbereichen.



Ich höre da eine gewisse Ironie raus. Und ja, das wird wohl auch Grund für manche Sympathien seien.

Wobei ich mich ehrlich gesagt schon frage, ob viele Leute, die sich an PC stark stören, sich in einer 100% Non-PC-Umgebung deshalb wohler fühlen würden.

Zitat von Llarian
Aber hallo. Die meisten Leute realisieren kaum was für ein Glück sie haben in einem vergleichsweise(!) freien Land zu leben. Und sie vergessen noch lieber, wem sie das verdanken.



Jain.

Gewisse Dankbarkeit ist da, aber man sollte nicht vergessen, dass die entscheidungstreffenden und ausführenden Leute wahrscheinlich heute bestenfalls im Rentenalter sind. Allen Unkenrufen zum Trotz haben es die Deutschen auch irgendwie geschafft, in den letzten 2 bis 3 Generationen in einer relativ friedlichen, freiheitlichen und wohlhabenden Gesellschaft zu leben. Ja, auch in Corona gibt es Gerichtswege und Wahlen und so weiter.
Ich wäre jedenfalls nicht bereit, mich bei jemanden zu bedanken, weil der zufällig grade in den USA geboren wurde, nur weil ich hier in Europa geboren wurde.

Es ist zwar richtig, dass wir das historisch gesehen den Amerikanern verdanken, aber das eben langsam ein historischer Fakt. Genauso wie die Hilfe des Kontinentes vor, während und nach des Unabhängigkeitskrieges.

Die Amerikaner, das ist mein Eindruck, wollen so langsam aus Europa ganz raus und wir sollten dann über die EU oder eine Nachfolgeorganisation unsere eigenen Interessen vertreten.

Das sage ich übrigens, obwohl ich bisher immer den atlantischen Standpunkt vertreten habe und auch heute denke, dass wir viele Ähnlichkeitne mit den USA haben.

Zitat von Llarian

Zitat
Deshalb sollte man schon aus Eigeninteresse daran arbeiten, dass die eigene Umgebung nicht in Armut versinkt.


Schon. Aber der Zug ist für Deutschland zunehmend abgefahren. Ich glaube nicht, dass sich das noch verhindern lassen wird. Ist aber ein eigenes Thema.

Zitat
Ich frage mich, was das wohl für uns bedeuten wird.


Nix. :)
Bis China Deutschland überholen wird, wird es noch so gute 10 Jahre dauern, wenn wir Glück haben 20. Das wird dann natürlich Auswirkungen haben. Aber das Überholen von Russland ist ein rein statistischer Wert ohne große Folgen. Ich wollte damit nur klar machen, wovon wir hier reden. Russland ist das größte Land der Welt mit Bodenschätzen, die einzigartig sind (und einer unglaublichen(!) Schönheit, nur am Rande vermerkt). Aber es ist kein reiches Land. Und es wird furchtbar schlecht regiert.




Das zusammenfassend: Russland hat meines Erachtens die Rohstoffe und die Intelligenz, um erheblich besser zu leben als sie es jetzt tun.
Meines Erachtens hat die relative Armut dieses Landes und die schrecklichen Folgen daraus, viel mit der Geschichte der Sowetunion zu tun.

Wobei man jetzt durchaus auch argumentieren kann, dass der Zusammenbruch der SU jetzt über eine Generation zurückliegt man immer noch nichts geschafft hat. Es verjährt sozusagen.

Es wird ja einen Tag nach dieser Krise geben, hoffe ich. Man wird sich dann fragen müssen, wie man Russland wieder in die Weltgemeinschaft integriert und unter welchen Bedingungen...

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #129
China dagegen hatte in seinen offiziellen Grenzen eine erstaunliche kulturelle Homogenität durchgesetzt, drum herum aber auch noch Vasallenstaaten mit ihrer eigenen Kultur zugelassen, die Tribut errichten und die chinesische Ordnungsmacht anerkennen mussten. Imperium halt.


Siehe meinen Link oben.

Zitat
Zitat von Johanes im Beitrag #128
Richtig, er glaubt nur, dass die Werte, die hier vorherrschen (und deren Genese man historisch hier zurückverfolgen kann), zufällig auch die allgemeingültigen Werte für alle sind.


Ja, das ist schon ein erstaunlicher Zufall...



Wobei ich die Diskussion über westliche Werte schon mal hatte und ich habe sie verloren.
Wenn man einige der intellektuellen Herleitungen der Menschenrechte, Demokratie, Freiheit usw. nimmt, scheinen die schon allgemeingültig und sowas.

