Zitat von Martin im Beitrag #195Das beantwortet meine Frage nicht. Da das Thema 'völkerrechtswidriger Angriff' ein heißes ist, wäre eine entsprechende Referenz ganz gut.
Doch, es beantwortet die Frage. Wäre es ein Angriff gegen die SVN gewesen, hätte das Gericht ja auf Schadenersatz erkennen müssen. Es war keiner, weil Jugoslawien sich nicht als Mitglied der SVN unterworfen hatte. Oder was meinen Sie? Zum ius ad bellum können Sie sich in jedem beliebigen Lehrbuch zur Entwicklung des Völkerrechts schlau machen.
Ich bin kein Völkerrechtler und will mich auch nicht einfach mal so einlesen, sehe aber seit über 20 Jahren keine Argumentationslinie eines Völkerrechtlers, wie die Ihre. https://www.mdr.de/heute-im-osten/interv...lawien-100.html als Beispiel des Stands vor drei Jahren. Sind denn alle Völkerrechtler so ausgebildet, wie Frau Baerbock?
Zitat von Martin im Beitrag #194Der Westen muss verstehen, dass die Ukraine für Russland niemals nur ein fremdes Land sein kann. Die russische Geschichte begann in der sogenannten Kiewer Rus. Von dort aus verbreitete sich die russische Religion. Die Ukraine ist seit Jahrhunderten Teil Russlands und die Geschichte der beiden Länder war schon vorher miteinander verflochten.
Überlegen Sie mal, was das bedeuten würde, wenn man im Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland so argumentieren würde, immerhin war das ja beides mal "das Frankenreich".
Die Vergangenheit erklärt, wieso die Gegenwart so aussieht wie sie es tut. Man kann anhand der Vergangenheit lernen, weil man davon ausgeht, dass es heute genauso sein wird wie gestern. Daraus Ansprüche herleiten?
Wird beim Existenzrecht Israels nicht genauso argumentiert? Da geht man mal locker 2500 Jahre zum Beginn der Diaspora zurück; letztlich sogar bis zur Vertreibung der Juden aus Ägypten vor nunmehr, wieviel, mehr als 4000 Jahren?
Frage ich übrigens als absolut überzeugter Supporter Israels.
Ich glaube, wenn man mal versucht, sich von seinen eigenen Präferenzen, Überzeugungen und Wertungen zu lösen, wird die Sache recht kompliziert und jedenfalls nicht mehr widerspruchsfrei.
Zitat von Llarian im Beitrag #176 Ich stelle mir, auch wenn das eine Außenseiterfrage ist, die Frage: Was ist eigentlich, wenn Putin den Krieg nicht gewinnt?
Die Frage nach dem "gesichtswahrenden Ausweg" steht ja schon lange im Raum. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Putin vor der Invasion keinen Plan für solche Eventualitäten hatte, denn ganz sicher hat er mit einem schnellen umfassenden Sieg innerhalb weniger Tage gerechnet - darauf deutet jedenfalls alles hin, was bisher an Infos verfügbar ist. Und er war ja nicht allein - zig Militärexperten in Ost und West waren seiner Meinung. Vermutlich haben alle inklusive Putin die russische Propaganda bezüglich der dramatisch verbesserten Schlagkraft der Armee geglaubt - aber wie ich jetzt recherchiert habe, ist von den allerneuesten Wunderwaffen wie dem berühmten T-14 bisher bei der Truppe praktisch keine nennenswerte Stückzahl angekommen - Entwicklungsstart 2010, 2015 auf der großen Parade vorgestellt, Ende 2021 soll die Serienproduktion gestartet sein - bisherige ausgelieferte Stückzahl eher so im niedrigen zweistelligen Bereich. Da kann man plötzlich nachvollziehen, warum die Russen eher mit älterem Kriegsgerät aus Sowjetzeiten angegriffen haben. Bei der Luftwaffe sieht es ähnlich aus.
Jedenfalls bin ich mir sehr sicher, dass Putins Propaganda praktisch jeden beliebigen Ausgang außer vielleicht einer bedingungslosen Kapitulation nach der Eroberung Moskaus durch ukrainische Truppen als Sieg verkaufen kann und wird. Und wer würde ihm widersprechen können, und wer in Russland würde Fakten über eine eigentlich schmerzhafte Niederlage hören und glauben wollen? Irgendwas wird Russland aus dem angezettelten Krieg mitnehmen und einen Sieg draus machen, und sei es sowas wie "wir haben das militärische Angriffspotenzial der Ukraine erfolgreich dezimiert, Russland ist wieder sicher".
Für den wahrscheinlichsten Ausgang halte ich im Moment einen baldigen "Kompromissfrieden" - autonome Gebiete in der Ostukraine und ein Sonderstatus für die Krim, gesichtswahrend für die Ukraine aber faktisch zu Russland gehörend. Warum Putin überhaupt die Kriegsziele "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" ausgegeben hat und was sie genau bedeuten, hat ja eh niemand verstanden. Wäre er beim bewährten "georgischen Modell" geblieben, wäre der Krieg vermutlich schon vorbei. Aber sicher bin ich mir nicht - im Moment weigere ich mich zu glauben, dass Putin in eine jahre- oder jahrzehntelange Besetzung der Ukraine investieren will. Er sollte aus Afghanistan und Tschetschenien gelernt haben.
Zitat von hubersn im Beitrag #203Vermutlich haben alle inklusive Putin die russische Propaganda bezüglich der dramatisch verbesserten Schlagkraft der Armee geglaubt - aber wie ich jetzt recherchiert habe, ist von den allerneuesten Wunderwaffen wie dem berühmten T-14 bisher bei der Truppe praktisch keine nennenswerte Stückzahl angekommen - Entwicklungsstart 2010, 2015 auf der großen Parade vorgestellt, Ende 2021 soll die Serienproduktion gestartet sein - bisherige ausgelieferte Stückzahl eher so im niedrigen zweistelligen Bereich. Da kann man plötzlich nachvollziehen, warum die Russen eher mit älterem Kriegsgerät aus Sowjetzeiten angegriffen haben. Bei der Luftwaffe sieht es ähnlich aus.
Das vermute ich auch. Wenn Putin da eine mehr oder weniger stalinistische Blase um sich errichtet hat, in der es nicht karrierefördernd ist, etwas anderes als Hurrameldungen nach oben zu melden, dürfte so etwas das Resultat sein. Dazu würden auch die Berichte passen, daß da massenhaft Wehrpflichtige in den Einsatz geschickt worden sind, ohne ihnen zu sagen, um was es geht - und daß die politische Führung davon keine Ahnung hatte. Das scheint mir sogar glaubhaft. Putin muß aus den 80er Jahren noch den Krieg in Afghanistan in Erinnerung haben, und daß es neben der endlosen Dauer von 9 Jahren vor allem die Meldungen über die getöteten und vermißten Wehrpflichtigen waren, die bei den Sowjetbürgern ür eine ganz tiefe Verbitterung sorgten. Die Kommandanten vor Ort haben entweder selbst keine Ahnung gehabt, was hier auf sie zukommt, oder sie konnten das vorgegeben Ziel nicht mit erfahrenen und ausgebildeten Mannschaften erreichen und wollten um keinen Preis als die dastehen, auf die man zeigen würde, wenn das Unternehmen abgeblasen werden muß.
Zitat Warum Putin überhaupt die Kriegsziele "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" ausgegeben hat und was sie genau bedeuten, hat ja eh niemand verstanden.
Ich glaube, das Rätsel kann ich lösen. Es handelt sich um ein Zitat.
Zitat Wie bereits die frühere Konferenz von Teheran ließ auch die Konferenz von Jalta viel Auslegungsspielraum offen. Nur über eine bedingungslose Kapitulation und die Entnazifizierung sowie die Entmilitarisierung Deutschlands war man sich von vornherein einig.
Es handelt sich um das ausdrückliche Kriegsziel, das im Abschlußdokument der Konferenz von Jalta (auf der Krim, nota bene) am 11. Februar 1945 von Stalin, Churchill und Roosevelt als Ziel für den Kriegsgegner Deutschlands ausdrücklich genannt wurde.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Die verbohrten Ignoranten haben im Westen auch gerade Hochkonjunktur.
Zitat von March 9, 2022 at 2:01 pmCardiff Philharmonic removes Tchaikovsky from programme in light of Russian invasion of Ukraine
The orchestra had an all-Tchaikovsky concert scheduled for next week, but has decided to change the programme having deemed it to be 'inappropriate' at this time
Tchaikovsky’s 1812 Overture was due to be included in the orchestra’s upcoming all-Tchaikovsky concert at St David’s Hall on 18 March, but it was considered by the orchestra ‘to be inappropriate at this time’.
The 1812 Overture was written to commemorate the successful Russian defence against Napoleon’s invasion in 1812, featuring cannon fire, chimes and a brass fanfare. The piece was due to be performed alongside another militaristic work by Tchaikovsky: his 1876 Marche slave, written to celebrate Russia’s involvement in the Serbian-Ottoman War. The composer’s Second Symphony was the final piece in the programme.
The orchestra will instead present a programme centred around Dvořák’s Symphony No. 8, with John Williams‘s The Cowboys Overture opening the concert, and a performance of Elgar‘s Enigma Variations in the second half.
*Räusper* Mal ein Blick in eine etwas andere Richtung.
Zitat von Reuters, March 7, 2022China agriculture minister says winter wheat condition could be worst in history
BEIJING, March 5 (Reuters) - The condition of China's winter wheat crop could be the "worst in history", the agriculture minister said on Saturday, raising concerns about grain supplies in the world's biggest wheat consumer.
Speaking to reporters on the sidelines of the country's annual parliament meeting, Minister of Agriculture and Rural Affairs Tang Renjian said that rare heavy rainfall last year delayed the planting of about one-third of the normal wheat acreage.
A survey of the winter wheat crop taken before the start of winter found that the amount of first- and second-grade crop was down by more than 20 percentage points, Tang said.
"Not long ago we went to the grassroots to do a survey and many farming experts and technicians told us that crop conditions this year could be the worst in history," he said. "This year's grain production indeed faces huge difficulties."
The minister's comments underscore concerns about China's grain supply at the same time as the war between Russia and Ukraine, which together account for about 29% of global wheat exports, has disrupted supplies causing wheat prices to surge to 14-year highs.
However, Tang is confident China can ensure a bumper harvest of summer grain thanks to strong policy and technical support and the improving crop condition for the grain.
Fuelled by the Ukraine crisis, wheat prices in China soared to a record this week on existing domestic supply worries. ... China's corn imports surged to a record last year, amid soaring domestic prices and low inventories.
China will guarantee the supply-demand balance of grain, edible oil, cotton, sugar and fertilisers through the effective use of reserves and imports, the NDRC said.
China will allocate 41.639 billion yuan ($6.59 billion) in subsidies in 2022 for agricultural insurance premiums, up 30.8% from a year earlier, the finance ministry said in another report.
Zitat von Doeding im Beitrag #202Da geht man mal locker 2500 Jahre zum Beginn der Diaspora zurück; letztlich sogar bis zur Vertreibung der Juden aus Ägypten vor nunmehr, wieviel, mehr als 4000 Jahren?