Es ist ja auch eine Frage: Sind die westlichen Werte ein AddOn zur westlichen Kultur oder nur eine Errungenschaft dieser Kultur?
Im Falle der newtonischen Axiome, Dampflocks oder der Evolutionstheorie würde ja auch niemand argumentieren, dass das etwas spezifisch westliches ist, das dann für andere Kulturen nicht gilt. Bzw. so argumentieren Personen, aber in der Praxis nehmen das die anderen Kulturen nicht so wahr.

Die Fragestellung führt uns dann wirklich in Abgründe, fürchte ich.



"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12)
"Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

08.03.2022 08:43
#132 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #130
Das Putin Märchen erzählt weiß glaube ich so ziemlich jeder. Ich glaube der Dissenz liegt nicht in der Wahrnehmung der Tatsachen sondern eher in deren Bewertung. Und da wird es auch etwas diffizil beim Begriff des "Putin-Verstehers". Denn eigentlich ist es ja löblich und sinnvoll einen mächtigen Menschen zu verstehen. Wenn man die Ursache versteht, dann kann man Handlungen besser vorhersagen. Genauso versucht man ja auch Serienkiller oder andere Diktatoren zu verstehen, ohne deswegen mit Ihnen Sympathie zu hegen.


So ist es, lieber Llarian. Solange man des Täters noch nicht habhaft ist, empfiehlt es sich sogar, sich sehr gründlich in seine Lage zu versetzen, gleichsam in seine Schuhe zu steigen. Nennt sich operative Fallanalyse oder profiling. Gerade bei cold cases geht es aber immer auch um die Fehleranalyse auf der eigenen Seite, mit Blick auf vergangene Polizeiarbeit. Ohne jetzt die Diskussion zu strategischen Fehlern der NATO erneut oder kleinteilig eröffnen zu wollen ein paar allg. Gedanken zu "Lageanalyse" im Land, wie ich sie den meisten Medien entnehme und die auch hier im Forum von vielen vertreten zu werden scheint. Zusammengefaßt lautet sie:

Die NATO hat in den letzten 20 Jahren (a priori, axiomatisch) keinerlei Fehler gemacht, und also ist der Iwan irre geworden. Manch einer brüllt dann anschließend noch ein BASTA! (GROßBUCHSTABEN, GANZ WICHTIG!) hinterher.

Der erste Teilsatz ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch und so überzeugend, als wolle man behaupten, man selbst habe in den letzten 20 Jahren keinerlei Fehler gemacht, oder, treffender noch: die EU habe in den letzten 20 Jahren keinerlei Fehler gemacht. Tatsächlich sind die Organisationsstrukturen von NATO und EU in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Beides supranationale Behördenstrukturen. Fehler, insbesondere Fehleinschätzungen sind bei beiden systemisch angelegt. Die Frage ist nicht, ob die NATO Fehler gemacht, sondern welche.

Der zweite Teilsatz ist zirkulär; der erklärt überhaupt nichts. Auch dann nicht, wenn man den Platzhalter "irre" ersetzt durch Verbrecher, Diktator, Unmensch, Schwein oder sonstwas. Nichts sagend und nichts erklärend.

Beide Teilsätze sind aussagenlogisch (aus A folgt B) miteinander verknüpft. Man verknüpft also einen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falschen Teilsatz mit einem absolut Nichtssagenden und betrachtet das dann als hinreichende Lageanalyse. Kein Wunder, daß man für diese Glanzleistung ein BASTA braucht oder anschließend (wie aktuell viele Medien) den Atomkrieg unmittelbar bevorstehen sieht.

Ich sehe aktuell deutliche Merkmale kollektiver Besoffenheit, oder nein, das trifft es nicht. Eher kollektiver Furor. Das war bei Corona so (Leugner!) und geht mit der Ukraine (Versteher!) nahtlos so weiter, nur daß die Akteure z. T. getauscht haben, sozusagen die Täter-Opfer-Rollen gewechselt sind. Strukturell passiert jedoch das exakt gleiche: Majorität verprügelt Minorität.

Herzliche Grüße,
Andreas

How about another joke, Murray?

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.03.2022 09:34
#133 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #132
Die NATO hat in den letzten 20 Jahren (a priori, axiomatisch) keinerlei Fehler gemacht, und also ist der Iwan irre geworden. Manch einer brüllt dann anschließend noch ein BASTA! (GROßBUCHSTABEN, GANZ WICHTIG!) hinterher.Der erste Teilsatz ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch und so überzeugend, als wolle man behaupten, man selbst habe in den letzten 20 Jahren keinerlei Fehler gemacht, oder, treffender noch: die EU habe in den letzten 20 Jahren keinerlei Fehler gemacht. Tatsächlich sind die Organisationsstrukturen von NATO und EU in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Beides supranationale Behördenstrukturen. Fehler, insbesondere Fehleinschätzungen sind bei beiden systemisch angelegt. Die Frage ist nicht, ob die NATO Fehler gemacht, sondern welche.Der zweite Teilsatz ist zirkulär; der erklärt überhaupt nichts. Auch dann nicht, wenn man den Platzhalter "irre" ersetzt durch Verbrecher, Diktator, Unmensch, Schwein oder sonstwas. Nichts sagend und nichts erklärend. Beide Teilsätze sind aussagenlogisch (aus A folgt B) miteinander verknüpft. Man verknüpft also einen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falschen Teilsatz mit einem absolut Nichtssagenden und betrachtet das dann als hinreichende Lageanalyse. Kein Wunder, daß man für diese Glanzleistung ein BASTA braucht oder anschließend (wie aktuell viele Medien) den Atomkrieg unmittelbar bevorstehen sieht.


Wer behauptet denn, die NATO habe keinen Fehler gemacht? Ernst gemeinte Frage. Ich sehe hier eher eine grundlegende Meinungsverschiedenheit, in welche Richtung der Fehler ging:

Hat die NATO Putin zu sehr provoziert oder mit zu vielen Zugeständnissen ermutigt?

Das Label "Putinversteher" bezieht sich in der Regel auf Menschen, die zu ersterem tendieren.

Das Label "Kriegstreiber" bezieht sich in der Regel auf Menschen, die zu lezterem tendieren.


Wenn letzteres der Fall ist und Putin nicht verückt geworden ist, dann ist die naheliegende Handlungsstrategie für die nächsten Wochen Putin zu zeigen, wo der Hammer hängt (als Mahnung für die Zukunft) und sich nicht von Nukleardrohungen einschüchtern zu lassen.

Wenn ersteres der Fall ist und Putin nicht verrückt geworden ist, dann gibt es mehrere mögliche Handlungsstrategieren:

a) Nachgeben und ihm die Ukraine als imperiale Interesssphäre zugestehen (dabei selber imperial handeln, da man die Interessen und die Selbstbestimmung der Ukraine ignoriert, sowie den im mutigen Widerstandskampf durch klare Handlungen zum Ausdruck gebrachten willen, nicht unter Zar Putin zu leben), zusammen mit einem erneuerten Versprechen in Osteuropa keine Atomwaffen zu stationieren, während er in seiner Exklave ab jetzt offiziell darf - hoffentlich stellt ihn das zufrieden und diese Demutsgeste beruhigt ihn, ohne ihm Appetit auf mehr zu machen, da es ja diesmal so gut geklappt hat.

b) Hart, aber Kompromissbereit verhandeln. Der Kompromiss müsste beinhalten, dass alles außer der Krim und dem Donnbas teil eines unabhängigen ukrainischen Staates bleibt, dabei nur die Ostukraine als Pufferzone demilitarisiert wird, während die Westukraine zwar nicht NATO-Territorium wird, aber sowohl Militär haben darf, als auch westliche Unterstützung erhalten darf, um gegen zukünftige Aggressionen nicht ziemlich wehrlos zu sein. Eine EU-Mitgliedschaft müsste der ganzen Ukraine offenstehen, mit dem Angebot entsprechender Vereinbarungen für den Grenzverkehr und grenzüberschreitendes Arbeiten in Russland oder den 2 Volksrepubliken.

Wenn eine Mischung aus beiden Punkten der Fall ist und Putin nicht verrückt geworden ist, dann ist die nahelgiende Handlungsstrategier ebenfalls Punkt b) aus vorheriger Option.

Wenn Putin verrückt geworden ist, dann:

https://www.youtube.com/watch?v=frAEmhqdLFs

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.03.2022 10:01
#134 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #132
Ich sehe aktuell deutliche Merkmale kollektiver Besoffenheit, oder nein, das trifft es nicht. Eher kollektiver Furor.