Sie haben da einen relativ guten Punkt. Ja. Eine gute Antwort habe ich ebenfalls nicht, aber: Soweit ich weiß haben die Zionisten auch immer so argumentiert, dass man eben einen eigenen Staat brauche, um der Diskriminierung zu entgehen und quasi als eine Nation unter den anderen dazustehen.
Zitat von DoedingIch glaube, wenn man mal versucht, sich von seinen eigenen Präferenzen, Überzeugungen und Wertungen zu lösen, wird die Sache recht kompliziert und jedenfalls nicht mehr widerspruchsfrei.
Nun, ich habe schon mehrfach die Behauptung aufgestellt, dass es in diesem Bereich vor Widersprüchen wimmelt. Einerseits Souveränität, andererseits soll eben staatliches Handeln an Gesetze gebunden werden usw.usf.
Das ist auch der Grund, warum sich damals in den Bush-Jahren NeoCons und nahestehende auf Menschenrechte gegen das Völkerrecht berufen hatten, während umgekehrt linke u. a. auf dem Völkerrecht bestanden, als es um den Angriff gegen den Irak ging.
Zitat von hubersn im Beitrag #203Ich bin mir ziemlich sicher, dass Putin vor der Invasion keinen Plan für solche Eventualitäten hatte, denn ganz sicher hat er mit einem schnellen umfassenden Sieg innerhalb weniger Tage gerechnet - darauf deutet jedenfalls alles hin, was bisher an Infos verfügbar ist.
Falls er einen hatte würde er ihn jedenfalls nicht vorab im Internet publizieren.
"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12) "Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)
Zitat von Johanes im Beitrag #207Soweit ich weiß haben die Zionisten auch immer so argumentiert, dass man eben einen eigenen Staat brauche, um der Diskriminierung zu entgehen und quasi als eine Nation unter den anderen dazustehen.
Das ist richtig. Den Zionisten wäre auch ein anderes Gebiet recht gewesen. Überlegungen gingen, soweit ich weiß, mal nach Uganda, mal nach Madagaskar. Für das Mandatsgebiet Palästina spach dreierlei. Erstens war eine rechtliche Änderung des Hoheitszustandes absehbar. Zweitens gab es da schon Juden. Und drittens war es nicht so weit weg für die Flüchtlinge aus Europa.
Zitat von Johanes im Beitrag #207Das ist auch der Grund, warum sich damals in den Bush-Jahren NeoCons und nahestehende auf Menschenrechte gegen das Völkerrecht berufen hatten, während umgekehrt linke u. a. auf dem Völkerrecht bestanden, als es um den Angriff gegen den Irak ging.
Vielleicht sollte man mal den Begriff "Völkerrecht" einordnen. Wir hätten natürlich alle gerne, daß die Schurken, die sich Präsidenten, Excellenzen, Minister usw. nennen, irgendwo an Recht und Gesetz gebunden wären, wenn sie ihre Völker gegeneinander aufhetzen. Leider liegt es in der Natur der Sache, daß es das nicht gibt. Es gibt ein Recht, aber es gibt keine unparteiischen Durchsetzungsmittel, wie es zwischen Geschäftsleuten in Form der Zivilgerichtsbarkeit und der Rechtspflege (Gerichtsvollzieher!) existiert.
Deswegen kommen Regierungen mit Völkerrechtsverletzungen davon, allein schon deswegen, weil die unparteiische Klärung über eine Völkerrechtsverletzung eine eher akademische Angelegenheit ist. In der Praxis ist das Völkerrecht daher nur ein argumentatives Mittel von vielen, um sich den Anschein der Redlichkeit zu geben und seinen Gegner herabzuwürdigen. Das ist nicht schön, sondern Realität.
Zitat von hubersn im Beitrag #203Ich bin mir ziemlich sicher, dass Putin vor der Invasion keinen Plan für solche Eventualitäten hatte, denn ganz sicher hat er mit einem schnellen umfassenden Sieg innerhalb weniger Tage gerechnet - darauf deutet jedenfalls alles hin, was bisher an Infos verfügbar ist.
So ähnlich wie unsere Seite keine Idee hatte, wie man beim Einmarsch in das Kosovo mit dem russischen Handstreich auf den Flughafen Priština umgehen sollte. Oder wie man keine Idee hatte, wie und wann man aus Afghanistan abzieht. Oder --und hier wird es jetzt richtig brenzlig-- wie man aus dem Sanktionsregime wieder herauskommt.
Zitat von Doeding im Beitrag #202Da geht man mal locker 2500 Jahre zum Beginn der Diaspora zurück; letztlich sogar bis zur Vertreibung der Juden aus Ägypten vor nunmehr, wieviel, mehr als 4000 Jahren?
Sie haben da einen relativ guten Punkt. Ja. Eine gute Antwort habe ich ebenfalls nicht, aber: Soweit ich weiß haben die Zionisten auch immer so argumentiert, dass man eben einen eigenen Staat brauche, um der Diskriminierung zu entgehen und quasi als eine Nation unter den anderen dazustehen.
Das ist eine Matrjoschka-Frage, in der eine Puppe in der anderen steckt. Ganz kurz. Der Zionismus bei Herzl und einigen anderen hatte, wie so oft, zwei Wurzeln. Die eine war die Erfahrung der Entstehung des Nationalismus im 19. Jahrhundert, und daß die Bildung einer eigenen Nation - als Staat, notabene, nicht als Kulturnation, ein Garant für Eigenständigkeit und Selbstbestimmung war. Da spielte durchaus die Erfahrung der deutschen Reichseinigung hinein wie das Risorgimento in Italien. Vor allem aber: die Aufstände in Polen und Ungarn, die zeigten, daß man nicht als Minorität dem Militär und der Willkür einer Despotie ausgeliefert sein sollte. Direkter Anlaß waren ja die Pogrome ab Mitte der 1880er Jahre im Westen des Zarenreichs (auch im Gebiet der Ukraine, in Kischinjew), die dann Anlaß für die Erste Alija waren (und die dem Antisemitismus im Westen Europas eine neue Richtung gaben, weil es zu einem Zuzug der Aschkenazim aus den Schteteln im Osten kam).