Ich sehe im Gegenteil eher den Kater nach eine kollektive Bessofenheit... Der Furor ist doch recht beschränkt. So will kaum jemand gegen Russland in den Krieg ziehen. Die Naivität im Umgang mit Putin ist nur verflogen. Da wirkt vielleicht im unmittelbaren Kontrast "aggresiv", aber es ist alles noch recht milde.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

08.03.2022 10:45
#135 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
Wenn ersteres der Fall ist und Putin nicht verrückt geworden ist, dann gibt es mehrere mögliche Handlungsstrategieren:

Sehr guter Beitrag und Zusammenfassung

Was das aber auch bedeutet: die Osterweiterung ist passé. Redet ja auch schon niemand mehr von (selbst Du in Deinem Beitrag nicht). Putin scheint aktuell erfreulicherweise keines seiner unmittelbaren Kriegsziele zu erreichen außer eben diesem, von dem ich weiterhin glaube, daß es eine wichtige Rolle für ihn gespielt hat und weiter spielt. Eine seiner Forderungen vor Kriegsbeginn war ja, daß man die Osterweiterung auf den Status von 1990 rückabwickeln müsse; da weiß er natürlich, daß das nie passieren wird. Das Bestreben der NATO (und der Ukraine) war umgekehrt die Erweiterung; der naheliegende Kompromiß ist das Einfrieren des Status quo. Und das wird mMn auf jeden Fall das Ergebnis sein bzw. ist es faktisch jetzt bereits. Da wird man gar nicht mehr explizit drüber verhandeln müssen.

Herzliche Grüße,
Andrewas

How about another joke, Murray?

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

08.03.2022 10:47
#136 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
Wenn Putin verrückt geworden ist, dann:

Serienkiller berufen sich vor Gericht auch regelmäßig darauf, verrückt und damit für Ihre Taten nicht verantwortlich zu sein, um der Todesstrafe zu entkommen (ich beziehe mich da auf die Bücher von John Douglas und Mark Olshaker), was natürlich in der Praxis eigentlich immer Unsinn ist, aber selbst renommierte Psychologen nicht davon abhält, auf diese Konstrukte hereinzufallen.

Von daher: Putin ist natürlich nicht "Verrückt", in seinem Falle ist es so, dass seine politische Ideologie sich soweit verselbstständigt hat, dasss sie unpersönliche, rational-pragmatische Geopolitik in den Schatten stellt.

Siehe dazu Rodger Bakers (Stratfor) Ausführungen, warum er mit seinen Einschätzungen falsch lag, er hatte (wie die meisten Beobachter) die poltisch-ideologische Komponente einfach nicht hinreichend berücksichtigt:

Strategic Logic and Political Ideology: Rethinking Russia's Invasion of Ukraine

Martin Offline



Beiträge: 4.129

08.03.2022 11:01
#137 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
a) Nachgeben und ihm die Ukraine als imperiale Interesssphäre zugestehen (dabei selber imperial handeln, da man die Interessen und die Selbstbestimmung der Ukraine ignoriert, sowie den im mutigen Widerstandskampf durch klare Handlungen zum Ausdruck gebrachten willen, nicht unter Zar Putin zu leben), zusammen mit einem erneuerten Versprechen in Osteuropa keine Atomwaffen zu stationieren, während er in seiner Exklave ab jetzt offiziell darf - hoffentlich stellt ihn das zufrieden und diese Demutsgeste beruhigt ihn, ohne ihm Appetit auf mehr zu machen, da es ja diesmal so gut geklappt hat.
Die Frage ist, wer ist 'man'? 'Man' könnte die Auseinandersetzung Ukraine/Russland als einen Konflikt zweier Nationen sehen und sich schlicht raushalten. Die Option scheint es nie gegeben zu haben. Warum nicht, habe ich nicht so ganz verstanden. Ich weiß auch nicht, was das mit Demut zu tun hätte, wenn wir uns raus hielten. Statt dessen versenken wir gerade beim Schiffeversenken unser eigenes Schiff.

Ich denke auch nicht, dass Putin irre ist. Nüchtern betrachtet hat er rote Linien kommuniziert, mit der Option in der Hinterhand, diese notfalls militärisch durchsetzen zu können. Er hat es wohl ernst gemeint. Die militärische Karte zu ziehen war doch in den letzten Jahren weltweit nichts Exotisches. Nur dass es nicht eine russische Karte war. Die imperialen Interessensphären waren eher die einiger Natostaaten. Auch Sanktionspolitik ist ein westliches Hobby. Das geht mit wirtschaftlicher und militärischer Stärke bis es halt nimmer zieht.

Gruß
Martin

Johanes Offline




Beiträge: 2.639

08.03.2022 11:38
#138 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
[...]


Diese Analyse ist mE sachlich falsch.
Die Ukrainer kämpfen zunächst einmal in ihren eigenen Land mit eigene Mitteln und allem.

Der Westen sendet Hilfe und zwar offiziell durch Sanktionen, Zusendung von Kriegsgmaterial und Freiwilligen.

Das mit dem Kriegsmaterial ist meines Erachtens kritisch, weil es die Neutralität verletzt und uns einem dritten, atomaren Weltkrieg näher bringt.

Irgendwelche imperialen Interessenssphären usw. sind demgegenüber sekundär.