Die andere, weniger gewichtige, aber mitschwingende Schiene war die Bewahrung der eigenen jüdischen Identität. Die "Lösung der Judenfrage" (der Terminus ist in 19. Jahrhundert neutral zu denken; unsere historisch blinden Spätgeborenen schlagen natürlich jeden, der den Ausdruck vor den 30er Jahren verwendet hat, umstandslos der Dunklen Seite zu, etwa Thomas Mann) lief immer auf das Schlagwort "Assimilation" hinaus, mit einem Tenor, daß die traditionelle Bindung an jüdische Tradition und Identität sich verwässern und gewissermaßen folkloristisch werden würde. In diesen Zusammenhang fällt auch die Wiederbelebung des Hebräischen als Alltags- und Geschäftssprache statt nur eines liturgischen Idioms. Bis dahin war das ja das Jiddische gewesen, bez. dessen Äquivalente wie das Ladino. Die Linguisten streiten sich, ob man das als eine umfassende Anpassung oder eine recht radikale Neuschaffung werten soll; Eliezer ben-Yehuda, der da als Spiritus rector maßgebend war, hat ja mindestens Dreiviertel des Wortschatzes für diese Keimzelle des modernen Iwrit als Neubildungen erst schaffen müssen, weil dem Hebräischen diese Vokabeln fehlten. Iwrit ist immer als schroffer Gegensatz zu Jiddisch als "Sprache des Exils und des Ghettos" gesehen worden.
Das dritte ist, daß über die Rückbindung an die Überlieferung nur Palästina als Ort für einen solchen Staat infrage kam. Der englische Kolonialsekretär John Chamberlain hat 1903 Herzl ja in Aussicht gestellt, gut 12000 km² in Ostafrika zur Schaffung einer zionistischen Exklave zur Verfügung zu stellen; dieses Uganda-Projekt hatte nie Rückhalt und wurde sogar von den wenigen Befürwortern als "Nachtasyl," als Zwischenstop gesehen. Nach dem zweiten Weltkrieg und der Erfahrung des Holocaust stand die Legitimität eines jüdischen Staates mit Mittelpunkt Jerusalem dann aus klaren Gründen nicht mehr zur Debatte.
Das vierte ist, daß im Teilungsplan von 1946/47 ja durchaus eine Zweistaatenlösung vorgesehen war: Transjordanien war als der Staat der arabischen Bevölkerung vorgesehen. Die arabische Seite weigert sich seit 70 Jahren, die aus dem Krieg von 1948 resultierenden Gegebenheiten zu akzeptieren und hat den Vertriebenenstatus als Dauerzustand festgeschrieben, mit den "Recht auf Rückkehr" als Ewigkeitsanspruch; mit der deutlichen Implikation, daß die Einlösung dieser Forderung des Ende des Staates Israel und der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung enden würde.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Emulgator im Beitrag #208Oder --und hier wird es jetzt richtig brenzlig-- wie man aus dem Sanktionsregime wieder herauskommt.
Das ist nur brenzlig, wenn man der irrigen Annahme unterliegt, politisches Handeln würde "Stringenz", "Konsequenz" oder "Logik" folgen müssen.
Sanktionen sind ja nun nichts neues, und entweder kommt man gar nicht raus, oder teilweise, oder langsam, oder schnell. Begründungen finden sich immer. Bislang ist man ja noch nicht mal beim totalen Stopp von Rohstoff-Importen angekommen (also an der Stelle, wo es für Deutschland wirklich schmerzhaft wird), von daher ist noch in die eine oder andere Richtung Luft.
Wenn ich die derzeitige Diskussion richtig verfolge, erwägt man ja sogar eine Lockerung der Sanktionen gegen Iran - man ist da also höchst flexibel auf politischer Seite. Ich habe noch keinen großen Protest dagegen vernommen. Bei weltweit gehandelten Gütern Wie Erdöl brauchen ja nicht mal alle Staaten die Sanktionen aufheben, einige reichen völlig, und schon kann der freigewordene Rest ganz neu verteilt werden. Wir in Deutschland, also die Guten, beziehen dann unser Erdöl natürlich nur aus Quellen mit ganz weißer Weste wie Saudi-Arabien.
Zitat von Johanes im Beitrag #207Soweit ich weiß haben die Zionisten auch immer so argumentiert, dass man eben einen eigenen Staat brauche, um der Diskriminierung zu entgehen und quasi als eine Nation unter den anderen dazustehen.
Das ist richtig. Den Zionisten wäre auch ein anderes Gebiet recht gewesen. Überlegungen gingen, soweit ich weiß, mal nach Uganda, mal nach Madagaskar.
Das ist falsch Für Zionisten ging immer nur Zion. Uganda war eine Idee der Briten (wurde als Übergangslösung diskutiert aber verworfen), Madagaskar war ausschließlich eine kurzzeitige Idee der Nazis.
Zitat Erstes deutsches Stahlwerk stoppt Produktion Die Strompreise sind so stark gestiegen, dass die Lech-Stahlwerke in Bayern nun Konsequenzen ziehen und die energieintensive Stahlherstellung aussetzen. Die Produktion sei wirtschaftlich »nicht mehr sinnvoll«. 10.03.2022, 12.10 Uhr
Das Elektrostahlwerk produziert nach Unternehmensangaben jährlich über eine Million Tonnen des Werkstoffs. Der Stromverbrauch entspreche der einer Stadt mit rund 300.000 Einwohnern. Inklusive Tochterunternehmen seien an dem Standort mehr als tausend Mitarbeiter beschäftigt. Es ist das einzige Stahlwerk in Bayern.
Zitat von Johanes im Beitrag #207Das ist auch der Grund, warum sich damals in den Bush-Jahren NeoCons und nahestehende auf Menschenrechte gegen das Völkerrecht berufen hatten, während umgekehrt linke u. a. auf dem Völkerrecht bestanden, als es um den Angriff gegen den Irak ging.
Vielleicht sollte man mal den Begriff "Völkerrecht" einordnen. Wir hätten natürlich alle gerne, daß die Schurken, die sich Präsidenten, Excellenzen, Minister usw. nennen, irgendwo an Recht und Gesetz gebunden wären, wenn sie ihre Völker gegeneinander aufhetzen. Leider liegt es in der Natur der Sache, daß es das nicht gibt. Es gibt ein Recht, aber es gibt keine unparteiischen Durchsetzungsmittel, wie es zwischen Geschäftsleuten in Form der Zivilgerichtsbarkeit und der Rechtspflege (Gerichtsvollzieher!) existiert.
Dem würde ich sogar soweit zustimmen.
Das Problem ist natürlich auch, nach welchen Regeln man denn diese Ordnung gestalten sollte.
Ich meine, es gibt Vorschläge, die sich mehr oder weniger als indiskutabel erweisen, aber es gibt durchaus berechtigte Streitfragen.
Ich erinnere mich noch, wie vor allem in der liberalen Blogosphäre damals argumentiert wurde...
Zitat von EmulgatorDeswegen kommen Regierungen mit Völkerrechtsverletzungen davon, allein schon deswegen, weil die unparteiische Klärung über eine Völkerrechtsverletzung eine eher akademische Angelegenheit ist.
Mir geht es nur darum, festzustellen, wie sehr sich die Ansichten und Argumentationen verändert haben.
Zitat von hubersn im Beitrag #210Wenn ich die derzeitige Diskussion richtig verfolge, erwägt man ja sogar eine Lockerung der Sanktionen gegen Iran - man ist da also höchst flexibel auf politischer Seite.
... womit wir uns dann die Probleme für die nächsten Jahre eingehandelt haben...
Zitat von hubersn im Beitrag #210Wir in Deutschland, also die Guten, beziehen dann unser Erdöl natürlich nur aus Quellen mit ganz weißer Weste wie Saudi-Arabien.
Ich empfinde das auch als eine Doppelmoral.
Wobei diese aktuellen Sanktionen gegen Russland natürlich auch einen akuten Anlass haben.
"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12) "Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)
Zitat von Emulgator im Beitrag #208Den Zionisten wäre auch ein anderes Gebiet recht gewesen. Überlegungen gingen, soweit ich weiß, mal nach Uganda, mal nach Madagaskar. Für das Mandatsgebiet Palästina spach dreierlei. Erstens war eine rechtliche Änderung des Hoheitszustandes absehbar. Zweitens gab es da schon Juden. Und drittens war es nicht so weit weg für die Flüchtlinge aus Europa
In Ihre Auflistung, werter Emulgator, was den Zionisten als Heimstatt recht gewesen wäre, würde auch noch Birobidschan gut passen. Nur mit dem kleinen Mangel, das Madagaskar eine Idee der Nationalsozialisten, Uganda ein Plan der Briten und Birobitschan dem Hirn Stalins entsprungen war. Ich würde auch noch einen weiteren Punkt hinzufügen, der für die Zionisten sprach, das Mandatsgebit Palästina zu wählen: Dort liegt halt Zion oder für die Juden Judäa.
Gruß Morn <>< ______________________________________ First we take Manhattan, then we take Berlin 1987, L. Cohen
Zitat von Doeding im Beitrag #211Das ist falsch Für Zionisten ging immer nur [i]Zion/i]
Da habe ich, werter Döding, Ihren Beitrag übersehen bzw. bin gar nicht soweit gekommen ihn zu lesen. Diese Aussage von Emulgator konnte ich als viertler Zionist nicht unbeantwortet lassen.
Gruß Morn <>< ______________________________________ First we take Manhattan, then we take Berlin 1987, L. Cohen
Zitat von Morn im Beitrag #214In Ihre Auflistung, werter Emulgator, was den Zionisten als Heimstatt recht gewesen wäre, würde auch noch Birobidschan gut passen.
Oh Graus, was habe ich da nur durcheinandergebracht!
Zitat von Morn im Beitrag #214Ich würde auch noch einen weiteren Punkt hinzufügen, der für die Zionisten sprach, das Mandatsgebit Palästina zu wählen: Dort liegt halt Zion oder für die Juden Judäa.
Ja, natürlich. Aber was wäre gewesen, wenn die politische und geographische Situation des Mandatsgebietes die Zweitgründung des Staates Israel nicht hergegeben hätte? Man hätte sich eine blutige Nase bei den Herren Palästinas geholt und der Zionismus wäre als Kuriosum allenfalls im Bewußtsein von Historikern übriggeblieben.
Und das ist was ich meine: Historische Begründungen sind im Grunde nur der Verweis auf ein Zufallsereignis, dem nachträglich eine Bedeutung zugewiesen wird. Die Gegenwart bringt neue Zufälle.
Zitat von Emulgator im Beitrag #208Oder --und hier wird es jetzt richtig brenzlig-- wie man aus dem Sanktionsregime wieder herauskommt.
Das ist nur brenzlig, wenn man der irrigen Annahme unterliegt, politisches Handeln würde "Stringenz", "Konsequenz" oder "Logik" folgen müssen.