Es stellen sich zwei Fragen:
- Würden die Putinisten wirklich den Ukrainern (!) ins Gesicht sagen, dass sie sich doch bitte ergeben sollen, weil Putin sie jetzt kolonialisieren will?
- Können wir eine internationale Ordnung überhaupt gegen Akteure wie Putins Russland durchsetzen?

Abgesehen davon, diese prodemokratischen usw. westlichen Werte scheinen sich in Russland auch ganz gut zu verbreiten.
Für mich sprechen die Berichte der letzten Tage dafür.



"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12)
"Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.03.2022 11:51
#139 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #137
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
a) Nachgeben und ihm die Ukraine als imperiale Interesssphäre zugestehen (dabei selber imperial handeln, da man die Interessen und die Selbstbestimmung der Ukraine ignoriert, sowie den im mutigen Widerstandskampf durch klare Handlungen zum Ausdruck gebrachten willen, nicht unter Zar Putin zu leben), zusammen mit einem erneuerten Versprechen in Osteuropa keine Atomwaffen zu stationieren, während er in seiner Exklave ab jetzt offiziell darf - hoffentlich stellt ihn das zufrieden und diese Demutsgeste beruhigt ihn, ohne ihm Appetit auf mehr zu machen, da es ja diesmal so gut geklappt hat.
Die Frage ist, wer ist 'man'? 'Man' könnte die Auseinandersetzung Ukraine/Russland als einen Konflikt zweier Nationen sehen und sich schlicht raushalten. Die Option scheint es nie gegeben zu haben. Warum nicht, habe ich nicht so ganz verstanden.



Weil "ignorieren" und nichts tun auch eine Entscheidung und ein Signal ist. Es ist das hinnehmen eines imperialen Angriffskrieges. Darüberhinaus kann Putin auf den Appetit kommen und das mögen die andere Staaten in Ost- und Mitteleuropa nicht.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

08.03.2022 11:54
#140 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #138
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
[...]


Diese Analyse ist mE sachlich falsch.
Die Ukrainer kämpfen zunächst einmal in ihren eigenen Land mit eigene Mitteln und allem.

Der Westen sendet Hilfe und zwar offiziell durch Sanktionen, Zusendung von Kriegsgmaterial und Freiwilligen.

Das mit dem Kriegsmaterial ist meines Erachtens kritisch, weil es die Neutralität verletzt und uns einem dritten, atomaren Weltkrieg näher bringt.

Irgendwelche imperialen Interessenssphären usw. sind demgegenüber sekundär.

Es stellen sich zwei Fragen:
- Würden die Putinisten wirklich den Ukrainern (!) ins Gesicht sagen, dass sie sich doch bitte ergeben sollen, weil Putin sie jetzt kolonialisieren will?
- Können wir eine internationale Ordnung überhaupt gegen Akteure wie Putins Russland durchsetzen?

Abgesehen davon, diese prodemokratischen usw. westlichen Werte scheinen sich in Russland auch ganz gut zu verbreiten.
Für mich sprechen die Berichte der letzten Tage dafür.


Es tut mir leid, ich kann ihren Beitrag nicht einordnen. Sie erwähnen nicht, was genau an meiner Einschätzung sachlich falsch sei und warum. Darauf folgen einige Aussagen, denen ich nicht widerspreche, einige denen ich widerspreche, die aber nicht im Widerspruch zu meinem vorherigen Beitrag standen. Daher weiß ich gerade nicht, wie Sie meinen Beitrag überhaupt verstanden haben und daher auch nicht, worauf sich ihre Kritik bezieht und wie ich meinerseits ihre Aussagen einordnen kann.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Doeding Offline




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08.03.2022 11:55
#141 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Frankenstein im Beitrag #136
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #133
Wenn Putin verrückt geworden ist, dann:

Serienkiller berufen sich vor Gericht auch regelmäßig darauf, verrückt und damit für Ihre Taten nicht verantwortlich zu sein, um der Todesstrafe zu entkommen (ich beziehe mich da auf die Bücher von John Douglas und Mark Olshaker), was natürlich in der Praxis eigentlich immer Unsinn ist, aber selbst renommierte Psychologen nicht davon abhält, auf diese Konstrukte hereinzufallen.


Das ist so nicht richtig (wenngleich OT). Serienkiller, die noch halbwegs knusper sind, versuchen in den normalen Knast zu kommen, weil sie hier eine realistische Chance haben, diesen nochmal lebend zu verlassen. "Freisprüche" aufgrund von Schuldunfähigkeit enden in aller Regel lebenslang (und ich meine lebenslang) in der forensischen Psychiatrie bzw. Sicherheitsverwahrung wenn "austherapiert". Wer die Wahl hat, will in den Knast und plädiert nicht auf schuldunfähig.