Da war ich ungenau. Es geht darum, welches Signal man an Putin gibt, durch welches Verhalten er aus dem Sanktionsregime wieder 'rauskommt. Momentan ist da: Nichts. (Was erstaunlich ist, da unsere Politik sich normalerweise auf das Signalisieren und Zeichensetzen sehr gut versteht.) Es ist bekannt, daß Sanktionen nur eine Verhaltensänderung bewirken können, die auch als erwünscht erklärt wird. Wenn es für Rußland so aussieht, daß wir aus schierer Ungunst strafen würden (was sogar mit der Propaganda übereinstimmt), dann werden die Sanktionen einfach hingenommen und ausgesessen; sowohl von der Regierung wie auch vom Volk.
Hierin liegt momentan der dritte kriegsbefördernde Fehler "des Westens": Der erste war, auf die Warnungen der USA nicht mit Kriegsvorbereitungen zu beginnen, sondern nur lasche Sanktionen zu versprechen. Der zweite ist, dann doch für Putin überraschend heftige Sanktionen einzuführen, die man vor dem Krieg noch ausgeschlossen hatte. Dadurch kommt Putin in eine Situation, daß er "dem Westen" gegenüber nichts mehr zu verlieren hat (außer den Gas- und Ölexporten derzeit). Der dritte ist, die Sanktionen nicht mit einem erwünschten Verhalten zu verbinden.
Und ja, wenn es stimmt, daß der schlechte materielle Zustand der russischen Streitkräfte auch daher kommt, daß durch Veruntreuung von Geldern aus dem russischen Militärbudget Yachten und Luxus "im Westen" von Regierungsbeamten und Oligarchen gekauft wurden, dann ist auch die Wahl der Sanktionen nochmal fragwürdig.
Zitat von Doeding im Beitrag #202Da geht man mal locker 2500 Jahre zum Beginn der Diaspora zurück; letztlich sogar bis zur Vertreibung der Juden aus Ägypten vor nunmehr, wieviel, mehr als 4000 Jahren?
Sie haben da einen relativ guten Punkt. Ja. Eine gute Antwort habe ich ebenfalls nicht, aber: Soweit ich weiß haben die Zionisten auch immer so argumentiert, dass man eben einen eigenen Staat brauche, um der Diskriminierung zu entgehen und quasi als eine Nation unter den anderen dazustehen.
Das ist eine Matrjoschka-Frage, in der eine Puppe in der anderen steckt. Ganz kurz. Der Zionismus bei Herzl und einigen anderen hatte, wie so oft, zwei Wurzeln. Die eine war die Erfahrung der Entstehung des Nationalismus im 19. Jahrhundert, und daß die Bildung einer eigenen Nation - als Staat, notabene, nicht als Kulturnation, ein Garant für Eigenständigkeit und Selbstbestimmung war. Da spielte durchaus die Erfahrung der deutschen Reichseinigung hinein wie das Risorgimento in Italien. Vor allem aber: die Aufstände in Polen und Ungarn, die zeigten, daß man nicht als Minorität dem Militär und der Willkür einer Despotie ausgeliefert sein sollte. Direkter Anlaß waren ja die Pogrome ab Mitte der 1880er Jahre im Westen des Zarenreichs (auch im Gebiet der Ukraine, in Kischinjew), die dann Anlaß für die Erste Alija waren (und die dem Antisemitismus im Westen Europas eine neue Richtung gaben, weil es zu einem Zuzug der Aschkenazim aus den Schteteln im Osten kam).
Hier muss ich ein wenig beckmessern... Kischinjew gehörte nie zur Ukraine, sondern zu Bessarabien - der Großteil dieses früheren russischen Gouvernements gehört heute zur Republik Moldau.
Aber mit Sicherheit hat es auch in der Ukraine Pogrome gegeben - das ist auch kein Wunder, denn im späten Zarenreich war den Juden die Ansiedlung lediglich im äußersten Westen, also in ukrainischen, polnischen, litauischen oder eben bessarabischen Gebieten erlaubt. Pogrome im engeren Russland konnte es also schon alleine aufgrund des Mangels an möglichen Opfern kaum geben.
Zitat von Martin im Beitrag #194Vielleicht ein kleiner Einwurf, den Gabor Steingart heute an seine Abonnenten verteilt hat. Übersetzt Ausschnitte aus Henry Kissingers Kommentar (nach der Krim-Annexion) in der Washington Post' vom 6.3.2014 https://www.henryakissinger.com/articles...ne-crisis-ends/:
Zitat In der öffentlichen Diskussion über die Ukraine geht es nur um Konfrontation. Viel zu oft wird die ukrainische Frage als Showdown dargestellt: Ob sich die Ukraine dem Osten oder dem Westen anschließt. Doch wenn die Ukraine überleben und gedeihen soll, darf sie nicht der Vorposten der einen Seite gegen die andere sein – sie sollte als Brücke zwischen beiden Seiten fungieren.
Mit dieser Idealvorstellung liegt er sicher richtig, aber im Angesicht der Aggression Russlands gegenüber seiner früheren Einflusssphäre seit den Nullerjahren hat sich diese Idealvorstellung ja wohl in Luft aufgelöst und es kann für die Ukraine nur ein Ziel geben: Westbindung. So wie direkt nach dem 2.WK ja auch eine Neutralität Deutschlands eine gute und naheliegende Idee schien, aber im Angesicht der Sowjetunion für Westdeutschland einfach kein gangbarer Weg war und Adenauers Westbindung trotz aller Drohungen von östlicher Seite die einzig richtige Entscheidung war. Hat nicht zum Krieg geführt - weiß man aber erst hinterher.
Zitat
Zitat Der Westen muss verstehen, dass die Ukraine für Russland niemals nur ein fremdes Land sein kann. Die russische Geschichte begann in der sogenannten Kiewer Rus. Von dort aus verbreitete sich die russische Religion. Die Ukraine ist seit Jahrhunderten Teil Russlands und die Geschichte der beiden Länder war schon vorher miteinander verflochten.