Daß Putin nicht verrückt, im Sinne von schizophren oder so ist, sehe ich allerdings auch so.

Herzliche Grüße,
Andreas

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Doeding Offline




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08.03.2022 12:09
#142 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #138
Das mit dem Kriegsmaterial ist meines Erachtens kritisch, weil es die Neutralität verletzt und uns einem dritten, atomaren Weltkrieg näher bringt.

Das bezweifele ich, lieber Johanes. Wir sind nicht viel näher an einer nuklearen Auseinandersetzung dran als vor einem Jahr. Richtig ist, daß Putin die Karte rhetorisch zieht und er den Westen dadurch einschüchtern will. Es gab im kalten Krieg so viele Stellvertreterkriege und keiner davon ist jemals auch nur in die nähe der nuklearen Eskalation gekommen (obwohl die USA es zum Ende des Vietnamkrieg erwogen haben)

Was mich die Tage hat aufhorchen lassen, war die direkte und explizite Formulierung einer "roten Linie" durch Putin, ab der er sich einen Nuklearschlag vorbehält, nämlich die Einrichtung einer Flugverbotszone. Das fand ich insofern erfreulich, als Putin hier die "spieltheoretische" Ebene wechselseitiger Einschätzungen auf Basis konkludenter Handlungen des Gegners verlassen hat: inzwischen hat er offensichtlich selbst die Hosen voll, daß das nuklear eskalieren könnte; so war diese ausgesprochen direkte Botschaft zumindest für mich zu hören. Putin hat sein Desinformations-KGB-Verwirrspiel kurz unterbrochen, und genau das spricht gegen eine "echte" nukleare Eskalationsbereitschaft Putins und damit gegen das tatsächliche Risiko einer Eskalation. Das heißt im Subtext aber auch: alles unterhalb der Einrichtung einer Flugverbotszone ist für den Westen soweit safe.

Nachtrag. Was ich schrieb bezog sich auf die Gefahr einer großen Eskalation zw. Rußland und der NATO. Den Einsatz taktischer Kernwaffen gegen die Ukrainische Armee traue ich ihm dagegen durchaus zu, wenngleich auch das mMn nicht sehr wahrscheinlich ist.

Herzliche Grüße,
Andreas

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

08.03.2022 13:19
#143 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #139
Weil "ignorieren" und nichts tun auch eine Entscheidung und ein Signal ist. Es ist das hinnehmen eines imperialen Angriffskrieges. Darüberhinaus kann Putin auf den Appetit kommen ..
..oder auch nicht. Oder aber, er kann ohnehin auch so weitermachen. Wirtschaftlich zu verlieren hat er ja kaum noch.

Gruß
Martin

hubersn Offline



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08.03.2022 14:57
#144 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #132
Ohne jetzt die Diskussion zu strategischen Fehlern der NATO erneut oder kleinteilig eröffnen zu wollen ein paar allg. Gedanken zu "Lageanalyse" im Land, wie ich sie den meisten Medien entnehme und die auch hier im Forum von vielen vertreten zu werden scheint. Zusammengefaßt lautet sie:

Die NATO hat in den letzten 20 Jahren (a priori, axiomatisch) keinerlei Fehler gemacht, und also ist der Iwan irre geworden. Manch einer brüllt dann anschließend noch ein BASTA! (GROßBUCHSTABEN, GANZ WICHTIG!) hinterher.



Jetzt habe ich den ganzen Diskussionsfaden nochmal durchgelesen und kann nicht einen einzigen Beitrag sehen, der auch nur annähernd dem entspricht (und es sollen ja auch viele hier im Forum sein, also nicht nur ein Halbsatz der verwegen interpretiert werden kann), was Sie hier als Standpunkt zusammenfassen.

Ich bitte um Untermauerung per Zitat.

Gruß
hubersn

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hubersn Offline



Beiträge: 1.342

08.03.2022 15:07
#145 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #82
Wer heute Kinder in der Schule hat, hat auch Kontakt zu Osteuropäern.



Wer heute als Softwareentwickler arbeitet, hat reichlich Kontakt zu Osteuropäern. Der Konzern, für den ich arbeite, hat eine massive Entwicklermannschaft in der Ukraine.

Zitat

Ich hatte schon vor dem Ausbruch der Kämpfe Gespräche mit ukrainischen Eltern, und die waren sehr für Putin. Irgendwie sticht das Freiheitsargument da nicht, denn es war ein freiwilliges Bekenntnis. Die Situation lässt sich also nicht auf eine so einfache Formel bringen.