Das ist eine extrem verkürze Sicht auf die Geschichte der Ukraine und die Wechselwirkungen über die Jahrhunderte mit Russland. Und warum diese Sicht Russlands entscheidend sein soll für die Situation der Ukraine heute (also immerhin 30 Jahre der Selbständigkeit der Ukraine) ist damit noch lange nicht geklärt. Zu Zeiten der UdSSR wurde ja immer betont, wie selbständig und eigenständig die einzelnen Sowjetrepubliken seien, und in diesem Geiste wurde die Überführung in die GUS und die spätere Auflösung dieses Staatenbundes und letztlich die Garantieerklärung zur Eigenständigkeit der Ukraine im Rahmen des Budapester Memorandums ja auch durchgeführt.
Fordert Russland demnächst eigentlich eine Rückgabe von Alaska, weil der damalige Verkauf nur ein bedauerlicher Irrtum war? Oder gibt man die Krim an die Tataren zurück? Wie steht es mit Sibirien?
Zitat
Zitat Für den Westen ist die Dämonisierung von Wladimir Putin keine Politik, sondern ein Alibi für das Fehlen einer Politik. Das Verständnis der russischen Geschichte und Psychologie war auch nicht die Stärke der US-Politiker.
Westliche Politik bis zur Invasion der Ukraine war ja keine Dämonisierung von Putin, sondern im Gegenteil eine ständige Verharmlosung, die dann von der Realität bitter widerlegt wurde. Dann begann eine neue Phase der Verharmlosung auf dem Status Quo, den Putin jeweils durch Aggression hergestellt hat.
Zitat
Zitat In meinem Leben habe ich vier Kriege erlebt, die mit großem Enthusiasmus und öffentlicher Unterstützung begonnen wurden, von denen wir alle nicht wussten, wie sie enden sollten, und aus drei davon haben wir uns einseitig zurückgezogen. Der Test für die Politik ist, wie sie endet, nicht wie sie beginnt.
Da hat er Recht. Aber was leitet sich daraus ab für die Zukunft? Und wie hätte man 2014 handeln müssen, um 2022 zu verhindern? Putin wechselt die Kriegsgründe ja wie andere Leute die Socken. Wer glaubt ernsthaft, ein Neutralitätsversprechen der Ukraine hätte 2014 oder 2022 zu einem anderen Ergebnis geführt? Das einzige, was uns alle Erfahrung der Vergangenheit lehrt ist: jeder versteht die Sprache der Gewalt. Ob es sich auf dem Weg zu einer gewaltsamen Entladung eines Konflikts nun um "Appeasement" oder "Eskalationsspirale" gehandelt hat, weiß man halt erst hinterher. Und ob das Gegenteil den Konflikt verhindert hätte, weiß man logischerweise nie.
Zitat Kissinger ist zumindest nicht im Verdacht eines Putin-Verstehers, sondern eher anerkannt als erfahrener Politiker.
Die Situation nach der russischen Invasion ist allerdings eine etwas andere als davor, als es "nur" um die Krim und ggf. die Ost-Ukraine ging. Auch bezüglich seiner Einschätzung der ukrainischen Geschichte ist entweder der Gedanke stark verkürzt, oder er hat wenig Ahnung davon (also sogar weniger, als in der Wikipedia steht - was für einen US-Politiker ja auch nicht so ungewöhnlich wäre, aber er ist ja schon lange nicht mehr aktiv), oder er hat Ahnung will aber seine schöne Hypothese nicht durch Fakten stören.
Aber ich will Kissingers Text nicht übermäßig kritisieren, er hat auch seine lichten Momente:
Zitat Russia must accept that to try to force Ukraine into a satellite status, and thereby move Russia’s borders again, would doom Moscow to repeat its history of self-fulfilling cycles of reciprocal pressures with Europe and the United States.
...
Russia would not be able to impose a military solution without isolating itself at a time when many of its borders are already precarious.
...
Putin should come to realize that, whatever his grievances, a policy of military impositions would produce another Cold War.
...
It is incompatible with the rules of the existing world order for Russia to annex Crimea.
Tja, hätte Putin das mal gelesen...vielleicht schreibt Kissinger ja noch was zur aktuellen Situation, würde mich interessieren. Aber er wird ja demnächst 100 und hat möglicherweise andere Pläne.
Zitat von Carlo M Dimhofen im Beitrag #219Kischinjew gehörte nie zur Ukraine, sondern zu Bessarabien ... Aber mit Sicherheit hat es auch in der Ukraine Pogrome gegeben
Stimmt. Kischinjew habe ich namentlich genannt, weil das Pogrom der direkte Anlaß für den Uganda-Plan Herzls war. Die Pogrome, die 1881 zur ersten Alija geführt haben, fanden zum größten Teil auf dem Gebiet der heutigen Ukraine statt, etwa in Kropyvnytskyi und in Kiew am 16. und 28. April 1881, die dann in der Ukraine in den Gouvernementen Tschernigow, Podolien, Wolin und Jekaterinoslaw bis Dezember vorkamen (in insgesamt 166 Gemeinden). Anlaß war die Ermordung von Zar Alexander II. sechs Wochen zuvor. Und die Auswirkungen der Mai-Gesetze vom folgenden März, die die Geschäftstätigkeiten der Juden im Zarenreich massiv beschnitten und ihnen den Wohnsitz an den größeren Orten verbot.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Martin im Beitrag #182Da ich selbst nicht nicht vom Völkerrecht komme, lese ich gerne die beiderseitigen Positionen, was mir von der deutschen Regierung natürlich durch den unterbundenen Nachrichtenzugang erschwert wird. Das spricht nicht für die westliche Position, bzw. nicht für das verantwortliche Personal.
Die deutsche Regierung hat das Internet gesperrt? Meines funktioniert weiterhin gut.
Ein guter Einstieg wäre erst mal, sich über die Inhalte des Budapester Memorandums schlau zu machen und sich dann zu überlegen, wie wohl Putins zahlreiche Begründungen aussehen könnten, warum man dagegen verstößt. Ich kenne vermutlich die meisten davon, halte alle für absurd, will Dich aber nicht von einer spannenden Recherche abhalten. Stelle Dich auf einen Wahrheitsgehalt zwischen "Niemand hat die Absicht die Ukraine anzugreifen" und "wir ziehen unsere Truppen von der ukrainischen Grenze ab" ein.
Zitat von Emulgator im Beitrag #218Da war ich ungenau. Es geht darum, welches Signal man an Putin gibt, durch welches Verhalten er aus dem Sanktionsregime wieder 'rauskommt. Momentan ist da: Nichts. (Was erstaunlich ist, da unsere Politik sich normalerweise auf das Signalisieren und Zeichensetzen sehr gut versteht.)
Sie haben da einen relativ guten Punkt angesprochen und auch wieder nicht.
Das Signalisieren usw. erfolgt sicherlich nicht auf der Ebene, von der wir etwas mitbekommen.
Zitat von EmulgatorHierin liegt momentan der dritte kriegsbefördernde Fehler "des Westens": Der erste war, auf die Warnungen der USA nicht mit Kriegsvorbereitungen zu beginnen, sondern nur lasche Sanktionen zu versprechen. Der zweite ist, dann doch für Putin überraschend heftige Sanktionen einzuführen, die man vor dem Krieg noch ausgeschlossen hatte. Dadurch kommt Putin in eine Situation, daß er "dem Westen" gegenüber nichts mehr zu verlieren hat (außer den Gas- und Ölexporten derzeit). Der dritte ist, die Sanktionen nicht mit einem erwünschten Verhalten zu verbinden.
Strategisch ungünstig gelaufen. Aber sobald man das Ganze mehr aus der Logik sieht, welche Signale man nach Innen, an die Wähler usw. sendet, sieht die Sache anders aus.
Zitat von hubersn im Beitrag #222Die deutsche Regierung hat das Internet gesperrt? Meines funktioniert weiterhin gut.
Das ist bedauerlicherweise ein völlig anderes, traurigeres Thema. Aber ja, es kommt nicht von Deutschland... es kommt möglicherweise EUweit.
"Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Matthäus 7,12) "Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese." (Mark. 12,31)
Zitat von hubersn im Beitrag #220Und wie hätte man 2014 handeln müssen, um 2022 zu verhindern?
Man hätte die "grünen Männchen" bekämpfen müssen, gerne auch mit NATO-Fallschirmjägern. Als Putin gelogen hat, es seien keine Russen, hat "der Westen" neunmalklug gesagt, es seien Russen, deswegen könne man sie nichts machen, weil sonst ein 3. Weltkrieg käme.
Ich Wahrheit war die Lüge Putins ein Versuchsballon. Wären seine Soldaten bekämpft worden, wäre er bei seiner Lüge geblieben, damit Gegenmaßnahmen "des Westens" auf diese Soldaten beschränkt bleiben. "Der Westen" hätte jeden Protest Rußlands gegen die Bekämpfung der "grünen Männchen" abbügeln können mit dem Verweis auf Putins Behauptung, es seien keine Russen. Damit wäre es eine innere Angelegenheit der Ukraine, gerade so wie der Tschetschenienkrieg innere Angelegenheit Rußlands war.
Da sie nicht bekämpft wurden mit dem Argument, es seien Russen, wußte Putin, daß er solche Versteckspielchen gar nicht mehr machen muß, sondern offen Krieg führen kann. Man spielt manchmal besser, wenn man sich so verhält, als würde man die Lüge seines Gegenspielers glauben.
Zitat +++ 08:53 Habeck: Längere AKW-Laufzeiten sind vom Tisch +++ Habeck. "Deswegen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass dieser Weg der falsche ist."
Ich geb' das mal so weiter.
Zitat Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke laut Betreiber kein Problem
Veröffentlicht am März 10, 2022
Die Betreiber der letzten drei Atomkraftwerke sehen sich durchaus in der Lage, die Anlagen mit einer Laufzeitverlängerung über den bisher geplanten Zeitraum weiterzubetreiben. Damit könnten diese bereits im nächsten Winter wesentlich zur Energiesicherheit in Deutschland beitragen.
Experten sehen keine Probleme bei Laufzeitverlängerung für die letzten Atomkraftwerke
Der Verband Kerntechnik Deutschland, dem sowohl Betreiber von Atomkraftwerken, als auch wissenschaftliche Einrichtungen angehören, hat jetzt mitgeteilt, dass die Laufzeitverlängerung der letzten verbliebenen Kernkraftwerke durchaus einen wichtigen Beitrag zur Energiesicherheit in Deutschlands leisten könnten. Die Anlagen wären in einem hervorragenden sicherheitstechnischen Zustand. Auch die Betreiber wären durchaus in der Lage, die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Dazu müsse aber der Gesetzgeber rechtzeitig die entsprechenden Gesetze ändern. ... Bedenken kommen ausschließlich grünem Ministerien
Bei der von Habeck erwähnten Vorprüfung wurde allerdings nur das Bundesumweltministerium unter der Leitung von Steffi Lemke (Grüne) befragt. Das als besonders atomkritisch geltende Ministerium, hat nach eigener Aussage genug fachliche Kompetenz, um die sicherheitstechnischen Folgen einer Laufzeitverlängerung zu beurteilen.
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