In meinem Falle war es gerade andersrum: von der mittleren zweistelligen Zahl an Ukrainern, mit denen ich seit der Annexion der Krim gesprochen habe, gab es nicht einen Puten-Fan. Nicht mal ein "ja, einige Forderungen mögen berechtigt sein" konnte ich bisher vernehmen. Die haben für Putin sowas von gar keine Sympathien, das habe ich in Deutschland noch nicht mal von eingefleischten Russenhassern vernommen.

Der Unterschied zwischen uns ist dann wohl nur, dass ich daraus gar keine Schlüsse ziehe für "die Ukrainer", denn auch ein so großes Sample wie ich es zur Verfügung habe leidet naturgemäß unter erheblichen Verzerrungen - ist nugefähr so, wie wenn man nach vier Wochen Auslandsaufenthalt und ein paar Gesprächen mit Einheimischen glaubt, man würde Land und Leute kennen. Aber die Praxis, der bisherige Widerstand gegen die Invasoren lässt mich im Moment vermuten, dass Putin nicht besonders viele Fans in der Ukraine hat. Vielleicht so viele wie USA-Fans in Nordvietnam 1970.

Gruß
hubersn

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Ulrich Elkmann Offline




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08.03.2022 15:19
#146 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Das war es dann.

Zitat
+++ 08:53 Habeck: Längere AKW-Laufzeiten sind vom Tisch +++
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rechnet nach einer Prüfung seines Hauses nicht damit, dass die Atomkraftwerke in Deutschland länger laufen werden. Die verbliebenen drei Meiler gehen zum 31.Dezember vom Netz, wie der Grünen-Politiker im RTL/ntv "Frühstart" erklärt. Eine Laufzeitverlängerung sei vom Tisch. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs sei es zwar richtig, dass es auch bei der Atomkraft keine Denkverbote gebe. "Für den nächsten Winter hilft uns eine längere Laufzeit aber gar nicht." Langfristig würde man Abstriche bei der Sicherheit machen müssen - und das in einer Situation, in der erstmals auf Atomkraftwerke geschossen werde. "In dieser Abwägung haben wir eine minimale Mehrproduktion an Strom für maximal hohe Sicherheitsrisiken", betont Habeck. "Deswegen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass dieser Weg der falsche ist."


https://www.n-tv.de/politik/15-13-Kriegs...le23143824.html



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



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08.03.2022 15:49
#147 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #145
Zitat von Martin im Beitrag #82
Wer heute Kinder in der Schule hat, hat auch Kontakt zu Osteuropäern.



Wer heute als Softwareentwickler arbeitet, hat reichlich Kontakt zu Osteuropäern. Der Konzern, für den ich arbeite, hat eine massive Entwicklermannschaft in der Ukraine.
Hatten deine Kinder mit deren Kindern engeren Kontakt (gegenseitige Übernachtung)? Woraus sich dann auch etwas mehr Vertrauen in der elterlichen Kommunikation ergibt. Die Erfahrung daraus ist, dass sich die von mir genannten Bekenntnisse erst dann ergeben, wenn ein hohes Vertrauen besteht, dass solche Bekenntnisse nicht zurückschlagen (hat Jahre gedauert). Im Kollegenkreis (32 Nationen) waren politische Bekenntnisse sehr zurückhaltend. 'Ich kenne Ukrainer' sagt noch nicht viel.

Zitat

Zitat

Ich hatte schon vor dem Ausbruch der Kämpfe Gespräche mit ukrainischen Eltern, und die waren sehr für Putin. Irgendwie sticht das Freiheitsargument da nicht, denn es war ein freiwilliges Bekenntnis. Die Situation lässt sich also nicht auf eine so einfache Formel bringen.



In meinem Falle war es gerade andersrum: von der mittleren zweistelligen Zahl an Ukrainern, mit denen ich seit der Annexion der Krim gesprochen habe, gab es nicht einen Puten-Fan. Nicht mal ein "ja, einige Forderungen mögen berechtigt sein" konnte ich bisher vernehmen. Die haben für Putin sowas von gar keine Sympathien, das habe ich in Deutschland noch nicht mal von eingefleischten Russenhassern vernommen.


s.o.

Zitat
Der Unterschied zwischen uns ist dann wohl nur, dass ich daraus gar keine Schlüsse ziehe für "die Ukrainer", denn auch ein so großes Sample wie ich es zur Verfügung habe leidet naturgemäß unter erheblichen Verzerrungen - ist nugefähr so, wie wenn man nach vier Wochen Auslandsaufenthalt und ein paar Gesprächen mit Einheimischen glaubt, man würde Land und Leute kennen.

Womit Du (mit dem ersten Punkt) meine obige Beobachtung bestätigst. Und nein, wenn Du genau liest, was ich geschrieben habe, dann habe ich nicht auf alle Ukrainer geschlossen, sondern festgestellt, dass die Situation etwas komplexer ist. Sicher spielt auch eine Rolle, woher in der Ukraine Deine Kollegen kommen. Und der Ausgangspunkt meines Kommentars zielte darauf ab, dass diejenigen, die sich Putins Einfluss unterwerfen, sicher trotzdem frei sind.

Gruß
Martin

Martin Offline



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08.03.2022 15:54
#148 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #146
Das war es dann.

Zitat:Langfristig würde man Abstriche bei der Sicherheit machen müssen - und das in einer Situation, in der erstmals auf Atomkraftwerke geschossen werde. "In dieser Abwägung haben wir eine minimale Mehrproduktion an Strom für maximal hohe Sicherheitsrisiken", betont Habeck. "Deswegen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass dieser Weg der falsche ist."
Tja, das war mein erster Gedanke, als von dem Brand berichtet wurde. Wenn er von Russen gelegt wurde, haben sie uns so weiter in die Abhängigkeit bugsiert.

Gruß
Martin

Florian Offline



Beiträge: 3.180

08.03.2022 16:02
#149 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #145
Zitat von Martin im Beitrag #82

Zitat:
Ich hatte schon vor dem Ausbruch der Kämpfe Gespräche mit ukrainischen Eltern, und die waren sehr für Putin. Irgendwie sticht das Freiheitsargument da nicht, denn es war ein freiwilliges Bekenntnis. Die Situation lässt sich also nicht auf eine so einfache Formel bringen.



In meinem Falle war es gerade andersrum: von der mittleren zweistelligen Zahl an Ukrainern, mit denen ich seit der Annexion der Krim gesprochen habe, gab es nicht einen Puten-Fan.



Wie hubersn richtig schreibt: es liegt halt daran, mit wem man spricht.

Tendenziell wird es wohl auch ein regionaler Unterschied sein:
der Osten der Ukraine ist wohl traditionell eher Russland-orientiert, der Westen eher an Polen und Mitteleuropa orientiert.
(Vor dem 1. Weltkrieg war der Westen der Ukraine Teil von Österreich-Ungarn. Der Westen ist übrigens auch traditionell katholisch, der Osten orthodox).

Das ist aber nun zugegeben eine oberflächliche Analyse. Im Einzelfall wird jeder Ukrainer ggf. eine andere Meinung haben können.

Ist aber eigentlich irrelevant.
Denn GANZ EGAL wie nun die Meinung einzelner Ukrainer zu Russland ist: es ist auf jeden Fall NICHT AKZEPTABEL, den jetzigen Grenzverlauf per Krieg ändern zu wollen.
Die Souveränität der bestehenden europäischen Staaten in ihren jeweiligen Grenzen ist ein ganz fundamentales Prinzip der europäischen Nachkriegsordnung. Dieses Prinzip hat Europa 77 Jahre Frieden gebracht. Und es lohnt sich deshalb sich für dessen Aufrechterhaltung einzusetzen.

Wenn/falls es in der Ukraine einen nennenswerten Bevölkerungsanteil geben sollte, der sich eine Vereinigung oder ein enges Bündnis mit Russland wünscht - nun dann steht es diesen Menschen natürlich frei, mit demokratischen Mitteln dafür zu kämpfen. Und wenn es in der Ukraine dann entsprechende Mehrheiten gibt, wird die EU oder die NATO eine entsprechende Verbrüderung sicher nicht verhindern. Das wäre die RICHTIGE Art, wie Grenzen in Europa verändert werden können: mit demokratischer Zustimmung der betroffenen souveränen Staaten. (Und so ist das ja auch schon mehrmals geschehen. Etwa bei der Vereinigung Deutschlands oder bei der Aufspaltung der Tschechoslowakei.
In jüngerer Zeit gab es z.B. die Volksabstimmung in Schottland, die nach diesem Prinzip abgelaufen ist. Es war die souveräne interne Entscheidung des Vereinigten Königreichs, diese Abstimmung zuzulassen. ).

Johanes Offline




Beiträge: 2.639

08.03.2022 16:11
#150 RE: Eine Zeitenwende Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #140
[...]


Sie liste auf, wie der Westen anhand der Ideen von Souveräntit und Globalherrschaft reagieren könnte. Ich erwähne, dass der Westen de facto gar nicht reagieren kann.

So hart es klingt, derzeit müssen wir deesklaieren, eben um das Schlimmste zu verhindern.



"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12)
"Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)

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